26 € pro Tonne sind allerdings ein Signal für die Strombran che mit der Folge, dass im letzten Jahr Steinkohlekraftwerke in Deutschland in einem Umfang aus dem Markt gegangen sind wie noch nie zuvor. Aber 26 € im Wärmesektor und im Verkehrssektor sind kein Preissignal. Das ist sozusagen die Schwankung, die Sie und ich zwischen dem Preis am Morgen und dem am Abend an der Tankstelle sehen. Das ist doch kein Preissignal.
Wenn das stimmt, was ich sage, dann macht es selbstverständ lich Sinn, die Sektoren unterschiedlich zu betrachten. Das können Sie heute übrigens in einem Verbändepapier nachle sen, in dem der BDI – das ist nicht unbedingt ein Verband, mit dem ich täglich zusammensitze –, aber auch Gewerkschaften und andere Industrieverbände genau dies zum Ausdruck brin gen. Ich meine, dann kann man doch nicht einfach sagen: „Das, was wir da vorgeschlagen haben, ist das Beste, was es gibt.“ Vielmehr ist das zu Recht von allen Fraktionen im Bun destag abgelehnt worden.
Meine Damen und Herren, vor wenigen Wochen hat die Lan desregierung – in diesem Fall der Kollege Hauk und ich – ei nen Vorschlag für eine gemeinsame Bioökonomiestrategie in Baden-Württemberg gemacht. Die Landesregierung hat die se Strategie auf den Weg gebracht und beschlossen. Dafür bin ich sehr dankbar.
Wir werden in den kommenden Jahren mit dieser Strategie den Einsatz nachwachsender Rohstoffe in unserem Land wei ter vorantreiben. Dies dient zum einen dem Schutz unserer na türlichen Lebensgrundlagen, stärkt aber auch – das ist eben falls wichtig – unseren Wirtschaftsstandort. Dies gilt umso mehr in der Umbruchphase, in der sich der Wirtschaftsstand ort Baden-Württemberg befindet und in den kommenden Jah ren befinden wird.
Unser Ziel ist es, Baden-Württemberg zu einem Beispielland für biobasierte, nachhaltige und kreislauforientierte Wirt schaftsformen zu machen.
Wir wollen mit innovativen biologischen Konzepten erneuer bare und recycelbare Rohstoffe erschließen. Wir wollen da mit auch einen Teil der Treibhausgasemissionen senken, die Biodiversität steigern und damit gleichzeitig Impulse für In novationen in der Wirtschaft und in der Forschung geben.
Das Potenzial einer innovativen, biobasierten oder biointeg rierten Ökonomie ist enorm, meine Damen und Herren. Die Bioökonomie wird Innovationen anreizen und dabei helfen, den Industriestandort Baden-Württemberg in den kommen den Jahren und Jahrzehnten zu sichern. Die Bioökonomie ist mithin ein, so will ich einmal sagen, schönes Beispiel, wie wir durch gezielte Umweltpolitik auch Innovationen anreizen kön nen, die uns sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Res sourcenschonung, als auch bei der Stärkung unserer unterneh merischen Innovationskraft voranbringen.
Ich will Ihnen neben der Bioökonomie zwei weitere Beispie le nennen. Das erste ist die Kreislaufführung wirtschaftskriti scher Rohstoffe als Schrittmacher für zukünftige Innovatio nen. Das Wort Ultraeffizienzfabrik ist ja jetzt hier schon zwei mal gefallen.
Wenn man hier manche reden hört, insbesondere von der rech ten Seite, könnte man denken, in Ministerien würden Leute sitzen, die keine Ahnung hätten, sondern sich irgendwas aus den Fingern saugen würden. In Wirklichkeit reden wir über einen Projektvorschlag, der in diesem Fall von drei angesehe nen Fraunhofer-Instituten kommt. Das sind übrigens nicht nur bundesweit, sondern europaweit angesehene Institute, näm lich das Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation in Stuttgart, das Institut für Produktionstechnik und Automati sierung – auch mit Sitz in Stuttgart – und das Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik. Diese Institute ha ben diese Idee entwickelt, und wir fördern sie. Wir machen das, weil wir diesen Wirtschaftsstandort in Zukunft sichern wollen.
