Die Menschen bei uns in Baden-Württemberg sind tief bewegt und besorgt von den Bildern in den letzten Tagen. Das zeigen die vielen Friedensdemonstrationen und die vielen Solidari tätsbekundungen bei uns im Land.
Ich selbst war am besagten Donnerstag vor zwei Wochen bei einem Friedensgebet, und das hat mich sehr bewegt. Es hat mich sehr bewegt, wie viele Menschen in relativ kurzer Zeit zusammengekommen sind, Kerzen angezündet haben und so ein Zeichen für Solidarität und Frieden in der Welt gesetzt ha ben. Wir wollen den Frieden, und wir möchten dieses Signal in den nächsten Wochen und Monaten weitertragen.
Ich habe davon gesprochen, dass dieser Krieg uns alle angeht. Viele Menschen haben sich gefragt, was wir in Baden-Würt temberg ganz konkret tun können. Wir sagen daher fest und verbindlich zu: Wir nehmen alle Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine zu uns fliehen, bei uns in Baden-Württemberg auf, und zwar unbürokratisch und schnell. Für meine Fraktion ist klar: Wir stehen bereit, um den Menschen bei uns Schutz und Heimat anzubieten.
Ich bin froh und dankbar, in einem Land zu leben, in dem die Menschen ohne Zögern anpacken und mithelfen, Hilfsliefe rungen in die Ukraine organisieren, flüchtende Menschen bei sich zu Hause aufnehmen wollen. Daher spreche ich den Bür gerinnen und Bürgern in Baden-Württemberg meinen Respekt und meinen Dank aus. Sie zeigen Flagge für Demokratie, für Freiheit, für Frieden. Das ist ein wirklicher Lichtblick in die sen schwierigen Zeiten. Vielen Dank dafür!
Der Angriff von Putin auf die Ukraine ist ein Angriff auf Frie den und Sicherheit in Europa. Auch wenn wir die Auswirkun gen dieses Krieges heute nur schwer überblicken können, so wissen wir doch eines: Für unsere Sicherheit müssen wir in Zukunft mehr tun. Wichtig ist deshalb, dass wir Sicherheit als ein umfassendes Konzept verstehen müssen.
Ich unterstütze den Vorstoß auf Bundesebene, die Bundeswehr zu modernisieren. Sicherheit im 21. Jahrhundert ist aber mehr als militärische Verteidigung. Hier geht es auch um Cybersi cherheit, energiepolitische Sicherheit und eine Stärkung des Zivilschutzes. Am Ende bedeutet Sicherheit auch gesellschaft liche Resilienz im Umgang mit Fake News und Propaganda.
Die Meldungen der letzten Tage zeigen vermehrt: Die ener giepolitische Sicherheit ist ein hoch relevantes Thema für un sere Gesellschaft, für unsere Wirtschaft, für die Unternehmen in unserem Land. Für uns alle geht es darum, eine klimaver trägliche und kostengünstige Energieversorgung sicherzustel len. Fragen der Versorgungssicherheit stehen plötzlich ganz oben auf der Agenda. Für mich und meine Fraktion ist klar: Wir müssen unabhängig werden von Öl- und Gasimporten aus autokratischen Staaten.
(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der SPD – Vereinzelt Beifall bei der FDP/DVP)
Erneuerbare Energien ausbauen und Energieeffizienz fördern, das ist die beste Verteidigung gegen jegliche Abhängigkeiten und Unsicherheiten. Hier müssen wir alle – Bund, Länder und
Kommunen – schnell gemeinsam handeln. Wir, die Koaliti on, wollen noch vor Ostern ein erstes Gesetzespaket zur Pla nungsbeschleunigung in den Landtag einbringen. Ich bitte schon heute darum: Lassen Sie uns bei diesem wichtigen The ma schnell gemeinsam vorankommen.
Der 24. Februar 2022 wird als ein tiefer Einschnitt in die Ge schichte Europas eingehen. Seine Auswirkungen werden uns noch lange beschäftigen. Das wird auch die Debattenlage hier im Landtag verschieben. Wir alle kämpfen noch mit unserer Fassungslosigkeit darüber, dass ein Land mit Panzern in ein anderes Land einmarschiert und Menschen ermordet – im 21. Jahrhundert, mitten in Europa. Das habe ich nicht für mög lich gehalten.
Trotzdem sind wir angesichts dieser Ereignisse nicht ohn mächtig. Es geht jetzt darum, Härte und Entschlossenheit ge genüber Putin zu zeigen und Verantwortung für Sicherheit und Frieden in unserem Land zu übernehmen.
