Protokoll der Sitzung vom 15.05.2019

(Abg. Anton Baron AfD: Ach! Unsinn!)

Meine Damen und Herren, wir müssen bei der Reform der Grundsteuer klug und vorsichtig agieren.

(Abg. Anton Baron AfD: Ach Gott!)

Wir dürfen keinen Schaden anrichten, sondern müssen die Re form so gestalten, dass weder Mieter noch Eigentümer über Gebühr belastet werden.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Daniel Rottmann AfD – Abg. Anton Baron AfD: Und die Abschaffung des Soli!)

Deshalb zitiere ich gern unsere Position:

Punkt 1: Rechtssicherheit. Wir brauchen nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts eine Neuregelung bis zum Jah resende.

(Abg. Anton Baron AfD: Wahnsinn!)

Bund und Länder müssen bis dahin eine einvernehmliche Lö sung schaffen.

(Abg. Anton Baron AfD: Wahnsinn!)

Andernfalls würde eine der wichtigsten Einnahmequellen un serer Kommunen verloren gehen. Die Kommunen wie auch die Anwender brauchen deshalb zeitnah Rechtssicherheit.

Punkt 2: Föderalismus. Ziel der Grundsteuerreform muss sein, den Ländern die Ausgestaltung bundesrechtlicher Regelun gen oder die Neugestaltung auf Länderebene zu ermöglichen. Ein föderales System kann die Gestaltungsmöglichkeiten der Länder deutlich stärken und dabei die Besonderheiten der ein zelnen Länder am besten berücksichtigen.

(Beifall bei der CDU)

Das eröffnet uns auch die Chance, regionale Unterschiede ein zubeziehen. Einen Flickenteppich sehen wir nicht.

Punkt 3: Kriterien bei der Reform. Die CDU-Landtagsfrakti on spricht sich bei der Grundsteuerreform für eine aufkom mensneutrale, leicht handhabbare und anhand objektiver Kri terien nachvollziehbare Neuregelung aus.

(Abg. Anton Baron AfD: Wie sieht Ihr Konzept aus?)

Sie muss möglichst einfach, transparent und nachvollziehbar ausgestaltet sein. Das, was Bundesfinanzminister Scholz vor gelegt hat, ist für uns ein Bürokratiemonster.

(Zuruf von der SPD: Oh!)

Das weiß jeder, der einmal mit dem Finanzamt vor Ort ge sprochen hat.

Punkt 4: Wir wollen ein möglichst einfaches Modell, bei dem Grundstücke und Gebäude nach Fläche und pauschalen Werten bemessen werden. Regelmäßige Werterhebungen mit großem Aufwand müssen dabei ausgeschlossen werden. Die CDULandtagsfraktion steht damit für ein flächenbasiertes Modell. Ein solches Modell setzt als Bewertungsgrundlage im Wesent lichen die reine Fläche von Gebäude und Grundstück an. Dies ist für die Steuerpflichtigen und die Verwaltung einfach zu vermitteln.

(Abg. Daniel Born SPD: Das ist ein Ungerechtig keitsmonster!)

Herr Born, Sie können nachher persönlich am Rednerpult darlegen, wie Sie es sehen.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Sie haben das Urteil gar nicht verstanden! – Abg. Anton Baron AfD: Scholz und sein Konzept vielleicht auch noch rechtfertigen!)

Die CDU-Landtagsfraktion sieht darin einen einfachen Weg. Das Modell unterscheidet dabei auch nicht, ob es sich um ei ne vermietbare oder eine eigengenutzte Immobilie handelt, und führt nicht zu Mehr- oder Minderwerten aufgrund des Baujahrs der Immobilie. Auch regionale Unterschiede – wie gesagt – können berücksichtigt werden. Das vom Bundesfi nanzminister vorgelegte wertorientierte Grundsteuermodell lehnen wir ab, weil es einfach zu viele Parameter beinhaltet.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Abg. Gabriele Reich-Gutjahr FDP/DVP)

Punkt 5: Kommunalhoheit. Die Grundsteuer ist für die Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg eine wichtige Einnah mequelle. 1,8 Milliarden € sind im letzten Jahr durch die Grundsteuer eingegangen. Das gemeindliche Hebesatzrecht als Ausdruck der kommunalen Selbstverwaltung muss des halb gewahrt bleiben.

Punkt 6: Aufkommensneutralität. Die Reform muss aufkom mensneutral ausgestaltet werden; sie darf nicht dazu genutzt werden, das Steueraufkommen zu erhöhen.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Das will auch niemand!)

