Protokoll der Sitzung vom 21.06.2023

das waren 2022 über 50 % der Messerangriffe –,

(Abg. Anton Baron AfD zur SPD: Schauen Sie im Si cherheitsbericht nach!)

wäre für die innere Sicherheit mehr gewonnen als durch die se aufgeblasene Anfrage. Aber die Wahrheit hassen Sie eben noch viel mehr als Schusswaffen.

(Beifall bei der AfD)

Für die Landesregierung erteile ich das Wort Herrn Minister Strobl.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr geehr te Damen und Herren Abgeordnete! Zunächst möchte ich der Fraktion GRÜNE dafür danken, dass Sie dieses für die inne re Sicherheit in unserem Land so wichtige Thema auf die Ta gesordnung gesetzt haben, es umfassend beleuchtet haben und wir nun heute im Plenum Gelegenheit zur Diskussion haben.

Eines hat die Diskussion eben gezeigt: Wenn es um die Ent waffnung von Extremisten geht, wenn es darum geht, dass Ex tremisten, Selbstverwalter und Reichsbürger gar nicht erst in den Besitz von Waffen kommen, dann sind sich die Demokra ten in diesem Landtag einig. Und das ist gut so.

Um das Sicherheitsrisiko möglichst gering zu halten, dürfen nur Personen in den Besitz von Waffen gelangen, die nach ih rem Verhalten das Vertrauen verdienen, dass sie mit der Waf fe jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen. Insbesondere in den Händen von Verfassungsfeinden, von Ex tremisten, von Reichsbürgern und Selbstverwaltern haben Waffen nichts verloren.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Keine Waffen in die Hände von Extremisten!

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Daher setzt das Innenministerium, setze ich als Innenminis ter seit Jahren alles daran, solchen Verfassungsfeinden den Zugang zu Waffen zu verwehren. Die Waffenbehörden wur den bereits im Jahr 2017 angewiesen, an Reichsbürger und Extremisten keine waffenrechtlichen Erlaubnisse zu erteilen und bereits erteilte Erlaubnisse so weit wie möglich zurück zunehmen.

Noch einmal: Keine Waffen in die Hände von Extremisten! Das machen wir nunmehr seit über sechs Jahren konsequent und erfolgreich.

(Zuruf des Abg. Miguel Klauß AfD)

So konnten seit Anfang 2017 bis zum Stichtag 1. Februar 2023 insgesamt 186 Reichsbürgern und Selbstverwaltern sowie Ex tremisten insgesamt 261 waffenrechtliche Erlaubnisse be standskräftig entzogen und zurückgenommen werden. Von den Rücknahmen waren insgesamt 512 erlaubnispflichtige Waffen umfasst – über 500 Waffen weniger in den Händen von Extremisten, Reichsbürgern und Selbstverwaltern, mei ne Damen und Herren. Jede einzelne Waffe weniger ist ein Gewinn für die Sicherheit in Baden-Württemberg, für die Si cherheit der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land und nicht zuletzt für die Sicherheit unserer Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Freilich ist auch klar: Die Entwaffnung von Reichsbürgern und Selbstverwaltern sowie Extremisten ist eine Daueraufga be. Das ist nicht erledigt und abgeschlossen. Das hängt damit zusammen, dass wir leider auch immer wieder Erkenntnisse über neue Reichsbürger, Selbstverwalter und Extremisten und über deren Waffenbesitz erlangen.

Die Sicherheitsbehörden erhalten laufend neue Erkenntnisse, und die Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis sind dann

natürlich in einem rechtsstaatlichen Verfahren zu entwaffnen. Deswegen unterliegen auch die Zahlen gewissen Schwankun gen. Die Waffen- und Sicherheitsbehörden stehen in BadenWürttemberg in einem intensiven Austausch.

Allerdings ist es im Rahmen der aktuellen Gesetzeslage für die Waffenbehörden in bestimmten Fallkonstellationen nur schwer möglich, gerichtsfest eine waffenrechtliche Unzuver lässigkeit zu begründen. Deswegen wurde auf meine Initiati ve hin bereits im Jahr 2019 in der Innenministerkonferenz ein wegweisender Beschluss gefasst und ins Waffengesetz eine ganz entscheidende Regelung aufgenommen: Eine Mitglied schaft in einer verfassungsfeindlichen Vereinigung genügt, um eine Regelunzuverlässigkeit zu begründen. Wir haben aus Ba den-Württemberg heraus das Waffenrecht erfolgreich geän dert. Wir reden nicht nur, sondern wir handeln.

Das hat uns aber noch nicht ausgereicht. Daher hat BadenWürttemberg, habe ich in der letzten Herbst-Innenminister konferenz einen weiteren Vorschlag für eine Erweiterung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeitsgründe eingebracht. So soll aus unserer Sicht bereits die Mitgliedschaft insbesonde re in einer verfassungsfeindlichen Vereinigung eine absolute waffenrechtliche Unzuverlässigkeit begründen – also nicht nur eine Regelvermutung der Unzuverlässigkeit, sondern ei ne absolute Unzuverlässigkeit.

Auf Bundesebene sind aktuell bekanntermaßen ebenfalls Än derungen des Waffenrechts vorgesehen. Es ist nur so, Herr Abg. Binder, dass uns seitens der Bundesregierung noch nicht einmal ein Referentenentwurf, an dem wir beteiligt werden sollen, vorliegt. Insofern finde ich es bemerkenswert, dass Sie mich bei den waffenrechtlichen Entwicklungen heute hier als Bremser bezeichnen. Ihre eigene Innenministerin hat meinen Vorschlag zu einer Weiterentwicklung des Waffenrechts, der von der Innenministerkonferenz angenommen wurde, dieser Tage abgelehnt. Sie sitzt im Bremserhäuschen

(Beifall des Abg. Andreas Deuschle CDU)

bei der Frage der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit im Ex tremismusbereich.

