Protokoll der Sitzung vom 13.11.2002

Erstaunlicherweise haben vor kurzem Ihre Kollegen auf der Oppositionsbank, nämlich die GRÜNEN, einen Antrag eingereicht, der die Kürzung der Mittel für das Kuratorium für Maschinen- und Betriebshilfsringe fordert. Das ist erstaunlich, Herr Kollege Dr. Dürr. Dazu können Sie sich vielleicht auch noch äußern.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Dr. Dürr hat vorhin behauptet, die CSU würde den Verbraucherschutz vernachlässigen. Das ist wirklich eine Kühnheit, meine ich. Wer hat denn jetzt in Brüssel durchgesetzt, dass die Verfütterung von Speiseresten wieder zulässig ist? Wer wehrt sich nicht entschieden dagegen, dass Tiermehl wieder verarbeitet werden darf? Es ist doch Frau Künast in Berlin, die dazu kein Wort sagt!

(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Strukturwandel in Bayern ist nicht aufzuhalten, Herr Starzmann, aber er geht langsamer vonstatten als in allen anderen Bundesländern. Schließlich steht noch jeder dritte deutsche Bauernhof in Bayern. Das ist wohl auch ein Ausweis dafür, dass unsere begleitenden Maßnahmen, dass die sozial verträglichen Rahmenbedingungen gegriffen haben, weil wir auch Arbeitsplätze in zumutbarer Entfernung angeboten haben. Das gehört auch zu einer vernünftigen Landwirtschaftspolitik. Wir wollen auch nicht diese großen Einheiten wie in anderen Bundesländern oder gar im Osten Deutschlands.

Zur Modulation, Herr Dr. Dürr, muss man ganz einfach sagen: Leider Gottes hat Berlin nicht das Geld, um die

Kofinanzierung sicherzustellen. Was die Förderpolitik anlangt, würden wir uns sehr gern andere Rahmenbedingungen wünschen. Wir wollen nicht, dass für 50-Hektar-Betriebe pro Hektar genauso viel gezahlt wird wie für 500- oder für 2000-Hektar-Betriebe. Wir wollen Förderobergrenzen einführen. Aber Künast wehrt sich dagegen.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die bayerische Landwirtschaft leidet unter unbefriedigenden Preisen, unter dem Weltmarktdruck, unter unterschiedlichen Standards beim Pflanzenschutz, beim Tierschutz und beim Umweltschutz innerhalb der EU.

Die Planungsvorgaben der EU sind durch vorzeitiges Reformgetöse unsicher. Am meisten verunsichern unsere Bäuerinnen und Bauern aber die Hiobsbotschaften aus Berlin. Das Künast-Ministerium ist kein Ministerium mehr für die Landwirtschaft; es entwickelt sich zunehmend zu einem Anti-Bauern-Ministerium.

(Beifall bei der CSU)

Die Bundesagrarpolitik will quasi mit Dirigismus 20% Ökobetriebe erreichen. Dabei haben selbst die bayerischen Ökoverbände die CSU längst als glaubwürdigen Ansprechpartner und Vertreter ihrer Interessen erkannt. Was nützt der staatlich verordnete Ökoanteil, wenn der Verbrauch nicht gleichzeitig entsprechend gesteigert werden kann? Ein drastischer Preisverfall wäre doch die Folge.

Die Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung zeigt eindeutig die Richtung an: Mehr Staat, weniger Freiheit für den Einzelnen, mehr Regulierung, weniger Flexibilität, Missachtung der Bedürfnisse der Land- und Forstwirtschaft. Sie nehmen unseren Bäuerinnen und Bauern letzten Endes auch noch die Freude an der Arbeit.

(Beifall bei der CSU – Zuruf von der SPD: Wegen der Vergnügungssteuer!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit großer Sorge nehme ich die Ankündigung, die bereits unser Vorsitzender angesprochen hat, zur Kenntnis, das Bundeswald- und Jagdgesetz grundlegend zu novellieren. Bäuerliche Eigentums- und Nutzungsrechte werden rücksichtslos über den Haufen geworfen.

(Beifall bei der CSU)

Der Begriff der guten fachlichen Praxis soll nach 17 Kriterien neu definiert werden. Entscheiden künftig etwa die Naturschutzbehörden, was unter nachhaltiger Waldbewirtschaftung zu verstehen ist?

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schläger?

Bitte schön.

Herr Kollege, wenn Sie den Koalitionsvertrag kennen, müssen Sie doch wissen, dass zur Änderung des Wald- und Jagdgesetzes ein einziger Satz geschrieben wurde, der, allgemein gesprochen, nur besagt, dass man sich dieses Gesetz einmal ansieht. Sie werden doch nicht denken, dass ein Jagdgesetz, das von der Regierung Schmidt unter Federführung der SPD gemacht worden ist, von der SPD über Bord geworfen wird.

