(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen – Abg. Thomas Blenke CDU: Sehr gut! – Zurufe von der SPD)
Frau Präsidentin, meine sehr geehr ten Damen und Herren! In der ersten Lesung haben wir, die AfD-Fraktion, bereits unsere Bedenken hinsichtlich der Ver letzung des Subsidiaritätsprinzips dargelegt, ebenso unsere Kritik an der DS-GVO und ihrer teilweise realitätsfernen, un praktikablen und konträren Wirkungsweise.
Zwei Fälle haben wir genannt: Wenn ein Besucher in eine Kli nik kommt und nicht mitgeteilt bekommt, wo seine lebensge fährlich verletzte Mutter liegt, dann ist das nicht nur kontra produktiv, sondern schlichtweg absurd, meine Damen und Herren.
Selbstverständlich ist Datenschutz richtig und auch in diesem Bereich zu beachten. Wenn aber z. B. Abmahnvereine ein lu kratives Betätigungsfeld entdecken und das Geld quasi auf dem Silbertablett serviert bekommen, dann ist dies genau das Gegenteil dessen, was die AfD-Fraktion will.
Ich will mich jetzt auf einige wichtige Punkte in der Geset zesvorlage beschränken. Zuerst das Positive: Die im Gesetz entwurf vorgesehene Zuständigkeit der Amtsgerichte ist ver nünftig und sachgerecht.
Ebenso können wir uns einer Überwachung gemäß Artikel 1 § 5 – Datenverarbeitung unter Einsatz von Videotechnik in Vorführbereichen von Gerichtsgebäuden – anschließen. Auch dies ist sachgerecht, zumal Tonaufzeichnungen an dieser Stel le untersagt sind und die Sicherheit für alle Personen, für al le Beteiligten erhöht wird.
Das Gleiche gilt für die Fußfessel bei Freigängen. Auch die ser Regelung stehen wir positiv gegenüber; denn ein Angriff auf eine Begleitperson wird eher unterbleiben, wenn der Tä ter befürchten muss, dass er permanent geortet werden kann.
Grundsätzlich begrüßen wir alle Maßnahmen, die der Siche rung der Justizvollzugsbediensteten, der Gerichtsvollzieher und selbstverständlich auch aller Polizisten und Einsatzkräf te dienen, aber dabei muss die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben.
Damit kommen wir zu Artikel 1 § 6 des Gesetzentwurfs – Ver wendung mobiler Alarmgeräte durch Justizbedienstete. Dem können wir unsere Zustimmung nicht geben. Eine normale Alarmierungsfunktion sehen wir auch angesichts der gerin gen Fallzahlen, auf die Kollege Weinmann bereits in der ers ten Lesung hingewiesen hat, als ausreichend an.
Wir haben die Sorge, dass eine schleichende Aushöhlung der grundgesetzlich geschützten Rechtsgüter erfolgen könnte, dass Artikel 13 des Grundgesetzes – hinsichtlich der besonders ge schützten Wohnung – scheibchenweise untergraben werden könnte. Herr von Eyb, Sie haben eben ausgeführt, dass das Mithören in der Wohnung aber noch durch Artikel 13 Absatz 5 des Grundgesetzes gedeckt sei. Nur: Wenn diese Deckung nicht gegeben wäre, könnten Sie das gar nicht machen.
Dass in diesem Bereich aber permanent neue Regelungen ge schaffen werden, dass die Unverletzlichkeit der Wohnung per manent ausgehöhlt wird, erfüllt uns mit Sorge. Wir sind der Meinung, dass man hier den Anfängen wehren muss.
Weiter geht es mit dem Wunsch, Bodycams auch in Wohnun gen benutzen zu können; auch darüber wurde schon breit dis kutiert. Das setzt sich nunmehr fort mit dieser verdeckten Ton aufnahme und der Übermittlung an Dritte. Die Übermittlung an Dritte sehen wir gar nicht einmal als das Kernproblem an, denn für diese gelten ebenfalls die datenschutzrechtlichen Be stimmungen. Aber dass es zulässig sein soll, aus einer Woh nung verdeckte Aufzeichnungen tonbandmäßiger Natur zu senden, dem können wir unsere Zustimmung nicht geben.
Die Argumentation ist auch nicht ganz stringent. Denn einmal heißt es, die offen getragene Kamera habe eine Abschre ckungsfunktion – dem stimmen wir zu –, andererseits soll dann aber auch die Abschreckung durch diese Alarmfunktion möglich sein. Wie hat man sich das vorzustellen? Betritt der Bedienstete dann die Wohnung und erklärt, er habe ein Alarm gerät, das er, wenn sich die betreffende Person nicht brav ver halte, benutzen werde? Also, in der Praxis scheint mir das doch ein bisschen seltsam zu sein.
