Protokoll der Sitzung vom 16.05.2019

Ich sage Ihnen: Machen Sie Schluss, verzichten Sie freiwillig auf den weiteren Verbleib in der ersten Liga. Steigen Sie frei willig ab, und kommen Sie mit neuen Trainern und neuen Spielern wieder zurück in die erste Liga.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Stoch das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen! Eigentlich müsste eine Debatte über den Zustand dieser Regierungskoalition ein Fest für die Opposi tion sein. Ich sage Ihnen aber ganz ehrlich: Allmählich ist mir nicht mehr zum Feiern zumute.

Ich möchte mit einem Bild beginnen, das vielleicht illustriert, wie diese Landesregierung arbeitet und was sie für dieses Land leistet oder, vielleicht doch besser, nicht leistet. Der ei ne oder andere von uns, insbesondere aus den Reihen der Lan desregierung, war in den letzten Tagen auf dem Frühlingsfest. Dort stehen viele Fahrgeschäfte. Da blinkt und blitzt es, manchmal gibt es auch künstlichen Rauch, es scheppert, und dann geht es rauf und runter und hin und her. Es gibt auch viel Geschrei – wie gestern Abend hier im Plenarsaal zwischen CDU und Grünen. Am Ende hält dieses Fahrgeschäft wieder an, und man steigt genau da aus, wo man eingestiegen ist. Man ist bei all dem Rummel keinen einzigen Meter vorangekom men.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Die SPD wäre froh, wenn sie dort aussteigt, wo sie eingestiegen ist!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist auf dem Volksfest in Ordnung, aber für eine Landesregierung ist das furchtbar.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das mag auf dem Volksfest in Ordnung sein –

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

oder im Bierzelt, wo Sie auch gern sind. Aber für eine Lan desregierung ist das als Bilanz eben nur Geschrei, und am En de ist man genau dort, wo man vorher war.

Das Grundproblem dieser Koalition – Herr Kollege Rülke hat es einleitend angesprochen – ist schon der Konstruktionsfeh ler, nämlich – wie es der Ministerpräsident tat – von einer Komplementärkoalition zu sprechen, also der irrigen Annah

me, es sei möglich, sich das politische Feld ein bisschen nach politischen Präferenzen aufzuteilen, jeder der beiden Partner könne sein „Wiesle“ bearbeiten, und danach würde das Land strahlen.

Ich kann Ihnen sagen, sowohl bei Herrn Kollegen Schwarz von den Grünen als auch bei Herrn Kollegen Reinhart von der CDU wurde eines deutlich: Mehr als heiße Luft und Phrasen kommen bei dieser Komplementärkoalition nicht heraus, lie be Kolleginnen, liebe Kollegen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der FDP/ DVP sowie Abgeordneten der AfD)

Wenn sich der Kollege Schwarz hier darüber freut, dass drau ßen alles grünt, dann muss ich Ihnen, Herr Schwarz, bedau erlicherweise sagen: Es würde auch grünen, wenn es keine Grünen gäbe. Es ist nämlich schlicht Frühling.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der FDP/ DVP sowie Abgeordneten der AfD)

Herr Kollege Reinhart, Sie haben sich so unglaublich über die Leistung der Landesregierung gefreut, was das Schuldentil gen angeht. Wenn Sie sich die Entwicklung der Einnahmen der öffentlichen Kassen, auch des Landes anschauen und wenn Sie sich dann noch anschauen, was in der Landeshaushalts ordnung steht – das ist ein Gesetz, an das sich auch diese Re gierung halten sollte –, dann sehen Sie: Da steht nichts ande res, als dass diese Landesregierung zur Schuldentilgung ge zwungen ist. Stellen Sie doch nicht Leistungen der Menschen im Land als Ihre Leistungen dar, liebe Kolleginnen, liebe Kol legen.

(Beifall bei der SPD und der FDP/DVP)

Ich kann es mir eigentlich sparen, all diese Punkte noch ein mal aufzuzählen,

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Genau! Sparen Sie es sich doch!)

bei denen sich diese Regierung eben nicht einig ist, nicht grün oder auch schwarz sieht. Es werden sogar schon Listen ge führt – eine liegt bereits hier. Diese Koalition streitet z. B. in der Bildung um Ganztagsbetreuung, um Ganztagsschulen. Nicht allein um die bessere Vergütung von Schulleiterinnen und Schulleitern findet man keine Einigung. Die Schulverwal tungsreform oder das Debakel um die Bildungsplattform der Kultusministerin, all das sind Bankrotterklärungen für eine Landesregierung.

