Schon nach dem terroristischen Anschlag von Halle haben wir die Unterstützung ausgeweitet und haben in Sicherheit und Bildung investiert. Seit dem Überfall der Hamas auf Israel und dem sich anschließenden Krieg steht aber leider fest: Die Si cherheitslage für jüdische Einrichtungen in Baden-Württem berg wird weiterhin schwierig sein.
Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen von CDU, SPD und FDP/DVP haben wir mit dem Beschluss vom 20. De
zember 2023 die Grundlage für diesen Änderungsvertrag ge schaffen. Herzlichen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen, für dieses geschlossene gemeinsame Vorgehen.
Ziele dieses Änderungsvertrags: die Leistungen des Landes für den Schutz jüdischer Einrichtungen zu verstetigen, fest und unbefristet zu verankern, den Vertrag hinsichtlich der Re ligionsfreiheit, insbesondere jüdischer Studierender, zu ergän zen und das deutsch-jüdische Kulturerbe als sichtbares Zei chen jüdischen Lebens zu stärken.
Wir tun damit alles, um antisemitische Taten aktuell zu ver hindern. Wir sorgen zukünftig durch Bildung, durch Begeg nung, durch die Stärkung des Wirgefühls dafür, dass diese Ta ten erst gar nicht entstehen.
Konkret bedeutet das: Gegenüber der bisherigen Rechtslage entstehen pro Jahr strukturelle Mehrbedarfe in Höhe von 2 369 100 €; davon für die Finanzierung von Sicherungsmaß nahmen – das ist Artikel 10a, der neu aufgenommen wurde – in Höhe von 1,5 Millionen €, für die Unterstützung des neuen Jüdischen Bildungswerks nach Artikel 6 Absatz 3 149 400 € und für das jüdische Kulturerbe – Artikel 10 Ab satz 3 – 719 700 €.
Mit dem Gesetz verstärken wir die Förderung des deutsch-jü dischen Kulturerbes, was den sozialen Zusammenhalt stärken und der Bekämpfung von Diskriminierung, von Menschen feindlichkeit und von Rassismus dienen wird.
Der uns jetzt vorliegende Änderungsvertrag wird diesem An spruch gerecht und wurde in vielen vertrauensvollen Gesprä chen mit den IRGs gemeinsam erarbeitet. Herzlichen Dank allen Beteiligten hierfür.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Dr. Boris Weirauch und Simone Kirschbaum SPD und Andreas Sturm CDU)
Wie geht Wir? Diese Frage und deren Antworten stellen wir Grünen uns vielfältig. So haben wir z. B. erst heute Vormit tag mit dem Haushalt beschlossen, die Mittel für Israelstipen dien um 110 000 € auf 190 000 € pro Jahr zu erhöhen, also mehr als zu verdoppeln. Auch greift der Vertrag die Hand lungsempfehlungen aus dem aktuellen Tätigkeitsbericht von Herrn Dr. Blume, unserem Beauftragten gegen Antisemitis mus und für jüdisches Leben, auf, indem er jüdisches Leben in der Gegenwart und in der Zukunft sichtbarer macht und die Gestaltung eines gemeinsamen gesellschaftlichen Diskurses im Blick hat.
Ja, wir Grünen wollen diese Verstetigung und diese Ergänzun gen im Bereich der Bildung und der Sicherungsmaßnahmen, und sagen Danke für die vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Ihnen und Ihren Familien wünsche ich eine frohe, friedvolle Weihnachtszeit und alles Gute für das neue Jahr 2025, allem voran Gesundheit, Frieden, Hoffnung und Zuversicht.
