Peter Welnhofer

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Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich mich umsehe, stelle ich fest, dass zehn Fernsehkameras auf uns gerichtet sind und die Pressetribüne aus allen Nähten platzt, beinahe wie das Hohe Haus selbst.
Deshalb wird es – unabhängig von der Redezeit – nicht sinnvoll sein, alles, was ich vorbereitet habe, vorzutragen. Einiges muss aber gesagt werden: Meine Kolleginnen und Kollegen, Aufgabe eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses ist nach Artikel 2 Absatz 1 des Gesetzes über die Untersuchungsausschüsse des Bayerischen Landtags die Untersuchung von Tatbeständen, deren Aufklärung im öffentlichen Interesse liegt, zur Berichterstattung an die Vollversammlung. Dies geschieht heute. Es geht allerdings nur um das Verhalten von bayerischen Amtsträgern. Etwas anderes ist nicht Untersuchungsgegenstand. Dies gilt insbesondere für den Deutschen Orden sowie das Verhalten seiner Repräsentanten: Dies ist nicht Untersuchungsgegenstand.
Um hier keinen falschen Eindruck aufkommen zu lassen: Es liegt auf der Hand, dass die seinerzeitigen Funktionsträger und Repräsentanten des Deutschen Ordens ein gerüttelt Maß an Fehlhalten an den Tag gelegt haben. Unser Auftrag war es jedoch nicht, hierüber Untersuchungen anzustellen. Unser Auftrag ist allein die parlamentarische Kontrolle der Staatsregierung. Das gilt auch für den Untersuchungsausschuss.
Damit das am Ende nicht untergeht, möchte ich mit einem herzlichen Dank an alle beginnen, die den Untersuchungsausschuss unterstützt haben. Das sind zunächst die Mitarbeiter des Landtagsamts, Herr Leitender Ministerialrat Dr. Gremer, Frau Huber, Herr Reif und Herr Doll. Es sind ferner die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stenographischen Dienstes, die uns mit Wortprotokollen begleitet haben, die sicherlich eine ganze Reihe von Leitz-Ordnern füllen. Es sind nicht zuletzt die Mitarbeiter der Fraktionen. Ich bitte Sie, es mir nicht zu verübeln, wenn ich Herrn Dr. Erwin Lohner als den Mitarbeiter, der mir zugearbeitet hat, besonders erwähne. Es sind die Beauftragten und Vertreter der Staatsregierung, die uns – so meine ich sagen zu dürfen – in jeder Lage des Verfahrens unterstützt und uns kooperativ zugearbeitet haben. Schließlich danke ich allen Kolleginnen und Kollegen, die im Ausschuss – mehr oder weniger – mitgearbeitet haben, sehr herzlich für ihren Beitrag. Die letzte Bemerkung hat sich auf die Präsenz bezogen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, der vom Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses – also von mir – vorzulegende Berichtsentwurf wurde gegen die Stimmen der Opposition in der letzten Sitzung des Ausschusses am 15. Mai beschlossen. Ich erstatte den Bericht nach Artikel 21
Absatz 2 des Untersuchungsausschussgesetzes in schriftlicher Form. Die Landtagsdrucksache 14/12600 liegt Ihnen vor. Es kann nicht Sinn des heutigen Nachmittags sein, all das auch nur zusammenfassend zu wiederholen, was in diesem schriftlichen Bericht festgehalten ist. In der heutigen Sitzung möchte ich den schriftlichen Bericht mündlich und kurz – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – zusammenfassen, erläutern und mit einigen politischen Marginalien – im Sinne von Randbemerkungen – versehen. Ich will versuchen, es nicht allzu trocken zu machen, und bitte Sie, meine jetzt folgenden Ausführungen auch unter diesem Gesichtspunkt zu würdigen.
Der Bayerische Landtag hat mit Beschluss vom 20. März vorigen Jahres den Untersuchungsausschuss eingesetzt. Der Titel ist etwas holprig. Ich will mich der Zungenübung, ihn vorzutragen, jetzt nicht unterziehen. Man kann das nachlesen. In 26 Sitzungen wurden insgesamt 51 Zeugen und Auskunftspersonen vernommen. Aus 171 Aktengebinden wurde den Mitgliedern des Ausschusses Bericht erstattet.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Ganze hat natürlich einen politischen Hintergrund. Damals stand eine Bundestagswahl bevor. Aber die Stoiber-Jäger der Bayern-SPD waren traditionell wenig erfolgreich. Die Diana – Göttin der Jagd – aus Nürnberg ebenso wie der Kaiserjäger aus dem schönen Miltenberg – sie konnten keinen Blattschuss landen, geschweige denn einen Platzhirschen erlegen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich habe mich an den Schlager erinnert „Im Leben, im Leben, geht mancher Schuss daneben.“. Wenn ich jetzt versuchen würde, das zu singen, wäre das erstens geschäftsordnungswidrig, zweitens würde sich der Saal noch mehr leeren und drittens war meine Affinität zum Singen schon immer ebenso ausgeprägt wie die zum Turnen.
Meine Damen und Herren, offenbar haben die Götter unsere Freunde von der SPD mit Blindheit geschlagen, sonst hätten sie die Kluft erkennen müssen, die zwischen Wunsch und Wirklichkeit, eigentlich für jedermann erkennbar, nicht nur klafft, sondern bereits vor einem Jahr klaffte. Aber es hätte so schön gepasst, auch einmal von der Bayern-SPD, die bei den Berliner Genossen viel Profilierungsbedarf hat, einen Beitrag zum Wahlkampf gegen den schwarzen Kanzlerkandidaten aus dem tiefen Süden zu bringen, wo die Welt noch in Ordnung ist, jedenfalls in den Augen der Nichtsozis.
Da kam die Misere des Deutschen Ordens gerade recht. Kläglich gescheitert ist allerdings der Versuch, das unbestreitbare Problem „Deutscher Orden“ zum Problem der Staatsregierung zu machen. Da war allein der Wunsch der Vater des Gedankens. Das haben fast alle schon vor zwei Jahren gewusst, nur nicht die SPD. Sie hat von einem „Wirtschaftskrimi“ gesprochen. Ein Wirtschaftskrimi? – Weit gefehlt! Das war kein Kassenschlager, sondern ein Flop. Würden Sie das im Kino anbieten, wären dort genauso viele Sitze leer wie momentan im Bayerischen Landtag, vielleicht sogar noch mehr. Keine Span
nung, keine Neuigkeiten, kein Täter – allerdings auch kein Kronzeuge! Diese Bezeichnung für den seriösen Zeugen Michael Pelzer, einen zwar sozialdemokratischen, aber dennoch ehrenwerten bayerischen Bürgermeister, geht fehl.
Jetzt werden Sie doch nicht plötzlich so ernst. – Der Zeuge Pelzer ist kein Kronzeuge.
Das habe ich befürchtet. Ich habe gesagt „zwar“.
Frau Kollegin, ich verstehe ja, dass Ihnen das Ergebnis dieses Untersuchungsausschusses überhaupt nicht ins Konzept passt, aber dass Ihnen der Humor so schnell vergeht, damit habe ich nicht gerechnet.
