Protokoll der Sitzung vom 09.10.2019

Stiphtung – die keine Stiftung ist – 37 000 € zurücküberwie sen werden. Ob und wann dies geschieht, ist völlig offen. Ver tragspartner ist eben nicht Ihr persönlicher Freund – oder Nichtfreund oder Nichtmehrfreund, wie auch immer –, Herr Sonntag, sondern eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einer Haftungseinlage von gerade einmal 25 000 €. Die Haftungseinlage ist also geringer als das, was diese angebli che Stiftung noch zurückzuzahlen hat.

So etwas muss einem doch zu denken geben, wenn man mit solchen Konstruktionen Vereinbarungen trifft.

Mietkosten in Höhe von 30 000 € wurden in Rechnung ge stellt für einen Theaterkeller, der ansonsten leer gestanden hätte.

(Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

Also, einen Theaterkeller, der leer gestanden hätte, den mie tet das Land Baden-Württemberg für ein solches Projekt für 30 000 €. Da ist es auch kein Wunder, dass dieses Projekt ins gesamt teuer ist: durchschnittlich 3 500 € pro Projekttag für gerade einmal rund 20 Personen.

Meine Damen und Herren, ein solches Projekt gehört im Land Baden-Württemberg nicht in den privaten Theaterkeller eines Kabarettisten, sondern in die Schule.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])

Wenn wir das hochrechnen, dann hätten Sie anstelle dieses Projekts in dessen Laufzeit drei bis vier Lehrer einstellen kön nen. Das wäre klüger gewesen; Frau Eisenmann hätte sich da rüber gefreut, und man hätte heute keinen Ärger, Herr Minis ter Lucha.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])

Trotz der Ungereimtheiten, die das Sozialministerium festge stellt hat, stellt die Landeszentrale für politische Bildung am 2. Februar 2019 einen Verlängerungsantrag mit einem über schwenglichen Zwischenbericht. Also, die Landeszentrale für politische Bildung hat das Ganze orchestriert und hat festge stellt, wie toll dieses Projekt ist, obwohl das Sozialministeri um schon längst Zweifel angemeldet hatte.

Jetzt erleben wir ein besonderes Theaterstück, nämlich, dass genau die Landeszentrale für politische Bildung, die ja wegen mangelnder Aufsicht über dieses Projekt in der Kritik steht, sich selbst Absolution erteilt und der Öffentlichkeit erklärt: „Wir haben das, was wir selbst gemacht haben, geprüft und haben festgestellt, dass das, was wir gemacht haben, alles in Ordnung ist. Also kann man die Diskussion um dieses Projekt beenden.“ Das ist so, als hätten wir den Untersuchungsaus schuss „Zulagen Ludwigsburg“ mit den Professoren besetzt, die eine Zulage erhalten haben. So geht es nicht im Land Ba den-Württemberg, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP/DVP)

Damit soll sich jetzt auch der Landtag zufriedengeben.

Herr Lucha, wenn Sie nichts zu verbergen haben, dann legen Sie die Unterlagen offen. – Ja, Sie nicken; machen Sie. Bis

her wurde uns immer gesagt, die Unterlagen würden nicht of fengelegt.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Doch, hat er doch zugesagt! – Abg. Thomas Poreski GRÜNE: Das ist doch Quatsch!)

Wenn ich mir den Änderungsantrag der Regierungsfraktionen vom heutigen Tag anschaue

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Der ist sehr gut und präzise!)

ja, ja, ein sehr guter Änderungsantrag –, dann bedeutet das: Die Unterlagen werden offengelegt, nachdem sie im Sozial ministerium gesichtet wurden. Ja, warum sollen sie denn im Sozialministerium gesichtet und bearbeitet werden, bevor das Parlament sie einsieht? Wenn man nichts zu verbergen hat, braucht man vorher nichts zu sichten und zu bearbeiten, son dern dann kann man diese Unterlagen gleich offenlegen, mei ne Damen und Herren. Andernfalls hat man etwas zu verber gen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der SPD)

Das, was die beiden Regierungsfraktionen hier vorschlagen, ist eine Selbsterniedrigung des Parlaments – dass man näm lich der Regierung zubilligt, zu entscheiden,

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Die Kirche bitte im Dorf lassen!)

wann Unterlagen offengelegt werden.

Das Parlament sagt: „Jawohl, die Unterlagen wollen wir se hen“ – vielleicht müssen wir sie wegen des Drucks der Öf fentlichkeit auch sehen. Aber erst einmal darf die Regierung sie bearbeiten, und wenn die Regierung mit den Unterlagen völlig zufrieden ist, dann darf auch das Parlament sie sehen.

Meine Damen und Herren, wer als Parlamentarier seinen Auf trag so versteht, der ist im Landtag von Baden-Württemberg fehl am Platz.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, be vor ich das Wort weiter erteile, möchte ich mitteilen: Frau Mi nisterin Dr. Hoffmeister-Kraut hat heute Geburtstag. Liebe Frau Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut, im Namen des ganzen Hauses gratuliere ich Ihnen sehr herzlich und wünsche alles Gute.

(Ministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut: Danke schön! – Beifall bei allen Fraktionen und auf der Regierungs bank)

Meine Damen und Herren, nachdem die Glückwünsche über mittelt und die schönen Blumen überreicht worden sind, set zen wir die Sitzung fort.

