Protokoll der Sitzung vom 26.06.2019

Ganz offensichtlich sind Sie nicht an einer Gesellschaft inte ressiert, in der jeder „nach seiner Façon selig werden“ kann, wie dies einst Friedrich der Große seinen Preußen zugestan den hat.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Nein, mit Liberalismus und freiheitlicher Gesinnung haben Sie nicht das Geringste am Hut – können Sie auch gar nicht haben; denn wer der festen Überzeugung ist, dass es ohne ra dikale Änderungen des westlichen Lebensstils zwangsläufig zur Klimakatastrophe kommen muss, der besitzt keinerlei po litische Spielräume, seinen Bürgern persönliche Freiheiten zu zubilligen.

(Beifall bei der AfD)

Dieser Mensch muss kraft höherer Einsicht anderen Menschen vorschreiben, was sie zu tun oder zu lassen haben – eben ge nau das Verhalten, das Sie ständig an den Tag legen. Sie kön nen gar nicht anders, als die Menschen zu bevormunden und zu gängeln; schließlich geht es in Ihren Augen um nicht we niger als das Überleben der Menschheit.

Inzwischen haben Sie Ihre Machtinstrumente so verfeinert, dass Sie auf knallharte Verbote weitgehend verzichten kön nen. Man muss es – wie z. B. beim Diesel – nicht verbieten; es genügt völlig, die Schadstoffgrenzen sukzessive nach oben „anzupassen“, um das Ziel zu erreichen, das man letztlich er reichen will.

Auch der automobile Individualverkehr lässt sich ganz ohne Verbote zurückdrängen. Um dem Bürger das Autofahren zu verleiden, haben sich ordnungspolitische Maßnahmen wie verkehrsberuhigte Zonen, Tempolimits oder die Reduzierung von Fahrspuren oder Parkmöglichkeiten als überaus zweck dienlich erwiesen.

Herr Abg. Voigtmann, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Rotmann zu?

Rottmann, Ihres Fraktionskol legen?

(Heiterkeit bei den Grünen und der FDP/DVP)

Der heißt Rottmann, und ich möchte jetzt keine Zwischenfragen zulassen.

(Abg. Daniel Born SPD: Derzeit sind Sie noch in der selben Fraktion! – Zurufe von den Grünen und der FDP/DVP)

„Rotmann“ klang so nach links.

Meine Damen und Herren, Herr Abg. Voigtmann hat das Wort. Jeder Redner entscheidet selbst, ob er eine Zwischenfrage zulässt oder nicht.

Sollte noch jemand wie weiland Reinhard Mey glauben, dass über den Wolken die Freiheit wohl grenzenlos sei, der wird von den Grünen schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Fliegen ist total verpönt und so ziemlich das Schlimmste, was man dem geschundenen Planeten antun kann, es sei denn, man ist im Führungskader der berühmt-berüchtigten Wein-Wasser-Pre diger. Erst kürzlich wurden die Herren des Führungskaders auf einem Inlandsflug, sozusagen „auf frischem Flug“, ertappt.

(Abg. Bernd Gögel AfD: Hört, hört!)

Also, man misst auch dort mit zweierlei Maß.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Wenn es nach dem Willen der Grünen geht, wird man künf tig nicht einmal mehr seine Lebensmittel frei wählen dürfen. Fleisch geht aus ökologischen Gründen natürlich überhaupt nicht. Von den übrigen Dingen des täglichen Bedarfs, die mit Fairtrade-Labels und „Fairkauf“ angepriesen werden, lässt man ohnehin demnächst besser die Finger.

Doch es sind beileibe nicht nur die individuellen Freiheiten, die aus der Sicht der Grünen massiv zu beschneiden sind. Auch die Wirtschaft darf sich den unentwegten Appellen an die Einsicht in ökologische Notwendigkeiten nicht verschlie ßen. Insbesondere auf kleine und mittlere Unternehmen wird erheblicher Druck ausgeübt; denn das Umweltministerium verfolgt das Ziel, aus Baden-Württemberg ein Nachhaltig keitsmusterland zu machen.