Das bestätigt allerdings meine These, dass der Humor bei den Sozialdemokraten stark unterentwickelt ist.
Der Zeuge Bürgermeister Peter Pelzer hat von Anfang an, als wir noch gar keinen Untersuchungsausschuss hatten, deutlich gemacht, dass er von den DO-Aktivitäten seiner Parteifreunde rein gar nichts hält. Er hat wie Alois Glück vorausgesehen, was ich heute zusammenfassend feststellen muss: außer Spesen nichts gewesen. Dennoch: Wenn es noch eines Persilscheins für die Staatsregierung bedurft hätte – dieser Untersuchungsausschuss hätte nach Faktenlage gar nicht anders gekonnt, als ihn auszustellen. Ich fürchte nur, die SPD wird weiterhin vor den Realitäten die Augen verschließen und nach ihrem Grundsatz handeln: Wir lassen uns unsere schönen Vorurteile doch nicht von den Fakten verderben. Schließlich sind ja auch bald wieder Wahlen.
Kollege Dr. Kaiser – um zum „Wirtschaftskrimi“ zurückzukehren – ist eben kein politischer Derrick und auch kein Herkules, der einen politischen Augiasstall ausmisten könnte, zumal ein solcher überhaupt nur in seiner Vorstellungswelt existiert.
Das ergibt sich im Einzelnen aus Folgendem:
Die Verleihung der Körperschaftsrechte an den Deutschen Orden durch das zuständige Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst erfolgte am 20. 05. 1998 – das Datum ist wichtig – nach Abschluss eines fehlerfreien Verfahrens. Eine Versagung wäre nicht zu rechtfertigen gewesen. Alle Voraussetzungen für die beantragte Verleihung der Körper
schaftsrechte lagen im Entscheidungszeitpunkt vor. Ich selbst, meine Damen und Herren, habe versucht, mich in die Situation der Entscheidungsträger zu versetzen. Ich hätte nach Faktenlage nicht anders entschieden als die zuständigen Beamten.
Maßgebend war insbesondere: Der Orden musste hinreichend Gewähr für seinen dauerhaften Bestand bieten. Darüber ist viel gestritten worden. In der Frage des dauerhaften Bestandes war allen Umständen des Einzelfalles angemessen nachzugehen und Rechnung zu tragen. Die Zahl der Ordensmitglieder ist nur ein Indiz unter mehreren. In den Siebzigerjahren hatte das Kultusministerium einmal auf der Suche nach geeigneten Kriterien, weil Rechtsvorschriften fehlen, für Orden eine Zahl von 200 Mitgliedern vorausgesetzt, allerdings nur als Orientierungshilfe. Eine durchgehend einheitliche Verwaltungspraxis bestand nicht. Wenn aber, wie hier, ein Orden seit acht Jahrhunderten existiert, kann ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass er auch in Zukunft bestehen und existenzfähig bleiben wird, wenn nicht Anzeichen für das Gegenteil vorhanden sind; solche waren und sind nicht vorhanden. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich hinsichtlich Mitgliederentwicklung und Altersaufbau positive Tendenzen abzeichnen. Hinzu kommt hier noch das Engagement des Deutschen Ordens im sozial-caritativen Bereich durch den Betrieb zahlreicher Einrichtungen. Näheres dazu, wie so vieles andere, ist im schriftlichen Bericht zu finden. Festzustellen bleibt: Eine Sonderbehandlung des Deutschen Ordens bei der Verleihung der Körperschaftsrechte hat es nicht gegeben.
Zur wirtschaftlichen Situation des Ordens im Verleihungszeitpunkt: Entgegen gebetsmühlenhaft wiederholter Behauptungen der Opposition hat es vor der Entscheidung über die Verleihung der Körperschaftsrechte an den Deutschen Orden keinen Anlass für vernünftige Zweifel an dessen wirtschaftlicher Solidität gegeben. Das gilt zwar nicht für die Jahre danach, aber hinterher kann jeder leicht klüger sein. Den Körperschaftsstatus hat nur der Orden selbst erhalten. Allein wegen der engen Verbindung des Ordens mit seiner Holdinggesellschaft hatte das Kultusministerium im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage des Ordens auch die DOH GmbH zu prüfen. Dem Kultusministerium lagen die neuesten verfügbaren Geschäftsberichte der GmbH von 1995 und 1996 vor. Diese waren uneingeschränkt von öffentlich bestellten und vereidigten Wirtschaftsprüfern testiert. Anhaltspunkte für Unrichtigkeiten gab es nicht. Das Unternehmen war wirtschaftlich gesund. Es ging sogar damals noch aufwärts. Aus dem Geschäftsbericht für 1997, der kurze Zeit nach der Verleihung der Körperschaftsrechte vorlag, hätte sich nichts anderes ergeben. Er war ebenfalls uneingeschränkt positiv. Die dazu vernommenen Zeugen haben das bestätigt.
Die DOH GmbH war im Übrigen samt ihren Tochtergesellschaften – worauf es ja gerade der Opposition immer wieder besonders ankam – als Kapitalgesellschaft selbstverständlich uneingeschränkt insolvenzfähig. Das hat sich erst mit ihrer Übernahme durch die Körperschaft geändert. Dieser Vorgang war indessen ohne Beispiel und auch nicht vorhersehbar. Die seinerzeit für den Deutschen Orden verantwortlichen Entscheidungsträger
mögen dieses Ziel vielleicht schon vor Augen gehabt haben oder verschleiert haben. Das kann man allerdings nicht mit Gewissheit sagen. Man kann nicht einmal mit Gewissheit sagen, ob das damals die eigenen Leute des Deutschen Ordens schon vorhatten. Erst recht kann man nicht davon ausgehen, dass Derartiges gegebenenfalls von den entscheidenden Beamten hätte erkannt werden können. Bayerische Beamte sind zwar sehr tüchtig, aber sie sind keine Hellseher. Auch wir sind keine Hellseher, auch die Sozialdemokraten sind keine Hellseher, schon eher Schwarzseher. Wenn sie zu viel schwarz sehen, was nicht selten passiert, sehen sie bald rot, aber dann infolge des dadurch getrübten Blicks oft gar nichts mehr von der Wirklichkeit.
Festzustellen bleibt: 1998 war der Deutsche Orden mit seinen Tochtergesellschaften ein insgesamt wirtschaftlich gesundes Unternehmen mit ersichtlich positiven Entwicklungstendenzen. Ich wiederhole: 1998 war der Deutsche Orden ein insgesamt wirtschaftlich gesundes Unternehmen mit ersichtlich positiven Entwicklungstendenzen. Verhängnisvolles Missmanagement mit seinen schwerwiegenden unternehmerischen Fehlentscheidungen erfolgte lange nach Verleihung der Körperschaftsrechte. Wirtschaftlicher Niedergang war bei der letzten Behördenentscheidung, also am 20. 05. 1998, objektiv noch lange nicht eingeleitet und infolgedessen auch nicht in Ansätzen erkennbar.
