Protokoll der Sitzung vom 08.05.2019

Mittlerweile stelle ich fest, dass sich die meisten meiner Kol legen auf Bundesebene diesem angeschlossen haben und mitt lerweile auch beim Bund eine gewisse Aufweichung einer ab lehnenden Position festzustellen ist, jedenfalls in den beiden Regierungsfraktionen.

Ich habe von der AfD bisher noch keine Initiativen hierzu ge hört. Aber das wundert mich auch gar nicht. Wenn Sie beharr lich den Klimawandel leugnen, können Sie auch keine Maß nahmen fordern, die diesem entgegenwirken. Das muss man auch einmal sagen. Sie sind einfach inkonsequent und inkon sistent.

(Abg. Udo Stein AfD: Die Ursachen!)

Genau, es geht hier um die Ursachen.

(Abg. Udo Stein AfD: Den menschlichen Akt!)

Eine staatliche Finanzierung ist doch nur dann berechtigt, wenn es eine gesamtgesellschaftliche und gesamtpolitische Verpflichtung gegenüber der Landwirtschaft gibt. Denn an sonsten kann auch jeder andere Unternehmer kommen und sa gen: „Helft mir doch bei Hagelschäden, helft mir doch bei Un wetterschäden“, der ja unter Umständen genauso von solchen Schäden betroffen sein könnte; diese Schäden könnten aber auch versichert werden. Wenn wir der Landwirtschaft helfen, dann hat das Gründe, weil eben der Klimawandel anthropo gen verursacht ist und die Landwirte die Einzigen sind, die darunter letztendlich leiden.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir haben das bei den Spätfrösten im April 2017 erlebt: 120 Millionen € Schäden, die damals al lein über Obst- und Weinbauern hereingebrochen sind. Jetzt komme ich noch einmal zur Hilfe: So, wie wir unbürokratisch in Braunsbach und den anderen von Unwettern betroffenen Gemeinden geholfen haben, haben wir auch unbürokratisch den Obstbauern geholfen – nicht jedem, sondern es muss na türlich schon seine Existenz bedroht sein. Aber ich bin dem Landtag, den Regierungsfraktionen außerordentlich dankbar, dass sie in der Summe nahezu 50 Millionen € Schadenshilfe als Frostbeihilfe zur Verfügung gestellt haben, um den Scha den zu minimieren. Meine Damen und Herren, das ist ja kei ne Selbstverständlichkeit. Wenn man das auf die Bundesrepu blik hochrechnen würde, dann wären das etwa 500 Millio nen €. Das ist also ein gewaltiger Brocken, den der Landtag von Baden-Württemberg hier für das Land Baden-Württem berg geschultert hat.

Aber wir wollen uns nichts vormachen: Das ist keine langfris tige Lösung. Ad-hoc-Hilfen sind dann notwendig, wenn es keine anderen Möglichkeiten gibt. Deshalb müssen wir sehen, dass wir andere Möglichkeiten schaffen, nämlich versicher bare Lösungen, die das Risiko auch dort belassen, wo es hin gehört, nämlich in der Risikoeinschätzung dezentral beim Landwirt selbst. Der Landwirt selbst muss für sich einschät zen, was er versichert, was er versichern kann, und muss da bei vom Staat unterstützt werden. Das ist die Frage einer Neu ausrichtung des Risikomanagements. Dazu werden wir auch noch weiter gehende Initiativen unternehmen.

An erste Stelle gehört, dass die Unternehmen ihre Betriebe an die sich ändernden Bedingungen anpassen; das ist vorhin schon, glaube ich, vom Kollegen Rapp gesagt worden. Es ist auch notwendig, dass sich die Landwirte daran anpassen. Man kann nicht einfach so weiterwirtschaften, als wäre nichts ge schehen. Diese Anpassung kann durch die Produktionstech nik geschehen, aber auch durch die Fruchtfolge, auch durch

die Wahl geeigneter Sorten. Je nach Betriebsausrichtung kann auch die Investition in Bewässerungs- oder Frostschutzanla gen, auch in Hagelschutzanlagen das Eintreten hoher Ernte verluste am Ende vermeiden. Auch die betriebliche Diversi fizierung muss man im Zweifelsfall in Betracht ziehen. Die se Maßnahmen können schon heute staatlich gefördert wer den und verhindern, dass im Extremfall Abnehmer nicht mehr beliefert werden oder Märkte wegbrechen.

