Protokoll der Sitzung vom 15.05.2019

Bitte, Herr Sti ckelberger.

Und lassen Sie danach eine Zwischenfrage von Herrn Abg. Sänze zu?

Vielen Dank, Frau Minis terin. – Sie haben jetzt erläutert, in welchem Umfang sich die Landesminister in die Diskussion eingebracht haben. Ich ge he davon aus, dass Sie das in den letzten Wochen – Sie waren ja häufig in Berlin – ebenso getan haben.

Meine Frage: Welche Position des Landes Baden-Württem berg haben Sie dort konkret vertreten? Die Position, die vor hin Frau Walker recht anschaulich und zutreffend skizziert hat, oder die des Kollegen Wald, die er uns heute Morgen ver mittelt hat? Wie sind Sie da aufgetreten, mit welchem Inhalt?

(Beifall bei der SPD – Abg. Reinhold Gall SPD: Jetzt wird es schwierig! – Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU)

Herr Kollege Sti ckelberger, erstens bin ich nicht nur in den letzten Wochen häufig in Berlin gewesen. Vielmehr habe ich gesagt: Wir ha ben bereits im November 2016 ein Grundsteuermodell in den Bundesrat eingebracht und dort mit 14 : 2 Stimmen, also mit einer sehr großen Mehrheit, verabschiedet. Das heißt, ich bin eigentlich seit meinem Amtsantritt in Sachen Grundsteuer un terwegs. Es sind sehr viele Sitzungen, sehr viele Verhandlun gen. Die Ziele, die ich dort jeweils eingebracht habe, habe ich eingangs schon erörtert: die Einnahmequelle für die Kommu nen zu sichern,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Unstrittig!)

fristgerecht bis Ende dieses Jahres eine Reform zu beschlie ßen, dafür Sorge zu tragen, dass die Belastungen für die Steu erzahlerinnen und Steuerzahler nicht erhöht werden und, was eben auch noch ganz wichtig ist, das Ganze möglichst ein fach, nachvollziehbar und administrierbar zu gestalten.

Da Sie ein im Parlamentarismus erfahrener Politiker sind, wis sen Sie auch, dass es immer darum geht, Mehrheiten zu fin den. Die Eckpunkte, die nach langen Verhandlungen der Län derfinanzminister untereinander und auch mit dem Bundesfi nanzminister letztendlich als Grundlage für einen Gesetzent wurf besprochen worden sind, sind das Ergebnis vieler Ge spräche und sind auch der Versuch, eine mehrheitsfähige Lö sung zu finden, und zwar parteiübergreifend. Denn sonst kann es ja nicht funktionieren.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Eben!)

Frau Ministerin, lassen Sie die nächste Zwischenfrage zu, und zwar von Herrn Abg. Sänze?

Ja. – Aber Sie hatten ja gerade auch schon ausreichend Zeit.

Vielen Dank, Frau Ministerin, für das Zulassen der Zwischenfrage. – Jetzt muss man festhalten, Sie haben schon mal drei Monate gebraucht, um überhaupt unse re Anfrage zu beantworten. Mich würde jetzt interessieren: Wie viel Zeit brauchen Sie, um diesem Plenum einmal Ihre eigenen Vorstellungen von einer Grundsteuerreform vorzu stellen?

Herr Kollege Sänze, ich habe mich so lange und intensiv mit dem Thema beschäf

tigt, dass ich hier den ganzen Vormittag, wenn das gewünscht ist,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Nein!)

mit Details zum Thema Grundsteuer füllen könnte. Sie haben gerade gesagt, die Beantwortung habe lange gedauert. Wir ha ben aber höflich angefragt, und Sie haben der Fristverlänge rung stattgegeben. – Warum ist das so? Weil die Verhandlun gen – das können Sie jeden Tag in der Zeitung lesen – sehr dynamisch und sehr virulent sind. So hatte z. B. gerade am letzten Freitag der Bundesfinanzminister zu einer Anhörung zu Verfassungsfragen eingeladen – für die Grundsteuerreform insgesamt, aber auch für verschiedene Varianten, die im Ge spräch sind. Sie sehen: Es gibt permanent Sitzungen und Be ratungen, und die jeweiligen Ergebnisse sind für die zukünf tige Ausgestaltung wichtig.

Also, meine Damen und Herren, ich habe deutlich gemacht, für welches Modell ich mich eingesetzt habe, ich habe deut lich gemacht, dass es uns darum geht, dass auch die Belastung nicht steigt. Ich will an dieser Stelle noch einmal auf etwas hinweisen: Wir diskutieren die ganze Zeit über die Bemes sungsgrundlage. Welche Faktoren werden in die Berechnung überhaupt einbezogen? Wie groß ist das Grundstück? Wie wird das Gebäude genutzt? Wie viele Quadratmeter hat das Gebäude? Die Frage nach den Mieten hat sich immer wieder gestellt. Oder soll man rein nach der Fläche gehen? All das diskutieren wir.

Klar ist: Ausschlaggebend ist die Steuermesszahl, mit der dann die Bemessungsgrundlage multipliziert wird, und im nächsten Schritt der kommunale Hebesatz. Darum wird es ganz entscheidend gehen, wenn es um die zukünftige Höhe der Grundsteuer und damit auch der Belastung geht.