Dies wurde mit einer einzigen Ausnahme durch alle hierzu vernommenen Zeugen bestätigt. Alle schriftlichen Hinweise auf wirtschaftliche Schwierigkeiten stammen aus der Zeit nach Mai 1998. Die einzige Ausnahme unter den Zeugen war der Zeuge Lang-Rose. Ich möchte über die Seriosität dieses Zeugen jetzt keine näheren Ausführungen machen. Alle, die der Zeugenvernehmung beigewohnt und an ihr mitgewirkt haben, dürften oder müssten sich zumindest ein eigenes Bild über diesen Zeugen gemacht haben. Eine öffentliche Sitzung eignet sich jedoch nicht dazu, jetzt ein Psychogramm abzugeben. Jedenfalls war Herr Lang-Rose durch den Deutschen Orden geschädigt worden. Das ist ein ganz entscheidender Punkt.
Bekannt wurde die wirtschaftliche Problematik des Ordens erst ab Herbst 2000.
Zum Brief des Ministerpräsidenten vom 19. Januar 1998. Am 13. Januar 1998, also ein paar Monate vor der Verleihung der Körperschaftsrechte, gab es im Kultusministerium eine Besprechung mit Vertretern des Deutschen Ordens. Amtschef Hoderlein stellte die Verleihung der Körperschaftsrechte bereits damals in Aussicht. Am Nachmittag des gleichen Tages fand ein weiteres Gespräch der Vertreter des Deutschen Ordens in der Staatskanzlei statt. Auch hier präsentierten die Vertreter des Deutschen Ordens sich und ihre Unternehmen. Es wurde auch über die Errichtung einer Universität des Deutschen Ordens gesprochen, nicht aber über Einzelheiten des Verleihungsverfahrens.
Im Anschluss an dieses Gespräch richtete Ministerpräsident Dr. Stoiber ein Schreiben an den für die Verleihung der Körperschaftsrechte zuständigen Staatsminister Zehetmair; dieser hatte an dem Gespräch nicht teilgenommen. Im Schreiben vom 19. Januar 1998, welches von der Spiegelreferentin für das Kultusministerium entworfen wurde, regte der Ministerpräsident an, den Antrag des Deutschen Ordens positiv zu beurteilen. Zugleich erbat er weitere Informationen zum Thema „Universität des Deutschen Ordens“ in Dillingen.
Der Brief des Ministerpräsidenten an den Kultusminister ist ein alltäglicher Vorgang, meine Damen und Herren. Was würden denn die Menschen in diesem unserem Lande sagen, wenn es der Ministerpräsident ablehnen würde, sich ihrer Anliegen anzunehmen, weil er– verfassungsrechtlich gesehen – natürlich für kein Ressort eine unmittelbare Zuständigkeit hat? Weder für das Kultusministerium noch für irgendein anderes Ressort hat er eine unmittelbare Zuständigkeit. Er müsste also immer schreiben, ich bin zwar Ministerpräsident,
aber für nichts zuständig, also wendet euch woanders hin. Das wäre lächerlich, meine Damen und Herren. Wer so handeln würde, wäre die längste Zeit Politiker gewesen. Kein vernünftiger Mensch, der in die Politik geht – dabei setze ich voraus, dass es vernünftige Menschen gibt, die in die Politik gehen –, wird sich so verhalten.
Wenn Sie das sagen, empfinde ich es als Auszeichnung, Frau Kollegin.
Der Ministerpräsident hat lediglich ein Anliegen gewürdigt und an den zuständigen Staatsminister weitergeleitet. Sein Brief hatte weder faktisch noch rechtlich eine verbindliche Wirkung. Er entband das Kultusministerium insbesondere nicht von seiner Prüfungspflicht, von seiner Verantwortlichkeit und von seiner alleinigen Entscheidungskompetenz.
Darüber hinaus war im vorliegenden Fall schon so gut wie entschieden. Im Untersuchungsausschuss ist die Rede davon gewesen, der Ministerpräsident habe offene Türen eingerannt. Der Brief des Ministerpräsidenten konnte daher faktisch gar keine Wirkung mehr entfalten, nachdem der Amtschef des Kultusministeriums, wie erwähnt, die Verleihung bereits in Aussicht gestellt hatte.
Herr Kollege, ich weiß nicht, wie Sie arbeiten. Wenn sich ein Petent an Sie wendet und etwas will – zum Beispiel die Versetzung einer Lehrerin, die Beförderung eines Beamten, eine Baugenehmigung oder was auch immer –, kümmern Sie sich darum; Sie erkundigen sich, und wenn Sie die Nachricht bekommen, die Sache sei auf einem guten Weg: Machen Sie dann nichts mehr, oder schreiben Sie doch noch und geben dem Petenten einen Abdruck, um der Sache ein bisschen Nachdruck
zu geben? Wir sollten hier nicht pharisäerhaft so tun, als wäre das alles außerhalb der Normalität. Das würde Ihnen zwar passen, aber es ist nicht die Wahrheit, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Es gehört im Übrigen zu den üblichen Gepflogenheiten, zu Höflichkeit und Anstand einem Petenten gegenüber, ein vorgebrachtes Anliegen aufzugreifen und gegebenenfalls auch in schriftlicher Form darauf zu antworten. Das gilt für den Ministerpräsidenten genauso wie für jeden anderen Politiker.
Die SPD zitiert in ihrem Minderheitenvotum überdies mittlerweile nicht mehr gültige Regeln des Familiareninstituts. Zum Zeitpunkt der Aufnahme des Ministerpräsidenten als Familiare gab es für Familiare gerade keine Pflicht mehr zur Hilfeleistung auf Aufforderung des Ordens. Die SPD behauptet in ihrem Votum somit falsche Tatsachen.
Zu den Bedingungen der Körperschaftsverleihung. – Ich bitte den Herrn Präsidenten um einen Hinweis, wie viel Zeit ich schon verbraucht habe.
Zu den Bedingungen der Körperschaftsverleihung. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bedingungen der Körperschaftsverleihung sind erfüllt worden, wenn auch reichlich spät, was die Auflösung des Vereins betrifft. Das hatte aber keine Konsequenzen. Darauf kam es nicht an. Die Verleihung der Körperschaftsrechte war insgesamt jedenfalls rechtmäßig. Nachdem die Zeit schon so weit fortgeschritten ist und Kollege von Rotenhan auch noch das Wort für die CSU ergreifen soll, werde ich die weiteren Kapitel in einem sehr schnellen Durchgang zu erledigen versuchen.