Bereits im Jahr 2014 wurde die sogenannte WIN-Charta – „Wirtschaftsinitiative Nachhaltigkeit“ – ins Leben gerufen. Unternehmen, die mitmachen wollen – also, „wollen“ ist nett gesagt –, bekunden per Unterschrift ihre Selbstverpflichtung, fortan auf dem Pfad der Nachhaltigkeit zu wandeln und ihrer ökonomischen, ökologischen und sozialen Verantwortung nachzukommen.

Ob UN, EU, Bundesregierung oder Landesregierungen – al le Welt redet von Nachhaltigkeit. Auffallend ist, dass dieser Begriff immer häufiger auch auf den Bereich des Sozialen aus geweitet wird. Die Absicht ist klar: Wenn der Klimawandel nachhaltiges Handeln erfordert, ein solches aber nur global funktioniert, dann bedarf es zwingend des sozialen Ausgleichs aller Akteure weltweit.

Ahnen Sie jetzt vielleicht, warum gerade die Menschen in den östlichen Bundesländern dieser Idee so skeptisch gegenüber stehen? Haben sie doch schließlich gerade erst das real exis tierende Modell des Sozialismus mit großen Anstrengungen überwunden.

(Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Welches Politikfeld die Grünen auch immer beackern, Dreh- und Angelpunkt ist für sie stets das CO2. Jedwedes Regie rungshandeln bezieht seine Rechtfertigung aus der Absicht,

CO2 zu vermeiden. Es ist verrückt, doch ausgerechnet diesem in verschwindend geringer Konzentration vorkommenden und für jedes Leben auf der Erde unverzichtbaren Spurengas hat man den Krieg erklärt und darauf basierend ein Machtsystem errichtet, das längst quasireligiöse Züge trägt.

Die Methoden, den Menschen zu disziplinieren und zu beherr schen, sind denen des Mittelalters relativ ähnlich: ein schlech tes Gewissen wegen begangener Umweltsünden, panische Angst vor klimatisch bedingten Höllenqualen und die Bereit schaft, Ablassbriefe in Form von überhöhten Stromrechnun gen oder schließlich additiven CO2-Abgaben zu akzeptieren.

Keine Frage: Unsere Gesellschaft driftet weitgehend unbe merkt in eine totalitär-sozialistische Richtung ab.

(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Wolfgang Ge deon [fraktionslos])

Damit dies möglichst unbemerkt bleibt, versteckt man seine wahren Absichten hinter scheinbar demokratischem Firlefanz. Ich verweise hier nur auf das IEKK, das sogenannte Integrier te Energie- und Klimaschutzkonzept mit 150 Maßnahmen. Ei ne davon ist z. B. die angedachte Solardachpflicht bei Neu bauten –

(Abg. Anton Baron AfD: Verrückt, verrückt, ver rückt!)

was natürlich den Neubau in enormer Weise fördern wird.

Was tut der Minister, um möglichst keinen Wirbel zu veran lassen? Er stellt das zunächst einmal als Vorschläge ins Inter net und sammelt dazu die entsprechenden Diskussionsbeiträ ge. Zum Schluss, ab Juli, wird er das dann resümieren. Da nach geht es unter größtmöglicher Berücksichtigung der vor gebrachten Bürgerwünsche an die Umsetzung der Maßnah men in verbindliche Verwaltungsakte. Das erinnert ein biss chen an den Weißbuchprozess des Herrn Jean-Claude Juncker in der EU nach dem Motto: Wir machen mal einen Schritt und schauen, was passiert; wenn sich kein großer Widerstand regt, machen wir einfach so weiter; wenn es Widerstand gibt, zie hen wir es elegant zurück und kommen irgendwann damit wieder.

