Protokoll der Sitzung vom 05.12.2002

Man höre und staune: Roland Berger bestätigt die Kritik der Gerichtsvollzieher und Gerichtsvollzieherinnen in weiten Teilen. Schön, dass ein Gutachten von Roland Berger doch einmal sinnvoll ist, einmal nicht Stellenabbau fordert, sondern bestätigt, wie gut die Arbeit der Gerichtsvollzieher und Gerichtsvollzieherinnen ist. Man muss auch sehen, dass deren Arbeit ca. 250 Millionen e wieder in den bayerischen Wirtschaftskreislauf zurückgeführt hat, und das trotz der schwierigen Rahmenbe

dingungen, welche die Staatsregierung hier geschaffen hat.

Auch die Situation im mittleren Dienst bei der Justiz ist wirklich nicht einfacher geworden. Die Äußerungen von Finanzminister Faltlhauser dürften hier ebenso wenig Freude aufkommen lassen wie in der übrigen Beamtenschaft. Es ist allgemein bekannt, dass wir GRÜNE bis auf einen Kernbereich Vorbehalte gegenüber dem Berufsbeamtentum haben. Wir wollen aber Gleichbehandlung und Gleichberechtigung. Nur deswegen, weil sich die einen nicht so wehren können wie die anderen, dürfen Sie die eine Gruppe, nämlich die Beamten, nicht schlechter behandeln als andere Berufsgruppen. Entweder entscheidet man sich für einen echten Strukturwandel, oder man lässt die Finger von dem Gestöpsel, das Sie im Moment im Haushalt vorführen. Anstatt die Motivation noch stärker zu senken, muss der Demotivation entgegengesteuert werden. Wir würden uns wünschen, dass mehr kostenneutrale Stellenhebungen, wie sie im einfachen Dienst möglich sind, vorgenommen werden, und der Beförderungsstau beseitigt wird.

Aus Gründen der Rechtssicherheit – ich sage das, damit klar wird, wie sehr das jeden betrifft, der irgendwann einmal mit dem Gericht zu tun hat – möchte ich das Beispiel der Schreibkräfte an den Gerichten nennen. Es darf einfach nicht sein, dass die Ausfertigung von Urteilen, für die ein fester Zeitrahmen vorgegeben ist, mangels Schreibkräfte nicht mehr zeitnah erfolgen kann. Das ist nicht in Ordnung, und deswegen haben wir mehr Kräfte im mittleren Justizdienst beantragt.

Leider ist die Bewährungshilfe auch unter Justizminister Weiß nicht mit einem höheren Stellenwert ausgestattet worden, der dem Gesetz, dem Resozialisierungsgedanken und dem darin enthaltenen Präventionsgedanken Rechnung trägt. Betreuung und Unterstützung – ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie sich diesem Gedanken aus ideologischen Gründen verschließen wollen – wirken präventiv. Die Gesellschaft ist am wirksamsten vor demjenigen geschützt, der nicht mehr straffällig wird.

Dieser Idee läuft aber zuwider, dass Bewährungshelfer beinahe doppelt so viele Probanden versorgen müssen, als nach wissenschaftlichen Erkenntnissen sinnvoll ist. Studien gehen von einem Verhältnis von Betreuer zu Probanden von 1:45 aus. Das ist das Maximum, um noch eine sinnvolle Bewährungshilfe anbieten zu können. Tatsächlich müssen die Bewährungshelfer, je nach Großstadtlage, zwischen 70 und 90 Probanden und Probandinnen betreuen. Wie da noch eine Begleitung bei der Arbeits- oder Wohnungssuche stattfinden kann, ist mir schleierhaft. Das ist auch nicht möglich. Entsprechend hoch sind die Rückfallzahlen, die bei ungefähr 60% liegen. Untersuchungen bestätigen, dass 40% bei einer anständigen Betreuung möglich wären.

An der schwierigen Situation der Staatsanwaltschaften hat sich ebenfalls nichts geändert. Ich könnte zu diesem Punkt eigentlich noch genauso gut die Rede vom letzten Jahr halten. Die Staatsanwaltschaften baden aus, dass Sie Strukturreformen versäumt haben. Die Zahl der Rechtsuchenden, die sich abgefertigt und nicht ernst genommen fühlt, ist so hoch wie nie zuvor. Ein Teil davon

landet nach wie vor bei uns als Petenten. Noch immer werden 50% der Verfahren eingestellt, viele sicher zu Recht; da ist viel Unsinniges dabei. Viele werden aber schlicht und einfach wegen Überlastung eingestellt, weil eine sorgfältige Recherche und eine zeitnahe Anklage nicht mehr möglich sind. Dem Rechtsfrieden ist das nicht sonderlich förderlich, und gerecht ist es auch nicht.