(Beifall bei den Grünen, Abgeordneten der CDU so wie der Abg. Andreas Stoch und Andreas Kenner SPD – Vereinzelt Beifall bei der FDP/DVP)
Geschätzter Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Viele Jüdinnen und Juden fühlen sich bei uns in Europa, in Deutschland, in Baden-Württem berg nicht mehr willkommen. Das geht aus einer Studie her vor, wonach sich 80 % der Jüdinnen und Juden nicht mehr als willkommener Teil unserer Gesellschaft ansehen. Sie fühlen sich hier nicht mehr zu Hause, weil sie Anfeindungen erleben müssen. Das hängt mit dem gestiegenen Antisemitismus zu sammen, gerade auch seit dem barbarischen Überfall der Ha mas am 7. Oktober 2023. Seitdem hat alles noch einmal deut lich zugenommen. Die Bedrohungslage für Jüdinnen und Ju den ist reell, und die Situation fordert uns zum Handeln auf.
Es macht mich aber geradezu wütend, wenn wir beispielswei se am Jahrestag des Hamas-Überfalls Menschen sehen, die auf den Straßen hier in Deutschland feiern und dieses Massa ker bejubeln.
Auch bei uns im Land haben antisemitische Straftaten stark zugenommen. Viele von uns erleben hautnah, wie es den Jü dinnen und Juden geht, wenn wir Einrichtungen besuchen, wenn wir bei jüdischen Freundinnen und Freunden sind oder wenn wir in der Synagoge sind. Wenn wir sehen, dass Juden nach ihrer Veranstaltung ihre Kippa vom Kopf nehmen, die se Kippa zusammenfalten und in die Hosentasche stecken, dass Jüdinnen und Juden Angst haben müssen, wenn sie mit der Israelfahne durch eine Stadt laufen, dass sie angegriffen werden, dann sage ich Ihnen: Das darf uns hier nicht kaltlas sen! Das darf uns nicht kaltlassen!
(Beifall bei der CDU, den Grünen und der SPD so wie Abgeordneten der FDP/DVP – Vereinzelt Beifall bei der AfD)
Ich bin uns allen sehr dankbar, dass wir den Staatsvertrag fort schreiben. Aber warum wir ihn fortschreiben müssen und wa rum wir den Schutz erhöhen müssen,
Da das Thema uns alle angeht, freue ich mich besonders dar über, dass wir diese Fortschreibung gemeinsam beschlossen haben. Hier herrscht keine Zeit für Wahlkampf, für irgendwel ches gegenseitige Hochpuschen, sondern wir müssen hier ein fach zusammenstehen und zusammenhalten. Deswegen fand ich es ein starkes Zeichen, dass wir hier mit einer Stimme sprechen. Das tut unserem Hohen Haus auch sehr gut und ist unseres Hohen Hauses auch sehr würdig. Danke schön, dass das möglich war.
(Beifall bei der CDU, Abgeordneten der Grünen, der SPD und der FDP/DVP sowie des Abg. Anton Baron AfD)
Mit den vorliegenden Fortschreibungen passen wir den Staats vertrag an, und wir passen die Leistungen an. Leider passen wir die Leistungen auch an die gestiegene Bedrohungslage an.
Aber wir möchten auch jüdisches Leben bei uns in Deutsch land und in Baden-Württemberg stärken und möchten es be kannter machen. Wir möchten jüdisches Leben vorstellen. Wa rum? Die Frau Ministerin hat es angesprochen: Auch unsere Kultur münzt und fußt auf der jüdischen Kultur. Das dürfen wir nicht vergessen. Wir haben, wie gesagt, 1 700 Jahre jüdi sches Leben gefeiert. Alle unsere Traditionen und Werte ba sieren auf den jüdischen Wurzeln. Deswegen ist es wichtig, dass wir das jüdische Kulturerbe weitergeben und auch be kannter machen.
Ein zweites Anliegen war mir und uns besonders wichtig: Wir stärken die Bedeutung des Schabbats und der jüdischen Fei ertage, und wir ermöglichen jüdischen Arbeitnehmern sowie jüdischen Studierenden, dass sie ihren Glauben leben können, ohne dafür Nachteile hinnehmen zu müssen.
Für alle diese Maßnahmen nehmen wir Geld in die Hand, weil es einfach notwendig ist. Wir erhöhen die Mittel für diese Maßnahmen auf 2,4 Millionen €. Allein auf Sicherungsmaß nahmen entfallen künftig 1,5 Millionen €.