Es geht im Weiteren um die Unterstützung einer Expansion des Deutschen Ordens durch die Staatsregierung, durch bayerische Behörden oder deren Amtsträger. Wir haben aufgrund einer umfangreichen Beweiserhebung festgestellt, dass es eine solche Unterstützung nicht nur nicht gegeben hat, sondern dass von Repräsentanten des Deutschen Ordens sogar über mangelnde Unterstützung geklagt worden ist. Nun könnte man sagen, die seien Partei, was solle man da schon erwarten. Aber auch der Zeuge Michael Pelzer, ein Sozialdemokrat und ehrenwerter Bürgermeister, hat erklärt, er könne sich des Eindrucks nicht erwehren, ja er habe sogar den deutlichen Eindruck gewonnen, dass der Deutsche Orden vom Freund nicht besonders gut behandelt worden sei. Aus alledem kann ich nur das Fazit ziehen: Eine Bevorzugung hat nicht stattgefunden, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Bei der Aufnahme von Bankkrediten sind Fehler gemacht worden, aber nicht von der Staatsregierung oder von Amtsträgern, sondern von Banken. Das geht uns hier nichts an. Im Übrigen sind die Fehler inzwischen
bereinigt worden. Ein Schaden mag entstanden sein, aber dieser Schaden ist jedenfalls nicht dem Freistaat Bayern und auch nicht den Einrichtungen und auch nicht den Beschäftigten entstanden.
Zum Thema Steuerbegünstigungen und Steuerbefreiungen: Es wird immer so getan, als hätte die Verleihung der Körperschaftsrechte eine unmittelbare Auswirkung auf Steuervorteile gehabt. Dem ist nicht so. Alle Steuervorteile hätte der Deutsche Orden genauso mit seiner früheren Konstruktion des Vereins und der DOH-GmbH, ja sogar ohne Rechtspersönlichkeit durch so genanntes Zweckvermögen erreichen können. Das gilt sowohl für den Deutschen Orden selbst als auch für die Stiftung.
Zur Stiftung ist festzustellen, dass die Regierung von Oberbayern als Stiftungsaufsichtsbehörde eine Verwaltungspraxis gepflogen hat, die nicht ganz in Ordnung war, aber aus redlichen Motiven erfolgt ist. Die Regierung von Oberbayern hat nicht etwa den Deutschen Orden anders behandelt als andere. Sie hat Stiftungen gegenüber immer ein besonders stifterfreundliches Verhalten an den Tag gelegt und mag dabei zuweilen über die Grenze des rechtlich Vertretbaren hinausgegangen sein.
Das ist durch die zuständigen Staatsministerien aber inzwischen längst abgestellt worden.
Zu den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren, die wir auch gründlich untersucht haben, hat sich herausgestellt, dass nichts, aber auch gar nichts in der Rechtspflege falsch, nachlässig oder zögerlich gehandhabt worden ist. Es gibt generell rechtliche Probleme bei der Durchsicht von Papieren. Ich will das nicht näher ausführen. Man muss wohl an der Strafprozessordnung etwas ändern. Das wissen wir schon lange und unabhängig von diesem Fall.
Des Weiteren hat sich der Deutsche Orden – das darf man nicht übersehen – als Geschädigter, von seinen früheren eigenen Leuten Geschädigter, stets kooperativ verhalten. Der Deutsche Orden selbst sitzt nicht auf der Anklagebank, sondern seine früheren Mitarbeiter sitzen – noch nicht ganz – auf der Anklagebank. Einige sind aber auch schon aus dem Ermittlungsverfahren ausgeschieden, weil kein hinreichender Tatverdacht besteht.
Schließlich die Sanierung: Es war das Bestreben des Freistaates Bayern, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen war, zu retten, was zu retten ist. Dazu ist alles, was möglich war, unternommen worden. Wir sind nur mit einem blauen Auge davongekommen. Wenn ich „wir“ sage, meine ich nicht vorrangig den Freistaat Bayern, sondern alle – die Gesellschaft, die Mitarbeiter, die Patienten und Patientinnen, die von den Suchthilfeeinrichtungen Betreuten usw.
Man kann insgesamt feststellen, dass der Deutsche Orden bzw. seine früheren Repräsentanten, Funktionsund Entscheidungsträger sich erheblich verstrickt haben aufgrund einer gewissen Hybris – wenn ich mir das zu sagen erlauben darf – und erhebliche Fehler gemacht haben, dass aber von alledem nichts am Freistaat Bayern hängen bleibt. Er hat damit nichts zu tun, meine sehr
verehrten Damen und Herren. Wer anderes behauptet, tut es aus durchsichtigen parteipolitischen Interessen heraus.
Herr Präsident, Hohes Haus! Es geht bei den heutigen Beratungen um eine Stärkung der bayerischen Volksvertretung, also um eine Parlamentsangelegenheit, die vor allem uns Abgeordnete in eigener Sache betrifft, die für unsere Tätigkeit insbesondere in Bezug auf die Signalwirkung in den Augen der Bevölkerung – leider besteht dafür eine gewisse Notwendigkeit – eine Aufwertung des Bayerischen Landtags und eine Festigung des Ansehens der bayerischen Volksvertretung bringen soll.
Im Einzelnen geht es zunächst um die Zweite Lesung des interfraktionellen Gesetzentwurfs für ein Parlamentsinformationsgesetz und weiter um den bereits genannten interfraktionellen Antrag auf Abschluss einer Vereinbarung zwischen Landtag und Staatsregierung, die das Parlamentsinformationsgesetz ausfüllen soll,
um einen interfraktionellen Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung, der sicherstellen soll, dass der Landtag rechtzeitig entscheiden kann, wenn es um eilige Bundesratsangelegenheiten geht, und schließlich geht es um einen interfraktionellen Antrag zur Stärkung der Mitwirkungsrechte des Landtags bei der Benennung der bayerischen Vertreter für den Ausschuss der Regionen, ein Gremium der Europäischen Union.
Nach der Ersten Lesung am 11. März konnten die Beratungen zügig und einvernehmlich durchgeführt werden. Ausgangspunkt der Überlegungen waren die Empfehlungen der Enquetekommission „Reform des Föderalismus – Stärkung der Landesparlamente“.
Wir haben den Schlussbericht dieser Kommission am 20. März vorigen Jahres vorgelegt. Zahlreiche wichtige
Vorschläge können zwar nicht allein und nicht in erster Linie auf Landesebene verwirklicht werden, denn die Stärkung des Föderalismus – -.
Herr Präsident, ich bedanke mich ebenfalls. Das liegt vielleicht daran, dass die Kolleginnen und Kollegen schon alles wissen, was vorgetragen wird; denn wir haben das, wie gesagt, in den Fraktionen und Ausschüssen umfangreich vorberaten.
Zahlreiche wichtige Vorschläge der Enquete-Kommission „Reform des Föderalismus“ – Stärkung der Landesparlamente“ können wir in Bayern nicht allein verwirklichen; dazu sind Grundgesetzänderungen notwendig. Soweit der Bayerische Landtag aber den Empfehlungen dieser Enquete-Kommission selbst Rechnung tragen kann, tut er das auch. Wesentliche Veränderungen sind seit einigen Monaten konkret auf dem Weg und stehen heute vor ihrer parlamentarischen Verabschiedung, die jetzt dann im Anschluss an diese Beratungen geschehen wird.
