Protokoll der Sitzung vom 12.11.2002

Herr Präsident, Hohes Haus! Ich will auf ein paar Punkte eingehen, die klargestellt werden sollen, obwohl sie den meisten klar sein dürften. Immer wieder hört man das Argument vom Nord-Süd-Gefälle. Es werden von der Opposition Verdienst und Einkommen genannt, aber der Vergleich mit der Kaufkraft kommt nie. Das ist seltsam.

Beim Nord-Süd-Gefälle wird Nordostoberfranken mit dem Süden Bayerns verglichen. Sie sollten auch einmal einen Vergleich mit dem Westen anstellen, zum Beispiel mit Westoberfranken oder Unterfranken. Man kann dann auch von einem West-Ost-Gefälle reden. Ich weiß nicht, was diese Kategorien sollen. Vielleicht bringen Sie auch die Himmelsrichtungen durcheinander.

Es gibt in der Tat ein paar schwächere Regionen, aber von einem generellen Süd-Nord-Gefälle in Bayern zu reden, ist Blech und bleibt Blech. Man kann von spezifischen Problemen in einigen Regionen sprechen. Wenn man Hof mit Würzburg oder dem Untermain vergleicht, stellt man fest, dass die Dinge völlig unterschiedlich liegen. Ich habe aber noch keinen hier gesehen, der von einem West-Ost-Gefälle redet. Was Sie unterstellen wol

len, ist klar: Sie wollen eine Benachteiligung des gesamten nordbayerischen Raums unterstellen, aber das ist falsch. Deswegen sollte man das korrigieren.

Ich komme zu den Disparitäten im Land und zu dem Vergleich mit Baden-Württemberg. Herr Dr. Kaiser, wenn es Ihnen noch nicht aufgefallen ist: Baden-Württemberg hatte nie – weder im Westen noch im Osten noch im Norden oder Süden – Grenzlandfunktion im Sinne eines Landes am Eisernen Vorhang. Deshalb hat Baden-Württemberg nie diese Probleme wie Bayern gehabt und ist auch nicht zum Vergleich heranzuziehen.

Es gibt einige SPD-regierte Länder – ich habe ein paar Vergleichskarten anfertigen lassen –, die keine Regionen mit einer Arbeitslosigkeit von 3% oder 4% haben. Dort fängt die Arbeitslosigkeit bei 7% an und hört bei 12% auf. Die Disparität ist sicher geringer, aber die Lage ist dort durchweg schlechter. Das sind Länder, in denen die Situation im Landesdurchschnitt schlechter ist als bei uns in Oberfranken. Ich weiß nicht, wie Sie da mit Disparität argumentieren wollen. Nach sozialistischen Vorstellungen sind alle gleich, wenn keiner mehr etwas hat.

(Frau Radermacher (SPD): Primitiver geht es nicht!)

So primitiv argumentieren Sie doch.

(Beifall bei der CSU)

Wenn die Arbeitslosigkeit in allen Ländern bei über 10% liegt, gibt es keine Disparität mehr. Das ist offensichtlich Ihre Traumvorstellung. Warum sonst reden Sie denn so kariert daher von der Disparität?

(Beifall bei der CSU)

Die SPD-regierten Länder wären doch froh, wenn sie solche Disparitäten hätten, weil sie dann Regionen hätten, die besser dran sind als andere.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Da werden sich die Oberfranken bedanken!)

Noch einmal: Die Zahlen in Oberfranken sind besser als der Landesdurchschnitt von 12 Ländern, die in der Regel SPD-regiert sind. Das ist sozialistische Mathematik, wenn ich so sagen darf. Ich kann Ihnen das noch öfter erklären.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Radermacher (SPD))

Mein Gott. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Sie sagen, die Arbeitslosigkeit ist in Bayern stärker gestiegen als in anderen Ländern.

Noch einmal: Wenn in Bayern die Arbeitslosigkeit von 5 auf 6 Prozentpunkte steigt, steigt sie um 20%. Wenn sie in Nordrhein-Westfalen von 10 auf 11 Prozentpunkte steigt, steigt sie um 10%. Sie steigt schwächer an und deswegen ist nach Meinung der SPD Nordrhein-Westfalen ökonomisch das bessere Land.

(Lachen bei der CSU – Hofmann (CSU): Obwohl es über 800000 Arbeitslose gibt!)