Herr Kollege, das war eine Zwischenintervention. Nach unserer Geschäftsordnung ist dies auch möglich und belebt die Debatte. Bitte schön, Herr Kollege.

Zunächst finde ich es etwas unfair, dass Sie versuchen, mich nicht mit einer Frage, sondern mit einer Bemerkung meiner Redezeit zu berauben.

(Beifall bei der CSU – Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Das ist immer so!)

Zum Zweiten, Herr Schläger, befürchte ich wirklich, dass diese grundsätzliche Ausführung weitreichende Folgen für das Eigentumsrecht der Waldbauern und der Grundstücksbesitzer und für die Jäger haben wird.

(Beifall bei der CSU)

Sehr verehrte Damen und Herren, viele Bestimmungen dieser Vereinbarung sind nicht fachlich begründet, sondern leider Gottes ideologisch. Ich meine, wir Waldbauern wirtschaften ohnehin nachhaltig. Die Forstwirtschaft mit ihren langen Planungszeiträumen kann mit ideologisch geprägten Zeitgeistforderungen nicht leben. Die Schmälerung der Nutzfunktion erschüttert die ökonomische Nachhaltigkeit und damit die wirtschaftliche Basis der Forstbetriebe. Ähnliches ist bei der Jagd vorgesehen.

An der Steuerschraube soll ebenfalls gedreht werden: Erstens Abschaffung bewährter Pauschalverfahren für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe im Umsatzund Einkommensteuerbereich, zweitens Abschaffung des Freibetrags für Gewinne aus der Veräußerung oder der Entnahme von Grund und Boden im Zusammenhang mit der Abfindung weichender Erben, drittens Abschaffung der Sonderregelung für Sonder- und Ansparabschreibungen zur Förderung kleinerer und mittlerer Unternehmen, viertens Erhöhung der Agrardieselbesteuerung, fünftens Erhöhung der Erbschaftsteuer. Man könnte diesen Horrorkatalog auch noch weiterführen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die 1995 beschlossene Forstreform wird konsequent fortgesetzt. Mit dem bisherigen Vorgehen ist man dem erklärten Ziel bereits wesentlich näher gekommen, die Staatsforstverwaltung zu einem modernen staatlichen Forstbetrieb umzuorganisieren. Die erfolgreiche unternehmerische Ausrichtung des Staatsforstbetriebs und seine gewinnorientierte Führung haben deutlich gemacht, dass wirtschaftliches Handeln auch ohne Privatisierung möglich ist. Von 26,6 Millionen DM Verlust im Jahre 1995 konnte man das wirtschaftliche Ergebnis im Jahr 1999 auf fast 34 Millionen

DM Gewinn verbessern. Neben dieser verbesserten Wirtschaftlichkeit geht es aber auch um die Aufrechterhaltung der Gemeinwohlfunktionen des Waldes. Wesentlicher Teil der Reformbemühungen war in den vergangenen Jahren, die unternehmerische Ausrichtung und die gewinnorientierte Führung des Staatsforstbetriebs nach privatwirtschaftlichen Prinzipien konsequent voranzutreiben. Wer gesunde, widerstandsfähige, den Wetterunbilden trotzen könnende Wälder haben will, muss auch Geld dafür bereitstellen.

(Beifall bei der CSU)

Das heißt, wir brauchen Geld für die Waldpflege, für die Infrastruktur und nicht zuletzt für die Erhaltung unserer Forstwege.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen nach den Reformen von 1973 und 1995 wieder Ruhe einkehren lassen, nicht weitere hastige Reformen, sondern eine permanente Fortentwicklung anstreben. Größere Renditen aus der Waldbewirtschaftung sind nicht nur eine Frage des Privatisierens oder des Wirtschaftenkönnens, sondern auch der Zielsetzung mit der Übernahme hoheitlicher und gesellschaftlicher Aufgaben; denn der Wald interessiert nicht nur seine Besitzer, sondern sehr viele, wenn nicht gar alle Bürger. Ich erwarte aber auch von der Staatsforstverwaltung, dass bei Kalamitäten Zurückhaltung beim Holzeinschlag zugunsten des Bauernwaldes und zur Entlastung des Holzmarktes geübt wird. Wir sollten aber auch zur Kenntnis nehmen, dass die Revierleiter schon sehr gefordert sind, um einerseits die Funktionsfähigkeit des Waldes sicherstellen zu können und andererseits ihren Beratungsaufgaben gegenüber den 500000 bayerischen Waldbesitzern nachzukommen.