Es handelt sich, wie schon erwähnt, um den Entwurf des Parlamentsinformationsgesetzes – das ist die Hauptsache – einschließlich einer umfassenden Durchführungsvereinbarung; denn das Gesetz selbst enthält nur wenige Grundsätze und ist sehr kurz gefasst. Deswegen bedarf es einer ausführlichen Durchführungsvereinbarung, die zwischen Landtag und Staatsregierung zu schließen ist. Ferner haben wir einen gemeinsamen Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung zu behandeln, die gewährleisten soll, dass der jeweils federführende Ausschuss in eilbedürftigen Angelegenheiten anstelle des Plenums entscheiden kann, um so dem Landtag in Bundesratsangelegenheiten rechtzeitig Gehör zu verschaffen.
Ferner wird mit einem Antrag beansprucht, dass immer dann, wenn der Freistaat Bayern zwei Mitglieder in den Ausschuss der Regionen entsenden kann, einer davon aus der Mitte des Landtags gewählt wird, sodass Bayern in diesem EU-Gremium künftig nicht mehr ausschließlich durch die Staatsregierung vertreten sein wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Parlamentsinformationsgesetz mit seiner Durchführungsvereinbarung, das die Pflicht der Staatsregierung zur Information des Landtags in landes-, bundes- und europapolitischen Angelegenheiten regelt, bedeutet eine Stärkung der Mitwirkungsrechte
des Landtags, also der unmittelbar gewählten bayerischen Volksvertretung. Das gilt auch für die Benennung der Vertreter Bayerns im Ausschuss der Regionen.
Das Parlamentsinformationsgesetz sowie die Durchführungsvereinbarung sollen darüber hinaus, wie gerade beschlossen worden ist, in der Bayerischen Verfassung verankert werden. Die Zustimmung des Volkes wird, so hoffen wir, am 21. September erteilt werden. Diese verfassungsrechtliche Verankerung des Parlamentsinformationsgesetzes ist zwar nicht Voraussetzung für die genannten Maßnahmen, hebt aber deren Bedeutung besonders hervor und macht sie, jedenfalls im Kern, einfach gesetzlich änderungsfest.
Der Bayerische Landtag bedarf zur Wahrnehmung seiner Aufgaben der umfassenden Information über alle Angelegenheiten von landespolitischer Bedeutung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es fehlt auch derzeit nicht an dieser Information. Nur so können wir den Kompetenzbereich des Landtags betreffende Vorhaben und Entscheidungen der Staatsregierung in Angelegenheiten von Land, Bund und EU überhaupt beeinflussen. Diese auch gegenwärtig ausreichende Information ist aber gesetzlich nicht verankert, sondern beruht auf Übung, auf gutem Willen und Praxis. Das entspricht nicht mehr dem Selbstverständnis eines Parlaments. Deswegen erfolgt eine gesetzliche Regelung, nicht etwa deswegen, um Defizite der Information deutlich zu machen.
Künftig ist also gesetzlich vorgeschrieben – wenn wir dieses Gesetz annehmen –, dass der Landtag rechtzeitig über Vorhaben der Gesetzgebung, über beabsichtigte Rechtsverordnungen, die der Zustimmung des Landtags bedürfen, über beabsichtigte Staatsverträge, die wir, wenn sie erst einmal abgeschlossen sind, kaum noch beeinflussen können, und auch über Gegenstände von erheblicher landespolitischer Bedeutung rechtzeitig informiert wird, auch über beabsichtigte Verwaltungsabkommen, Angelegenheiten der Landesplanung, Bundesratsangelegenheiten, über die Zusammenarbeit mit dem Bund, mit anderen Ländern, mit den Regionen, mit anderen Staaten und zwischenstaatlichen Einrichtungen und über Angelegenheiten der EU.
Besonders wichtig ist die Bestimmung, dass in all diesen Angelegenheiten der Landtag nicht nur zu unterrichten ist, sondern dass die Staatsregierung seine Stellungnahmen auch berücksichtigen soll. „Berücksichtigen“ ist nach der Terminologie des Grundgesetzes zu verstehen und bedeutet keine rechtliche Bindungswirkung. Nach der staatsrechtlichen Konstruktion, die wir in der Bundesrepublik Deutschland haben, wäre eine verbindliche Festlegung der Staatsregierung im Bundesrat nicht möglich. Natürlich entsteht aber durch Stellungnahmen des Landtags, die berücksichtigt werden sollen, wie es sinngemäß im Gesetz heißt, eine gewisse politische Bindungswirkung.
Mit dem Antrag auf Abschluss einer Vereinbarung zwischen Landtag und Staatsregierung über die Unterrichtung des Landtags zur Ausführung des PIG wird die Staatsregierung aufgefordert, innerhalb einer angemessenen Frist – wir stellen uns einige Wochen vor – nach
Inkrafttreten des Parlamentsinformationsgesetzes (PIG) mit dem Landtag eine Vereinbarung zu schließen, welche die näheren Einzelheiten der Informationspflicht regelt. Wir haben diese Vereinbarung in einem Antrag sozusagen als Angebot – wie es im Rechtssinne zu nennen wäre – bereits abschließend formuliert, und Sache der Staatsregierung wird es sein, das Angebot unverändert anzunehmen. Natürlich hat es dazu vorher Abstimmungsgespräche gegeben. Ich bedanke mich sehr herzlich bei Staatsminister Huber, dass die Abstimmungsgespräche in einer sehr konstruktiven Form verlaufen sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe schon erwähnt, dass das Grundgesetz für Bundesratsangelegenheiten enge Fristen vorgibt. Deswegen war es notwendig, die Geschäftsordnung dahin zu ändern, dass anstelle des Plenums künftig von federführenden Ausschüssen entschieden werden kann, wenn es eilt; denn wir können unsere Jahresplanung nicht nach den Terminen des Bundesrates abstimmen, und wir können unsere Jahresplanung auch nicht ohne zwingenden Grund ständig ändern. Wir müssen unsere Sitzungsfolge überschaubar halten. Das hat zur Folge, dass eine ganz neue Angelegenheit, nämlich Entscheidungen eines Ausschusses anstelle des Plenums, eingeführt werden soll mit der Maßgabe, dass die Vollversammlung des Landtags diese Ausschussentscheidungen korrigieren kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, über den Ausschuss der Regionen habe ich ausreichend gesprochen. Wir sind der Meinung, dass wir auch in diesem Gremium der EU, und – ich füge hinzu, das ist nicht Gegenstand des Antrags, ich sage es aber – auch in einem etwaigen Nachfolgegremium – wenn es denn ein solches geben sollte, was zur Zeit offen ist – als Parlament in Zukunft stärker eingebunden sein wollen als dies bisher beim Ausschuss der Regionen in Bayern der Fall war.
Der Bayerische Landtag nimmt sich mit seinen heutigen Beschlüssen – wenn sie denn so fallen werden, wovon auszugehen ist – selbstbewusst, wie es der von den Bürgerinnen und Bürgern des Landes gewählten Volksvertretung zukommt, die Rechte, die er seiner Stellung entsprechend benötigt und die ihm als modernem Parlament zustehen, ohne deswegen – so will ich hinzufügen – die bewährten Grundsätze der für unser Land erfolgreich praktizierten, wenn auch von der Opposition immer wieder kritisch angesprochenen Aktionseinheit zwischen Mehrheitsfraktion und Regierung in Frage zu stellen. Meine Damen und Herren, wir legen erstens großen Wert auf die für das Land fruchtbare Aktionseinheit, die Verfassungswirklichkeit ist.