Das ist SPD-Logik. Das ist Ihre Mathematik. Dazu kann ich nur sagen: So lange bei der SPD so geredet wird, tue ich mich hart, mit den Herren eine ernsthafte Auseinandersetzung zu führen.

(Beifall bei der CSU)

Kollege Kaiser hat gesagt, man müsse Optimismus verbreiten.

(Dr. Goppel (CSU): 20 Jahre lang wurde die Situation schlechtgeredet!)

Das ist alles schön und gut. Sie brauchen einen ganzen Haufen Ignoranten, wenn Sie trotz der Regierungspolitik in Berlin noch Optimismus verbreiten wollen.

(Beifall bei der CSU)

Gehen Sie doch zu einem Wirtschaftsverband und verbreiten dort Optimismus. Die schicken Ihnen den „Gummiwagen“.

(Lachen bei der CSU)

Und zwar auf der Stelle. Das ist leider so.

Das Allerschönste ist, dass dieser Vorschlag vom Kollegen Kaiser gemacht wurde. Vor der Wahl – die Presseartikel können zugesandt werden – sind Sie, Herr Kollege Kaiser, von Regierungsbezirk zu Regierungsbezirk gezogen und haben jedem erklärt, dass er der schlechteste in Bayern sei. Das bezeichnen Sie anscheinend als Verbreitung von Optimismus – mein Gott!

(Beifall bei der CSU)

Vor der Wahl haben Sie Optimismus verbreitet. Eichel hat erzählt, er habe eine Milliarde e Spielraum im Haushalt. Wo ist dieser hingekommen? – Verschwunden.

Die SPD hat in den Debatten gesagt, Renten- und Krankenversicherung müssten nicht erhöht werden. Wo sind die Fakten jetzt? – Alle weg.

Die SPD hat gesagt, wir hätten keine Probleme bei der Zukunftssicherung. Wo sind die Daten hingekommen? Wegen der Renten hieß es vor einem Jahr, das sei eine riesige Reform und für zehn Jahre blieben die Beiträge stabil. Was ist jetzt los? – Sie haben vor der Wahl keine gute Stimmung verbreitet; Sie haben Lügen verbreitet.

(Beifall bei der CSU – Dr. Kaiser (SPD): Sprache ist verräterisch! – Sie sind ein schlechter Wahlverlierer!)

Ich gehe auf Ihre Argumente ein. Ich gehe nicht ganz auf Ihre Sprache aber auf Ihre Argumente ein.

Ich verstehe, dass die SPD uns empfiehlt, wir sollten gute Stimmung verbreiten, weil euch kein Mensch mehr etwas glaubt.

(Beifall bei der CSU – Dr. Kaiser (SPD): Ein schlechter Wahlverlierer!)

Kollege Runge hat gemeint, ich hätte die Rede mit etwas wenig Leidenschaft vorgetragen. Herr Kollege Runge, Ihre Rede war so „witzig und leidenschaftlich“, dass ich „flach auf der Regierungsbank gelegen“ bin. Ihre Rede war „ungeheuer stark“.

(Beifall bei der CSU)

Ich hatte das Problem, dass ich in der Haushaltsrede von 30 Minuten alles Wesentliche darlegen musste. Deshalb war ich gezwungen, die Dinge zügig abzuhandeln. Mir gefällt das auch nicht. Ich habe mich aber an diesen Rahmen zu halten. Zusätzlich möchte ich vermeiden, dass ich von allen möglichen Rednern der Opposition gesagt bekomme, zu diesem und jenem hätte ich nichts gesagt – die alte Litanei.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Goppel (CSU))

Für Herrn Runge muss ich ebenfalls ein paar Zahlen wiederholen. Er kennt sie wahrscheinlich, andre aber nicht. Im Jahre 1996 wurde der Beschäftigungspakt Bayern beschlossen und dabei das Ziel – nicht das Versprechen – angestrebt, gemeinsam mit Wirtschaft und Gewerkschaften die Arbeitslosigkeit zu halbieren. Dieses Ziel wurde gemäß der Statistik nicht erreicht. Gemessen an 1996 haben wir in Bayern erheblich mehr neue Arbeitsplätze geschaffen als zum Erreichen dieses Zieles nach dem Status 1996 notwendig gewesen wäre. Warum sagt die Statistik anderes? – Weil wir seit 1993 eine Zuwanderung von 344000 und derzeit 99000 Einpendler von den neuen Bundesländern haben. Die Zuwanderung und die Einpendlerei sind also schneller „gelaufen“ als die neuen Arbeitsplätze die Situation hätten verändern können. Gemessen am Status quo 1996 haben wir das Ziel des Beschäftigungspaktes übertroffen. Das sind die Fakten.