Im Strafvollzug ist außer Gefängnisneubauten nicht sonderlich viel passiert. Mir ist zwar bewusst, dass das sehr viel Geld gekostet hat. Die Bauten haben aber leider an der Überbelegung nichts geändert: Zurzeit sitzen immer noch 11953 Gefangene ein. Mit der Zahl der Justizvollzugsbeamten ist Bayern im Bundesvergleich immer noch Schlusslicht; die Quote liegt bei 2,47, wenn ich mich recht entsinne. Daran hat sich seit dem letzten Mal meines Wissens leider nichts geändert. Das wirkt sich selbstverständlich auf den Gefangenenalltag aus, auf Freigang und Freizeit. Die Qualität der medizinischen Versorgung liegt im Argen. Dazu bekommen wir immer mehr Beschwerden. Wir müssen leider oft sehr schwierige Briefe beantworten, und in der Regel wird den Anliegen nicht entsprochen.

In einer sehr umfangreichen Interpellation zum Strafvollzug haben wir diese Situation ausreichend beleuchtet. Man kann dort sehr gut nachlesen, dass der Strafvollzug an Maßnahmen zum Beispiel für die Therapierung von Drogenkranken und Sexualstraftätern zu wünschen übrig lässt. Anstatt Anträge auf Prävention durch soziale Maßnahmen, auf Änderungen im Sanktionensystem, auf Therapierung und begleitende soziale Betreuung, auf Entlassungsvorbereitung und Bewährungshilfe werden im Rechtsausschuss ausschließlich Anträge auf Strafverschärfung beraten.

Glücklicherweise sind der CSU durch die Bundesgesetzgebung Grenzen gesetzt, weil das Land keine Rechtsetzungskompetenz hat. Allerdings schafft es die CSU immer wieder, in Detailbereichen, zum Beispiel in der nachträglichen Sicherungsverwahrung, eigene Gesetze durchzusetzen, die dann im Widerspruch zur Bundesgesetzgebung stehen. Die bayerischen Richter beschweren sich dann und bitten um eine einheitliche Regelung, weil sie sonst nicht wissen, wie sie urteilen sollen. Das alles geht auf Ihre ideologische Haltung zurück. Sie wollen beweisen, dass man draufschlagen muss, ohne überhaupt andere Möglichkeiten auszuprobieren.

Gleiches gilt für das Jugendstrafrecht. Sie haben munter Initiativen im Bundesrat eingebracht, aber leider nicht darauf geachtet, dass sämtliche Fachleute ihren Vorschlägen nicht folgen wollen. Auf dem Deutschen Juristentag jedenfalls hat keiner die Vorschläge übernommen, abgesehen von einem kleinen Vorschlag, der ohne Bedeutung ist.

Sie verlangen zum Beispiel, dass bei einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe die Leute in Zukunft 20 Jahre statt 15 Jahre weggesperrt werden. Dem ist entgegenzuhalten, dass erstens bereits jetzt schon eine Strafverlängerung möglich ist und dass zweitens bei wirklich gefährlichen Straftätern eine Sicherungsverwahrung angeordnet werden kann. Das war schon immer möglich; dazu bedurfte es Ihrer Anträge nicht. Drittens zeigt mir das

Beispiel der USA, wo es die Todesstrafe gibt, dass alle Strafverschärfungen nie zu den Ergebnissen geführt haben, die Sie sich vorstellen. Die hohe Kriminalitätsrate in den USA zeigt, dass diese Versuche der Abschreckung lediglich dazu dienen, die Öffentlichkeit zu beruhigen, beim Täter aber nichts bewirken.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Die Staatsregierung und die CSU selbst nehmen es mit dem Recht ja nicht so genau. Wie sollen dann Straftäter ein größeres Unrechtsbewusstsein haben? – Ich nenne Beispiele: Sie setzen sich oft über den Richtervorbehalt bei der DNA-Untersuchung hinweg. Verfassungsgerichtsurteile, welche zum Beispiel die besondere Kennzeichnung von Daten verlangen, die durch die Telefonüberwachung gewonnen werden, interessieren das Innenministerium einen feuchten Kehricht.

Obwohl es unzulässig ist, werden schon einmal brave Demonstranten über lange Sequenzen hinweg gefilmt. Das alles durften wir uns beim Datenschutzbeauftragten anhören. Dazu muss ich Ihnen sagen, das kann nicht der richtige Weg sein. Sühne muss sein, Rache nicht. Der Strafvollzug soll nach dem Strafvollzugsgesetz dem Straftäter helfen, ein Leben ohne weitere Straftaten zu führen. Mit bloßem Wegsperren ist der Gesellschaft nicht geholfen.