Zum Zweiten wollen wir den Knochen, an dem die Opposition so gerne nagt, ihr nicht wegnehmen. Insofern soll alles bleiben, wie es ist. Das ist die moderne Form des Parlamentarismus, und es ist Verfassungswirklichkeit, dass Mehrheitsfraktion mit der von ihr getragenen Regierung oder Koalitionsfraktionen mit der von ihnen getragenen Regierung eine enge Zusammenarbeit, eine kritische Zusammenarbeit haben, wo im Vorfeld vieles
kontrovers behandelt werden kann und dann im Landtag eine enge Zusammenarbeit stattfindet. Das wissen wir alle. Daraus machen wir keinen Hehl. Herr Dr. Hahnzog, der heute verkleidet – mit Krawatte, was selten vorkommt – eine Rede gehalten hat, die man beklatschen konnte – ich habe auch geklatscht –, hat gesagt, dass die Aktionseinheit etwas Vorhandenes begründe, und er hat damit seine Forderung nach Stärkung der Opposition begründet. Sämtliche Lichter leuchten. Das ist gut so. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Kollege von Redwitz, in Bezug auf eine Reihe von Zwischenrufen: Würden Sie die Kolleginnen und Kollegen der SPD darüber aufklären, dass wir überhaupt nichts dagegen einzuwenden hätten – –
Ich habe bisher angenommen, dass Ihr intellektuelles Vermögen ausreicht, um eine Frage zu erkennen. Aber vielleicht muss ich meine Auffassung revidieren.
Herr Kollege von Redwitz, würden Sie also die Kolleginnen und Kollegen der SPD darüber aufklären, dass wir überhaupt nichts dagegen hätten und sehr dafür wären, dass das, was wir hier fordern, auch für uns von der CSU gilt und dass wir außerdem nur eine einzige Zeitung besitzen, nämlich den „Bayernkurier“?
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es heute in Erster Lesung mit einem wesentlichen Ergebnis der Enquetekommission „Reform des Föderalismus – Stärkung der Landesparlamente“ zu tun. Diese Kommission hat ungefähr vor einem Jahr ihren Schlussbericht vorgelegt, der eine ganze Reihe von Vorschlägen zur Reform des Föderalismus enthält, die der Bayerische Landtag – jedenfalls nicht allein – Wirklichkeit werden lassen kann, sondern die für ihre Umsetzung mehrerer Änderungen des Grundgesetzes bedürfen.
Es gibt aber einige Empfehlungen der Kommission, die der Landtag allein umsetzen kann. Seit einigen Tagen sind entsprechende Vorschläge konkret auf dem Weg in die parlamentarische Behandlung. Es handelt sich zunächst um den Entwurf des Parlamentsinformationsgesetzes, das heute in Erster Lesung behandelt wird.
Das ist ein sehr kurzes Gesetz; es enthält nur Grundsätze. Wir haben gleichzeitig einen interfraktionellen Antrag eingereicht, der die Staatsregierung auffordert wird, eine sehr umfangreiche Vereinbarung mit dem Landtag zu treffen, die dann das Parlamentsinformationsgesetz im Einzelnen ausfüllt.
Wir haben ferner einen Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung des Landtags eingereicht, der gewährleisten soll, dass der jeweils federführende Ausschuss in eilbedürftigen Bundesratsangelegenheiten an Stelle des Plenums – jedenfalls vorläufig – entscheiden kann, um dem Landtag rechtzeitig Gehör zu verschaffen. Weiter wurde ein Antrag eingereicht, der fordert, dass immer dann, wenn Bayern zwei Mitglieder in den Ausschuss der Regionen entsendet, eines davon samt Stellvertreter aus der Mitte des Landtags zu berufen ist.
Man muss all diese Initiativen im Zusammenhang sehen; dann bedeuten sie eine deutliche Stärkung der Rechte des Landtags sowohl gegenüber der Staatsregierung als auch im Allgemeinen. Es entspricht auch dem parlamentarischen Selbstverständnis der Volksvertretung, dass das Parlament ausreichend Informationen künftig nicht nur wie bisher aufgrund guten Willens der Staatsregierung bekommt, sondern dass es dafür in Zukunft eine gesetzliche, vielleicht sogar eine verfassungsgesetzliche Grundlage gibt. Darüber wird noch gesprochen.
Ohne dass ich jetzt ins Einzelne gehen kann und möchte, sollten diese parlamentarischen Initiativen aber auch der Startschuss dafür sein – das wünsche ich mir jedenfalls; das wünschen uns wohl hier alle –, dass weitergehende Stärkungen der Landesparlamente, weitergehende Stärkungen des Föderalismus und des Subsidiaritätsprinzips nachfolgen. Wenn ich mir allerdings die Vorlagen für den Lübecker Verfassungskonvent am 31. März dieses Jahres anschaue, dann beschleicht mich Unbehagen; denn das, was dort vorgeschlagen wird, nur um Konsens zu erzielen – mir fehlen jetzt die richtigen Worte; denn ich will das nicht alles abwerten –,
ist schon etwas dünn, sehr richtig, Herr Kollege Dr. Hahnzog. Ich wünsche mir, dass beim Lübecker Konvent noch kräftig nachgebessert wird und dass aus dem zahnlosen Tiger, der nach den bisherigen Vorlagen dort springen soll, ein Tiger mit wenigstens ein paar Zähnen werden möge.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Mir liegt eine Wortmeldung der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN vor: Frau Kollegin Gote, bitte.
Herr Präsident, Hohes Haus! Der kürzlich in Augsburg verurteilte so genannte Maskenmörder hat Vanessa, ein 12-jähriges Mädchen aus Gersthofen, zum Abschluss einer Faschingsveranstaltung bestialisch ermordet. An diesem Fall zeigt sich einmal mehr: Die Bevölkerung braucht mehr Sicherheit, nicht nur, aber auch vor gefährlichen Sexualstraftätern.
Sie wird aber vom Bund nach wie vor unzulänglich vor solchen und anderen gefährlichen Straftätern geschützt.
Der Fall ist eklatant.
Sie fragen mich jetzt allen Ernstes: War das ein Sexualstraftäter? – Er hat ein Mädchen mit – soviel ich weiß – 21 Messerstichen umgebracht, und da fragen Sie: War es ein Sexualstraftäter?
Ja, ja. Aber Sie fangen bereits jetzt wieder an, Haarspalterei zu betreiben. Ihnen geht es nicht darum, Verbrecher abzuurteilen, wie es sich gehört, sondern Sie sehen in jedem Verbrecher offenbar einen Kranken, der entweder aufgrund ungünstiger Kindheitserlebnisse oder wegen eines Geburtsfehlers dahin gekommen ist, wo er ist.
Unterbringung im Hospital oder im Gefängnis – Ihre Präferenz ist im Zweifel immer das Krankenhaus.