Ich erteile das Wort für die Fraktion GRÜNE Herrn Abg. Po reski.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Sie erinnern sich: Auslöser der heu tigen Debatte waren Presseberichte von Mitte Juli, angesto

ßen von der Noch-Ehefrau von Christoph Sonntag. Demnach gab es von Herrn Sonntag und seiner Stiphtung falsche Ab rechnungen bei Projekten, die im Auftrag der Landesregie rung durchgeführt wurden. Minister Lucha wurde, weil per Du mit Herrn Sonntag, hineingezogen, und zugleich wurden vertrauliche Nachrichten zwischen Minister Lucha und Herrn Sonntag veröffentlicht.

Dass ein Rosenkrieg dieses Thema in die Öffentlichkeit bringt, kann einerseits Zweifel an der Motivation der Kombattanten aufwerfen, andererseits ist es aber natürlich unverändert not wendig, den schwerwiegenden Vorwürfen auf den Grund zu gehen – sachlich, mit Respekt für die in diesem Zusammen hang Angeschwärzten, aber ohne Scheuklappen und in aller Gründlichkeit. Diese Balance gilt es zu halten, und das ist Ih nen, Herr Kollege Rülke, leider wieder einmal gründlich miss lungen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Habt ihr das schon ge wusst, als das geschrieben wurde? – Gegenruf des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE)

Unterhalb von „Anschlag“ und „schallender Ohrfeige“ läuft es ja selten bei Herrn Rülke. Deswegen kann man das fast schon voraussehen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das kann man voraussehen! Deshalb hat man es schon aufge schrieben!)

In aller Klarheit: Dass die Opposition nachfragt, ist nicht nur verständlich, sondern ebenso ihre Aufgabe wie ihr Recht. Fra gen sind notwendig, aber ebenso gute Antworten. Da gilt es festzuhalten: Seit den ersten Zeitungsberichten wissen wir sehr viel mehr.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Habt ihr die Un terlagen?)

Die Zusammenarbeit von Landesministerien mit Herrn Sonn tag bestand lange, bevor Manne Lucha Minister wurde. Das hatte Gründe. Das fragliche Projekt A-B-C-D-E-Mokratie et wa bekam in der Vergangenheit viele gute Rückmeldungen nicht nur von den Akteuren selbst. Die Landeszentrale für po litische Bildung, die mit der Projektabwicklung betraut war

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

das ist eine vertragliche Konstruktion –, hat bestätigt, dass die Abrechnungen von Herrn Sonntag und seiner Stiphtung korrekt waren. Der Aufsichtsrat, das Aufsichtsgremium ist hier parlamentarisch besetzt. Da können Sie gern nachhaken.

Vor allem aber kam heraus, dass das Sozialministerium von sich aus die Zusammenarbeit mit Herrn Sonntag, mit seiner Stiphtung und der Firma seiner Noch-Ehefrau gekündigt hat – nicht wegen falscher Abrechnungen, sondern weil wesent liche Vereinbarungen nicht eingehalten wurden. Die Aufkün digung der Zusammenarbeit mit Herrn Sonntag – wie gesagt, einschließlich seiner Stiphtung und der Firma seiner NochEhefrau – erfolgte in unmittelbarer Folge einer am 8. März vorgenommenen Problemanzeige. Diese Problemanzeige kam nicht von außen; sie kam von der Fachabteilung im Ministe rium, und die Kündigung erfolgte dann auf der Grundlage ei ner vom Sozialminister beauftragten Untersuchung.

Das Ganze fand also vor dem Rosenkrieg und Monate vor den Zeitungsberichten statt. Das entlastet Minister Lucha gerade wegen seiner persönlichen Bekanntschaft mit Herrn Sonntag. Warum? Es zeigt nämlich: Der Minister hat sich dadurch nicht beeinflussen lassen, trotz eines launigen Umgangstons, den viele von uns schätzen. Manne Lucha handelte unabhängig und unbestechlich. Er hat das ordnungsgemäße Verwaltungs handeln seines Ministeriums ausdrücklich unterstützt und an gewiesen.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: „Unbe stechlich“!)

Wir haben das Thema im Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration in der vergangenen Woche ausführlich bera ten – deutlich sachlicher als Sie, Herr Kollege Rülke. Die Kol legin Sabine Wölfle hat eine lange Liste von Detailfragen vor gelesen, deren verbindliche schriftliche Beantwortung der Mi nister zugesagt hat. Sie, lieber Kollege Haußmann, waren doch offenkundig platt, als Minister Lucha selbstverständlich Ihrer Forderung nach Akteneinsicht durch das Parlament zu gestimmt hat.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Ich sage nachher noch etwas dazu!)

Merkwürdig ist deswegen eines: Sie beantragen mit Ihrem heutigen Antrag genau das, was Ihnen der Minister bereits im Ausschuss verbindlich zugesagt hat. Das ist natürlich eine Show der Opposition. Aber sei’s drum!

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Dann brau chen Sie keinen Änderungsantrag! Dann können Sie ja zustimmen!)

Wir lehnen Ihren Antrag ja auch nicht ab, sondern wir stim men ihm in Verbindung mit einem Änderungsantrag der Ko alitionsfraktionen zu.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Das ist der bes sere!)