Wir GRÜNE haben andere Schwerpunktsetzungen, um Rechtsfrieden und Rechtssicherheit in unserem Land zu gewährleisten. Wir stimmen dem Haushaltsentwurf deshalb nicht zu.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hof- mann (CSU): Schade!)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Welnhofer.

Herr Präsident, Hohes Haus! Ich will zunächst nicht näher auf die gerade gehaltenen Reden eingehen. Vielleicht ergibt sich das noch.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist manchmal schwierig, auf abwegige Äußerungen die richtigen Antworten zu finden.

(Frau Radermacher (SPD): Und was abwegig ist, bestimmen Sie!)

Darüber darf ich zumindest eine Meinung haben; Sie dürfen das auch.

„Bayern ist ein Rechts-, Kultur- und Sozialstaat“ heißt es in Artikel 3 Absatz 1 der Bayerischen Verfassung. Diese Staatsziele stehen damit in unserer Verfassung ganz oben. „Leistungsstarke Justiz – Rechtsgewährung in schwierigen Zeiten“ hat Staatsminister Dr. Weiß seine Haushaltsrede betitelt. Nach den Zahlen, die er uns im Bundesvergleich genannt hat, darf man hinzufügen:

Bayern liegt vorn, auch mit seiner modernen, zukunftsorientierten Justiz.

Ich möchte das Hohe Haus bereits an dieser Stelle darum bitten, den nach Auffassung der CSU-Landtagsfraktion richtigen Konzepten des Justizministers und damit dem Haushalt zuzustimmen. Aber ich weiß nicht, ob ich Sie davon noch überzeugen kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Arbeitskreis für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen der CSU-Landtagsfraktion hat sich in diesem Jahr und auch in den vergangenen Jahren immer wieder unmittelbar vor Ort ein Bild über die Lage der Justiz in Bayern gemacht.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir auch!)

Informationsbesuche haben uns in fast alle Landesteile geführt. Dabei konnten wir ein außerordentliches Engagement der Richter und Staatsanwälte, aber auch der Beamten und Angestellten im Justizdienst feststellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Engagement ist nicht selbstverständlich, denn viele Mitarbeiter tun mehr als ihre Pflicht. Nicht wenige Richter und Staatsanwälte haben längst jenseits der vorgeschriebenen 40-Stunden-Woche die Grenze der persönlichen Belastbarkeit erreicht und wohl nicht nur in Ausnahmefällen bereits überschritten, besonders in den Ballungsräumen. Ein derart vorbildliches Engagement verdient nicht nur Dank und Anerkennung, sondern auch Unterstützung in jeder nur möglichen Weise.

Ich begrüßte dankbar die Bemühungen der Haushaltspolitiker, insbesondere des Kollegen Dr. Müller, der Berichterstatter für diesen Einzelplan ist, und des Vorsitzenden Ach, um die Belange der Justiz, zum Beispiel um die Fortführung – das soll man nicht gering schätzen – der nötigen Ausstattung mit moderner Informations- und Kommunikationstechnik. Ich weiß aber auch und muss infolge der desolaten Bundespolitik leider akzeptieren, welche Grenzen diesen Bemühungen wegen übergeordneter finanzpolitischer Ziele gesetzt sind. Wie wir schon gehört haben, ist es wenigstens gelungen, im Haushalt 38 neue Planstellen und – sehr beachtlich, wie ich meine, in schwieriger Zeit – 1560 zusätzliche Beförderungsmöglichkeiten zu verankern. Bei den Stellen geht es um sechs Staatsanwälte – diese Stellen sind im Sicherheitskonzept Bayern enthalten – und um 20 Bewährungshelfer. Ich denke, die Bewährungshelfer haben uns allen vor Ort eindringlich und überzeugend dargelegt, dass sie sich in einer Situation befinden, in der diese Personalmehrungen unbedingt erforderlich sind. Und schließlich geht es um 12 Sexualtherapeuten, die wir vor allem im Zusammenhang mit Verbrechen an Kindern dringend benötigen.