Dann muss ich mir dieses Zeug von der rechten Seite anhö ren. Das, was Sie hier erzählen, ist, denke ich, wirklich ge fährdend für den Wirtschaftsstandort. Das kann ich Ihnen nur sagen.
Mit diesen geförderten Vorhaben wollen wir die Ressourcenef fizienz in den kommenden Jahren steigern, wollen wir kriti sche Rohstoffe, insbesondere Metalle, im Kreislauf führen, um damit Impulse für Innovationen beim Recycling, aber auch bei der Produktentwicklung zu geben.
Warum ist das so wichtig? Ich will es auch einmal an Zahlen erläutern. Der Ressourcenverbrauch hat sich in den letzten 30 Jahren, global gesehen, verdoppelt. Das sind nicht meine Zah len, das sind die Zahlen der OECD. Er hat sich auf ein Niveau von 80 Milliarden t verdoppelt. Und die Prognose der OECD ist, dass sich der Ressourcenverbrauch in den nächsten 30 Jah ren, wenn die anderen Länder, global gesehen, den OECDStandard anstreben sollten, noch einmal mehr als verdoppelt und auf ein Niveau von über 180 Milliarden t steigt.
Wenn dann sozusagen noch mehr Primärrohstoffe gefördert werden – in noch abgelegeneren Winkeln dieser Erde – und noch mehr Aufwand betrieben werden muss, um an Metalle, Seltene Erden usw. zu kommen, frage ich Sie: Wieso soll es falsch sein, dass wir Projekte voranbringen wie die Ultraeffi zienzfabrik, wie das Projekt Demontagefabrik, bei denen es darum geht, die Metalle, die in unseren Handys sind, die in unseren elektronischen Geräten sind, wieder zurückzugewin nen und sie im Kreislauf zu führen, und zwar so, dass dies wirtschaftlich geschieht? Was soll denn, bitte schön, daran falsch sein?
Ich würde Sie bitten, Frau Kollegin Reich-Gutjahr, solche Ideen nicht zu verunglimpfen, sondern dankbar zu sein, dass wir Forscherinnen und Forscher hier am Standort haben und solche Institutionen und Einrichtungen wie die FraunhoferInstitute, die uns hierbei unterstützen und Baden-Württem berg zu einer führenden Region bei diesen Themen machen. Da geht es um die Sicherung der Rohstoffversorgung unserer Industrie und um nichts anderes.
Ich will Ihnen auch da ein Beispiel nennen. Gold ist bekann termaßen etwas, was für Menschen sehr wichtig ist, und vie le begehren das ja auch. Aus einer Tonne Golderz gewinnen Sie 5 g Gold. Aus einer Tonne Althandys könnten Sie 200 g Gold gewinnen. Alle Welt buddelt aber nach den 5 g. Warum? Weil in unseren Handys dieses Gold nur in Spuren enthalten ist und es sich bei den üblichen Methoden nicht rechnet, die ses Gold wieder zurückzugewinnen.
Jetzt geht es nicht nur um das Gold. Da drin sind 40 bis 50 verschiedene Metalle, Seltene Erden und ich weiß nicht was. Also geht es doch darum, Verfahren zu entwickeln, wie wir diese Stoffe wieder zurückgewinnen können. Da sind wir mit dabei.
Ich habe mich auch gewundert, als ich gelesen habe – auch in den Vorlagen unserer Fachleute –, dass es möglich ist, Gold z. B. aus Elektronikschrott zu gewinnen, indem bestimmte Bakterien das Gold an sich binden und das Ganze anschlie ßend mit Luft aufgeschäumt wird. Der Schaum mit dem Gold kann dann eingeschmolzen und das Gold zurückgewonnen werden.
Was, bitte schön, soll denn falsch daran sein, dass wir solche Verfahren – ich habe jetzt nur dieses eine Beispiel genannt – in den nächsten Jahren unterstützen, um dann in einem gewis sen Umfang – sicherlich nicht 1 : 1 – Rohstoffe zurückzuge winnen? Was soll falsch daran sein, dass wir schauen, wie wir Phosphor – ein endlicher Stoff, wie insbesondere die Land wirtinnen und Landwirte wissen, ein notwendiger Stoff für menschliches Leben – aus Klärschlamm oder aus der Asche von verbranntem Klärschlamm wieder zurückgewinnen kön nen? Was soll daran falsch sein?
