Protokoll der Sitzung vom 10.07.2019

Mit diesem Gesetz wird den Empfehlungen des Gutachtens zur Fortentwicklung des Kurorte- und Bäderwesens in BadenWürttemberg entsprochen.

Deswegen lassen Sie mich am Beginn auch ein Dankeschön sagen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Tourismus referat des Justizministeriums, allen voran natürlich auch an Minister Guido Wolf.

(Beifall bei der CDU – Vereinzelt Beifall bei den Grünen)

Der Geschäftsführer der Schwarzwald Tourismus GmbH hat letztes Jahr in einem Interview geäußert: „Was wir im Touris mus brauchen, sind keine Kirchtürme, was wir brauchen, sind Leuchttürme.“

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Vereinzelt Bei fall bei den Grünen – Abg. Norbert Beck CDU: Voll kommen richtig!)

Mit den Kurorten und den Bädern in Baden-Württemberg ha ben wir die Leuchttürme in unserem Tourismusland BadenWürttemberg. Prädikate wie „Kurort“, „Erholungsort“, „Heil bad“ sind untrennbar mit der touristischen Kultur in BadenWürttemberg verbunden und genießen sowohl bei den Ein wohnern als auch vor allem bei den Besucherinnen und Be suchern höchsten Stellenwert.

Ich bin dem Minister der Justiz, für Europa und für den Tou rismus dankbar. Denn die Neufassung des Gesetzes – das wur de im Detail schon ausgeführt – legt einen eindeutigen Schwerpunkt auf den Bereich der Qualitätssicherung, und das bei einer der Hauptsäulen des Tourismus in Baden-Württem berg, nämlich bei unseren Kur- und Erholungsorten. Diese Qualitätssicherung soll auch eine zukunftweisende Ausrich tung der anerkannten Kommunen gewährleisten. Deswegen ist es auch wichtig, den hohen Stellenwert dieser Prädikate und die Qualität zu sichern, weiterzuentwickeln und zu stär ken.

(Beifall bei der CDU – Vereinzelt Beifall bei den Grünen)

Denn klar ist auch: Die Gäste, die unsere prädikatisierten De stinationen besuchen, müssen gewahr sein, dass bestimmte Kriterien erfüllt sind, dass die Qualitätsstandards eingehalten werden und dass die Attribute, mit denen wir national wie in ternational für Baden-Württemberg werben, auch erfüllt sind.

Das gilt natürlich nicht nur für unsere Besucher, es gilt auch für die Einwohnerinnen und Einwohner. Es gilt im Bereich der Infrastruktur, die letztendlich im Kielwasser mit unseren Angeboten, mit der hohen Qualität einhergeht, bis hinein in die Nahversorgung, aber auch bis hin zur ärztlichen Versor gung.

Die Attraktivität der Kurorte und Heilbäder bedeutet auch At traktivität für die Einwohner und bedeutet auch Attraktivität im Hinblick auf die Arbeitsplätze, die geschaffen wurden, ge schaffen werden und erhalten werden. Es handelt sich übri gens um Arbeitsplätze, die nicht nach China oder an andere Produktionsstätten verlagert werden können, sondern die eng verknüpft sind mit der Einrichtung, mit der Qualität und mit der Leistung unserer Kureinrichtungen, aber auch aller damit zusammenhängenden Einrichtungen wie der Gastronomie, der Gasthöfe, der Beherberger und weiterer Einzeldestinationen.

Meine Damen und Herren, nur wenn wir es schaffen, die Qua lität auf all diesen Ebenen zu halten, zu erhöhen, dann schaf fen wir, das Land Baden-Württemberg, es auch in Zukunft, Tourismusstandort Nummer 1 oder Nummer 2 – immer im Wettstreit mit Bayern – zu bleiben und auch die Attraktivität zu wahren.

Ein Baustein für diese Zukunft sind die richtigen Rahmenbe dingungen. Hier wurden Maßstäbe für die Zukunft gesetzt. Die Prädikatisierung, die Qualitätsstandards, die ständige Überprüfung, die entsprechenden Vorgaben, die wir, das Land Baden-Württemberg, auch machen, entsprechen den Anfor derungen sowohl der Fachbranche als auch den Anforderun gen der Gäste sowie der Besucherinnen und Besucher in Ba den-Württemberg. Auch das ist eine Form von Nachhaltigkeit. Auch das zeichnet den Tourismusstandort Baden-Württem berg aus.

