Der Bevölkerung Deutschlands entgingen nach einem Artikel aus dem Magazin „Cicero“ in den vergangenen zehn Jahren pro Kopf Jahr für Jahr jeweils 600 € als direkte Folge der Niedrigzinspolitik der EZB. Das bedeutet, bei elf Millionen Einwohnern haben wir für Baden-Württemberg überschlägig einen Zinsverlust von ungefähr 6,6 Milliarden € hinzunehmen – wobei in Baden-Württemberg traditionell sogar noch eine höhere Sparquote vorliegt; die Baden-Württemberger verste hen etwas vom Sparen.
Das Aufkommen der Grundsteuer betrug in Baden-Württem berg zuletzt 1,8 Milliarden € und entsprach etwa 12 % der kommunalen Refinanzierung – Steuereinnahmen der Kom munen im Land. Im Durchschnitt sind das ungefähr 160 € je Einwohner.
Im Jahr 2017 betrug der durchschnittliche Auszahlungsbetrag – man höre und staune – für einen Rentner in Baden-Würt temberg 934 €, bei Frauen sogar nur 681 €. Laut dem Statis tischen Landesamt wird es 2020 in Baden-Württemberg 2,28 Millionen und 2030 2,7 Millionen Rentner geben. Etwa ein Viertel unserer Gesamtbevölkerung werden dann im Renten status sein.
All diese Menschen haben sich bei der Planung ihrer Alters versorgung auf die geltende Rechtslage verlassen, ja verlas sen müssen. Jetzt würden ihre Grundsteuersätze einer Bewer tung nach den heutigen Immobilienpreisen unterworfen. Was das bedeutet, können Sie selbst errechnen. Menschen, die sich ein Leben lang das Geld für eine Immobilie abgespart, ja, die se erspart haben, sollen unter Umständen mit einem Zwölftel und mehr ihres Jahresnettoeinkommens belastet werden. Das ist ein untragbarer Zustand. Dem müssen wir entgegenwirken.
Grundsteuerexperimente von Herrn Scholz sind in diesem Fall nicht produktiv. Wir, die AfD, lehnen die Grundsteuer als ei ne Form der Vermögensteuer ab. Diese ist unsozial, insofern sie auch Vermögen vernichtet. Für denjenigen, der als Rent ner oder Arbeitsloser in die Lage gerät, dass er über sein ei genes Dach froh sein muss, läuft als Eigentümer die Steuer pflicht weiter. Ihm wird buchstäblich die Substanz seines Ei gentums verzehrt; er wird in unserer Rechtsordnung arm und in Abhängigkeit getrieben.
Die Vermögensteuer für Vermögende wurde 1995 – wie Sie alle wissen – vom Bundesverfassungsgericht für verfassungs widrig erklärt und wird in der Bundesrepublik seit 1997 nicht mehr erhoben. Dagegen wurde die Grundsteuer – gleichfalls eine Substanzsteuer – beibehalten. Selbst bewohnter Grund besitz und Wohneinheiten haben sich in der Finanzkrise als alleiniges Rentenäquivalent bewährt und sind nachhaltig. Die se Bevölkerungsgruppe würde bei einer Umsetzung der der zeit vorgestellten Modelle extrem und durch einen zeitlichen und bürokratischen Albtraum noch zusätzlich belastet. Wie derum müsste diese Fehlallokation des Staates zusätzlich zum erlittenen Kaufkraftverlust und zum Zinsverlust von den Bür gern getragen werden. Es wird also durch die Grundsteuer von denjenigen genommen, die ohnehin aufgrund ihrer prekären Situation jeden Cent zusammenhalten müssen.
Wenn die scholzschen oder sonstige Entwürfe zu einer Grund steuerreform Wirklichkeit werden sollten, dann sind diese Menschen einer marktmäßigen Bewertung ihres vielleicht ein zigen Besitzes – ihres Heimes – unterworfen. Analog gilt dies auch für die Mieter heute günstiger Mietwohnungen, auf die eine steigende Belastung umgelegt wird.
Die Gesellschaft gewinnt damit lediglich weitere Sozialfälle – und zwar gerade jene Menschen, die es bis heute aus eige ner Kraft geschafft haben, eine bürgerliche Existenz zu erhal ten. Das wäre blanker Hohn, ein Schlag ins Gesicht der ba den-württembergischen Bürger.
Wir fordern die Landesregierung deshalb zur Erarbeitung ei ner eigenen Lösung in Zusammenarbeit mit uns, dem Parla ment, auf – denn der Souverän sitzt hier im Raum, die Verant wortung liegt hier im Raum. Dies entspricht dem Subsidiari tätsprinzip. Ohnehin können wir von keiner beliebig anderen staatlichen Einrichtung eine Lösung für unser Land erwarten.
