Protokoll der Sitzung vom 10.07.2019

Deshalb hat die SPD in ihrem Leitantrag zur Bildungspolitik zahlreiche Forderungen formuliert. Erstens – –

Herr Kollege, Sie müssen jetzt bitte auch zum Schluss kommen.

Ich komme gleich zum Schluss. – Erstens: Abschaffung der unsozialen Kitagebühren. Zwei tens: Förderung der rhythmisierten Ganztagsschulen. Und drittens: Abschaffung aller Studiengebühren.

(Beifall bei der SPD)

Denn für uns ist klar – –

Jetzt ist Ihre Redezeit wirklich lange um. Bitte kommen Sie zum Schluss.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Gibt es jetzt keinen Ordnungsruf, oder wie?)

Mein letzter Satz. – Für uns ist klar: Wenn Bildung den Innovationsstandort fördern soll, dann darf sie nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Abg. Sascha Binder SPD: Ge bührenfreiheit!)

Nun spricht der Kollege Weinmann für die FDP/DVP. – Bitte.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Baden-Württemberg ist nicht zuletzt aufgrund eines gelungenen Zusammenspiels zwischen klei nen und mittleren Unternehmen, Forschungseinrichtungen und einem vitalen Technologietransfer ein herausragender Wissenschafts-, Forschungs- und Entwicklungsstandort. Mit der Investition von knapp 5 % des Bruttoinlandsprodukts in den Bereich Forschung und Entwicklung belegen wir bundes weit, ja europaweit einen Spitzenplatz. Für uns ist das aber kein Grund, uns zurückzulehnen – ganz im Sinne Marie Cu ries, die sagte:

Ich beschäftige mich nicht mit dem, was getan worden ist. Mich interessiert, was getan werden muss.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Sehr gut! – Abg. Marion Gentges CDU: Schönes Zitat!)

Die Politik muss sich der Punkte annehmen, bei denen augen scheinlich Handlungs- und Korrekturbedarf besteht. Dieser wird beispielsweise deutlich, wenn man das gemeinsame Po sitionspapier des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, der Landesrektorenkonferenz, der HAWs und der DHBW betrach tet. Hier führen die Praktiker aus dem Hochschul- und Unter nehmenskontext zahlreiche Punkte auf, die notwendig sind, um unsere Hochschullandschaft so aufzustellen, dass sie ih ren essenziellen Beitrag für Innovation, Forschung und Leh re auch morgen noch erbringen kann.

Lassen Sie mich dabei auf einige Punkte hinweisen. Der an stehende Hochschulfinanzierungsvertrag bietet, gerade auch vor dem Hintergrund der Verständigung auf die jüngst auch hier diskutierten Hochschulpakte, eine Chance, die Hochschu len im Land für die Zukunft fit zu machen und augenschein lich bestehende Unwuchten im Hochschulfinanzierungsver trag I zu korrigieren sowie eine verlässliche und auskömmli che Finanzierung zu ermöglichen. Diese Chance gilt es ideo logiefrei zu nutzen.

Unsere Hochschulen leiden zusehends unter einer lähmenden Verwaltungsbürokratie. Der Aufwand, den gesteigerten ge setzlichen Vorgaben gerecht zu werden, geht zulasten des Auf trags der Hochschulen, des umfassenden Wissens-, Gestal tungs- und Technologietransfers. Die im Koalitionsvertrag für

die Hochschulbereiche vorgesehene Taskforce „Bürokratie abbau und Strategiefähigkeit“ darf nicht länger Zukunftsmu sik bleiben.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Auch und vielleicht gerade vor dem Hintergrund des Skan dals um die Vermarktung des Brustkrebsbluttests am Univer sitätsklinikum Heidelberg müssen wir Ausgründungen aus den Hochschulen weiter fördern und gleichzeitig die derzeitigen rechtlichen Rahmenbedingungen im Landeshochschulgesetz in Kenntnis dessen, was möglicherweise mit krimineller Ener gie in einem – so bleibt es zu hoffen – Einzelfall schiefgelau fen ist, sorgfältig evaluieren und korrigieren.

