Protokoll der Sitzung vom 13.07.2016

Hinter diesem Dritten Nachtrag steht – gewissermaßen virtu ell – der Vierte Nachtrag, der seit gestern mit Zahlen in den Eckpunkten des Haushalts 2017 enthalten ist. Gegenüber dem Volumen von rund 40 Millionen € des jetzigen Dritten Nach trags sind die Eckdaten dieses virtuellen Nachtrags gewaltig: 1 Milliarde € Überschuss 2015, über 350 Millionen € Steuer mehreinnahmen nach der Mai-Steuerschätzung, 180 Millio nen € Integrationspauschale vom Bund, dazu die geringeren Ausgaben für Flüchtlinge, die mit bis zu 1,5 Milliarden € be ziffert werden.

Nicht alles hat mit der Politik der Landesregierung der letz ten Jahre hier im Haus zu tun, der überwiegende Teil aber schon. Deswegen darf man an dieser Stelle schon einmal sa gen: Dem Minister, der die Finanzen und die Wirtschaft in den letzten fünf Jahren verantwortet hat – er heißt Dr. Nils Schmid –, könnte man in diesem Haus am heutigen Tag auch einmal Danke schön sagen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD – Abg. Andreas Schwarz GRÜ NE: Aber er ist gar nicht da!)

Herr Schwarz, jetzt sagen Sie bloß nicht, dass Sie deswegen nicht klatschen, weil er gerade nicht da ist.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Er ist nicht da! Sonst hätte ich ihn gern beglückwünscht!)

Eine tolle Erklärung.

Der Dreiklang aus Konsolidieren, Sanieren, Investieren hat gegriffen und greift.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Ich höre mir nachher die Pointe an, Herr Rülke.

Der grün-schwarze Nachtrag, der kleine Dritte Nachtrag, den ich genannt habe, und der mit Zahlen bereits existente Vierte Nachtrag runden die Erfolgsbilanz der letzten fünf Jahre ab und damit auch die Bilanz unserer SPD. Das ist so, meine Da men und Herren.

Deswegen ist, denke ich, an dieser Stelle – wie immer – bei des, erst der Blick zurück und dann der Blick voraus, gebo ten.

Blick voraus: Wie immer macht man, wenn es einem gutgeht, manchmal die größten oder jedenfalls größere Fehler. Deswe gen ist Wachsamkeit geboten. Deswegen ein Blick auf den Haushalt: Da ist einiges relativiert worden. Manches bringt einen zum Schmunzeln. Ich sage einmal: Die Zahl von 98 Mi nisterialbeamten zu der Zahl von 220 000 Landesbeschäftig ten ins Verhältnis zu setzen ist schon der Versuch, größere Ne belkerzen zu werfen. Der ist Ihnen hier aber nicht gelungen; das hat jeder gemerkt.

(Beifall bei der SPD)

Wir stehen zu dem, was Andreas Stoch eingeleitet hat, näm lich dass wir bei den Grundschullehrern, den Gymnasialleh rern, den VABO-Klassen mehr tun als bisher. Das ist eine rich tige Maßnahme. Es ist gut, dass dies eingeleitet worden ist und jetzt realisiert wird.

Es fehlt eine psychologisch und symbolisch wichtige Aktion, die Frau Eisenmann zwar erklären kann, die in diesem Haus halt aber nicht niedergelegt ist. Das ist, dass die Weiterbil dungsmaßnahmen für Hauptschullehrer, die in Schulen einer anderen Schulart unterrichten wollen, abgesichert werden. Deswegen werden wir dazu einen Antrag mit dem Begehren stellen, dass dieser Betrag in den Haushalt eingestellt wird. Wir bitten auch um die Zustimmung dieses Hauses.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Heinrich Kuhn [fraktionslos])

Wir werden uns noch einmal vergegenwärtigen, dass wir beim Landtag Mehrkosten haben. Mehr sage ich hier nicht dazu.

Wir haben bei allem, was zur Unwetterkatastrophe gesagt worden ist, den sicheren Eindruck, dass wir hier an der rich tigen Stelle ansetzen. Die Frage wird dann sein, ob die Lö sung mit den Programmen, die dort, wo es die Gemeinden nicht zahlen können, eingesetzt werden – Sie wollen das dann mit Zuschüssen regeln, wie ich herausgelesen habe –, der je weils richtige Finanzierungsweg ist. Da sind wir zunächst ein mal offen. Darüber müssen wir im Ausschuss noch sprechen.

