(Beifall bei der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das kriegt er beim nächsten Mal abgezogen! – Gegenruf des Abg. Nico Weinmann FDP/DVP: Dann fängt er bei Minus an!)
Wir haben die Anhörung der Experten hinter uns gebracht, um zu sehen, wie die LBO-Novelle beurteilt wird. Die Anhörung war vor allem auch insofern interessant, als nahezu alle Ex perten gesagt haben: Wenn es uns nicht gelingt, mehr Bauflä che zur Verfügung zu stellen, dann ist auch eine neue LBO nicht wirklich ein großer Wurf. Nur durch Innenverdichtung und ohne die Ausweisung neuer Baugebiete werden wir den hohen Wohnungsbedarf schlicht nicht decken können.
Ich fordere deswegen diese Koalition einmal mehr auf, end lich Abstand von der Nettonull in ihrem Koalitionsvertrag zu nehmen.
Es war ein langer Weg zu dieser grün geprägten Novellierung. Einer der Experten sagte es so: „Der Berg kreißte, und er ge bar eine Maus.“ Gemessen am Zeitaufwand, den die Wohn raum-Allianz in dieses Projekt gesteckt hatte, und auch ge messen an den genannten Zielen, nämlich das Bauen schnel ler, kostengünstiger und einfacher zu machen, sowie ange sichts der Tatsache, dass seit den Neunzigerjahren die Anzahl von Vorschriften von damals rund 5 000 auf heute nahezu 20 000 angewachsen ist, ist für uns, die FDP, klar: Es müssen Vorschriften entfallen, wenn wir keine zwingenden Gründe mehr haben, diese Vorschriften beizubehalten.
Wir wollen damit zum Ausdruck bringen, dass wir den Bau enden und den Architekten zutrauen, mit gesundem Men schenverstand zeitgemäße und kostenoptimierte Lösungen im Bau umzusetzen, die auch den gesellschaftlichen Erfordernis sen gerecht werden.
Deshalb können die Dachbegrünungsvorschriften weg. Dach flächen bieten sehr viele Nutzungsmöglichkeiten. Hier sollte keine Pflicht statuiert werden, sondern dies sollte gänzlich im
Dasselbe gilt für die Fahrradabstellplätze. Hier sollen nun die pauschalen Erstellungspflichten ersetzt werden durch die Ver weisung auf die unteren Baurechtsbehörden, die vor Ort den Bedarf festlegen. Diese unbestimmte Regelung schiebt den Schwarzen Peter den Kommunen zu, und dabei ist zu befürch ten, dass es kaum zu nennenswerten Einsparungen, jedoch wieder zu Verzögerungen in den Genehmigungsverfahren kommt. Dieses gehört ebenso wie die Dachbegrünung allein in das Ermessen der Bauherren und der Architekten gestellt, und die gesetzliche Pflicht kann gänzlich entfallen.
Meine Damen und Herren, wir müssen zu der Haltung zurück finden, dass man für eine Zeit etwas machen muss, damit es sozusagen in den Köpfen verankert wird, bis allgemein ak zeptiert wird, dass es jetzt gesellschaftlich üblich geworden ist, sich solche Gedanken zu machen. Insofern muss es auch unser Interesse sein, dass Vorschriften wieder abgeschafft wer den. Denn sonst werden aus den 20 000 Vorschriften in zehn Jahren 30 000 Vorschriften. Das ist die heutige Art und Wei se, Politik zu machen. So kann es nicht weitergehen.
Wir tragen grundsätzlich die Idee mit, dass Ladestationen und Leerrohre in Garagen vorzusehen sind, um der Elektromobi lität den Weg zu ebnen, bringen jedoch einen Entschließungs antrag ein, um diese Verordnungsermächtigung mit einer Be fristung zu versehen, damit man nach fünf Jahren prüft: Braucht man diese Vorschrift wirklich, oder ist sie hinfällig, weil sich andere Technologien durchgesetzt haben oder es an dere Erkenntnisse gibt, die diese Regelung als nicht sinnvoll erscheinen lassen? Leider wurde dieser Vorschlag von den re gierenden Parteien auch nicht angenommen.
Thema Beschleunigung: Wir unterstützen die Änderungen in der LBO, die dazu dienen sollen, Beschleunigung zu bringen, beispielsweise dass die Bauantragsverfahren bei Nachforde rungen der Baurechtsämter nur gehemmt werden, aber die Frist von zwei Monaten nicht neu gestartet wird. Wir finden es auch gut, dass die digitale Bearbeitung nun zügig auf den Weg gebracht werden soll. Städte wie Ulm gehen hier mit gu tem Beispiel voran. Das Warten auf die Umsetzungen im Bund, wie einer der Experten in der Anhörung vorgebracht hatte, sehen wir als nicht zielführend an. Wir müssen von den Schnellen lernen wie z. B. Ulm.
Wir haben deswegen vorgeschlagen, eine Evaluation Ende 2020 zu machen, um zu prüfen, ob diese Veränderungen tat sächlich zu einer Beschleunigung führen. Leider hat auch das keine Mehrheit gefunden. Doch wenn man sich vornimmt, schneller zu werden, muss man auch schauen, ob einem das gelingt.
Ein weiterer Schritt – er wurde schon angesprochen – ist das vereinfachte Verfahren, das man jetzt verändert hat. Die Ge bäudeklassen 1 bis 3 – das sind immerhin Gebäude bis zu 7 m Höhe – dürfen jetzt nur noch im vereinfachten Verfahren be antragt werden.