Deswegen darf ich Sie um Unterstützung und um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf bitten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

Für die AfD hat das Wort Herr Abg. Baron.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die baden-württem bergischen Kur- und Erholungsorte bilden eine wichtige Säu le des Tourismus im Land. Mit knapp 300 Orten, die dieses Prädikat tragen, verfügt Baden-Württemberg über mehr Kur- und Erholungsorte als jedes andere Bundesland. Und der Tou rismus boomt. Im vergangenen Jahr kamen mehr Urlauber nach Baden-Württemberg als je zuvor.

Das aktuell geltende Kurortegesetz stammt noch aus dem Jahr 1972. Die Landesregierung legt nun einen Entwurf einer Neu fassung dieses Gesetzes vor, welcher das Rad in Sachen Kur orte und Erholungsorte nicht neu erfindet, sondern die Struk tur des Gesetzes optimiert und an die bestehende Praxis bei seiner Umsetzung anpasst. Dies ist wirklich zu begrüßen.

Eine Neuerung des Gesetzes ist die namentlich spezifische Bezeichnung entsprechend dem jeweiligen Heilmittel, also beispielsweise Mineralheilbad, Thermalheilbad oder Soleheil bad etc. statt bisher schlicht Heilbad. Diese Differenzierung macht Sinn, denn damit wird die Art des Kurorts einfach trans parenter. Zentrales Element des bereits aktuell gültigen Kur ortegesetzes ist die Auszeichnung einer Gemeinde mit einem Prädikat als Kur- oder Erholungsort; das wurde bereits mehr mals erwähnt. Hierdurch erhalten die Gemeinden eine Art Qualitätssiegel, das von den Gästen beachtet und geschätzt wird.

Schon das bisher geltende Gesetz beinhaltet strenge Kriteri en für die Vergabe dieser Prädikate. Der vorgelegte Neuent wurf geht darüber hinaus, indem er nun auch regelmäßige Überprüfungen verbindlich vorsieht.

Nun kann es auch zu einer Aberkennung eines Prädikats kom men. Das ist sinnvoll, damit sich die Gäste auf die mit dem jeweiligen Prädikat versprochene Qualität auch verlassen kön nen. Der dadurch beim Land entstehende jährliche Mehrauf wand in Höhe von 12 500 € ist angemessen. Bei den betrof fenen Gemeinden wird ein Mehraufwand nur beim Eintreten von Veränderungen durch die damit verbundene Meldepflicht entstehen. Auch dieser zusätzliche Aufwand erscheint uns auf jeden Fall überschaubar.

Vor dem Hintergrund einer zukünftig stärker alternden Bevöl kerung wird die Bedeutung der Kur- und Erholungsorte für den Tourismus auch zukünftig noch weiter steigen. Die von der Landesregierung eingebrachte Neufassung des Kurorte gesetzes ist stimmig und wird auch dazu beitragen, die Attrak tivität unserer Kur- und Erholungsorte zu erhalten und weiter zu steigern.

(Beifall bei der AfD)

Einen kritischen Aspekt möchte ich allerdings noch erwäh nen, und zwar mit einem Beispiel aus meinem Wahlkreis Ho henlohe. Das Solebad der Stadt Niedernhall hatte leider kei ne Förderung für eine Sanierung erhalten. Der diesbezügliche Bedarf ist massiv, vonseiten der kleinen Stadt können jedoch nicht ausreichend Mittel erbracht werden.