Wir müssen darüber hinaus die Infrastruktur für Gründer ver bessern. Die mit der letzten LHG-Novelle geschaffenen Mög lichkeiten für Hochschulen, Unternehmens- und Existenz gründungen ihrer Mitglieder durch unentgeltliche oder ver billigte Überlassung von Räumlichkeiten zu fördern, hat ak tuell allenfalls Symbolcharakter. Die bisherige Infrastruktur ist durch Forschung und Lehre komplett ausgelastet. Hier ist kein Raum.

Der Antrag unserer Fraktion, das Programm „Junge Innova toren“, das die notwendige Attraktivität schafft, um den For schungs- und Tüftlergeist in eine erfolgreiche Gründung zu überführen, zu stärken, fand hier im Gremium keine Mehr heit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das waren nur ganz wenige Punkte. Es gäbe so viel mehr zu sagen, was zwingend zu tun wäre. Ja, wir haben dank unserer differenzierten und leistungs fähigen Hochschullandschaft eine sehr gute Ausgangspositi on. Aber der Wettbewerb wird zunehmend härter, und so müs sen auch wir unsere Anstrengungen verstärken, wenn wir auch in Zukunft ganz vorn dabei sein wollen. Dabei reicht es nicht aus, wie es oftmals hier angesprochen wird, in den Program men die zur Verfügung stehenden wirtschaftlichen Mittel mit der Gießkanne zu verteilen, sondern wir müssen auch struk turelle Veränderungen andenken, um genau dieses Ziel zu er reichen.

Vielen herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Nun darf ich Frau Minis terin Bauer an das Mikrofon bitten.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Es freut mich sehr, dass das Thema „Innovation in unserer Heimat Baden-Württemberg“ eine sol che Emotion hier im Saal auslöst.

(Abg. Klaus Dürr AfD: Da sehen Sie mal!)

Das hat das Thema auch verdient. Es haben jetzt nicht alle zum Thema selbst geredet, aber sei’s drum.

Ich würde gern ein paar Ausführungen zu unserer Innovati onsstärke und den Herausforderungen, vor denen wir hier im Land stehen, machen, ein paar der Gedanken, die Sie jetzt schon geäußert haben, noch einmal aufgreifen, vertiefen, mit ein paar Zahlen unterlegen.

Lassen Sie uns als Erstes schauen, wie wir wirtschaftlich da stehen. Es gibt den Innovationsindex. Seit mehreren Jahren bereits nimmt Baden-Württemberg in diesem Innovationsin dex – das ist ein internationaler Index – einen Spitzenplatz ein. Baden-Württemberg hat den Indexwert von 82 Punkten. Damit liegt der Südwesten mit deutlichem Abstand vor Bay ern – Bayern erreicht 65 Punkte – oder der Ile-de-France – 64 Punkte – in einer absoluten Spitzenposition.

Maßgeblich für diese Positionierung von Baden-Württemberg ist der beträchtliche Anteil der Investitionen in Forschung und Entwicklung. Allein 2015 flossen in diesen Bereich rund 22 Milliarden € – das sind rund 4,9 % des BIP. Auch das ist ein Spitzenwert, auf den wir stolz sind, weil das auch im eu ropäischen Kontext ein absoluter Spitzenwert ist.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Dazu trägt die Wirtschaft einen sehr großen Anteil bei – aber eben nicht nur, sondern auch unsere Forschungs- und Hoch schuleinrichtungen. Wenn man sich die Hochschullandschaft in Baden-Württemberg mit neun Universitäten, 19 Hochschu len für angewandte Wissenschaften, einer großen DHBW, pä dagogischen Hochschulen, Musik- und Kunsthochschulen, ei ner Vielzahl von außeruniversitären Forschungseinrichtungen anschaut, dann kann man da auch mit Fug und Recht sagen: Baden-Württemberg gehört zu den hochschulreichsten und forschungsintensivsten Regionen in Europa.

Dabei schaffen wir beides: sowohl erfolgreiche, herausragen de Clusterbildung als auch eine Versorgung in der ganzen Breite mit wissenschaftlichen Kapazitäten über das ganze Land, nah an den Leuten, nah an unserer Wirtschaftsstruktur, nah an den verschiedenen Regionen und deswegen struktur bildend wirkend im ganzen Land.