Hier war der Wunsch der Experten, die Wahlfreiheit beizube halten, die bisher bestanden hat. Das wurde abgelehnt, viel leicht um hier eine Pseudobeschleunigung zu erreichen. Ich glaube, unter dem Strich ist es ein gefährlicher Weg. Denn es kann am Ende sein, dass die Auflagen im Nachhinein erteilt werden. Das kann nicht in unserem Sinn sein.
Schneller, kosten günstiger und einfacher – das ist die Zielsetzung der neuen LBO. Die vorliegende Novelle wird diesem Anspruch nicht gerecht. Wir müssen sie deswegen ablehnen, wenn keiner un serer Vorschläge hier Niederschlag findet.
Sehr geehrte Frau Landtagsprä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte an die ser Stelle nicht noch einmal explizit auf die einzelnen Ände rungen der Landesbauordnung eingehen. Wir haben das im Rahmen der ersten Lesung und auch im Ausschuss ausführ lich diskutiert. Ich möchte vielmehr die Ziele, die die Landes regierung mit dem Ihnen jetzt vorliegenden Gesetzentwurf verfolgt hat, in den Mittelpunkt stellen.
Die Überarbeitung der Landesbauordnung, über die heute ab schließend zu entscheiden ist, ist ein wichtiger und ein tragen der Baustein, um mehr von dem in Baden-Württemberg drin gend benötigten Wohnraum entstehen zu lassen und dadurch die Wohnungsmärkte zu entspannen.
Keine Frage: Natürlich sind darüber hinaus noch weitere Maß nahmen, Änderungen, weitere Regelungen und Parameter auch auf anderen Rechtsgebieten außerhalb des Bauordnungs rechts notwendig.
Die Wohnraumoffensive, die Sie, Herr Born, angesprochen haben, läuft ja schon längst. Wir leisten Wohnraumförderung. Wir haben die Plausibilitätshinweise vereinfacht, wir haben viele Maßnahmen, die wir schnell umsetzen konnten, auf den Weg gebracht. Wir haben die Mittel massiv erhöht.
Die Landesbauordnung ist ein Bestandteil. In der Legislatur periode, die Sie mitgestaltet haben, wurden die Bedingungen verschärft. Bauen wurde verlangsamt, Bauen wurde verteu ert.
Ich muss das jetzt richten, und deswegen verstehe ich natür lich, dass Sie das kritisch begleiten. Aber der Erfolg, den wir
im Rahmen dieser Debatten nun erzielt haben, mit dem wert vollen Rat und der Begleitung durch die Wohnraum-Allianz, spricht für sich.
Ich möchte nochmals betonen, dass wir mit dem vorliegen den Gesetzentwurf im Bereich der Landesbauordnung Einzel maßnahmen vorsehen, die in ihrer Gesamtheit echtes Poten zial haben, die Entwicklung des Wohnungsbaus im Land an zufachen, zu stärken und zu beleben. Genau darum muss es uns allen auch gehen. Wir wollen das Bauen günstiger gestal ten. Bezahlbarer Wohnraum – das ist ein Thema, das den Men schen unter den Nägeln brennt. Der Normenkontrollrat hat hier ja Einsparungen in einem erheblichen Umfang errechnet und dies erarbeitet.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Theoretische Rechnung! Da kommt kein Euro beim Käufer an! – Gegenruf der Abg. Susanne Bay GRÜNE)
Bauliche Standards wie z. B. die Pflicht zur Schaffung von Flächen zum Wäschetrocknen wurden abgebaut. Weitere Stan dards wie z. B. die Pflicht zur Vorhaltung von Fahrradstell plätzen oder Kinderspielflächen werden modifiziert. Die Er leichterungen bei Aufstockungen und vergleichbaren Baumaß nahmen im Bestand dienen dem Ziel, mehr zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Die baurechtlichen Verfahren werden einfacher und schneller; dadurch wird das Bauen günstiger für Bauherren und letztlich auch attraktiver für Investoren.
Frau Ministerin, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage von Herrn Abg. Dr. Schweickert. Lassen Sie diese zu?
Frau Ministerin, vie len Dank. – Sie haben gerade gesagt, die Regelung zu Fahr radstellplätzen wurde modifiziert. Ich möchte einmal die „Südwest Presse“ vom 20. Juni 2018 zitieren; es geht dabei um den Streit zwischen Verkehrsministerium, Umweltminis terium und dem von Ihnen geleiteten Ministerium für Woh nungsbau. Dort heißt es:
Das Wirtschaftsministerium will unter anderem die Pflicht zur Fassaden- und Dachbegrünung und zur Schaffung von Fahrrad-Abstellplätzen kippen, um das Bauen billi ger zu machen. Die Grünen wollen das nicht mittragen.
Frage: Wenn heute nun die Landesbauordnung verabschiedet wird, sind damit die Fahrradabstellplätze gekippt, oder hat man den Schwarzen Peter dann nur den unteren Baurechtsbe hörden zugeschoben?
Herr Schweickert, ich weiß nicht, ob Sie nur Zeitungsartikel lesen oder auch den Gesetzentwurf. Dessen Lektüre würde ich Ihnen anraten. Wenn Sie sich mit
dem Thema so befassen wie Ihre Kollegin Frau Reich-Gut jahr, werden Sie feststellen, dass aktuell eine feste Regelung gilt, nämlich zwei Fahrradabstellplätze pro Wohnung, und dass diese Regelung gemäß dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht mehr besteht, sondern dass von den unteren Baurechts behörden die Anzahl der Fahrradabstellplätze individuell und bedarfsorientiert geregelt wird. Das ist eine Regelung, die al len gerecht wird.