Mit drei Ministerbriefen bin ich Anfang 2018 dieser Angele genheit nachgegangen. Die Gründe für das Ausbleiben einer

Förderung stellten sich als erschreckend trivial heraus. Von seiten des Herrn Ministers Hauk hieß es damals, das Bad sei nicht ELR-förderfähig, weil es kein Freibad, sondern ein Hal lenbad sei. Bereits diese Begründung scheint zumindest un gewöhnlich. Herr Minister Wolf erklärte hingegen in seiner Antwort, eine Förderung im Rahmen des Tourismusinfrastruk turprogramms könne nur Heilbädern zufallen, die sich in prä dikatisierten Kommunen befänden. Dies ist in vielen Fällen eine Ungerechtigkeit. Dieser Prädikatsstatus ist eben nicht für jede Kommune erreichbar – aus verschiedenen Gründen. Ei ne wertvolle Heilquelle kann es dort allerdings trotzdem ge ben. Insbesondere wenn es sich, wie in Niedernhall, um ein gesundheitlich bedeutsames Heilbad handelt, das touristische Relevanz für Tagesausflügler hat, darf es nicht sein, dass es wegen solcher Nichtigkeiten durchs Förderraster fällt.

Daher möchte ich meine Rede mit dem Appell schließen, auch die oftmals wertvolle Kurinfrastruktur in nicht prädikatisier ten Orten nicht zu vergessen und die Förderrichtlinien dem entsprechend anzupassen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion hat Frau Kollegin Wölfle das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Die uns jetzt vorliegende Novellierung war notwendig, eigentlich überfällig; denn bisher haben wir ein Gesetz aus dem Jahr 1972, und dieses Gesetz hat in all den Jahrzehnten so gut wie keine Veränderungen erfahren. Mit dem stark veränderten Reiseverhalten und natürlich auch den Qualitätsansprüchen der Gäste ist es dringend notwendig, das Gesetz anzupassen.

Schaut man in den Entwurf, ist es zunächst vor allem eine sprachliche Überarbeitung: Die Texte sind moderner, sie sind kürzer und natürlich auch verständlicher. Das ist auch gut so. Wo aber ist das Neue und Innovative?

Zu begrüßen ist, dass mehr Wert auf Qualität und auf Quali tätssicherung gelegt wird. Damit trägt man in der Tat den ver änderten Ansprüchen unserer Gäste Rechnung. Neu ist auch, dass es die Möglichkeit der digitalen Beantragung bei den Re gierungspräsidien geben wird – aber das halte ich doch eher für eine Selbstverständlichkeit.

Der Qualitätsanspruch, so richtig und wichtig er ist, führt aber auch zu einem Mehraufwand. Es muss ja auch geprüft wer den. Bei den ca. 300 Gemeinden rechnet man mit je zwölf Stunden pro Kurort und Kontrolle. Das Ministerium sieht die damit entstehenden Mehrkosten als nicht problematisch an; nach eigener Angabe werden diese durch bereits vorhandene Ressourcen im Ministerium abgedeckt werden können. Ob das gelingt, wird sich zeigen. Es ist aber anzunehmen, dass der erforderliche Mehraufwand auch bei den Gemeinden zu Kosten führen wird; zumindest sieht das der Gemeindetag so.

Ich möchte aber trotzdem an dieser Stelle darauf hinweisen, dass die Kur- und Erholungsorte auch ein ureigenes Interesse daran haben sollten, im Wettbewerb mit Qualität zu punkten, und dies sollte auch eigenes finanzielles Engagement recht fertigen. Ich möchte dies gern begründen:

Rund 390 000 Menschen in Baden-Württemberg arbeiten im Tourismusbereich. Das sind weit mehr als in der Automobil industrie; dort reden wir von ca. 220 000. Diese Zahlen zei gen deutlich, welchen wirtschaftlichen Stellenwert der Tou rismus bzw. der Gesundheitstourismus hier in Baden-Würt temberg tatsächlich einnehmen. Es geht also auch um Arbeits plätze und um deren Sicherung für die Zukunft.

Rund 60 000 Arbeitsplätze sind unmittelbar an die 56 Heilbä der und Kurorte im Land gebunden. Daneben gibt es weitere Faktoren, die für jede Gemeinde relevant sind. Fast zwei Mil lionen Übernachtungsgäste machen ca. 55 % des Umsatzes im Gastgewerbe aus, 31 % im Einzelhandel und 12 % bei den Dienstleistungen. Das sind die Übernachtungsgäste.

