Protokoll der Sitzung vom 13.07.2016

Ich weiß; aber Sie habe ich bereits begrüßt.

Zunächst einmal begrüße ich, dass die Landesregierung sehr schnell – wenn auch zögerlich – die Menschen, die bei der Katastrophe in Braunsbach in Not gekommen sind, unterstützt hat. Auch die Bauern haben es verdient, dass man sie unter stützt. Das halte ich für eine Selbstverständlichkeit. Ich glau be, das gesamte Haus hat diese Leute unterstützt.

(Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Daniel Andre as Lede Abal GRÜNE)

Uns liegt der Dritte Nachtrag vor. Ich nehme an, der Vierte und der Fünfte Nachtrag werden folgen, weil sich die kon junkturelle Lage noch enorm verschieben wird, sodass wir uns hier wahrscheinlich sehr bald zu Nachtragsberatungen wie dersehen werden.

Es stellt sich in der Tat die Frage, wie angesichts der Tatsa che, dass wir mit unbekannten Größen arbeiten, diese Einspar potenziale erreicht werden sollen. Zum einen entwickeln sich die Zinsen gerade zu unseren Gunsten, zum anderen können wir – ein weiterer Vorteil – Rückstellungen auflösen und in den bestehenden Haushalt einbringen. Das wird nicht immer der Fall sein.

Allerdings muss ich mit Erstaunen feststellen, dass nach dem Aufbau von 190 Planstellen in der letzten Legislaturperiode nun wieder 98 Planstellen geschaffen werden. Dies wird mehr oder weniger mit „Digitalisierung“ begründet. In meinem Un ternehmen habe ich gelernt, dass Digitalisieren eigentlich zur

Reduzierung der Zahl der Arbeitsplätze führt. Allerdings kann es auch so sein, dass die administrativen Bereiche stark be troffen sind. Deshalb halte ich es für grob fahrlässig, wenn wir jetzt zusätzliche Stellen schaffen, die wir nur schwerlich wie der loswerden – trotz der k.w.-Vermerke. Denn diese Perso nen werden schließlich vermutlich versetzt.

Jetzt leisten wir uns hier in Baden-Württemberg einen sehr anspruchsvollen Beamtenapparat. Mit A 13, A 14 werden Be amte, im Durchschnitt und im Ländervergleich betrachtet, auch gar nicht schlecht bezahlt, sodass wir uns die Frage stel len müssen, ob es angesichts einer Reduktion der administra tiven Aufgaben aufgrund der Digitalisierung Sinn macht, Per sonal aufzubauen.

Ich kann mir nur schwerlich vorstellen, dass ein Oberregie rungsrat dazu verdonnert wird, im Schlossgarten Streife zu laufen. Ich hätte mir gewünscht, dass wir aus der bestehenden Mannschaft heraus eine höhere Flexibilität entwickeln und in der Lage sind, auf die zukünftigen Ereignisse zu reagieren, anstatt zusätzlich 98 Stellen aufzubauen.

Im Sinne des Steuerzahlers muss Flexibilisierung gefordert werden. Alle großen Unternehmen reagieren ebenfalls so. Das wird auch an uns nicht vorbeigehen. Hierbei helfen auch kei ne Haushaltsentlastungseffekte. Nach der geübten Praxis kün digt man angestellten Lehrern im Sommer und stellt diese im Herbst wieder ein. Ob das gefordert wäre, frage ich mich wirk lich.

Sehr verehrte Damen und Herren, unser Land befindet sich sowohl in gesellschaftlicher als auch wirtschaftlicher Hinsicht in einer zunehmend angespannten Situation. Der „Brexit“ wurde hier bereits mehrfach erwähnt. Wir wissen, dass wir zu viele konsumtive Ausgaben haben, wobei eigentlich investi ve Ausgaben gefordert wären, um unser Land vorwärtszubrin gen.

Die Balkanroute ist dicht. Dies hat Einfluss auf die Kosten, die uns durch Migration entstehen, und das ist in der Tat zu begrüßen. Jedoch ist dies nicht unbedingt das Verdienst der Bundesregierung. Die Landesregierung schöpft nun mehr oder weniger die Einsparpotenziale dessen ab. Zwar ist hierfür das Politikversagen der Bundesregierung verantwortlich, aber ob die Vergrößerung des Kabinetts die geeignete Maßnahme dar stellt, das definierte Sparziel zu erreichen – mit dem Jahr 2020 –, frage ich mich wirklich.