Es gibt heute noch Phosphorvorkommen, und es gibt sie auch noch einige Jahrzehnte. Aber wenn man sich einmal ein we nig mit der Thematik beschäftigt hat, dann stellt man fest: Wir stehen vor einem kleinen Problem. Die Phosphorvorkommen, die es gibt – hauptsächlich in Marokko, Mauretanien usw. –, sind immer stärker mit Uran verunreinigt.
Ein Fernsehteam eines hiesigen Senders ist einmal mit Phos phordünger, den jeder von uns im Baumarkt kaufen kann, nach Obrigheim gefahren. Es war eine Anregung von mir, das ein mal zu machen. Das hat das Team gemacht. Es ist da rein und kam auch wieder raus. Aber der Sack Phosphordünger liegt heute noch in Obrigheim. Warum? Weil er nicht freigemessen wurde, weil er über zehn Mikrosievert in der Belastung liegt und damit nicht mehr herausdarf.
Das ist von der Belastung her nicht dramatisch – nicht dass Sie das falsch verstehen –, aber das heißt: Phosphor ist immer stärker verunreinigt. In den Projekten, die wir hier in BadenWürttemberg haben, können wir mittlerweile zeigen, dass die Produkte aus Phosphor, den wir hier wieder zurückgewinnen, in der Qualität sogar besser sind als solche aus Primärphos phat.
Jetzt frage ich Sie: Was soll denn falsch daran sein, dass wir in den letzten Jahren 8 Millionen € aus EU-Mitteln, in diesem Fall EFRE-Mittel, plus weitere 6 Millionen € aus Landesmit teln in die Hand genommen haben, um Projekte zum Voran bringen der Phosphorrückgewinnung hier in Baden-Württem berg zu starten?
Das machen wir beispielsweise in Offenburg mit dem Klär schlamm. Wir werden es aber in Zukunft auch mit Asche ma chen. Die diesbezüglichen Projekte sind mittlerweile von uns freigegeben und werden in den kommenden Jahren umgesetzt. Wir gehen davon aus, dass wir mittelfristig größenordnungs mäßig 30 bis 40 % des Phosphorbedarfs in Baden-Württem berg über eine solche Kreislaufführung abdecken können.
Da muss man doch sagen – die Beispiele, die ich Ihnen ge nannt habe, zeigen es –: Da kommen Ökologie und Ökono mie zusammen. Was meine ich damit? Wenn weniger Primär rohstoffe noch aus den letzten Winkeln dieser Erde herausge holt werden müssen, dann ist das unter ökologischen Gesichts punkten zunächst einmal positiv zu bewerten.
Und unter ökonomischen Gesichtspunkten ist es positiv zu be werten, wenn wir mit unseren Ansätzen, die wir in den letz ten Jahren im Rahmen der Ressourceneffizienzstrategie ver folgt haben, mit dazu beitragen, dass die Rohstoffversorgung der baden-württembergischen Industrie verbessert wird.
Wir achten darauf, dass auch die Kosten im Rahmen bleiben und wir damit nicht so sehr in eine Abhängigkeit von der welt weiten Entwicklung mit ihren Krisen usw. geraten. Das ist doch eine positive Entwicklung, über die alle eigentlich froh sein müssten.
Danke. – Herr Mi nister, wir sind uns sicherlich einig, dass es richtig ist, diese Erkenntnisse zu gewinnen. Mein Punkt war ja die Frage: Fin den sie ihren Umschlag in der Wirtschaft oder bei Anwendern, die daraus das machen müssen, was am Ende zu Innovatio nen am Markt führt? Können Sie uns da noch einmal ein paar Beispiele nennen, was aus der Ultraeffizienzfabrik umgesetzt wurde?
Herzlichen Dank für das Stichwort. Das Bei spiel gebe ich Ihnen gern gleich. Wenn Sie mich in meiner Re de fortfahren lassen, werden Sie feststellen, was ich damit meine. Aber ich bin Ihnen jetzt schon einmal dankbar, dass Sie mir das Stichwort geben.