Deshalb ist es wichtig, zu betonen, dass in den Eckpunkten, die wir mit dem Bundesfinanzminister beschlossen haben, die Steuermesszahl deutlich abgesenkt wird. Sie liegt jetzt bei 3,5 Promille, in Zukunft würde sie bei 0,35 Promille liegen. Das heißt, bei Berechnungen, die die derzeitige Steuermesszahl und die aktuellen Hebesätze anwenden, kommt eine Verviel fachung der Grundsteuerlast heraus. Das ist zukünftig nicht der Fall; die Steuermesszahl muss nach unten korrigiert wer den.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Da haben Sie mal recht!)

Ich gehe davon aus, dass auch die Kommunen – so wurde es auch immer versichert – mit ihrem verfassungsmäßig garan tierten Recht, die Hebesätze vor Ort zu bestimmen, verant wortungsbewusst umgehen und dafür sorgen, dass die Grund steuerbelastung insgesamt nicht steigt, meine Damen und Her ren.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ein ganz wichtiger Punkt, der hier auch schon kurz angespro chen worden ist, ist die Bürokratiebelastung. Wie viele Anga ben muss z. B. ein Steuerzahler bzw. eine Steuerzahlerin ma chen? Da gibt es nach derzeitigem Stand eine fiktive Miete, die über den Mikrozensus ermittelt wird. Es geht also nicht um einzelne Mieten, sondern es wäre eine Durchschnittsmie

te für Baden-Württemberg insgesamt. Dann geht es um die Wohnfläche, um das Baujahr, um den Bodenrichtwert sowie um den Gebäudetyp – welche Art von Gebäude ist es: ein Ein familien-, Zweifamilien- oder Mehrfamilienhaus? Das sind die Angaben, die in Zukunft nötig wären; mehr aber auch nicht.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Auf viele Angaben kann zurückgegriffen werden, weil sie vielfach schon vorhanden sind.

Wichtig für das Thema Wohnen, meine Damen und Herren, ist die sogenannte Grundsteuer C. Das ist mir persönlich tat sächlich sehr wichtig; dafür habe ich mich in all den Verhand lungen auch immer eingesetzt. Es gab übrigens schon im No vember 2016 den Antrag von Baden-Württemberg im Bun desrat, dass die Kommunen die Möglichkeit bekommen, eine Grundsteuer C einzuführen, und damit ein Instrument erhal ten, um brachliegende Flächen dem Wohnungsbau zur Verfü gung zu stellen. Das wäre extrem wichtig, um die bestehende Knappheit zu überwinden. Sie wissen: Häufig ist es ein Pro blem, dass vor Ort keine ausreichenden Flächen vorhanden sind.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, dieser Punkt ist fest vorgesehen. Ich kann nur an die Bundesregierung appellieren, sich mög lichst zeitnah mit der Grundsteuerreform zu befassen und ei nen Gesetzentwurf auf den Weg zu bringen. Diesen Gesetz entwurf werden wir dann intensiv und zeitnah auf die Anfor derungen hin, die ich formuliert habe, prüfen. Wir gehen da von aus und hoffen – und tun alles dafür –, dass die Grund steuer dann als konjunkturunabhängige Einnahmequelle für unsere Kommunen erhalten bleibt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Nun erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Gedeon.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Sänze hat es richtig gesagt: Die Grundsteuer muss weg. Das ist eine Form des kalten Kommunismus. Viele denken, der Kommunismus

(Abg. Gernot Gruber SPD: Da kennt er sich aus!)

wäre 1989 in Deutschland verschwunden. Das ist ein Irrglau be. Er hat nur sein Gesicht gewandelt. Wir haben einen kal ten Kommunismus; wir haben eine kalte Enteignung. Wir ha ben eine permanente Enteignung der Sparer, und wir haben einen permanenten Angriff auf die Leistungsgerechtigkeit.

Kommunismus bedeutet einen Fundamentalangriff auf die Leistungsgerechtigkeit, und zwar überall, wo Sie hinschauen. Viele glauben, der Kommunismus würde das Kapital, den Ka pitalismus abschaffen. Noch nie ging es den Börsenspekulan ten, den Soros und Co., so gut wie heute. Meine Damen und Herren, der Kommunismus richtet sich nicht gegen das Kapi tal, sondern gegen den Mittelstand.

(Zuruf von der SPD)

Kommunismus bedeutet Vernichtung des Mittelstands, und das findet hier auf großer Linie statt – und es ist nur ein Bau stein von vielen.

Deswegen: Schluss mit der Grundsteuer. Wir können nicht ei ne Grundsteuer und zusätzlich eine Grunderwerbsteuer erhe ben. Das ist so, als würden Sie sich eine Wohnung kaufen und müssten dann auch noch Miete zahlen.

(Unruhe)

Also: Schluss mit der Grundsteuer, Schluss mit dem kalten Kommunismus!

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen, der CDU und der SPD – Anhaltende Unruhe)

Der Kommunismus vernichtet nicht nur den Wohlstand, son dern auch die Freiheit.

(Lebhafte Unruhe)

Danke schön. – Denken Sie darüber nach.

(Beifall des Abg. Stefan Räpple AfD)

Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Gro ße Anfrage besprochen und Punkt 1 der Tagesordnung erle digt.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Mi nisteriums für Inneres, Digitalisierung und Migration – Grün-schwarze Landesregierung: Endstation direkte De mokratie – Drucksache 16/5885 (Geänderte Fassung)

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.