Ich darf für die AfD-Fraktion zusammenfassend erklären, dass wir, wie schon im Ständigen Ausschuss, dem Gesetzentwurf nicht zustimmen werden.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will mich gar nicht groß bei einleitenden Worten aufhalten. Der Kollege Jonas Weber hat bereits in der vergangenen Woche ausgeführt, wo für uns die Knackpunkte bei diesem Gesetzentwurf liegen.
Ich möchte noch einmal auf ein, zwei Punkte eingehen, die der Zustimmung der SPD-Fraktion zu diesem Gesetzentwurf im Prinzip nach wie vor entgegenstehen. Das betrifft vor al lem Formulierungen in den §§ 5 und 6 von Artikel 1, zu de nen wir heute noch einmal den in Rede stehenden Änderungs antrag vorlegen. Da geht es im Wesentlichen um Speicherfris ten; das hatten Sie ja bereits im Vorfeld erwähnt.
Es sollte Ihnen zu denken geben, dass es nicht nur die SPDFraktion ist, die mit diesen überlangen Speicherfristen ein Pro blem hat, sondern eben auch der Landesdatenschutzbeauftrag te und der Anwaltsverband. Das sollten Sie bei Ihrer Abwä gung, die Sie offenbar ordnungsgemäß vorgenommen haben wollen, berücksichtigen.
Uns erschließt sich beispielsweise nicht, wieso im Rahmen einer Zwangsvollstreckung gespeicherte Tonaufzeichnungen bis zu einem Jahr aufbewahrt werden müssen. Welche Er kenntnisse erhofft man sich von einer so überlangen Aufbe wahrung? Warum sollte man nach einer die Mithörfunktion in Gang setzenden gefahrgeneigten Situation ein ganzes Jahr benötigen, um einen möglicherweise justiziablen Vorgang feststellen zu können? Die Beweissicherung kann es kaum sein; denn dazu hat man nach dem Gesetzentwurf bereits jetzt die Möglichkeit, die Daten so lange zu speichern, bis ein Straf verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. Ich kann Sie für die SPD nur noch einmal auffordern, im Sinne eines bürgerfreund lichen Datenschutzes die in Rede stehenden Speicherfristen auf ein angemessenes Maß zu kürzen.
Ich möchte Ihnen – insbesondere an die Adresse der GrünenFraktion gerichtet, die den Datenschutz mit einer gewissen Monstranz vor sich herträgt – gern noch einmal den Titel von Artikel 1 des Gesetzentwurfs vor Augen führen: Landesdaten schutzgesetz für Justiz- und Bußgeldbehörden – S c h u t z gesetz. Der Schutzzweck der Norm sollte für uns Abgeordne te handlungsleitend sein. Insofern haben Sie heute die Gele genheit, Worten Taten folgen zu lassen. Stimmen Sie im An schluss unserem Änderungsantrag zu.
Der Gesetzentwurf hat aber noch eine weitere, aus verfas sungsrechtlicher Sicht weitaus problematischere Komponen te: Er schafft eine Ermächtigungsgrundlage für eine geheime Mithörfunktion in Wohnungen von Schuldnern im Rahmen der Zwangsvollstreckung. Wir sollten uns einig sein, dass dies einen massiven Grundrechtseingriff darstellt, einen Eingriff
in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung nach Artikel 13 des Grundgesetzes, zumal dieses Mithören – Sie haben es ein bisschen lapidar beiseitegeschoben – nicht durch staatliche Stellen erfolgt, sondern – festhalten! – durch einen privaten Dienstleister im Rahmen einer Auftragsverarbeitung.
Vorab zur Klarstellung: Insbesondere im Hinblick auf die zu nehmende Gewalt gegenüber Bediensteten des Landes unter stützen wir seitens der SPD Maßnahmen, die die Sicherheit der Justizbediensteten – insbesondere der Gerichtsvollzieher – erhöhen. Aber wenn man das macht, muss man es verfas sungsrechtlich sauber machen, und – auch das darf nicht un erwähnt bleiben – es sollte so gemacht werden, dass sich die Sicherheit der Gerichtsvollzieher nicht nur subjektiv, vom Ge fühl her, erhöht, sondern auch objektiv. Ich bin gespannt, wie der Minister uns im Anschluss erläutert, warum ausgerechnet ein Mitarbeiter einer privaten Leitstelle – auch wenn es eine Leitstelle der EnBW ist – eine Gefahrensituation, eine Gefahr für Leib und Leben eines Gerichtsvollziehers, besser beurtei len kann als die Polizei.