(Beifall bei der CSU – Gabsteiger (CSU): Darauf kann man stolz sein!)

Nun zur Kreditnachfrage bei der LfA. Herr Scholz, ich dachte, Sie hätten dieses Problem in der letzten Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Verkehr und Technologie verstanden. Ich glaube auch, dass Sie es verstanden haben. Aber Sie spielen die alte Platte.

Die Nachfrage nach dem Mittelstandskreditprogramm geht zurück, weil die Investitionen bei Klein- und Mittelbetrieben zurückgehen. Das habe nicht ich erfunden. Lesen Sie die Statistik nach, die die Sparkassen für ganz Deutschland ausgearbeitet haben. Die Investitionen sind messbar zurückgegangen. Die Betriebe machen nur noch Ersatzinvestitionen, zum Teil Rationalisierungsinvestitionen, fast keine Erneuerungsinvestitionen und praktisch keine Erweiterungsinvestitionen. Das ist die Realität. Deshalb ist die Beanspruchung des Mittelstandskreditprogramms zurückgegangen.

Ich habe es vornehm ausgedrückt und erklärt, dies sei konjunkturbedingt. Ich kann es Ihnen aber auch klarer sagen, damit auch Sie es verstehen: Wegen der miserablen Steuerpolitik der Bundesregierung speziell für die Personengesellschaften, durch die zusätzlichen Belastungen, gesetzliche Regulierungen, die die Bürokratie

verschärft haben, für die Klein- und Mittelbetriebe, haben diese auf Investitionen verzichtet und den Betrieb lieber kleiner, überschaubarer gehalten, weil es weniger Ärger, Arbeit und Verdruss macht. Motto: Die Rechnung wird schon stimmen. Für den Betrieb stimmt das vielleicht, für die Beschäftigten nicht. Das waren Folgen der falschen Weichenstellung der rot-grünen Bundesregierung. Nun bestand nach der Bundestagswahl die Hoffnung, dass dies korrigiert wird. Sie haben es nicht korrigiert. Deshalb ist bei der Bevölkerung das Entsetzen so groß. Schauen Sie sich bei den Leuten um, Sie werden in Deutschland niemand mehr finden, der SPD und GRÜNEN gewählt hat.

(Beifall bei der CSU – Zurufe der Abgeordneten Frau Münzel und Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Es will doch niemand mehr etwas mit der Politik zu tun haben, die jetzt läuft.

Herr Scholz hat noch das Hausbank-Prinzip angesprochen. Würde die LfA Kredit direkt vergeben, müsste sie gemäß dem Bankenrecht die Sicherheiten genauso prüfen wie die Hausbank. Dem käme sie nicht aus. Tut sie es nicht, kommt morgen die Bankenaufsicht und „hebt die Kameraden aus ihren Posten“. Die LfA ist auch eine Bank und darf die Kredite nicht „freihändig“ vergeben. Sie muss genauso wie die Hausbanken prüfen. Deshalb bringt die Aufhebung des Hausbank-Prinzips keine Veränderung bei der Kreditvergabe sondern erschwert den gesamten Ablauf.

Wer meint, dass er die Hightech-Politik angreifen muss, hat gar nichts verstanden. Die Entwicklung der Arbeitsplätze in unserem Land und auch deutschlandweit zeigt, dass seit 1996 von den neuen Arbeitsplätzen in Deutschland 40% in Bayern, 30% in Baden-Württemberg und der Rest im übrigen Deutschland entstanden sind. Bayern und Baden-Württemberg haben 50% der Patentanmeldungen, Nordrhein-Westfalen mit 18 Millionen Einwohnern liegt unter 20%.

Ebenso habe ich vorhin die Betriebsgründungen genannt. Ich will die Zahlen nicht wiederholen. Mit der Bildungs- und Innovationspolitik und der Forschungs- und Entwicklungspolitik, die wir betreiben, haben wir den hohen Kreativitäts- und Leistungsstand erreicht. Mit der Offensive Zukunft Bayern I und der Hightech-Initiative haben wir die Impulse gegeben. Das sollten andere Länder auch tun; das sollte der Bund auch tun, dann hätten wir in Deutschland eine bessere Situation.