Abschließend noch ein kritisches Wort zu den erneuerbaren Energien: Sind wir denn wirklich noch auf dem neuesten Stand unserer Zeit? Schauen wir tatsächlich noch aus unserer Blase und über unseren eigenen Tellerrand? Dann müssten wir eigentlich längst erkannt haben, dass wir uns mit unserer Al leinstellungslösung – gleichzeitig raus aus Kohle und aus Kernkraft – längst restlos von der sonstigen Welt isoliert ha ben und auch die Befreiung vom CO2 in weite Ferne gerückt ist. Die erfolgreichen Industriestaaten dieser Erde verfolgen längst die Realisierung inhärenter Kernkraftwerke der vierten Generation, welche ihnen die Bereitstellung der enormen Strommengen für Industrie 4.0, autonomes Fahren und ähn liche Dinge zu geringsten Gestehungskosten ermöglichen. In ein paar Jahren können wir dieser Entwicklung dann nur noch hinterherhecheln, ohne die Chance, unsere alte Führungspo sition wiederzuerlangen.

(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Wolfgang Ge deon [fraktionslos])

Wir werden uns dann leider mit dem Rang eines Entwick lungslands begnügen müssen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Wolfgang Ge deon [fraktionslos])

Für die FDP/DVP-Fraktion er teile ich das Wort Frau Abg. Reich-Gutjahr.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Haser hat es gut vorangestellt: Alle – fast alle – wollen, dass Umwelt, Kli ma und Natur geschützt werden. Nur über die Wege sind wir uns nicht immer einig.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Deswegen ist es gut, dass wir heute einmal auf acht Jahre grün geführtes Umweltministerium zurückblicken und uns fragen: Was ist denn in dieser Zeit passiert? Viele Worte, viele Bro schüren – z. B. ein nachhaltiges Kochbüchlein –, viele Veran staltungen, zu denen leider oft nur wenige aus dem Volk ka men, viele Reisen zu Klimakonferenzen, u. a. nach Kaliforni en, zu Treffen der „Under2 Coalition“.

(Zuruf des Abg. Daniel Rottmann AfD)

Im Juli 2013 wurde ein Klimaschutzgesetz verabschiedet mit dem Ziel, den CO2-Ausstoß des Landes bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 % und bis 2050 um 90 % zu senken. Im Inte grierten Energie- und Klimaschutzkonzept wurden dann über 100 Strategien genannt, wie die öffentliche Hand, die priva ten Haushalte und die Unternehmen dieses Ziel erreichen kön nen.

Wo stehen wir jetzt? Bei 11 %. Bis 2020 ist nicht mehr viel Zeit; bis dahin brauchen wir noch 14 Prozentpunkte. Aber es gibt ein Erklärvideo; darin ist zu sehen, wie es gehen soll und wie man mitmacht.

Ich frage Sie jedoch, meine Herren und Damen von der Re gierung: Wo sind die Fotovoltaik- und Solaranlagen auf den Gebäuden der öffentlichen Hand?

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wir haben im Jahr 2015 ein Erneuerbare-Wärme-Gesetz ver abschiedet. Darin heißt es, dass Heizung und Warmwasserbe reitung zu einem hohen Anteil für den Ausstoß von Treib hausgasen verantwortlich sind. Dieser soll reduziert werden. Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz schreibt vor, dass der Anteil erneuerbarer Energien deutlich erhöht werden muss. Deswe gen verlangt man z. B. beim Kesselaustausch einen Anteil von 15 % erneuerbare Energien.

Was ist die Folge? Die Evaluation ergab, dass die BadenWürttemberger in geringerer Zahl als die Menschen in ande ren Bundesländern ihre Kessel austauschen. Lieber flicken sie den alten noch einmal, als sich auf eine aufgezwungene Poli tik einzulassen. Das Volk stimmt mit dem Kaufverhalten ab. Die Menschen haben halt keine Lust, sich vorschreiben zu las sen, was sie kaufen sollen, und so verpuffen auch die Chan

cen, die durch technischen Fortschritt bei Heizungskesseln al lein schon erzielbaren Treibhausgaseinsparungen zu realisie ren.