Protokoll der Sitzung vom 13.03.2025

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Denn auch das hat der Gesetzgeber gemacht: Er hat die Re geln und Vorgaben für mehr direkte Demokratie in diesem Land in den Jahren 2011 bis 2016 mit einer großen demokra tischen Mehrheit deutlich verbessert.

Und ja, es mögen an der einen oder anderen Stelle Verände rungen notwendig sein. Auch wir haben schon mal ein Volks begehren gemacht und sehen da die eine oder andere Erleich terung. Aber was man den Bürgerinnen und Bürgern nicht ab sprechen darf, wenn man für direkte Demokratie einsteht: Es gibt auch Bürgerinnen und Bürger, die sich bewusst dafür ent scheiden, das Volksbegehren nicht zu unterschreiben.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Nico Weinmann FDP/DVP)

Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber das Wort. In die sem Fall hat die FDP entschieden, dass die Bürgerinnen und Bürger jetzt als Gesetzgeber das Wort haben. Also geben wir ihnen das Wort und warten ab, was das Ergebnis des Gesetz gebers, des Volkes, ist.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Balzer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir sind heute unter einem besonderen Titel hier zusammengekommen – das wurde schon mehrfach angesprochen –, um einmal mehr gebührend die neueste Bauchlandung unseres sehr verehrten Innenministers zu feiern:

(Abg. Andreas Deuschle CDU: Oje!)

seine klare Niederlage vor dem Verfassungsgerichtshof. Der Sprung vom Zehn-Meter-Elfenbeinturm der ministeriellen Verantwortung endete unsanft im leeren Becken der Verlierer.

(Zuruf: Oh!)

Bemerkenswert, dass Sie diese Erfahrung machen durften. Die Panik des Ministers, der „GrünDU“ und der eigentlichen Grü nen vor einem Erfolg der geplanten Volksabstimmung zur Re duzierung der Wahlkreise muss ausschlaggebend gewesen sein, sonst hätte er sich nicht mit einer dermaßen fadenschei nigen Begründung für die angebliche Verfassungswidrigkeit des Volksbegehrens offenbar lächerlich gemacht.

(Abg. Daniela Evers GRÜNE: Oje, so ein Kommen tar!)

Als Volljurist, der Sie sind, konnten Sie nicht ernstlich glau ben, dass eine ungenau quantifizierte Verbindungsvorschrift zwischen zwei Wahlsystemen im Artikel 28 der Landesver fassung schon bei einem Verhältnis der Wahlkreise von 82 : 38 verletzt sein soll.

(Zuruf der Abg. Daniela Evers GRÜNE)

Wo steht denn da, dass Ausgewogenheit erforderlich ist? In aller Vorsicht: Auch die Experten in der Anhörung fanden kei nen Anstoß daran.

Schlussendlich bleibt: Der Minister war und ist die schlech teste Instanz für die Bewertung, denn er ist ebenso befangen

wie parteiisch. Und seine Partei ist begünstigt, wenn alles bleibt, wie es ist.

Leider muss man der FDP in mehreren Punkten recht geben: Erstens: Der Minister kann nicht rechnen. Zweitens: Der Mi nister hat eine Klatsche oder Ohrfeige kassiert. Und drittens: Der Landtag wird zu groß.

Das gesamte Gesetzgebungsverfahren zum neuen Wahlrecht im Frühjahr 2022 war von diesen und anderen Merkwürdig keiten begleitet.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

So sollten die Kosten einer wahrscheinlichen Aufblähung un ter Verschluss bleiben. Der eigentlich rechtlich völlig autarke und unabhängige Landesrechnungshof weigerte sich mit wider sprüchlichen Begründungen monatelang, den internen Prüf bericht zur drohenden Aufblähung offenzulegen, obwohl die eigentliche Höhe der Kosten – rund 200 Millionen € – schon im Umlauf war – ein Hammer für sich.

Und nein, das lag ganz bestimmt nicht an der neuen Rech nungshofpräsidentin. Sie war zuvor in hoher Stelle im grünen Finanzministerium – Herr Bayaz grüßt – tätig und wurde vom Kabinett aus Grünen und „GrünDU“ zur neuen Chefin der unabhängigen Behörde befördert. Wie beim Verfassungsge richt entsteht heutzutage eine deutliche Unsicherheit bezüg lich der Neutralität von Beamten, die von Politikern berufen wurden.

Nach diesem Bericht, dem Prüfbericht, reicht der jetzige

(Abg. Thomas Dörflinger CDU: So ein Quatsch!)

es ist kein Quatsch, hören Sie einfach zu –

(Zuruf des Abg. Thomas Dörflinger CDU)

Plenarsaal schon bei einem Zuwachs von nur acht Abgeord neten nicht mehr aus.