(Beifall bei der SPD und der FDP/DVP – Zuruf: Es ist auch Ihre Plattform!)

Das Weitere und Schlimme – Sie haben gefordert, dass hier auch Vorschläge gemacht werden –:

(Zuruf von der CDU)

Hier wurde das Thema Fahrverbote angesprochen. Dieses Thema ist für viele Menschen in diesem Land höchst relevant, und zwar für die Menschen, die Fahrzeuge besitzen und auf ihre Fahrzeuge angewiesen sind,

(Zuruf von der AfD: Ja!)

aber auch für viele Menschen, die in der Fahrzeugproduktion ihr Geld verdienen. Jetzt schauen wir uns das Ergebnis der Po litik dieser Landesregierung an.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Sehr gut! Genau!)

Die Menschen sind in höchstem Maß verunsichert, weil die se Landesregierung zu keiner klaren Linie fähig ist, um die sen Menschen z. B. durch eine Hardwarenachrüstung eine Per spektive zu geben. Gleichzeitig fallen die Absatzzahlen im Kfz-Bereich. Das heißt, die Automobilindustrie in BadenWürttemberg verkauft weniger Fahrzeuge, weil beispielswei se ein Ministerpräsident ständig vom „dreckigen Diesel“ fa buliert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer das tut, bringt dieses Land in eine Schieflage und nicht nach vorn.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Dahinter bleibt dann ein wichtiger Punkt leider zurück. In der Hakelei um Dieselfahrverbote – lege ich Rechtsmittel gegen Gerichtsentscheidungen ein oder nicht? – wird vergessen, dass die Zukunft der Mobilität eines der wichtigsten Zukunftsthe men in diesem Land ist. Leider hat jedoch diese Landesregie rung – und so funktioniert keine Komplementärkoalition, Herr Ministerpräsident – aus Grünen und CDU keinen Kompass. Wir brauchen nämlich Antworten für die Menschen in der Zu kunft, und zwar in 15, 20 Jahren. In Ballungsräumen wie Stuttgart wird wahrscheinlich nicht der Individualverkehr die Lösung aller Probleme sein. Gleichzeitig haben wir aber länd liche Räume, in denen die Menschen noch lange Zeit genau darauf angewiesen sind.

(Vereinzelt Beifall bei der AfD und der FDP/DVP)

Wir brauchen ein in sich schlüssiges Mobilitätskonzept. Sie haben gegensätzliche Ideologien; Sie werden nie zu gemein samen Lösungen für dieses Land Baden-Württemberg kom men.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der AfD und der FDP/DVP – Zurufe der Abg. Nicole Razavi CDU und Carola Wolle AfD)

Man kann natürlich auch auf Fragen der inneren Sicherheit eingehen: Polizeigesetzänderung, Blockade einer weiteren Änderung, Verlängerung des vorbeugenden Polizeigewahr sams, Einsatz von Bodycams, Streit um Drogenkonsumräu me. Wie sieht es mit Aufenthaltsrechten abgelehnter Asylbe werber aus? Keinerlei Schnittmengen zwischen diesen Part nern.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Hä? – Zuruf des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE)

Aber das Schlimme ist auch, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass Sie in der Art, wie sich diese Landesregierung präsen tiert, eigentlich jeder Beschreibung spotten. Schauen Sie sich mal die Diskussion um die Landesbauordnung an. Wir haben in Baden-Württemberg ein akutes Problem, was das Thema Wohnraum, vor allem bezahlbaren Wohnraum, angeht.

(Zuruf des Abg. Andreas Deuschle CDU)

Blöken Sie nicht rein. – Über Jahrzehnte hat die CDU ver hindert, dass sozialer Wohnraum in Baden-Württemberg ent stehen konnte. Dieser Wohnraum fehlt heute in Baden-Würt temberg.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Karl-Wilhelm Röhm: Schmid war der Woh nungsminister!)

Eine Detailfrage wie die Novellierung – –

(Unruhe)

Moment, Herr Abg. Stoch! – Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Abg. Stoch hat das Wort.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Der schreit ja so!)

Ich bitte Sie um mehr Ruhe.

(Unruhe)

Wenn Sie eine Zwischenfrage stellen wollen, melden Sie sich, und dann entscheidet Herr Abg. Stoch, ob die Zwischenfrage zugelassen wird oder nicht. – Danke.