Bisher zählte es meines Erachtens nicht zu den Kernkompe tenzen der EnBW, also der Leitstelle der EnBW für Kraft werksstörungen, sich auch damit zu beschäftigen, Leib und Leben von Justizbediensteten zu schützen. Es wäre mir neu, dass an dieser Stelle eine neue Kernkompetenz für die EnBW hinzugekommen wäre.
Ich sehe es so: Wir hätten uns einer Unterstützung kaum ver weigert, wenn eine Alarmierung direkt beim örtlichen Poli zeirevier aufgeschaltet werden würde und dann auf der Basis einer profunden Einschätzung – wer kann das besser als die Polizei? – unmittelbar und ohne Verzögerung Hilfe auf den Weg gebracht werden könnte.
Leider konnten Sie zudem auch den Widerspruch beispiels weise in der Argumentation für den Einsatz der Bodycam im Polizeibereich nicht aufklären. Dort war ja im Prinzip einer der Wesenskerne der Gesetzgebung, dass man sagt: „Das of fen zutage tretende Filmen hat eine deeskalierende Wirkung.“ Das, was Sie damals behauptet haben, ist jetzt exakt konträr in diesem Gesetzentwurf zu finden; denn hier geht es um das heimliche Mithören.
(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Völlig unter schiedliche Situationen! Das kaschieren Sie einfach! Völlig unterschiedliche Sachverhalte!)
Sie ermächtigen hier einen privaten Dienstleister zum heim lichen Mithören in Wohnungen. An dieser Stelle mag das nachvollziehen, wer will; wir tun das nicht.
Wegen der verfassungsrechtlichen Bedenken, die ich hier schon hinreichend geltend gemacht habe, hat meine Fraktion ein weiteres Problem – anders als offenbar die Grünen. Die Geräte und auch das Verfahren sind so fehleranfällig – das wurde auch in der vergangenen Woche schon debattiert –, dass fragwürdig erscheint, ob in einer Gefahrensituation die Hilfe für betroffene Gerichtsvollzieher durch die Polizei, wenn überhaupt, rechtzeitig kommt. Gerade der notwendige Schutz der Landesbediensteten gebietet es doch, dass wir hier im Landtag Schutzmaßnahmen beschließen, die nicht lediglich
Die Zustimmung der SPD zum Gesetzentwurf wird es nur ge ben, wenn folgende Punkte erfüllt sind: kürzere Speicherfris ten, kein heimliches Abhören in Wohnräumen, Alarmierung direkt an die Polizei und nicht an einen privaten Dienstleister.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfrak tionen – ich appelliere hier besonders an die Grünen –, so, wie die Regelungen in dem Gesetzentwurf vorgesehen sind, geht es nicht. Besinnen Sie sich Ihrer Werte, und stimmen Sie un serem Änderungsantrag zu.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ich habe bereits im Rahmen der ers ten Lesung unsere grundrechtlichen Bedenken gerade im Hin blick auf die mobilen Alarmgeräte deutlich gemacht. Insbe sondere im Rahmen der Verhältnismäßigkeit leuchtet uns trotz der Aussprache im Ausschuss nicht ein, wo der praktische Mehrwert liegen soll, wenn man die von uns auch begrüßten mobilen Alarmgeräte mit einer Abhörfunktion versieht, unab hängig von der Frage – Kollege von Eyb hat es angesprochen –, dass man bereits vor einem Jahr die Geräte mit der Abhör funktion ausgestattet hat – ohne sie einzusetzen –, wohl wis send, dass es eben einer Ermächtigung durch den Landtag, durch den Gesetzgeber bedarf. Insoweit ist es fraglich, dass man jetzt die Ermächtigungsgrundlage schafft, obwohl die Geräte bereits angeschafft sind.
Unabhängig davon erkennen wir den praktischen Mehrwert dieser Aufnahmefunktion nicht. Herr Minister, es ist zuzuge stehen, dass jeder einzelne Fall einer zu viel ist. Deswegen muss es in unserem Interesse sein, die Gerichtsvollzieherin nen, die Gerichtsvollzieher, die Justizbediensteten bestmög lich zu schützen. Das schaffen wir aber nicht durch zusätzli che Gesetze, sondern wir müssen die Polizei personell und materiell so ausstatten, dass sie rechtzeitig am Einsatzort ist. Mehr Personal und nicht schärfere Gesetze sind die Antwort.
Insoweit sind wir bei der SPD – sollte unserem Antrag als dem weiter gehenden nicht stattgegeben werden –, dass man die Speicherfristen entsprechend reduzieren muss.
Schwierigkeiten haben wir indes mit dem weiter gehenden Antrag, dass Dritte nicht die Entgegennahme übernehmen sol len; dies vor dem Hintergrund, dass das Land – der Herr Mi nister hat dies ausgeführt – nicht über die entsprechenden Ge