Wir arbeiten auch an einer weiteren Optimierung in BadenWürttemberg, denn unsere Strategie der Erzeugung und Ver marktung von Qualitätsprodukten funktioniert nur mit ver lässlichen Marktbeziehungen und Absatzwegen. So unterstüt zen wir beispielsweise mehrere Initiativgruppen bei Machbar keitsstudien zur überbetrieblichen Wasserbereitstellung für Bewässerung und Frostschutzberegnung. Da appelliere ich auch an die Wasserbehörden und quasi an die Wasserschützer, auch da die Kirche im Dorf zu lassen und die Möglichkeiten, die wir hätten und die wir haben, am Ende auch zu genehmi gen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die bisherige Stra tegie, bei Extremwetterereignissen mit staatlicher Ad-hoc-Hil fe existenzbedrohende Situationen abzuwenden, kann in An betracht der Klimaveränderung keine dauerhafte Lösung sein. Da brauchen wir eine längerfristige Strategie für das Risiko management in der Landwirtschaft. Hierzu gehören auch ins besondere verschiedene Instrumente, die im Einzelbetrieb pas sende unternehmerische Entscheidungen zur Risikostrategie erleichtern und zukünftige Ad-hoc-Hilfen ersetzen können.

Aus Sicht des MLR sind folgende Maßnahmen geeignet: ei ne optimierte Unterstützung präventiver Maßnahmen wie z. B. der Wasserbereitstellung und der Frostschutzberegnung, die Förderpolitik und die Förderbedingungen, aber dann auch die steuerliche Förderung der Bildung zweckgebundener Rück lagen gegen Witterungsrisiken, die natürlich auch an entspre chende Bedingungen gebunden ist. Es trifft eben nicht zu, Herr Kollege Nelius, dass nur die begüterten Landwirte da von profitieren würden. Entweder es ist eine Rücklage in An spruch genommen worden, dann kann man dafür keine För derung erhalten, oder sie wird nicht in Anspruch genommen, dann wird nach einer bestimmten Frist von drei oder fünf Jah ren der Betrag versteuert werden müssen. Dem Staat entgeht damit kein Eurocent an Steuereinnahmen. Es ist nur eine zeit liche Verlagerung.

Wir fordern aber auch eine Ermäßigung der Versicherungsteu er für das Risiko einer Dürre von 19 % auf 0,03 % der Versi cherungssumme, so wie es bei Hagel, Sturm, Starkregen und Überschwemmungen mittlerweile schon der Fall ist.

Wir brauchen eine breite Risikoabsicherung über Mehrgefah renversicherungen mit staatlicher Unterstützung. In 18 Mit gliedsstaaten der Europäische Union wird bereits heute von der Möglichkeit staatlicher Förderung von Risikoinstrumen ten mit rein nationaler Finanzierung oder im Rahmen des ELER mit EU-Kofinanzierung Gebrauch gemacht. Beides ist möglich. Die EU sagt ganz klar: „Wir ermöglichen die Absi cherung; das ist für uns kein Wettbewerbskriterium.“ Aber wir sollten es eben auch tun. Ich habe den Anspruch, dass nach 18 Mitgliedsstaaten Deutschland der 19. Mitgliedsstaat wird, bei dem eine solche Risikoabsicherung etabliert wird.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Das Land Baden-Württemberg wird mit der Unterstützung von Versicherungsprämien im Rahmen eines ab 2020 vorgesehenen Pilotprojekts auch Erfahrungen sammeln. Da bin ich wiederum den Regierungsfraktionen GRÜNE und CDU sehr dankbar, dass sie einem solchen Pilotprojekt dem Grunde nach – den Haushalt müssen wir jetzt im Herbst erst noch auf die Beine stellen – Zustimmung signalisiert haben, weil ich es extrem wichtig finde, dass man nicht nur sagt: „Wir brauchen das“, son dern dass man im Rahmen der Möglichkeiten auch etwas tut.

Wir haben nicht die großen Möglichkeiten, den Klimawandel direkt zu beeinflussen oder abzumildern. Dort, wo wir es kön nen, haben wir es getan und waren wir erfolgreich. Wir haben einerseits, um Klimasenken und CO2-Senken zu bilden, eine Holzbauoffensive gestartet, durch die wir uns eine weitere CO2-Speicherung und damit eine Reduzierung des CO2-Aus stoßes erhoffen und erwarten.

Andererseits tun wir auch etwas für die Folgenabschätzung und für die Folgenminimierung bei den Landwirten. Da bin ich auch sehr dankbar, dass wir dieses Thema wirklich ange hen wollen. Damit soll die Einführung wirtschaftlich tragfä higer Mehrgefahrenversicherungen für Betriebe des Weinbaus, Kern-, Stein- und Beerenobstbaus gegen die Risiken Frost, Sturm und Starkregen unterstützt werden.

Das Projekt wird aktuell mit dem Finanzministerium abge stimmt. Ich will mich an dieser Stelle ausdrücklich für die bis her sehr gute und konstruktive Zusammenarbeit beim Thema „Verbesserung des Risikomanagements“ bedanken.