An dieser Stelle sage ich aber auch: danke allen Helferinnen und Helfern in dieser außerordentlich schwierigen Situation des Landes Baden-Württemberg.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der CDU und der AfD)

Wir kommen jetzt zum Stellenaufbau, der von den Rednern der Regierungsfraktionen natürlich nur etwas angetupft wor den ist.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Zunächst sind einmal 224 Stellen angemeldet worden, 98 sind es geworden. Frau Ministerin, es ist für eine Finanzministe rin schon eine tolle Erklärung, zu sagen: „Wir wollten das zweistellig machen.“ Offenbar ist für die Notwendigkeit ei ner Stelle nicht das Maß, sondern die Optik das handlungslei tende Kriterium. Das scheint mir doch etwas zu kurz gegrif fen zu sein.

(Beifall bei der SPD)

In Kommentaren konnte man gelegentlich lesen: „Jetzt habt euch nicht so; das war doch früher auch schon so. Schaut euch doch mal die Zahlen an.“ Auch dazu ein klarer Satz: Es ist schon ein kleiner Unterschied zwischen der damaligen Situ ation – die eine Partei war zum letzten Mal im Jahr 1996 in der Regierung und die andere Partei noch nie; es wurde ein ambitiöser Politikwechsel formuliert – und der jetzigen Situ ation, in der eine Partei weitermacht – sogar als die größere – und die andere gerade einmal fünf Jahre nicht an der Regie rung war und deswegen bei den Kriterien „loyale Beamte für die Führungsebene“ und „kompetente Beamte für neue Auf gaben“ sozusagen nicht unbedingt klamm ist. Deswegen ist jetzt eine ganz andere Situation gegeben. Ihr Schluck aus der Pulle ist nicht gerechtfertigt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Ich will noch einmal klar sagen, dass wir natürlich wissen, dass es Notwendigkeiten gibt. Sie haben auch einzelne Stel len in kleinerem Umfang vorgesehen. Darüber werden wir im Ausschuss reden.

Ich beschäftige mich jetzt mit den Themen, die eine Rolle spielen. Das Staatsministerium wird um 22 Stellen erweitert. Die Stellenzahl geht übrigens zwischen 2010 – Ende Mappus – und 2016 um 50 hoch: von 210 auf 260. Das ist beträcht lich, Herr Kollege Reinhart. Ich kann mir vorstellen, dass Sie das intern kritisieren.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Das kann man auch pro zentual ausrechnen!)

Das ist ein Mehr bei – zumindest für die jetzige vor uns lie gende Periode – weniger Aufgaben. Dass das, wie man gehört hat, für Spiegelreferate notwendig ist, kann gar nicht sein, denn es gibt bereits Spiegel. Also müssen es mehr Spiegel sein. Wofür gibt es eigentlich noch etwas? Das Thema Digi talisierung ist nicht mehr im Staatsministerium angesiedelt. Wofür wird das zusätzliche Personal überhaupt eingesetzt? Wo kommt die Ballung von B-3-Stellen her, die Richtung Zentralstelle bzw. Pressestelle deutet? All dies herauszube kommen ist ja vielleicht einmal interessant.

Auch ob die Erklärungen tragen, dass wir uns an Bayern ori entieren müssen, ist zu hinterfragen. Bayern ist größer, hat seit den Wittelsbachern tausend Jahre Staatlichkeit.

Ich habe vor zwei Wochen hier eine flammende Rede zur Sub sidiarität gehört. Ich habe die Aussage des Ministerpräsiden ten in Erinnerung: „Dinge von unten her denken“. Ich notie re gerade nur, dass oben eingefüllt wird. Ich habe bis heute keine vernünftige Begründung gehört, was überhaupt im Staatsministerium mit diesen neuen Stellen vor sich geht.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Dazu, dass man in Brüssel „meine Beamten“ braucht, kann ich nur sagen: Die ganze Landesvertretung steht still, wenn der Ministerpräsident kommt, und freut sich, den Ministerprä sidenten zu briefen. „Meine Beamten“, Herr Rülke, ein Con naisseur von Formulierungen, das rauscht sozusagen im Zeit raffer am Jahr 1918 vorbei: Ich brauche meine Beamten in Be benhausen oder wo auch immer. Also alles, was recht ist: An dieser Stelle ist manches vielleicht etwas überzogen.