Die Leistungsstärke unserer Hochschulforschungslandschaft zeigt sich auch – das ist ein weiterer Indikator – an der Höhe der eingeworbenen Drittmittel. Schauen wir auf das Jahr 2017 – das ist der aktuellste Wert, der in Zahlen erhältlich ist –: Die baden-württembergischen Wissenschaftlerinnen und Wissen schaftler haben 2017 Drittmittel in Höhe von 943 Millionen € eingeworben. Von der privaten Wirtschaft waren es in diesem Zusammenhang 129 Millionen €, die direkt auf Kooperatio nen mit der gewerblichen Wirtschaft zurückgehen. Das ist ein wirklich starker Indikator dafür, dass die Kooperationen funk tionieren, dass der wechselseitige Austausch funktioniert und dass wir auf einem hervorragenden Niveau agieren.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Falls ich Sie noch nicht überzeugt haben sollte, hier ein wei terer Indikator: das erfolgreiche Abschneiden der baden-würt tembergischen Hochschulen im aktuellen Exzellenzwettbe werb. Auch das spricht eine eindeutige Sprache. In BadenWürttemberg gibt es allein 12 der insgesamt 57 bundesweit geförderten Cluster. In Prozentzahlen ausgedrückt sind das 21 % aller Cluster bundesweit, die sich in Baden-Württem berg befinden, die von baden-württembergischen Universitä ten eingeworben wurden. Das kann sich sehen lassen.

Sechs der neun Universitäten Baden-Württembergs sind im Wettbewerb um den Exzellenztitel. Am Ende werden bundes

weit elf den Exzellenztitel erhalten. Die Entscheidung, wer in Baden-Württemberg dabei ist, wird – Sie wissen es – in we nigen Tagen, am 19. Juli, fallen. Ich sage Ihnen schon einmal so viel: Ich bin ganz zuversichtlich, dass wir auch da eine neue, eine weitere Facette in diese Erfolgsgeschichte aufneh men können, die ich Ihnen eben präsentiert habe.

(Beifall bei den Grünen und der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Sehr verehrte Damen und Herren von der SPD, deswegen nutzt es nichts, diese Erfolge mit ein paar Zahlen, wie Sie es zum Thema „Gute Arbeit“ versucht haben, irgendwie klein zureden. Schauen Sie auch da, ob Sie ein Bundesland finden, das so wie wir im Hochschulbereich in den vergangenen Jah ren 2 700 zusätzliche Stellen entweder entfristet oder neu ge schaffen hat. 2 700 Stellen in unseren Hochschulen in den ver gangenen Jahren: Suchen Sie mal ein anderes Bundesland, in dem es das auch gibt.

(Zuruf des Abg. Peter Hofelich SPD)

Zum Thema Betreuungsrelation: Natürlich kann man in die sem Bereich immer noch besser werden – ohne Zweifel. Un sere Hochschulen sind im letzten Jahrzehnt bei den Studie rendenzahlen enorm – um 40 % – gewachsen. Wenn wir schauen, wie die Betreuungsrelation Anfang der Jahrtausend wende war, haben wir in der Tat Gründe, da noch mal besser zu werden. Aber relativ zu anderen Bundesländern muss man sagen: Baden-Württemberg hat eine absolute Spitzenposition.

Also wäre es trotzdem schön – bei allen Herausforderungen, die ich Ihnen ja gern zugestehen will –, die Kirche im Dorf zu lassen und einmal zu schauen, wo wir da im Vergleich stehen. Und da sollten wir unser Licht wirklich nicht unter den Schef fel stellen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Das gilt auch mit Blick auf den Hochschulfinanzierungsver trag, der Ende 2020 ausläuft. Wir verhandeln gerade über die nächste Generation des Finanzierungsvertrags, mit dem wir die Grundfinanzierung unserer Hochschulen absichern. Auch da wäre es schön, die Dinge nicht schwärzer zu malen, als sie sind.

Baden-Württemberg war das erste Bundesland, das es nach langen Jahren geschafft hat, die Grundfinanzierung der Hoch schulen wieder verlässlich nach oben zu korrigieren. Ich mei ne, Sie waren damals noch an der Regierung.

(Zuruf des Abg. Peter Hofelich SPD)

Der Kollege war noch nicht im Landtag, aber Sie waren in der Regierung mit dabei. 3 % verlässliches Wachstum in der Grundfinanzierung, das hat bundesweit Standards gesetzt. Das könnte man bei solch einer Gelegenheit wie dieser auch ein mal loben.

Seien Sie sich sicher: Auch der nächste Vertrag wird sich an dieser Stelle nicht lumpen lassen.