Dazu gehört zuerst auch der Verzicht auf Ihre beliebten ideo logischen Prestigeprojekte – nur wenn man einspart, kann man etwas ausgeben –, die üppig gefördert werden, aber nicht marktwirtschaftlichen Kriterien entsprechen, die sich aus ei gener Kraft niemals am Markt durchsetzen. Ich nenne die Um verteilung von Steuermitteln an all die selbst ernannten grü nen „nachhaltigen Akteure“, denen diese Regierung unter dem Vorwand der Weltrettung jährlich eine üppige Millionensum me auslobt und zuschanzt.
Selbstverständlich müssen wir, wenn die derzeitige Grund steuer fällt, Einnahmen der baden-württembergischen Kom munen in Höhe von jährlich 1,8 Milliarden € aus einer ande
ren Quelle kompensieren. Das gibt uns Gelegenheit, für den künftigen Doppelhaushalt 2020/2021 entsprechende Pläne einzureichen.
Wir fordern die Landesregierung auf, sich im Bundesrat für eine Öffnung der Neuregelung zur Föderalisierung einzuset zen, und diesmal vielleicht nicht als Lippenbekenntnis wie beim Länderfinanzausgleich oder bei der besagten Digitali sierung der Schulen. Wir fordern Sie auf, echte Spielräume dafür zu nutzen und mit breitem Kreuz die Baden-Württem berger dort vehement zu vertreten.
Wir, die AfD, sehen den gangbaren Weg – zumal, ohne büro kratische Monstren zu schaffen – in einer Erhöhung der Lan deszuweisungen aus der Umsatzsteuer an die Gemeinden, wo zu die Artikel 106 und 107 des Grundgesetzes den nötigen Rechtsrahmen schaffen. Nur so wird aus unserer Sicht das Thema befriedet, ohne empfindliche soziale Verwerfungen zu entwickeln oder unserem Land Belastungen zusätzlicher Art aufzuerlegen.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin froh, dass ich jetzt die Gelegenheit habe, zum Thema Grundsteuerreform ein paar Fakten und damit Sachlichkeit in die Debatte einzu bringen.
Es geht bei der Grundsteuerreform um viel Geld für die Kom munen im Land Baden-Württemberg: bundesweit 14 Milliar den €, in Baden-Württemberg 1,8 Milliarden € Einnahmen, die den Kommunen zustehen. Deswegen hat das Gelingen der Grundsteuerreform für uns allerhöchste Priorität.
Der Reformauftrag des Bundesverfassungsgerichts ist klar und eindeutig. Es lohnt sicherlich, sich das noch einmal anzu schauen: Was sind die Kritikpunkte? Wie lautet der Auftrag? Klar ist, dass die aktuelle Gesetzgebung gegen das Gleich heitsprinzip verstößt und zu gravierenden und umfassenden Ungleichbehandlungen in der Bewertung von Grundvermö gen führt.
Dieser Tatbestand muss dringend geändert werden. Die Frist läuft Ende dieses Jahres aus. Das Verfassungsgericht hat ge urteilt, dass diese Ungleichbehandlung auch dann nicht ge rechtfertigt ist, wenn man sich z. B. das Ziel einer möglichst einfachen Bewertung vor Augen führt oder das Ziel, Verwal tungsaufwand bei einer Neubewertung zu vermeiden. Nichts davon ist der Fall. Diese Ungerechtigkeit muss beseitigt wer den.
Denn klar ist: Gelingt diese Reform nicht bis Ende dieses Jah res, dann können solche Steuern ab dem 1. Januar 2020 nicht mehr erhoben werden.
Deswegen hat sich die grün-schwarze Koalition im Land Ba den-Württemberg das Ziel gesetzt, die Reform des Bewer tungsgesetzes zum Erfolg zu führen, und zwar innerhalb der gesetzten Frist.
Ein weiteres Ziel ist natürlich eine aufkommensneutrale Re form. Wir wollen, dass die Kommunen durch die Reform kei ne Einnahmeverluste erleiden – ganz klar –, wir wollen aber auch, dass Bürgerinnen und Bürger oder Unternehmen durch die Neugestaltung der Grundsteuer nicht zusätzlich belastet werden.
Das kann aber natürlich nur in Summe gelten. Denn es ist ganz klar, dass infolge der Reform durch die Belastungsverschie bung innerhalb der Städte und Gemeinden auch Veränderun gen entstehen werden. Das ist ja ganz klar; sonst hätten wir das Urteil des Verfassungsgerichts nicht. Insofern ist es lo gisch, dass es zu Verschiebungen kommen wird.