Ich danke daher den Fraktionsvorsitzendenkollegen Manuel Hagel, Andreas Stoch und Hans-Ulrich Rülke, dass wir ge meinsam in so kurzer Zeit einen interfraktionellen Entschlie ßungsantrag ausgearbeitet haben. Ich finde, das ist ein starkes Signal, das wir interfraktionell, überparteilich heute aus dem Landtag aussenden. Ich freue mich, wenn dieser Antrag eine breite Zustimmung erfährt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und liebe Kollegen! Was für die Generation meiner Großeltern Erfahrung war, was für die Generation mei ner Eltern Befürchtung war und was für meine eigene Gene ration Geschichte war, ist seit dem 24. Februar in Europa wie der Wirklichkeit geworden: Es herrscht Krieg. Wladimir Pu tin hatte der russischen Armee den Befehl gegeben, die Ukra ine zu überfallen. Mit diesem Befehl hat – lassen Sie es mich so deutlich sagen – der russische Diktator die europäische Friedensordnung, die uns – mit der Charta von Helsinki 1975 bis hin zur Charta von Paris 1990 – eine der längsten Frie densperioden in der Geschichte unseres Kontinents geschenkt hat, vernichtet.
Aber ich möchte ganz bewusst an den Beginn meiner Rede stellen und dies klar sagen: Das ist nicht der Krieg des russi schen Volkes. Es ist der Krieg einer Person, der ihn tragenden Clique und einiger weniger Oligarchen in Russland. Das ist der Krieg von Wladimir Putin, liebe Kolleginnen und Kolle gen.
In Russland demonstrieren zur Stunde, während wir hier de battieren, übrigens Tausende unter größten persönlichen Ge fahren gegen diesen Krieg. Ihnen, der russischen Zivilgesell
Schon gar nicht ist dies, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Krieg der Deutschen aus Russland, die hier bei uns in Deutsch land und Baden-Württemberg leben. Jeder Vorwurf, jede An feindung, jede Anschuldigung gegen aus Russland stammen de Deutsche sind hier vollkommen fehl am Platz. Jeder Hass, jede Hetze ist auch in dieser Frage absolut unzumutbar, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Deshalb – der Kollege Andi Schwarz hat es angesprochen – geht von der heutigen Landtagsdebatte hier neben anderem auch das Signal aus: Deutsche aus Russland gehören zu uns. Sie gehören zu dieser Bürgergesellschaft in Baden-Württem berg. Sie stehen in unserer Mitte, und wir, der Landtag von Baden-Württemberg, stellen uns auch hier mit ganzer Kraft gegen jeden Hass und jede Hetze gegen diese Mitbürgerinnen und Mitbürger in unserem Land, liebe Kolleginnen und Kol legen.
Ich bin mir sicher: Der 24. Februar dieses Jahres wird einer dieser geschichtsmächtigen Tage sein, bei dem vielleicht je der von uns auch in ein paar Jahren noch weiß, wo er an die sem Tag war und wie er diesen erlebt hat. Mir persönlich wird dieser Morgen sicher in Erinnerung bleiben. Ich habe an die sem Vormittag meinen älteren Sohn bei uns in Ehingen in den Kindergarten gebracht. Wenig später habe ich dann, wieder daheim, die ersten Bilder aus der Ukraine gesehen. Es war ein Video auf Twitter aus einem Kindergarten in Kiew, keine zwei Stunden alt. Kiew liegt vier Flugstunden von Baden-Würt temberg entfernt – ein Kontinent, aber zwei völlig unter schiedliche Welten. Bei uns in Ehingen haben die Erzieherin nen – es war Fasnet – verkleidete Kinder in Empfang genom men. In Kiew klebten Erzieherinnen den Kindergartenkindern Aufkleber mit der jeweiligen Blutgruppe an ihre Ranzen und Rucksäcke. – Ein Kontinent, zwei Welten!
Putin spricht von einer „Sonderoperation zur Befreiung des Donbass“. Putin redet davon, er müsse die Ukraine jetzt end lich „entnazifizieren“ – wohlgemerkt: eine Ukraine mit einem Staatspräsidenten jüdischen Glaubens. Aber die Wahrheit ist doch: Putin hat in diesem Krieg von Beginn an zivile Opfer in Kauf genommen. Er setzt schweres Kriegsgerät auch ge gen Zivilisten ein. Die Wahrheit ist: Er und seine Clique grei fen selbst zu diesen faschistischen Methoden, die sie doch mit diesem Krieg angeblich verhindern wollen – übrigens gegen ein Volk, das sich seit 2014 an den westlichen Idealen, unse ren Idealen von Frieden, von Freiheit, von Rechtsstaat und von Demokratie orientiert.