Wir sehen das ganz anders.
Ja, das passt ins Bild. Ihr Bundeskanzler sagt – und gerade das werden Sie noch oft von mir hören –: „Kriminelle Ausländer raus, und zwar sofort.“ Und er sagt auch: „Kinderschänder wegschließen, und zwar für immer.“
Er macht nichts von alledem, aber sagen tut er es, um der Bevölkerung Sand in die Augen zu streuen.
Er tut immer so, als würde er die Meinung der Bevölkerung in diesem Sinne teilen. Es geschieht aber so gut wie nichts. Inzwischen hat er sich der äußeren Sicherheit zugewendet und ist auf dem besten Wege, die NATO zu zerstören. Und ich frage Sie: Wer soll uns dann eigentlich schützen?
Wer kann heute wissen, in welcher Situation wir morgen sind und wie sich das für uns auswirkt, wenn wir die NATO nicht mehr haben, deren Schutzschild etwa die baltischen Staaten und andere östliche Länder über den Umweg der EU anstreben?
Sie fragen mit Recht: Was hat das mit dem Sexualstrafrecht zu tun? – Aber Ihr Bundeskanzler agiert so bodenlos, dass er bei jeder Gelegenheit angesprochen werden muss. Er ist ein Sicherheitsrisiko!
Der 20-jährige, also längst volljährige Maskenmörder von Augsburg – – Ich gebe zu, dass ich mich aufrege. Wer sich über diesen Kanzler und seine Missgriffe – um es vornehm auszudrücken – nicht aufregt, ist aus meiner Sicht nicht ganz bei Trost, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Der 20-jährige, also längst volljährige Maskenmörder von Gersthofen wird Anfang Februar wegen Reifeverzögerung nach Jugendstrafrecht zu nur zehn Jahren – das ist derzeit die Höchststrafe – verurteilt. Der Vorsitzende Richter sagt bei der Urteilsbegründung unter anderem:
Wir haben Verständnis für die Ängste und den Ärger bei Eltern und Bevölkerung. Aber es ist Angelegenheit der Politik und der Volksvertreter, die Gesetze zu ändern.
Ich habe gelesen, dass es eine Politikerin gibt, die ihn dafür kritisiert hat. Ich kritisiere ihn nicht. Ich sage: Der Mann hat Recht. Er als Richter sieht sehr deutlich, wo Nachbesserungsbedarf für den Gesetzgeber besteht, damit er im nächsten Fall entsprechend urteilen kann.
Die Worte dieses Richters, seine kritischen Bemerkungen, werden in der Bevölkerung auch weithin geteilt. Sie sind absolut nachvollziehbar und sollten den zuständigen Bundesgesetzgeber endlich zu hinreichendem Handeln veranlassen.Die rot-grüne Koalition hat zwar im Januar den überfälligen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in den Bundestag eingebracht. Dieses in Teilen allerdings leider wieder ungenügende Gesetz bringt wenigstens eine positive Tendenz. Ich will Positives nicht verschweigen. Es gibt Strafschärfungen beim sexuellen Missbrauch von Kindern, Jugendlichen und Widerstandsunfähigen. Es gibt eine Fortentwicklung der Straftatbestände bei der Verbreitung von Kinderpornografie. Es gibt auch die Schaffung eines Tatbestands, der es unter Strafe stellt, ein Kind – zum Beispiel im Internet – zum sexuellen Missbrauch anzubieten oder eine solche Tat zu verabreden.
Damit wurde langjährigen, nachdrücklichen und immer wieder bekräftigten bayerischen Forderungen endlich wenigstens teilweise Rechnung getragen. Unter der ideologisch verbohrten ehemaligen Bundesjustizministerin war nicht einmal das möglich. So, aber auch nur so gesehen waren ihre Verunglimpfungen des Präsidenten der Vereinigten Staaten im Ergebnis für Deutschland sogar noch vorteilhaft. Sie hat uns damit wenigstens von ihrer eigenen Amtsführung befreit; das war wohl ihr einziges nennenswertes, wenn auch unfreiwilliges Verdienst um die deutsche Rechtspflege, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.
Nichts ist verletzender als die Wahrheit, und das ist die Wahrheit.
Der Gesetzentwurf ihrer Nachfolgerin allerdings bleibt weit hinter dem zurück, was dringend notwendig wäre für die Sicherheit unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger, insbesondere für die Kinder in unserem Land. Punktuelle Strafschärfungen reichen bei weitem nicht aus, die Bevölkerung, vor allem Kinder und Frauen, wirksam vor gefährlichen Gewalt- und Sexualverbrechern zu schützen. Notwendig ist ein Gesamtkonzept, das folgende Reformen einschließt: Sexueller Missbrauch von Kindern muss bereits im Grundtatbestand als Verbrechen eingestuft werden. Man kann dann darüber reden, ob es
minderschwere Fälle gibt, so wenn zum Beispiel ein 15-Jähriger mit einer 13-Jährigen etwas anstellt, was zwar unter Strafe verboten ist, aber wohl nicht so schwer wiegt wie das, was man sich unter sexuellem Missbrauch von Kindern üblicherweise vorzustellen hat. Also, der Grundtatbestand muss jedenfalls als Verbrechen ausgestaltet werden.
In sämtlichen Fällen sexuellen Missbrauchs von Kindern sowie der Verbreitung von Kinderpornografie muss ferner die Möglichkeit von Telefonüberwachung eingeführt werden, weil auf telefonischem Weg in diesem Bereich sehr viel abgewickelt wird.
Die Möglichkeiten des Einsatzes der DNA-Analyse müssen ausgeweitet werden. Der so genannte Anlasstatenkatalog muss erweitert werden. Der Gesetzentwurf von Rot-Grün bezieht zwar endlich alle förmlichen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung im Sinne des Strafgesetzbuchs hier mit ein, also zum Beispiel auch Exhibitionismus, wogegen Sie von der SPD in diesem Hause sich ja immer gewehrt haben. Nicht aber sind enthalten etwa tätliche Beleidigungen mit sexuellem Hintergrund. Von sämtlichen Innenministern der B-Länder wird völlig zu Recht eine Ausweitung des Gentests auf alle Straftäter gefordert, die schon jetzt einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterzogen werden dürfen. Hier müssen Effektivität der Strafverfolgung sowie die besonders wichtige Präventionswirkung eindeutig Vorrang haben vor den aus meiner Sicht nur geringfügig berührten Persönlichkeitsrechten der straffälligen Betroffenen – Stichwort genetischer Fingerabdruck.