Diese Bilanz oder der Nachtragshaushalt ist für einen Nicht kameralisten schwer zu lesen. Das ist in der Tat so. Ich hätte mir gewünscht, dass das Ganze etwas klarer gestaltet wird. Die k.w.-Vermerke habe ich hingenommen und mir auch er klären lassen. Ich frage mich aber, wo die Leute ihren Auf fanghafen finden können.

Jetzt stehen wir vor der großen Herausforderung, diesen Nach tragshaushalt zu verabschieden. Dem kann man sich nur teil weise widersetzen. Zu dem zuerst genannten Teil, den Hilfen für Braunsbach und den Hilfen für Landwirte, sage ich: Okay. In Bezug auf die Mehrung der Personalstellen muss ich Gän sefüßchen machen und sagen: „Diese sind aus meiner Sicht nicht begründet, weil sie sich nachhaltig auf unseren Haushalt auswirken.“ Wenn Sie das Gesamteinkommen dieser Men schen in die Zukunft projizieren, stellen Sie fest, dass wir uns

gerade mehrere Millionen Euro Belastung ins Haus holen – die Pensionsrückstellungen dabei nicht mitgerechnet.

Ich denke, wir sollten dringend daran arbeiten, die Zukunft mit in den Fokus zu nehmen und die Digitalisierung mit ein zubeziehen. Das wünsche ich mir von der Landesregierung zum einen. Zum anderen wünsche ich mir eine Klarstellung, wie wir mit der Digitalisierung umgehen wollen. Denn auch durch die Digitalisierung wird eine Reduzierung der adminis trativen Aufwendungen Raum greifen. Zwar ist es zunächst zu begrüßen, dass wir einen Ansatz finden. Aber Klarheit konnte ich dabei nicht feststellen.

Kommen wir auf die 98 Personen und Planstellen zurück. Die Begründung für die Schaffung dieser Planstellen ist in der Tat etwas abenteuerlich, weil die Stellen aus meiner Sicht und aus Sicht der AfD nicht notwendig sind. Die Landesregierung be hauptet zwar, die Digitalisierung zwinge sie zur Schaffung dieser Stellen. Die Erfahrung zeigt aber: Die Digitalisierung führt im Allgemeinen zu Kostensenkungen und Personalein sparungen. Genau das ist ja das vorrangige Ziel der Digitali sierung. Ich frage mich: Wie kann es gerade in diesem Bereich zu Mehrkosten und nachhaltigem Personalaufbau kommen? Ein sinnvolles Vorgehen wäre, wie bereits erwähnt, das Befä higen der bestehenden Mannschaft.

Im nächsten Jahr haben wir ein neuralgisches Datum vor uns, nämlich die Wahl des Bundestags. Deshalb stelle ich mir im mer wieder die Frage: Wie nachhaltig ist denn die wirtschaft liche Kompetenz der Kollegen von der CDU?

(Abg. Tobias Wald CDU: Wenn man über 2016 und 2017 redet und das verwechselt, kann nicht so viel Kompetenz bei Ihnen sein!)

Nein, das, was ich gesagt habe, stimmt schon. Sie wissen: Eine Bilanz wirkt sich immer auf die Folgejahre aus. Das Sparziel ist auch gesetzt: Es ist mit 400 bis 800 Millionen € definiert. 400 Millionen € sollen aber bei den Beamten einge spart werden.

(Abg. Tobias Wald CDU: Wir reden heute über 2016, nicht über 2017, Herr Kollege! Nachtrag 2016, nur zur Info!)

Ja, ich weiß. Aber Sie haben mich ja gefragt.

Einverstanden mit den Hilfen für Braunsbach, einverstanden mit den Hilfen für die Landwirte. Nicht einverstanden – das ist ganz klar – sind wir mit dem Aufbau des Personals. Denn dieser ist weder nachhaltig noch zu erklären, noch macht er angesichts der Begründung „Digitalisierung“ Sinn. Es wäre besser, wenn wir das Volk mehr einbeziehen würden und die Steuerhoheit wieder an das Volk zurückgeben würden – so, wie es in der Schweiz der Fall ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Für den Zusammenschluss fraktionsloser Abgeordneter erteile ich Herrn Kollegen Dr. Po deswa das Wort.

(Beifall bei fraktionslosen Abgeordneten)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Herren und Damen Abgeordnete! Heu te ist ein schöner Tag. Es ist ein schöner Tag für die Bürger und Betriebe in diesem Land. Denn heute ist der erste Tag des Jahres, an dem sie das Geld, das sie verdienen, auch ins eige ne Portemonnaie stecken können und es ihnen nicht vom Staat abgenommen wird.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten und der AfD)

52,9 % ist die Staatsquote, die der Bund der Steuerzahler aus gerechnet hat. Aber der Staat lässt uns ja großzügig 47,1 % für die eigene Tasche.