Um auf Bundesebene die Diskussion zum Risikomanagement voranzubringen, haben wir auf der Ebene der Agrarminister konferenz vor zwei Jahren bereits entsprechende Anträge ein gebracht. Ich erwarte jetzt – so hat es der Bund jedenfalls zu gesichert – für Herbst einen Bericht über das Risikomanage ment und Potenziale in Deutschland.

Aber ich freue mich auch, dass wir zunehmend Mitstreiter für das Thema auch in anderen Ländern Deutschlands gewinnen und dass wir aktuell eine Initiative planen – ob gemeinsam mit Bayern oder getrennt, das wird sich noch herausstellen. Bayern ist aufgrund des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ ein bisschen unter Druck, schnell etwas abzuliefern. Schauen wir einmal, wie es da hineinpasst. Am Ende ist ja nicht ent scheidend, wer wie in das Rennen geht, sondern am Ende ist entscheidend, dass man in der Sache Mitstreiter findet und Mitstreiter gewinnt. Ich bin überzeugt davon, dass es uns auch gelingt, in Deutschland die notwendige Unterstützung länder seitig zu gewinnen. Jetzt brauchen wir noch den Bund im Boot, und da braucht es noch einmal Anstrengungen, dass das entsprechend funktioniert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der skizzierte Maß nahmenmix zur Unterstützung eines besseren Risikomanage ments für landwirtschaftliche Unternehmen kann dazu beitra gen, dass die Betriebe in unserem Land zukünftig besser auf widrige Witterungsverhältnisse und Naturkatastrophen vor bereitet sind und deren Folgen leichter überstehen. Somit kön nen die öffentlich zunehmend kritisch diskutierten, aber bis her notwendigen Ad-hoc-Hilfen deutlich reduziert oder – im besten Fall – ganz eingestellt werden.

Darum werde ich mich auch weiterhin mit Nachdruck für ent sprechende Regelungen und Maßnahmen auf Landes- und

Bundesebene einsetzen und bitte Sie wie bisher um reichliche und nachdrückliche Unterstützung. Bei den beiden Regie rungsfraktionen GRÜNE und CDU weiß ich, dass dies gege ben ist. Den anderen Fraktionen wäre ich dankbar, wenn sie mir um der Sache willen den notwendigen Rückenwind ver leihen könnten.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Ich habe jetzt noch eine Wortmeldung von der AfD vorliegen. Wollen die Grünen noch einmal das Wort ergreifen? – Das ist nicht der Fall.

Dann Herr Abg. Palka, bitte.

Danke schön, Frau Präsiden tin. – Herr Minister, ich habe in meinen Ausführungen zu Braunsbach nicht Sie angegriffen. Sie haben geholfen. Sie wa ren, wenn ich es richtig weiß, am ersten Tag vor Ort. Ich ha be den Herrn Ministerpräsidenten angegriffen. Bei ihm hat es ein paar Tage gedauert, bis er sich gemeldet hatte.

Zum Klimawandel: Es hat in der Weltgeschichte schon des Öfteren Eiszeiten und Phasen ohne Eiszeiten gegeben. Als es nach der letzten kleinen Eiszeit wärmer wurde, da gab es noch keinen Menschen auf der Welt. Wenn mir bitte jemand erklä ren könnte, wie das passiert ist, dann glaube ich Ihnen auch Ihre Aussagen über eine menschengemachte Erderwärmung heute. Darüber können wir gern einmal reden.

(Abg. Beate Böhlen GRÜNE: So viel Zeit haben wir nicht, dass wir Ihnen das erklären können! – Abg. Martin Hahn GRÜNE: Statistik lesen hilft!)

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Gibt es noch weitere Wort meldungen? – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur abschließenden Behandlung des Antrags Drucksache 16/2053. Das ist ein reiner Berichtsantrag, der so mit für erledigt erklärt werden kann. – Damit sind Sie einver standen.

Wir haben damit auch den letzten Tagesordnungspunkt für heute erledigt.

Ich will Sie noch einmal darauf hinweisen: Morgen ist Euro patag. Der Landtag führt in diesem Zusammenhang am Mon tag eine EU-Jugendveranstaltung durch. An diesem Termin werden in diesem Jahr neben Schülerinnen und Schülern aus dem Land auch Schulklassen aus unseren Partnerregionen der „Vier Motoren“, nämlich aus Katalonien, aus der Lombardei und aus der Region Rhône-Alpes, teilnehmen. Bei dieser Be gegnung werden junge Europäer über ihre Erwartungen an Europa diskutieren. Ich hoffe, dass auch etliche von Ihnen da ran teilnehmen können.

Die nächste Plenarsitzung findet am Mittwoch, 15. Mai 2019, um 10:00 Uhr statt.

Ich danke Ihnen und schließe die Sitzung.

Schluss: 12:30 Uhr