Sobald es die Rahmenbedingungen erlauben, muss für die Richter und Staatsanwälte, aber auch für die Beschäftigten in den so genannten Service-Einheiten wieder mehr getan werden, als es zur Zeit möglich ist. Es kommt eben auch darauf an, dass Urteile, die gesprochen sind, in angemessener Zeit geschrieben und zuge

stellt werden können. Wir hätten sehr gern schon jetzt wesentlich mehr getan, aber im Interesse der Erhaltung staatlicher Handlungsfähigkeit, besonders im Interesse kommender Generationen müssen wir die durch eine völlig verfehlte Bundespolitik – ich muss es wieder sagen – verursachten Einnahmeausfälle vorrangig durch Sparen und nicht mit weiterer Verschuldung ausgleichen. Wir müssen, um auch künftig unseren Aufgaben gerecht werden zu können, vor allem heraus aus der Schuldenfalle.

Bayern liegt mit seinen Personalaufwendungen im Ländervergleich weit vorn. So sehr wir in aller Bescheidenheit unsere Spitzenposition auf zahlreichen anderen Gebieten hervorheben dürfen, in dieser Hinsicht sollten wir den Spitzenplatz nach Möglichkeit räumen. Das darf aber – ich sage das in allem Ernst, meine Damen und Herren – künftig nicht noch mehr auf Kosten der einzelnen Beschäftigten gehen. Wenn man die Veränderungen der letzten Jahrzehnte besonders für die Beamten bedenkt, wird man feststellen, dass die materiellen Perspektiven für die Bediensteten insgesamt nicht günstiger, sondern ungünstiger geworden sind, sowohl absolut gesehen – das ist kein Wunder, weil es allgemein so ist – als auch relativ gesehen im Vergleich zu den Arbeitern und Angestellten des öffentlichen Dienstes wie auch zu denen außerhalb des öffentlichen Dienstes. Die mittelfristig eingetretenen strukturellen Verschlechterungen im Besoldungsbereich einschließlich Belastung, Arbeitszeit, Versorgung und Nebenleistungen überwiegen die seither erfolgten Verbesserungen deutlich. Vieles war sicher unvermeidlich und gerechtfertigt, aber nicht alles. Ich nenne zum Beispiel die vom Bund gegen die Stimmen Bayerns im Bundesrat vorgenommenen Versorgungseinschnitte, die zumindest der Höhe nach auf erheblichste Bedenken stoßen.

Der Staat braucht für die Bewältigung seiner Aufgaben im Interesse seiner Bürgerinnen und Bürger leistungsfähige, leistungsbereite und hochmotivierte Beamte. Er hat sie auch. Er hat sie besonders im Bereich der Justiz, die zu den staatlichen Kernaufgaben gehört. Er hat sie, die dringend benötigten hochmotivierten Richter und Staatsanwälte, die Justiz- und Justizvollzugsbeamtinnen und -beamten und alle, die für einen funktionierenden Justizbetrieb unverzichtbar sind. Er hat sie noch, meine sehr verehrten Damen und Herren. Aber wir nähern uns dem Grenzbereich. Ich zitiere meinen Mandatsvorgänger Wilhelm Gastinger mit einem Spruch, der zwar zu Recht häufig für die Wirtschaft gebraucht wird, aber auch hier gilt: „Der öffentliche Dienst ist keine Kuh, die auf Erden gemolken und im Himmel gefüttert werden kann.“ Ich sage das in alle Richtungen dieses Hauses. Wenn der Staat sparen muss – und daran besteht kein Zweifel –, der Weg in die Verschuldung aber ausscheidet, dann kann der Personalsektor nicht ausgenommen werden.

Aber künftig sollte das möglichst nicht mehr an den einzelnen Bediensteten ausgehen, sondern an der Zahl der Bediensteten. Das muss dann selbstverständlich mit einem entsprechenden Aufgabenabbau verbunden sein, denn man kann nicht mit weniger Leuten mehr Aufgaben bewältigen.

(Beifall bei der CSU)

Das muss also mit verringerter staatlicher Leistungsund Kontrolltätigkeit und ferner mit Verwaltungsvereinfachungen verbunden sein. Einsparpotenziale, die von der Privatwirtschaft wahrgenommen werden, müssen wir auch für den öffentlichen Dienst womöglich noch mehr als bisher nutzen. Der Einsatz moderner Kommunikations- und Informationstechnik ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung, der sich auch im vorliegenden Haushalt, wie schon erwähnt, niederschlägt.