Es ist Aufgabe der Kommunen, ihren eigenen Hebesatz im Zuge der Reform so festzulegen, dass Aufkommensneutrali tät auf gemeindlicher Ebene gegeben ist. Die Kommunen wer den – da bin ich mir sicher – mit dieser Verantwortung auch entsprechend umgehen. Unsere Kommunen, meine Damen und Herren, brauchen dringend Rechtssicherheit, verbunden mit einer Aufkommensgarantie. Das ist ganz wichtig.

Punkt 7: Wohnungsbau. Die Grundsteuerreform darf nicht zu neuen Belastungen im Bereich Bauen und Wohnen führen. Die Reform der Grundsteuer darf unserem Ziel „Mehr Wohn raum, weniger Bürokratie“ nicht im Wege stehen.

Die CDU hält zudem natürlich weiterhin an der Umlagefähig keit der Grundsteuer fest.

Meine Damen und Herren, abschließend eines: Für eine Län deröffnungsklausel ist keine Grundgesetzänderung notwen dig. Eine Änderung ist einfach über die Grundsteuergesetzge bung zu handhaben.

Halten wir fest: Nur eine einfache, transparente, nachvollzieh bare Reform ist eine Reform, die auch von den Bürgern, den Unternehmen und nicht zuletzt auch von den Verwaltungsmit arbeiterinnen und -mitarbeitern akzeptiert wird.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Stickelberger das Wort.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Jetzt, Rainer!)

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt innerhalb von zehn Minuten wieder die Komplementärkoali tion in Reinkultur erlebt. In zehn Minuten zwei sich völlig wi dersprechende Positionen – eine tolle Leistung an diesem Vor mittag.

(Beifall bei der SPD und der FDP/DVP sowie Abge ordneten der AfD – Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU)

Wir wissen jetzt immer noch nicht, was die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen wollen. Wir wissen, was wir wollen. Dabei ist klar, dass wir zu einem raschen Ergebnis kommen müssen, um die vom Bundesverfassungsgericht ge setzte Frist einhalten zu können. Die Kommunen brauchen Planungssicherheit, und zwar schnell.

Die SPD will eine aufkommensneutrale und sozial gerechte Lösung, und das ist für uns ein wertabhängiges Modell. Der Scholz-Plan: dreistufiges Verfahren mit grundsätzlich grund stücksbezogenen Daten wie Baujahr, Wohnfläche etc., mit ei ner Differenzierung der Nettokaltmieten schon auf der Län derebene, mit der Steuermesszahl, die eine Sozialklausel ent hält, und dem kommunalen Hebesatz –

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

ein Verfahren, das allen Widrigkeiten eines solchen Systems Rechnung trägt. Am Ende haben die Kommunen das letzte Wort, und das ist gut so.

(Beifall bei der SPD)

Aber was will eigentlich diese Landesregierung? Welche Po sition vertritt sie in Berlin? Wo hat sich denn die Finanzmi nisterin wirklich konkret eingebracht? Landesregierung und die Fraktionen, die die Regierung tragen, sind offensichtlich mehrfach gespalten: uneins bei der Bemessungsgrundlage, un eins, ob flächen- oder wertabhängiges Modell, uneins bei der Frage der Öffnungsklauseln.

Und Sie, Frau Ministerin, irrlichtern da mit ihrer Regierung in der politischen Landschaft herum. Im Januar 2019 haben Sie – man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen – öf fentlich ein wertunabhängiges Modell mit wertabhängiger Komponente vertreten.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Hans- Ulrich Rülke FDP/DVP: Das hat sie vergessen!)

Das steht überhaupt nicht mehr auf der politischen Agenda, ist völlig überholt. Aber Sie haben ja vernommen: Der MP macht Druck. Er konstatiert eine diffuse Zustimmung der Län der, zweifelt aber gleichzeitig an einer Mehrheit der Länder, insbesondere für eine Öffnungsklausel.

Herr Ministerpräsident, Sie inszenieren sich ja gern als gro ßer Zampano des föderalen Systems. Ich weiß nicht – offen sichtlich sind Ihnen die Bündnispartner in Ihrer Rolle abhan dengekommen.

(Beifall bei der SPD)

Der Ministerpräsident lässt noch am 7. Mai verlauten, er wis se nicht, wie eine Öffnungsklausel aussehen könnte, und fügt sibyllinisch hinzu: „Ich habe nie gesagt, dass ich keine Öff nungsklausel will.“ Eine klare Position!