Das ist wettbewerbsrechtlich nicht ganz unproblematisch. Das ist durchaus richtig. Deshalb ist es auch nicht zu kritisieren, dass Sie dies mit Ihren Liquiditätshilfen berücksichtigt haben. Aber für sich in Anspruch zu nehmen, Sie hätten da schnell gehandelt, das zeugt schon von einem relativ kurzen Gedächt nis, meine Damen und Herren.
Herr Kollege Rülke, Sie haben angemahnt, dass wir nicht immer auf die Beschlüsse des Bun des warten, sondern proaktiv handeln sollten. Aber sehen Sie nicht die Notwendigkeit, dass wir auch auf die Aufträge des Bundes warten müssen? Sehen Sie: Beispielsweise bei der Erbschaftsteuer hat die FDP vor Kurzem im Bund ein Gesetz mitbeschlossen, um anschließend Aufträge an die CDU-re gierten Länder zu vergeben, sie sollten doch die Sätze nach oben setzen. Oder beim Bürgergeld – da war auch die FDP unserer Meinung – haben Sie zunächst das Gesetz mitbe schlossen und dann wieder den Auftrag an die CDU-regierten Länder gegeben, sie sollten das korrigieren.
Sehen Sie nicht, dass wir dann in einer solchen Situation ab warten müssen, was die Weisheit der Bundesregierung ergibt, um dann entsprechend die Aufträge, die sie uns gibt, abarbei ten zu können?
Herr Kollege Mack, wer profitiert denn von der Erbschaftsteuer? Wer bekommt die Erbschaftsteuer? Das sind doch die Länder und nicht der Bund.
Deshalb, meine Damen und Herren, ist es doch notwendig, dass die Länder sich hier ganz eindeutig positionieren. Wer hindert denn den Ministerpräsidenten oder den Finanzminis ter, sich jetzt hier hinzustellen und zu sagen: „Jawohl, das Land Baden-Württemberg ist an der Seite Bayerns,“ – das wä re ja nicht das erste Mal – „und wir treten dafür ein, dass es bei der Erbschaftsteuer beispielsweise einen Inflationsaus gleich von 25 % gibt“? Die Fraktionsvorsitzenden der Ampel koalition haben sich gestern darauf verständigt: Wenn die Län der dies wollen, macht der Bund mit. Worauf warten Sie, mei ne Damen und Herren? Worauf warten Sie?
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Manuel Hagel CDU: Das ist doch schon beschlossen! – Zuruf des Abg. To bias Wald CDU)
Es ist doch scheinheilig, auf der einen Seite diese Ländersteu er einzusacken und auf der anderen Seite vom Bund zu erwar ten, er solle die Probleme lösen.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Tobias Wald CDU: Wer ist denn Finanzminister? – Abg. Thomas Blen ke CDU: Andersrum wird ein Schuh draus!)
Dann, Herr Ministerpräsident, sprachen Sie von einer neuen Stufe des Gehörtwerdens. Also, ich weiß nicht, ob es jetzt die neue Stufe des Gehörtwerdens ist, bei Planungsprozessen die Bürgerbeteiligung auszuhebeln – und zwar nur dann, wenn es um die Windkraftanlagen geht. „Politik des Gehörtwerdens“ – als ich das zum ersten Mal aus Ihrem Mund vernommen ha be, habe ich gedacht: Aha, jetzt wird es direktdemokratischer in Baden-Württemberg.
Bisher war es so: Die Bevölkerung durfte der Politik sagen, was sie für richtig hält, und die Politik hat dann im Parlament entschieden. Als ich dann gehört habe: „Politik des Gehört werdens“, habe ich gedacht: Aha, das ändert sich jetzt; man hört der Bevölkerung zu und macht dann das, was die Bevöl kerung will. Es war aber relativ rasch klar, dass es so nicht läuft, dass beispielsweise die Bevölkerung den Nationalpark nicht wollte.
(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Doch! Natürlich! Die Mehrheit wollte es doch! – Gegenruf des Abg. Klaus Hoher FDP/DVP)
Da haben Sie dann gesagt: „Gehört werden heißt nicht erhört werden.“ Daraufhin habe ich mir die Frage gestellt: Was hat sich jetzt eigentlich geändert? Haben wir vorher vielleicht in einer Diktatur gelebt, in der niemand seine Meinung sagen durfte?
Nein, das durfte die Bevölkerung genauso, und im Parlament wurde dann entschieden. Und Sie haben dann im Grunde ge nommen erklärt: Genau so geht es weiter.
Es hat sich doch da schon gezeigt, dass diese angebliche Po litik des Gehörtwerdens ein Etikettenschwindel war, Herr Mi nisterpräsident. Sie haben überhaupt nichts geändert; Sie ha ben nur ein anderes Etikett aufgehängt.