Damit allein ist es aber nicht getan. Es gilt auch – und ich wähle diesen Begriff ganz bewusst wieder –, das „rechtsstaatliche Luxusmodell Deutschland“ sehr kritisch unter die Lupe zu nehmen. Andere Länder bieten in dieser Beziehung wesentlich weniger, ohne dass deren Rechtsstaatlichkeit in Zweifel gezogen werden könnte.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Wilhelm (CSU))

Wir haben in Deutschland, gemessen an der Bevölkerungszahl, die weltweit höchste Versorgung mit Richtern, aber dennoch ein sehr hohes Arbeitspensum der Justiz. Ich möchte nicht annehmen, dass wir in Deutschland überdurchschnittlich viele Rechtsbrecher und Streithähne haben. Wenn das alles zutrifft, dann liegt es am System. Dieses System, so meine ich, muss geändert, korrigiert, verbessert werden, und zwar im Sinne einer verstärkten Effizienz und besseren Bezahlbarkeit. Nötig sind vor allem auch Verfahrensvereinfachungen verschiedenster Art und der Abbau von Instanzen.

Damit wird keineswegs ein unangemessener Abbau von Recht und Gerechtigkeit gefordert, wie vielleicht behauptet werden wird. Urteile sollen und können auch unter veränderten Rahmenbedingungen genauso wie bisher gerecht und richtig sein. Nicht für die Rechtsmittelinstanz, sondern für den Unterlegenen sollten die jeweiligen Entscheidungsgründe – so kurz wie möglich – abgefasst werden. Fehlurteile können überall im Instanzenzug vorkommen. Der Instanzenzug ist kein Garant für mehr Gerechtigkeit. Er ist auch nicht verfassungsrechtlich vorgeschrieben. Nur der Weg zum Richter ist verfassungsrechtlich vorgeschrieben, nicht auch der Weg vom ersten zum zweiten Richter.

Illusionär und völlig abgehoben von der Realität sind unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen die Vorstellungen der SPD-Fraktion zum Justizhaushalt. In schwierigster Haushaltslage werden allein für die Justiz annähernd 1500 neue Stellen beantragt. Ich habe sie zusammengezählt. Derartige Kapriolen kann sich nur eine 30-Prozent-Partei mit jahrzehntelanger Oppositionserfahrung, die sie offenbar fortsetzen will, erlauben, die es ersichtlich auch aufgegeben hat, mit ihren Vorschlägen ernst genommen werden zu wollen.

(Beifall bei der CSU)

Weil wir gerade in der Weihnachtszeit sind: Kinder hören damit auf, Wunschzettel an das Christkind zu schicken, wenn sich langsam der Verstand einstellt. Offenbar gibt es in dieser Beziehung erhebliche Defizite bei der Opposition in diesem Haus, oder aber man will den Wähler täuschen. Darin hat man in der letzten Zeit ja reichlich Erfahrung.

(Beifall bei der CSU)

Die Justiz ist nicht nur, aber auch eine wichtige Säule der inneren Sicherheit. Dem hat die Staatsregierung mit einem vorbildlichen Sicherheitskonzept Rechnung getragen, aber auch mit einer Fülle von rechtspolitischen Initiativen gegenüber dem Bund wegen der dort angesiedelten Gesetzgebungskompetenzen. Es zeugt nicht von Sicherheit aus Ihrer Sicht ideologischer Borniertheit, wenn wir unsere diesbezüglichen Forderungen ständig wiederholen, sondern wir sind der Überzeugung, dass unsere Bevölkerung Sicherheit braucht, aber nicht ausreichend hat, weil der Bund das Notwendige nicht tut.

(Beifall bei der CSU)

Die Bevölkerung wird vom Bund nach wie vor nur unzulänglich vor gefährlichen Straftätern geschützt. Daran ändern auch vollmundige Ankündigungen insbesondere des Bundeskanzlers nichts. Der sogenannte Macher sondert nur heiße Luft ab. Ich darf an seine Sprüche erinnern – das werde ich noch öfter tun –: „Kinderschänder wegschließen, aber für immer.“ „Verbrecher abschieben, und zwar sofort.“ Geschehen ist nichts dergleichen, jedenfalls nicht wirklich und wirksam. – „Gott sei Dank“ wird Kollege Dr. Hahnzog sagen. Im Gegenteil: Gesetzesinitiativen Bayerns im Bundesrat sind immer wieder abgelehnt worden. Wer sich nicht nur in diesem Bereich mit Inhalt und Wortwahl seiner Ankündigungen derart überhebt wie der Bundeskanzler – Franz Josef Strauß hätte wohl gesagt: „Wer das Maul so weit aufreißt“ –, ohne dass in der Sache hernach irgendetwas wirklich passiert, der sollte sich nicht wundern, wenn er nicht mehr als Medienstar wahrgenommen wird, sondern eher als tragikkomische Figur und unerschöpfliche Fundgrube für Witzbolde. Nach einem Wahlbetrug bisher unvorstellbarer Dimension ist ein derartiger – –