Unser gemeinsames Ziel muss es sein, einen möglichst hohen Erlös aus dem Holzverkauf zu erwirtschaften, sowohl beim Staatswald als auch beim Privatwald. Zertifizierung und Marketingoffensiven sind zur Absatzförderung unerlässlich. Ich möchte Staat und Kommunen ermuntern, verstärkt auf den Baustoff Holz zurückzugreifen und auch bei anspruchsvollen Konstruktionen Holz zu verwenden. Die Konstrukteure und die Architekten haben längst bewiesen, dass es auch bei Großbauten wie zum Beispiel bei der Messe in München oder beim Stadionneubau technisch kein Problem wäre, Holz zu verwenden. Ich erwarte auch von den Privatbürgern, dass sie den Rohstoff Holz zunehmend in Erwägung ziehen, ob als Pellets- oder Hackschnitzelheizung oder beim Neubau von Wohnhäusern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, ich habe mit Holz aus meinem Wald gebaut und es nicht aus Finnland bestellt.

(Beifall bei der CSU – Frau Radermacher (SPD): Ich habe keinen Wald!)

Sie sind schon länger im Landtag, Frau Radermacher, Sie kennen vielleicht die Geschichte. Ich habe bewusst die GRÜNEN angesprochen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben einige Änderungsanträge eingebracht, die die Finanzierung der Zuschüsse zur Verlustabdeckung und die Zuweisungen an Gemeinden und Körperschaften für den Personalaufwand abdecken. Ich begrüße die Zuschüsse an forstliche Vereinigungen und Dachorganisationen ebenso wie die Weiterführung der Förderung der so genannten Igelbusse im Nationalpark Bayerischer Wald. Erfreut stelle ich fest, dass die Waldbauernschule in Goldberg planmäßig zu einem Kompetenzzentrum für die Waldbauern ausgebaut wird. Außerdem begrüße ich auch einige Verbesserungen im mittleren Verwaltungsdienst durch Stellenhebungen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die CSU-Fraktion will einen gesunden, standortgerechten Mischwald, der naturnah und nachhaltig bewirtschaftet wird – dies gilt sowohl für den Staatswald als auch für den Privatwald.

Unser Gülle-Förderprogramm, mit dem jeder Kubikmeter mit 50 Cent gefördert wird und das pro Hektar eine Förderung bis zu 15 Euro ermöglicht, unterstützt die umweltgerechte Gülle-Ausbringung mit geringerer Ammoniak-Emission. Das hilft auch unserem Wald. Statt einer Privatisierung brauchen wir eine verstärkte Vitalisierung unserer Wälder. Herr Kollege Schläger, Sie haben vor wenigen Tagen medienwirksam neue Uniformen für die Förster gefordert. In der Zeitung stand, dass diese Dienstkleidung etwa 800000 Euro kosten würde. Dazu muss ich Ihnen sagen: Mir ist das Erscheinungsbild der Wälder wichtiger als eine neue Bekleidung der Förster.

(Beifall bei der CSU)

Im Übrigen bekommen unsere Förster einen Bekleidungszuschuss.

(Schläger (SPD): Zu wenig! – Hoderlein (SPD): Das würde doch fesch aussehen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Staatsregierung hat den schwierigen Spagat zwischen der sparsamen Haushaltsführung und dem notwendigen Finanzbedarf durch einen vernünftigen Mitteleinsatz wieder einmal geschafft. Der Doppelhaushalt 2003/2004 für die Einzelpläne 08 und 09 ist praxisgerecht, ausgewogen, verlässlich und mit Augenmaß konzipiert. Herr Kollege Ach, das ist auch Ihnen zu verdanken.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege Brunner, Ihre Aufregung wäre gar nicht nötig gewesen. Sie haben etwa eine halbe Minute Redezeit übrig gelassen. Ich hätte Ihnen die Minute, die die Zwischenfrage von Herrn Kollegen Schläger gedauert hat, sogar rückvergütet.

(Brunner (CSU): Herr Präsident, gleich gehe ich nochmal nach vorne!)

Die Aussprache ist geschlossen. Ich erteile Herrn Staatsminister Miller das Wort.

Staatsminister Miller (Landwirtschaftsministerium) : Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Redner der Opposition haben mit den Zahlen, die sie soeben vorgebracht haben, nicht darüber hinwegtäuschen können, dass die landwirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Bayern im Vergleich zum Rest der Bundesrepublik Deutschland mit am besten sind. Was haben dagegen die vier Jahre Agrarpolitik der neuen Bundesregierung gebracht? – Ich kann nur sagen, eine eklatante Benachteiligung unserer Bäuerinnen und Bauern.

(Beifall bei der CSU)

Zwanzig Jahre rot-grüne Politik hält unsere Landwirtschaft nicht mehr aus. Ich begrüße es, dass Herr Kollege Starzmann die Fehlleistungen der Bundesregierung bei den Steuern hart angeprangert hat. Ich halte es aber für unfair, wenn Sie behaupten, schuld daran wären die Beamten von Herrn Eichel, die jetzt noch im Bundesfinanzministerium sind. Sie sagen damit, dass Herr Eichel seinen Führungsaufgaben nicht nachkommt. Schließlich ist er der Minister. Sie haben aber Recht. Geben Sie Herrn Eichel Nachhilfeunterricht. Er braucht ihn dringend.

(Beifall bei der CSU)