Schauen wir uns nun mal die Tagesgäste an, also die Gäste, die nicht übernachten: Hier sind es 40 % Umsatz im Gastge werbe, 25 % im Einzelhandel und 34 % bei den Dienstleis tungen.

Mit anderen Worten: Habe ich einen attraktiven Kur- und Er holungsort, profitieren alle von den Übernachtungs- und den Tagesgästen; ganz abgesehen davon, dass jede Gemeinde mit Prädikat auf Basis ihrer kurtaxepflichtigen Übernachtungs zahlen ja rückwirkend Zuweisungen über den sogenannten Fremdenverkehrslastenausgleich erhält.

Für den Erhalt und den Ausbau touristischer Infrastruktur kön nen zudem auch Fördermittel über das Tourismusinfrastruk turprogramm beantragt werden. Deshalb darf und muss die Qualitätssicherung auch ein Thema der betroffenen Gemein den sein. Nach einer aktuellen Studie des Deutschen Wirt schaftswissenschaftlichen Instituts für Fremdenverkehr wur de in den baden-württembergischen Heilbädern und Kurorten 2017 ein Bruttojahresumsatz – wir haben es schon gehört – von 3,5 Milliarden € erwirtschaftet, davon allein 1,8 Milliar den € im Gastgewerbe. – Hier erwähne ich das Stichwort Gaststättensterben.

Der Einzelhandel in den Kurorten, Heilbädern und Erholungs orten im Land erbrachte 2017 einen Umsatz von 790 Millio nen € – Stichwort Gewerbesteuer.

Vor diesem Hintergrund ist es auch nachvollziehbar, dass die Anerkennung nicht unbegrenzt verliehen wird, sondern dass diese spätestens nach zehn Jahren erneut geprüft wird. Dies ist im Sinne des Bäder- und Tourismuslands Baden-Württem berg richtig und wichtig, und es sollte natürlich auch im Inte resse der betroffenen Gemeinden liegen.

Die Änderungen im Kurortegesetz bzw. die textlichen Anpas sungen lösen auch Folgeänderungen im Finanzausgleichsge setz aus. Die Bemessungsgrundlage bleibt aber bis zur nächs ten turnusgemäßen Anpassung gleich.

Ich möchte es in der ersten Lesung zunächst einmal bei die ser grundsätzlichen Betrachtung belassen. Einige kritische An merkungen behalte ich mir dann allerdings für die zweite Le sung bzw. für die Aussprache im zuständigen Europaausschuss vor.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die FDP/DVP spricht Herr Abg. Dr. Schweickert.

Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Die FDP/DVP-Fraktion be grüßt es, wenn die Landesregierung Gesetze ändert und dabei die Anforderungen dann teilweise an die Realität angepasst werden. Wenn beispielsweise für die Kategorie „Erholungs ort“ das Kriterium der durchschnittlichen Mindestaufenthalts dauer, die bislang bei fünf Tagen lag – bedauerlicherweise ist es offenbar nicht mehr so, dass Gäste fünf Tage am Stück Ur laub machen –, nun fällt und wenn weitere Kriterien überprüft werden sollen, so ist das gut.

Allerdings, Herr Minister, würde ich mich natürlich freuen, wenn man ein solches Gesetz auch als Omnibusgesetz nutzen würde, um beispielsweise bei der Frage der Ortsschilder die Regelungen so auszugestalten, dass auch auf das Schild ge schrieben werden kann, was hier im Gesetz steht. Es sollte nicht so sein, dass man nur Ankündigungen macht und dies dann an irgendwelchen Ressorts – die vielleicht in einem an deren Haus sitzen – scheitert, sondern man sollte Nägel mit Köpfen machen und das Ganze auch werbewirksam voran bringen.

Das wäre sicherlich der tollen Arbeit und den tollen Erfolgen, die die baden-württembergischen Kur- und Erholungsorte ha ben, nicht nur adäquat, sondern es wäre auch wichtig. Denn es ist ein wichtiges Werbeinstrument. Wenn wir sehen, wie wenige Mittel wir da direkt hineingeben, sollten wir ihnen ei gentlich diese Rahmenbedingungen nicht verwehren, meine Damen und Herren.