Wir werden – um ein weiteres Beispiel zu nehmen – gemein sam mit einem breiten Forschungs- und Industriekonsortium im Rahmen des Strategiedialogs Automobilwirtschaft das Thema „Industrielle Demontage und Recycling von Batteri en“ voranbringen. Vorhin ist – ich weiß nicht mehr, von wel cher oder welchem meiner Vorrednerinnen und Vorredner – die Aussage gefallen: Na ja, es ist nicht unproblematisch mit den Rohstoffen, die wir für Batterien brauchen: Lithium, Ko balt. Das stimmt ja auch; also macht es dann doch Sinn, dass wir Forschungsprojekte voranbringen, um auch in Bezug auf diese Stoffe, die in den Batterien verbaut sind, zu schauen, dass wir sie wieder zurückgewinnen können.
Das ist mit Gegenstand des Projekts Demontagefabrik, das wir auch wiederum mit Fraunhofer-Instituten voranbringen wollen. Ich sehe hier die große Chance, erstens Rohstoffe, die für eine emissionsfreie Mobilität essenziell sind, im Land zu halten und Importabhängigkeiten zu reduzieren, zweitens na türlich die Wertschöpfung auch bei der Batterie an unserem Standort zu vertiefen, und schließlich auch die mit negativen Umweltwirkungen verbundene weltweite Primärrohstoffge winnung – ich habe es eben schon gesagt – zu drosseln.
Hier schaffen wir Innovationen mit einem dreifachen Nutzen, nämlich für Baden-Württemberg, für die heimische Wirtschaft und für die Umwelt.
Jetzt komme ich zu dem, was ich angekündigt habe. Ich ver deutliche es einmal anhand des Beispiels Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie als strategische Zukunftstechno logie: Die Automobilindustrie ist – das wissen wir alle – nun mal eine Kernbranche für Baden-Württemberg. Sie befindet sich derzeit in einem tief greifenden Wandel. Neben den The men Digitalisierung und „Autonomes Fahren“ spielt der Um stieg auf emissionsfreie Antriebssysteme eine ganz entschei dende Rolle. Diesen Transformationsprozess begleiten wir mit großem Einsatz. Das haben wir vorhin in der Debatte auch ge sehen.
Noch einmal: Das, was wir hier in den letzten Monaten, lei der vergeblich, versucht haben – Stichwort Batterieforschung Ulm –, ist ein Weg; ein anderer ist, dass wir die Forschungs fabrik HyFab, wie das Projekt heißt, vor wenigen Wochen im Ministerrat beschlossen haben. Damit wollen wir die Auto mobilindustrie und auch die Zulieferindustrie in Baden-Würt temberg bei der Industrialisierung der Brennstoffzellenferti gung qualifizieren und unterstützen.
Frau Kollegin Reich-Gutjahr, schauen Sie einmal – jetzt kom me ich zu dem, was Sie gefragt haben –, wer denn bei solchen Projekten alles dabei ist. Jetzt könnte ich allein die nächsten fünf Minuten vorlesen, welche Unternehmen alle dabei sind. Das mache ich natürlich nicht. Ich sage es Ihnen nur einmal auszugsweise: Audi AG, BMW AG, ContiTech, ElringKlin ger, Freudenberg, Friedrich Boysen GmbH, FUMATECH, Schmalz GmbH, Liebherr, Mercedes-Benz hier in Stuttgart, Schaeffler, Siemens usw. usf. Ich meine, da kann man doch nicht behaupten, dass wir das irgendwie losgelöst von der in dustriellen Basis dieses Landes machen würden.
Ganz im Gegenteil: Ich habe den Eindruck, dass wir in den letzten Jahren diese Projekte, übrigens auch das Projekt „100 Betriebe für Ressourceneffizienz“ – – Das war nicht meine Idee; das war die Idee von Herrn Koch, dem früheren Chef des LVI hier in Stuttgart – er ist vor, ich glaube, zwei Jahren verstorben. Wir haben uns dann zusammengesetzt und haben gesagt: Es ist eine gute Idee – das machen wir gemeinsam –, zu schauen: Was haben wir im Mittelstand in Baden-Würt temberg an positiven Beispielen für Ressourceneffizienz? Es zeigte sich, dass da einiges zusammenkam.
Die Hoffnung, die wir bei so etwas immer haben, ist die, dass andere das dann auch machen. Ich meine, wenn einer sieht, dass ein Mittelständler das macht, fragt er sich: Wieso kann ich das nicht? Es ist doch die Hoffnung, die wir mit solchen Projekten verbinden, dass das vorangebracht wird. Auch da würde ich mir wünschen, dass Sie solche Projekte unterstüt zen und sie hier nicht diskreditieren.