Im Finanzministerium und im Wirtschaftsministerium: plus zehn Stellen und plus 17 Stellen. Dazu kann ich nur sagen: Das ist der Preis der Entflechtung. Aber diejenigen, die hier laut sagen: „Wir haben wieder ein neues Ministerium für Wirt schaft, und alles ist jetzt besser“, sollten vielleicht auch sagen, dass damit Mehrkosten verbunden sind. Luftballons laut auf steigen zu lassen und leise platzen zu lassen, das ist nicht die Politik, die wir verfolgen wollten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Wir kommen zum Innenressort: plus 18 Stellen. Für was? Für den Bevölkerungsschutz, der notwendig ist, für das Krisen management, das notwendig ist, für die Digitalisierung, die unabweisbar ist. Ob sie in der Federführung im Innenminis terium angesiedelt sein muss in einer Welt, in der die Digita lisierung trotz allem, was staatlich notwendig ist – da weiß ich, wovon ich spreche –, vor allem in der Wirtschaft stattfin det, müssen die Koalitionäre unter sich ausmachen.

Aber Tatsache ist, dass überhaupt nicht klar ist, wo diese Stel len im Innenministerium wirklich angesiedelt werden. Der Bereich Breitband kommt stellenneutral aus dem früheren Mi nisterium für Ländlichen Raum, die Stabsstelle Digitalisie rung des Staatsministeriums wird dann hoffentlich ins Innen ministerium kommen und nicht dort bleiben. Für was werden die Stellen im Innenministerium eigentlich wirklich benötigt? Ist es vielleicht so, dass sich Herr Strobl, weil er Vizechef ist, mit irgendwelchen PR-Stellen, mit irgendwelchen weiteren Stellen seinen parallelen Spiegel im eigenen Innenministeri um aufbauen will? Ist es vielleicht so, dass, weil Sie von der CDU sich nicht richtig angestellt haben und nicht das Finanz ministerium mit seinen Spiegeln haben, der baden-württem bergische Steuerzahler jetzt für den Aufbau von Spiegeln im Innenministerium zahlen muss? Wir werden im Ausschuss nachforschen. Dessen können Sie sicher sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Ich will einfach sagen: Nicht einmal die Mehrheit der Stellen ist mit k.w.-Vermerken versehen. Darüber können Sie auch

nicht hinwegsehen. Im Minimum müssen Sie das erreichen, was die Vorgängerregierung geschafft hat, nämlich zum En de der Legislatur alle Stellen in der Summe wieder auf null zu stellen. Das heißt, wir erwarten von Ihnen eine Überein kunft, dass wir bis zum Ende der Legislatur durch k.w.-Stel len und durch Streichungen wieder am Ausgangspunkt sind. Wir werden dazu auch einen Antrag stellen. Ich halte es für richtig, dass sich alle Fraktionen auf ein solches hygienisches Verfahren verständigen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD – Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege, bitte beach ten Sie die Redezeit.

Ich beachte die Redezeit, Herr Prä sident. Ich habe die digitale Zeitanzeige hier natürlich im Blick.

(Minister Winfried Hermann: Verstanden!)

Ich habe sie im Blick und verstanden. Nach Ihren strengen Mahnungen werde ich sie auch beachten.

Deswegen an dieser Stelle nur ein Satz: Wir werden in der Zu kunft noch über einiges über diesen kleinen Nachtragshaus halt hinaus sprechen müssen. Das betrifft insbesondere die Frage, wie wir die Konsolidierung angehen. Die Zahlen, die in den letzten Wochen und Monaten herumgeschwirrt sind, von denen man lesen konnte, gingen hin und her zwischen dem Haushalt und dem, was wir eigentlich brauchen, nämlich einem Konsolidierungspfad, mit dem wir die strukturelle Haushaltslücke angehen müssen. Dabei werden wir hoffent lich auch logisch vorgehen.

Ich sage nur eines: Wir werden nicht zulassen, dass das auf Kosten einer leistungsfähigen Beamtenschaft und auf Kosten der in die Daseinsvorsorge investierenden Kommunen geht. Das ist die klare Linie, die wir in diesem Haus vertreten. Wir werden dafür kämpfen, dass wir an dieser Stelle die Leistungs fähigkeit Baden-Württembergs erhalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich dem Kollegen Dr. Aden das Wort.