Aber klar ist auch – das haben auch alle gesagt –, dass darauf zu achten ist, dass es eben aufkommensneutral bleibt. Am En de haben es natürlich die Kommunen über ihre Hebesätze, über das Hebesatzrecht in der Hand, die Reform aufkommens neutral zu gestalten. Das haben sie auch zugesagt. Sie fahren hier schon wieder eine Angstkampagne; die Behauptung, dass explodierende Steuern auf die Bürgerinnen und Bürger zu kommen würden, ist völlig falsch und an dieser Stelle auch zurückzuweisen.
Natürlich wollen wir eine möglichst wenig bürokratische Re form der Grundsteuer. Aber hier sollte sich niemand Illusio nen machen: Alle diskutierten Reformmodelle bringen zumin dest am Anfang einen erheblichen Verwaltungsaufwand mit sich. Das ist völlig klar. Es geht um 35 Millionen Grundstü cke bundesweit, die neu bewertet werden müssen. Das muss man an dieser Stelle in Kauf nehmen, um der Gerechtigkeit willen und in Anerkennung des Urteils des Verfassungsge richts, dass an dieser Stelle Gleichheit und Gerechtigkeit her gestellt werden müssen. Wer weniger Verwaltungsaufwand will – das will ich an dieser Stelle schon sagen –, der muss übrigens für eine bundeseinheitliche Regelung eintreten, der muss gegen einen Flickenteppich unterschiedlicher Bewer tungsgrundlagen und Bemessungsgrundlagen mit 16 verschie denen Arten der Grundsteuerbemessung sein. So etwas wäre wirklich ein Konjunkturprogramm für die Bürokratie; das sa gen auch die kommunalen Landesverbände, meine Damen und Herren.
Wir Grünen wollen eine möglichst faire und gerechte Grund steuer. Das Flächenmodell als Grundlage wäre dies aus unse rer Sicht nicht, wenn der Quadratmeter in der Villa und der im Hochhaus quasi gleich bemessen würden. Wir setzen uns auch dafür ein, dass die Kommunen die Möglichkeit erhalten,
Anreize dafür zu schaffen, dass unbebautes Bauland in die Nutzung kommt. Deswegen finden wir es auch richtig, dass dieser Vorschlag die Möglichkeit zur Erhebung einer Grund steuer C enthält.
Ich denke, man kann insgesamt sagen: Die Verhandlungen im Bund waren jetzt sehr erfolgreich. Baden-Württemberg unter Führung unserer Finanzministerin Edith Sitzmann hat sich konstruktiv und tatkräftig dafür eingesetzt, dass man zu einem guten und ausgewogenen Kompromissvorschlag gekommen ist. Es handelt sich jetzt nicht mehr um das Scholz-Modell, sondern um einen Reformansatz, der von einer breiten Län dermehrheit getragen wird.
Seit Anfang Februar liegt das Eckpunktepapier auf dem Tisch. Das ist ein guter Ausgangspunkt für weitere Reformschritte. Nur müssen diese jetzt auch zügig erfolgen. Ich habe es am Anfang gesagt: Wir haben nur bis Ende des Jahres Zeit. Es ist jetzt meiner Meinung nach nicht die Zeit für lange Prüfungen und Gutachtenschlachten. Bei allem föderalen Charme, den eine große Öffnungsklausel oder eine vollständige Föderali sierung der Grundsteuer unter Verfassungstheoretikern entfal ten mag: Woher sollen denn die Mehrheiten für eine Grund gesetzänderung kommen,
und wie sollen die Länder den damit verbundenen Verwal tungsaufwand bewältigen, vor allem in der gegebenen Zeit?
Es gibt Alternativen zu die sem Modell. Diese wurden auch abgewogen. Jetzt hat man ei nen von allen erarbeiteten Kompromissvorschlag. Man kann über Alternativen diskutieren, aber für uns ist klar: Es kann keine Alternative sein, die Reform jetzt gegen die Wand zu fahren und die Kommunen mit den Einnahmeausfällen im Stich zu lassen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die AfD und die Grundsteuer – mal möchte die AfD die Grundsteuer abschaffen, ein anderes Mal möchte sie durch eine Gegenfinanzierung die Grundsteu er sozusagen retten. Man weiß nicht, was sie will. Heute: kein Grundsteuerkonzept, lediglich Populismus, kein Lösungsweg – wie immer –, keine Inhalte.