(Lachen des Abg. Sascha Binder SPD – Zuruf des Abg. Andreas Stoch SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass die Streit-Am pel

(Abg. Andreas Stoch SPD: Jesses Gott!)

auch beim Waffenrecht jetzt über Monate nichts, aber auch gar nichts zustande bringt, ist ein Armutszeugnis

(Abg. Andreas Stoch SPD: Kehren Sie mal vor der eigenen Tür! Grüße von Herrn Wüst an Herrn Merz!)

und steht im krassen Gegensatz dazu, wie Sie sich heute hier geriert haben.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch in Zukunft wer den wir die bereits eingeleiteten – –

(Lachen und Unruhe bei der AfD)

Ich weiß nicht, was Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der AfD, so lustig finden.

(Abg. Anton Baron AfD: Sie haben mal was Richti ges gesagt!)

Ich wäre an Ihrer Stelle, was die persönliche Unzuverlässig keit im Waffenrecht angeht, mal vorsichtig, und zwar sehr vor sichtig.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Zurufe von der AfD, u. a. Abg. Anton Baron: Da sollten Sie vorsichtig sein, Herr Minister!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch in Zukunft wer den wir die bereits eingeleiteten Maßnahmen zur konsequen ten Entwaffnung von Reichsbürgern und Extremisten mit gro ßem Nachdruck fortsetzen. Neben der Entwaffnung von Reichs bürgern und Selbstverwaltern kommt aber vor allem der Er kennung von gewaltbereiten und extremistischen Personen und Netzwerken eine ganz wesentliche Rolle zu. Nur wer frühzeitig einen Sachverhalt erkennt und richtig bewertet, kann auch zielgerichtet handeln.

Zu diesem Zweck wurde im Januar 2023 die landesweite po lizeiliche Handlungskonzeption zum Umgang mit Reichsbür gern und Selbstverwaltern mit den Dimensionen Erkennen, Bewerten und Handeln in Kraft gesetzt und im Übrigen auch allen anderen Ländern in der Innenministerkonferenz zugäng lich gemacht. Auch hier schreiten wir bundesweit voran. Wir wollen damit noch besser aus der heterogenen Szene der Reichsbürger und Selbstverwalter die Personen aufspüren, die gewaltbereit sind, um ihnen mit aller Härte und rechtsstaatli cher Konsequenz zu begegnen. Dazu müssen sich z. B. die beteiligten Sicherheits- und Verwaltungsbehörden sowohl auf Landesebene als auch auf Bund-Länder-Ebene im Rahmen der rechtlichen Vorgaben noch intensiver austauschen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, zum Abschluss möchte ich noch einen herzlichen Dank an unsere Sicherheitsbehörden, an unsere Polizistinnen und Polizisten und auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Ver fassungsschutzes aussprechen.

(Zuruf von der AfD: Oh Gott!)

Gerade auch die Ereignisse in Boxberg und in Reutlingen, bei denen unsere Beamtinnen und Beamten von Verfassungsfein den durch schwere Waffen schwer verletzt wurden, belegen die Notwendigkeit eines entschlossenen, eines konsequenten Vorgehens unserer Sicherheitsbehörden gegen Extremisten, gegen Reichsbürger, gegen sogenannte Selbstverwalter. Kei ne Waffen in die Hände von Extremisten – das war seit sechs Jahren unsere konsequente und erfolgreiche Linie in BadenWürttemberg. Lassen Sie uns das in Zukunft konsequent und erfolgreich fortsetzen!

Ich bedanke mich sehr für die Unterstützung, die ich in den vergangenen Jahren durch das Parlament erhalten habe und hoffentlich auch in der Zukunft erhalte.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

In der zweiten Runde erteile ich das Wort Herrn Abg. Hildenbrand für die Fraktion GRÜ NE.

Vielen Dank, Frau Prä sidentin, und vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen, für diese Debatte.

Je mehr Waffen im Umlauf sind, desto gefährlicher wird es für uns alle, und je weniger Waffen im Umlauf sind, desto si cherer leben wir alle. Deshalb bleibt es für mich und für uns Grüne bei dem klaren Grundsatz: Mehr öffentliche Sicherheit durch weniger private Waffen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und des Abg. Manuel Hagel CDU)

Herr Kollege Binder, der Kollege Weinmann hat uns leider nicht den Gefallen getan, in seiner Rede deutlich zu machen, dass die Ampelkoalition im Bund in allerkürzester Zeit die Waffenrechtsverschärfung vornehmen wird, die wir für gebo ten halten. Ich will deshalb noch einmal einen kleinen Ver such unternehmen, Herr Kollege Weinmann: Sie haben dar auf hingewiesen, dass wir beim Vollzug des Waffengesetzes Aufgaben haben. Da widerspreche ich Ihnen in keiner Weise. Ich bin gern bereit, auch diese Diskussion zu führen und die Dinge anzuschauen.

Ich denke – das haben Sie in Ihrer Rede selbst eingeräumt –, dass gerade bei der Entwaffnung von Verfassungsfeinden, aber aus meiner Sicht auch beim Thema „Kleiner Waffenschein“ und dieser beunruhigenden Tendenz zur Selbstbewaffnung ein gesetzlicher Handlungsbedarf besteht. Wir brauchen schärfe re Regeln, und zwar nicht als Selbstzweck, sondern für mehr Sicherheit. Davon möchte ich Sie gern überzeugen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Oh-Rufe)