Herr Stoch –, die Wahrheit ist doch auch die größte Gefahr für Putin. Die größte Gefahr für diesen Diktator ist nicht die NATO – wie dieser Tage so oft gesagt wird –, die größte Ge fahr für Wladimir Putin ist die Freiheitsbewegung in seinem eigenen Land. Deshalb ist die Gefahr für diesen Diktator nicht
Deshalb ist die Wahrheit auch: Es sind eben auch unsere Wer te, die uns so selbstverständlich erscheinen, die die Ukrainer gerade jeden Tag mit Molotowcocktails gegen Panzer mit ih rem eigenen Leben verteidigen.
Bilder zeigen die Grausamkeit dieses Krieges vielleicht mehr, als Worte es beschreiben können. Ich möchte deshalb auf ein Foto dieser Tage zu sprechen kommen. Vielleicht kennen Sie es. Ich habe es Ihnen mitgebracht.
Es war in vielen Zeitungen. Es zeigt ein junges Pärchen, viel leicht 19, 20 Jahre alt, sichtbar verliebt, frisch verheiratet. Sie lehnt sich mit dem Gesicht an seine Schulter und schaut ein wenig verträumt in die Kamera. Man könnte meinen, sie ge hen in die Flitterwochen – da gehörten sie übrigens auch hin –, aber sie haben Kalaschnikows um die Schulter hängen. Sie kommen gerade von der Waffenausgabe in Kiew. Es geht nicht in die Flitterwochen, sondern sie haben sich entschlossen, ih re Heimat und ihre Freiheit zu verteidigen.
Das Foto in seiner ganzen Dramatik, ja in seiner ganzen bi zarren Widersprüchlichkeit zeigt, wie dieser Krieg eben mehr zerstört als Gebäude. Er zerstört Lebensträume einer ganzen Generation.
Je deutlicher dieser Irrsinn wird, liebe Kolleginnen und Kol legen, desto deutlicher wird auf der anderen Seite aber doch auch: Wenn wir unsere Lebensart, in Freiheit und Demokra tie zu leben, für erhaltenswert – nicht für überlegen – halten, dann müssen wir, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, auch in Zukunft deutlich mehr bereit sein, für diese Lebens art einzustehen, und deutlich mehr bereit sein, mehr dafür zu tun, als wir es bisher getan haben.
Aus dieser Überzeugung heraus stehen wir an der Seite der Ukraine – ohne jedes Wenn und Aber und ohne jede Konditi onierung. Wir zeigen das in Kundgebungen. Wir zeigen es auch im Anstrahlen von Gebäuden. Aber wir müssen aus die ser Leuchtkraft des Anstrahlens, das uns zur Selbstvergewis serung dient – nicht mehr, aber auch nicht weniger –, eben auch Tatkraft im politischen Handeln und Umsetzungskraft im politischen Willen machen.
Wir, die CDU-Fraktion, stehen zu den härtesten Sanktionen. Wir, die CDU-Landtagsfraktion, unterstützen deshalb auch die Bundesregierung in ihren außenpolitischen Bemühungen ohne jedes Wenn und Aber. Wir müssen alles Mögliche an Sanktionen, die wir haben, in die Waagschale werfen. Denn Putin hat doch bisher jede vom Westen offen gehaltene Tür als Einfallstor und als Zeichen unserer Schwäche, als Zeichen der Schwäche des Westens gedeutet.
Deshalb stehen wir auch zu den Waffenlieferungen. Ja, sie kommen spät, aber sie kommen, und das ist richtig. Wir sa gen ganz klar: Baden-Württemberg wird denjenigen Schutz
gewähren, die vor diesem furchtbaren Krieg fliehen. Wir sa gen auch ganz klar all jenen, die jetzt schon wieder vor Über fremdung und Ähnlichem warnen: Es ist eine humanitäre Ver pflichtung, und es ist auch eine christliche Verpflichtung, lie be Kolleginnen und Kollegen.
Unser Land Baden-Württemberg ist ein starkes Land, und un ser Land ist gut vorbereitet. Es wurde früh der Krisenstab „Ge flüchtete aus der Ukraine“ ins Leben gerufen. Wir bündeln hier die Handlungsstärke von Kommunen, von unseren Land kreisen und unserer Landesverwaltung. Land und Kommunen zeigen bei der Zuständigkeit eben nicht mit dem Finger auf einander, sondern packen diese historische Herausforderung gemeinsam an.
Ministerin Marion Gentges und Staatssekretär Siegfried Lo rek machen hier einen hervorragenden Job. Ihnen sage ich auch im Namen der CDU-Landtagsfraktion dafür herzlichen Dank.