Ich habe es vorhin angedeutet: Wenn ich morgens meine Kin der in den Kindergarten bringe, dann gehen sie dort ganz nor mal zur Tür hinein. Wenn Kinder allerdings in die Synagoge gebracht werden, müssen sie an einem Polizeiauto vorbei- und durch eine Panzerschleuse gehen, weil sie Angst haben müs sen, dass sie sonst angegangen werden.
Deswegen danke ich dafür, dass wir diese wichtigen Siche rungsmaßnahmen machen, aber auch Danke, dass wir alles dafür tun, dass diese Sicherungsmaßnahmen hoffentlich ir gendwann bei uns ein Ende haben.
Wir werden das Kulturerbe stärken. Dafür haben wir ca. 150 000 € zur Verfügung gestellt. Und die bestehenden Leis tungen werden von 10,2 Millionen € auf 11,6 Millionen € er höht. Wir möchten mit dem Staatsvertrag schlicht und ergrei fend ein Zeichen setzen: Jüdisches Leben gehört zu BadenWürttemberg, es ist ein Teil unserer DNA in Baden-Württem berg. Wir stehen zu jüdischem Leben und schützen es bei uns. Dafür bin ich sehr, sehr dankbar.
Wie gesagt, „,Nie wieder!‘ ist jetzt“ klingt gut, aber wir mer ken, dieses „Nie wieder!“ hat jetzt schon deutliche Risse. Wir müssen alles dafür tun, dass die Risse nicht noch größer wer den. Deswegen herzlichen Dank, dass wir zusammenstehen.
Ich wünsche Ihnen allen, unseren jüdischen Freunden Cha nukka Sameach, und Ihnen und uns allen hoffentlich schöne Feiertage im Kreise lieber Menschen. Danke schön, Ihnen al les Gute, und bis zum neuen Jahr!
Ich darf für die SPD-Fraktion dem Kollegen Dr. Boris Weirauch das Wort er teilen. – Bitte sehr, Herr Kollege.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das vergangene Jahr 2023 hat uns schmerzlich vor Augen geführt, wie verletzlich jüdi sches Leben in Israel, aber auch weltweit und damit auch in Deutschland ist.
Allein die Kriminalitätsstatistik für Baden-Württemberg ist unmissverständlich: 2023 hat sich die Zahl antisemitischer Straftaten verdreifacht. Die Berichte über antisemitische Über griffe und Propaganda in Schulen und Universitäten sind mehr als alarmierend. Jüdinnen und Juden haben Angst, jüdische Symbole wie die Kippa oder den Davidstern offen zu zeigen, sich damit zu ihrem verfassungsrechtlich geschützten Glau ben zu bekennen.
Der 7. Oktober 2023, der Tag des größten Massenmords an Jüdinnen und Juden seit dem Holocaust, war auch hierzulan de der Beginn eines antisemitischen Dammbruchs, der nicht nur den öffentlichen Diskurs unter dem perfiden Deckmantel des Antikolonialismus zu beeinflussen versucht, sondern oft auch in offener verbaler oder sogar tätlicher Gewalt mündete und mündet.
Man muss nur die jüdische Gemeinde in Stuttgart besuchen – Herr Gehring hat es erwähnt –, um mit eigenen Augen zu se hen, dass jüdisches Gemeindeleben, der Besuch jüdischer Kin dergärten und Schulen nur hinter hohen Mauern und kamera überwacht möglich ist, um die Sicherheit der Gemeindemit glieder und Kinder zu garantieren.
Es muss uns zutiefst schmerzen, diese tägliche Realität von Jüdinnen und Juden in unserer Mitte vor Augen geführt zu be kommen. Ich würde mir wünschen, dass diese Maßnahmen nicht notwendig wären. Sie sind es aber leider nachweislich.
Wir dürfen niemals akzeptieren, dass Jüdinnen und Juden wie der Angst haben müssen, in unserer Mitte, in unserem Land zu leben, und wir sehen uns in der Verantwortung, Antisemi tismus noch entschiedener als bisher entgegenzutreten.