(Minister Winfried Hermann: Wer ist denn der Staat? Das sind auch Sie!)

Heute sind wir hier, um über den eingebrachten Nachtrags haushalt zu diskutieren. Wir sprechen heute nicht über den Ersten, auch nicht über den Zweiten Nachtragshaushalt. Heu te sprechen wir über den Dritten Nachtragshaushalt.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP hält den Daumen hoch.)

Wenn man weise, vorausschauende Politik an der Zahl der Nachtragshaushalte messen würde, käme man sicherlich – fai rerweise gesagt: für die alte, grün-rote Regierung – nicht zu einem sehr schmeichelhaften Ergebnis.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten und der AfD)

Die AfD fordert, dass sich die Politik ganz selbstverständlich an der Zukunft orientiert und realistische Landeshaushalte auf stellt, die nicht wiederholt korrigiert werden müssen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Kann man Unwetter vor aussehen? Das ist Unfug! – Zuruf des Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE)

Ja, ja, aber die Umweltkatastrophe! Was für eine Katastro phe? 47-tausend Millionen € umfasst das Volumen des Staats haushalts. Wir haben gerade gelernt, dass 42 Millionen € – al le Maßnahmen kombiniert, einschließlich der Maßnahmen für die Instandsetzung der Landesstraßen – der Umweltkatastro phe geschuldet sind. Wir sehen ganz selbstverständlich – wie jeder hier im Haus – die Notwendigkeit, den betroffenen Bür gern sowie den betroffenen Betrieben und Landwirten zu hel fen.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten und der AfD)

Aber können Sie einmal angeben, wie viel die 42 Millionen € vom Volumen des Staatshaushalts ausmachen? Das sind null Komma soundso viel Promille, in Prozent sind es dann null Komma null null. Ist es wirklich notwendig, dafür einen Nach trag zu machen? Oder hätte man erwarten können, dass ein Staatshaushalt mit einem Volumen von 47 Milliarden € hier genug Flexibilität aufweist, um möglicherweise wirklich ein mal irgendwo umzuschichten und zu sparen?

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten und der AfD)

Natürlich ist die AfD für die Unterstützung der durch die Um weltkatastrophe betroffenen Bürger und Betriebe.

(Unruhe)

Natürlich sind wir für den Bahnhalt in Merklingen. Natürlich sind wir für die Verbesserungen im Bereich von Grundschu len, Realschulen und Gymnasien.

(Zuruf von den Grünen: Und warum dann das Thea ter?)

Aber darüber unterhalten wir uns hier ja überhaupt nicht. Hier geht es eben nicht um die Unwetterhilfe. Im Windschatten der sogenannten Unwetterhilfe sollen vielmehr die zusätzlichen globalen Mehrausgaben in Millionenhöhe für Personal und für 98 zusätzliche Ministerialbeamte abgenickt werden. Da bei sind hier selbstverständlich nur sieben Zwölftel dieser Per sonalkosten eingepreist, und selbstverständlich müssen wir hier die Folgekosten – wie schon mehrere Vorredner ausge führt haben – berücksichtigen, die um ein Vielfaches höher sind als die im Nachtragshaushalt in der Summe angegebenen 9 Millionen €.

Die Landesregierung und die Minister reden immer nur von „Gürtel enger schnallen“. Den Gürtel enger schnallen, das schon, aber gemeint ist grundsätzlich, den Gürtel der Bürger enger zu schnallen.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten und der AfD)

Sind Ihnen rund 2,4 Milliarden € strukturelles Haushaltsdefi zit noch nicht genug? Ist es bei um 40 % gestiegenen Steuer einnahmen in der letzten Legislaturperiode nicht möglich ge wesen, die Last zukünftiger Generationen zu reduzieren und einen Konsolidierungspfad einzuschlagen? Nein, die Schul den wurden sogar noch erhöht. Aber reden wir an dieser Stel le nicht über Milliarden – –

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Was? Die Schul den sind doch nicht erhöht worden! Das stimmt doch überhaupt nicht!)

Wir können in Baden-Württemberg froh sein, dass wir in der Summe nur 47 Milliarden € Schulden haben; das ist sehr richtig. Mein Sohn wird sich getröstet fühlen.