(Zurufe der Abg. Anton Baron AfD und Raimund Ha ser CDU)

Wir beantragen daher vorsorglich, die Plätze auf der Empore für die überzähligen Kollegen nach der nächsten Wahl aus schließlich für Abgeordnete der CDU und der Grünen zu re servieren.

(Beifall bei der AfD – Abg. Raimund Haser CDU: Das hat auch schon mal für zwei AfD-Fraktionen ge reicht!)

Ganz genau; ganz genau.

Kein Scherz ist allerdings das erwähnte katastrophale Szena rio von 200 Millionen € zusätzlicher Kosten bei 216 Abge ordneten, und zwar ohne Baumaßnahmen. Die Quelle, den Bericht des Rechnungshofs, haben Sie sicherlich zur Kennt nis genommen.

Für Baumaßnahmen solcher Objekte fallen erfahrungsgemäß weitere dreistellige Millionenbeträge an. Dieser Wahnsinn schockt – jedenfalls normale Bürger – und macht eigentlich fassungslos.

Wir, die AfD, waren die einzige Fraktion, die sich für die Bei behaltung des bewährten Einstimmenwahlrechts in unserem Land ausgesprochen hat. Warum? Dieses Wahlrecht ist basis demokratisch in bestem Sinn. Unfähige und nervige Abgeord nete konnten vom Wähler geschasst werden.

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Michael Joukov GRÜNE)

Mit dem neuen Recht entsteht nun ein Diätenbiotop für ein flussreiche Abgeordnete mit praktisch lebenslanger Mandats garantie.

(Abg. Anton Baron AfD: So ist es!)

Von denen sitzen hier schon einige, und die werden sich ih ren Teil dazu denken. Dagegen hatte die FDP nichts einzu wenden, wobei sich die Frage stellt, warum Sie sich mit die sem Thema überhaupt intensiv befassen, da Sie wahrschein lich nächstes Mal gar nicht mehr da sind.

(Beifall bei der AfD – Zuruf von der AfD: Sehr gut!)

Nach dem alten Recht wurde der Landtag auch schon um 34 Abgeordnete gegenüber der verfassungsrechtlichen Sollgrö ße von 120 Abgeordneten aufgebläht. Diese 34 Abgeordneten schlagen in der laufenden Periode bereits mit 54 Millionen € zu Buche. Es bedarf keiner allzu großen Fantasie, um zu er kennen, dass diese Reform alles Mögliche zum Ziel hatte, aber sicherlich keine angemessene Sparsamkeit. Die Sachverstän digen haben auch entsprechende Warnungen ausgesprochen.

Das Motto aller Fraktionen hier im Haus mit Ausnahme der Alternative für Deutschland lautet: Das ist das Tolle, bei uns spielt Geld keine Rolle!

(Beifall bei der AfD)

Mit diesem Turbo im Rücken haben die Regierungsfraktio nen in ihrem unbändigen Trieb nach Mandaten auf Lebens zeit alle Warnungen in den Wind geschlagen. Sie halten sich für Fachleute im Wahlrecht, obwohl Sie nicht rechnen kön nen, und Sie halten andere, die sich tatsächlich auskennen, für Störenfriede und Feinde unserer Demokratie.

(Abg. Anton Baron AfD: Genau!)

Das ist echter DDR-Sprech; das kennen wir. Dazu fantasieren die koalitionären Dyskalkuliker bis heute von unbeweisbaren Annahmen, von Spekulationen, von geringen Kosten und – ja, völlig absurd – sogar von der Möglichkeit der Schrump fung des Landtags. In Wirklichkeit muss um jeden Preis die Zahl der Wahlkreise gleich groß bleiben. Denn ein großes Par lament ist das Eigeninteresse all derer, die sich den Staat zur Beute gemacht haben, also im Besonderen der Grünen.

(Beifall bei der AfD – Zurufe von der AfD)

Ihnen von der FDP muss vorgehalten werden, viel Zeit – viel zu viel Zeit – verspielt zu haben mit Ihrem Ende 2022 einge brachten und von vornherein aussichtslosen Gesetzentwurf zur Wahlkreisreform, zur Reduzierung der Zahl der Wahlkrei se auf 38, der hier gescheitert ist – gescheitert übrigens nicht daran, dass wir die einzige Fraktion sind, die beweglich ge nug ist, Brandmauern zu überspringen. Wir haben ja zuge stimmt.

Es war aber klar, dass dieser Entwurf keine Mehrheit finden wird. Denn wer sägt sich hier den eigenen Ast ab? Nicht die Grünen, auch nicht die CDU. Bei mehr Tempo hätten Sie al lerdings möglicherweise das Ziel erreichen können. Wenn wir bösartig wären – was wir aber nicht sind –, könnte man glau ben, dass diese Entwicklung Ihnen sogar recht war, wenn nicht sogar kalkuliert war.

(Zuruf von der FDP/DVP: Unverschämtheit!)