Und jetzt kommt diese neue Stufe der Politik des Gehörtwer dens; es geht noch mal eins weiter, indem man dann auf der einen Seite, wenn es darum geht, sich zu überlegen: „Wie kön nen wir vielleicht ein bisschen weniger schlecht aussehen bei der Windkraft?“, die Bürgerbeteiligung aushebelt und sagt: „Da ist Bürgerbeteiligung schlecht, da stört sie uns; da hebeln wir sie aus.“
Damit das Ganze nicht so auffällt, gibt es nun den Zufallsbür ger, Bürger, die bei bestimmten Projekten ihre Meinung sa gen dürfen – aber entschieden wird auch dabei im Parlament. Herr Ministerpräsident, wenn Sie sich tatsächlich für die Mei nung der Bevölkerung interessieren, dann setzen Sie die Zu fallsbürger doch mal an Ihr neues Planungsrecht, oder fragen Sie die Zufallsbürger, was sie denn zum Wahlrecht meinen.
Fragen Sie doch mal nach, ob die Bevölkerung tatsächlich der Meinung ist, es sei richtig, eine Wahlrechtsreform durchzu führen, in deren Folge hier hinterher dann angebaut werden muss.
Bei solchen Fragen halten Sie sich jedoch zurück. Dort, wo Sie Ihre Politik durchsetzen wollen, ziehen Sie sie durch und schaffen dann den Etikettenschwindel einer Bürgerbeteiligung durch Zufallsbürger. Herr Ministerpräsident, das ist eine un redliche Politik der Bürgerbeteiligung.
Dasselbe gilt für den Normenkontrollrat. Es hat doch nicht die Opposition erfunden, dass der Normenkontrollrat abgeschafft wird, sondern das wurde übers Wochenende bei dpa gemel det. Wir wissen auch, wie solche dpa-Meldungen zustande kommen: Da gibt es eine Entscheidung hinter den Kulissen einer Regierung, und dann sticht das irgendeiner durch, dem es vielleicht nicht so gefällt oder der vielleicht dem einen oder anderen eine mitgeben will.
Wenn es tatsächlich nicht gestimmt hätte, Herr Ministerprä sident, dann hätten Sie es ja sofort dementiert. Aber dieses De menti gab es über das Wochenende nicht. Das zeigt: Wo Rauch ist, da war auch Feuer. Erst Anfang dieser Woche, als der Wi derstand zu unangenehm wurde, hieß es plötzlich: Niemand hat die Absicht, den Normenkontrollrat abzuschaffen. Nein, dieser wird angeblich nur neu besetzt. Auf die personelle Neu besetzung sind wir mal sehr gespannt. Vielleicht war es auch nicht ganz zutreffend, dass es dieses Mal bei der grün-schwar zen Koalition keine Nebenabreden gegeben hat. Wir sind mal sehr gespannt, wie die Besetzung des künftigen Normenkon trollrats aussieht.
Jedenfalls hat dieses Hin und Her dem Anliegen des Bürokra tieabbaus mit Sicherheit nicht gutgetan. Der Normenkontroll rat wird als Sündenbock dafür genommen, dass Sie, Herr Mi nisterpräsident, beim Thema Bürokratieabbau einfach nichts hinbekommen haben.
Sündenböcke – das war schon in der ersten Runde klar – sind bei Ihnen ziemlich beliebt, nicht nur der Normenkontrollrat, sondern auch Peter Altmaier. Peter Altmaier ist ein sehr be liebter Sündenbock. Er ist angeblich dafür verantwortlich, dass es in Baden-Württemberg zu wenige Windräder gibt.
Von mir kam ja der Zwischenruf, dass es zu wenig Wind gibt. Ihre Antwort war: In der Tat gibt es in Baden-Württemberg weniger Wind als im Norden.
Ich empfehle als Lektüre die „Neue Zürcher Zeitung“. Da ist von Effizienzgraden in Baden-Württemberg von etwa 17 % die Rede.
(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Warum investie ren dann Unternehmer? – Gegenruf des Abg. Dr. Rainer Balzer AfD: Wegen der Subventionen, guter Mann!)
Wohlgemerkt: Ich habe überhaupt nichts gegen Windräder dort, wo sie Sinn machen, auch in Baden-Württemberg. Ich habe auch nichts gegen Solaranlagen auf Dächern dort, wo sie Sinn machen. Ich habe nur etwas gegen die Lebenslüge Ihrer Regierung, man könne aus der Kernenergie aussteigen, man könne aus den fossilen Energien aussteigen, man brauche nur genügend Windräder und Solaranlagen auf den Dächern in Baden-Württemberg, dann hätten wir eine ausreichende Ener gieversorgung und retteten gleichzeitig auch noch das Klima.
25,1 % des Stroms in Baden-Württemberg kommen aktuell aus dem Kernkraftwerk Neckarwestheim II. Dafür brauchen Sie zwischen 2 000 und 3 000 Windräder. Sie können einmal ausrechnen, wie lange Sie brauchen, um dieses Kernkraftwerk zu substituieren, wenn Sie beim Ausbau der Windkraft in die sem Tempo weitermachen.