Der Bund ist aber auch für eine ganze Reihe weiterer erheblicher Sicherheitsmängel in Deutschland verantwortlich. Die vom Bundestag beschlossene nachträgliche Sicherungsverwahrung gewährleistet gerade keinen ausreichenden Schutz der Bevölkerung, da sie bei bereits verurteilten Straftätern, deren Gefährlichkeit sich erst später herausstellt, nicht greift. Nicht nur der Fall Vanessa, sondern auch andere furchtbare Verbrechen, die zum Teil von einschlägig vorbestraften Personen begangen wurden, haben deutlich gemacht: Der Schutz der Allgemeinheit vor schweren Straftaten muss dringend verbessert werden! In Äußerungen aus den Reihen der Opposition ist zu lesen: Was man einem Jugendlichen – oder einem 20-Jährigen – in zehn Jahren Haft nicht beibringen kann, kann man ihm auch in 15 Jahren nicht beibringen. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, das mag stimmen, aber gerade das ist falsches Denken. Wir sehen das völlig anders. Strafhaft ist keine Erziehungsanstalt, auch nicht für Jugendliche. Sicherlich gibt es den Resozialisierungsgrundsatz, aber daneben gibt es, für uns von der CSU mindestens gleichgewichtig, die Grundsätze von Schutz, Gerechtigkeit und Sühne. Ich weiß schon, und ich wiederhole es: Für Sie ist ein Verbrecher in erster Linie krank. Für uns ist jeder Verbrecher, wenn seine Krankheit nicht ausnahmsweise nachgewiesen ist, in erster Linie selbst verantwortlich für das, was er tut.
Wenn das so wäre, dann könnten Sie nicht sagen – ich weiß nicht, ob Sie persönlich es waren –: Was in zehn Jahren nicht erreicht wird, wird in 15 Jahren auch nicht erreicht. Ihnen geht es nur um Besserung, und Sie verkennen völlig, dass es Menschen gibt, die nicht besserungsfähig sind, und zwar eine ganze Menge.
Da haben Sie allerdings Recht.
Ich bin nicht resozialisierungsfähig in Ihrem Sinne. Wenn das der Fall wäre, dann müsste ich mir selber Leid tun, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Sicherungsverwahrung muss grundsätzlich auch für entsprechende Taten Heranwachsender eingeführt werden, meine Damen und Herren. Warum soll jemand, der mit 20 Jahren fähig ist, so etwas anzurichten wie der Mörder von Gersthofen, nicht in Sicherungsverwahrung genommen werden können? – Ich halte das für einen Skandal.
Die Gewährleistung der bereits gesetzlich vorgesehenen Regelanwendung des Erwachsenenstrafrechts auf Heranwachsende muss endlich durchgesetzt werden. Die richterliche Praxis ist eine andere. Dieser Praxis muss der Gesetzgeber endlich einen Riegel vorschieben, und er kann es auch in verfassungsrechtlich zulässiger Weise, wenn er nur will – offenbar will er aber nicht. Ich sage das immer wieder, weil Sie für dieses dringende Anliegen bislang kein offenes Ohr haben.
Größtmögliche Sicherheit vor Straftaten zu gewährleisten, hat bei der Bevölkerung sehr hohe Priorität. Dazu gehört auch, dass die Höchstjugendstrafe für schwerste Verbrechen wenigstens um fünf Jahre auf 15 Jahre angehoben wird und dass deswegen die Mindestverbüßungsdauer im Regelfall nicht bei 15 Jahren endet. Sie können einem ganz normalen Menschen sowieso kaum begreiflich machen, dass in der Praxis „lebenslänglich“ 15 Jahre bedeutet und nicht mehr. Für jemanden, der mit 65 Jahren in den Knast kommt, heißt es möglicherweise lebenslänglich. Aber wer beispielsweise mit 22 Jahren einrücken muss, ist noch im Stadium der Jugend bereits wieder draußen. Ich halte dies bei schwersten Verbrechen für grundfalsch.
Im Einzelnen brauchen wir eine Verschärfung der Möglichkeiten zur Sicherungsverwahrung; Fehlanzeige bei Rot-Grün. Als Gegenmodell zum „zahnlosen Tiger“ der eingeführten Vorbehaltslösung fordern wir insbesondere, dass eine nachträgliche Sicherungsverwahrung bei besonders rückfallgefährdeten Gefangenen auch ohne Richtervorbehalt im Strafurteil jederzeit bis zum Ende der Strafhaft und bei besonders schwerwiegenden Straftaten auch für Ersttäter angeordnet werden kann. Muss denn ein Täter erst noch einmal jemanden umbrin
gen, damit er in Sicherungsverwahrung genommen werden kann? Ich habe dafür kein Verständnis. Sicherungsverwahrung muss außerdem in Zukunft grundsätzlich auch gegen Heranwachsende angeordnet werden können.
Gerade wieder angesichts der schrecklichen Tat im Fall Vanessa klingen Äußerungen aus der Opposition, nämlich dass mit höheren Strafen nichts zu erreichen sei, in den Augen der Betroffenen wie Hohn und geradezu zynisch. Die CSU wird dafür eintreten, dem Schutz von Verbrechensopfern sowie dem Schutz der Bevölkerung den Belangen des Täters – auch seinen Persönlichkeitsrechten gegenüber – Vorrang zu geben. Ich sage hier nochmals wie schon vor zwei Monaten: Wer fünf Jahre länger sitzt, kann in diesen fünf Jahren wenigstens nicht rückfällig werden, weil er dazu im Knast keine Möglichkeit hat.
Ich freue mich, dass mir die Opposition so intensiv zugehört hat. Das leere Haus zeigt deutlich, das Schutzbedürfnis der Bevölkerung ist der Opposition ein ganz großes Anliegen. Ich will die Geduld derer, die dageblieben sind, nicht noch länger strapazieren, bitte Sie aber eindringlich, Ihre Einstellung zu ändern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Präsident! Ich möchte nur Einiges klarstellen, weil Fragen aufgeworfen worden sind. Zuerst zu den zahlreichen Fragen des Kollegen Dr. Hahnzog, in der einen Frage zusammenfasst, ob wir eigentlich gegen alles sind, was jetzt im Bund auf den Weg gebracht wird. Wir sind natürlich nicht dagegen, dass die Neuregelungen, die auf den Weg gebracht worden sind, möglichst ohne Verzögerung weiter verfolgt werden. Das Problem im Blick auf die Sicherheit unseres Landes ist aber, dass der Eindruck erweckt wird, mit jenem Gesetzeswerk würde den Problemen ausreichend Rechnung getragen. Gerade das können wir Ihnen allerdings nicht durchgehen lassen, denn das bleibt weit hinter dem Notwendigen zurück. Dies ist unserem Antrag auch ganz klar und eindeutig zu entnehmen. Obwohl zwar deren Tendenz richtig ist, stimmen wir den eingebrachten rot-grünen Vorstellungen deshalb nicht zu, weil das, was neu gere
gelt werden soll, viel zu wenig ist. Dies möchte ich ganz deutlich klarstellen.
Es wäre nur eine ganz alberne Retourkutsche, wenn ich sagen würde: Offenbar haben Sie auch unseren Antrag nicht gelesen. Derart alberne Bemerkungen verkneife ich mir. Tatsache ist allerdings, dass in unserem Antrag genau jene Forderungen stehen, die ich in meinem Beitrag auch besonders herausgestellt habe.
Nun zum Beitrag der GRÜNEN. Sie mögen vielleicht Recht haben, wenn Sie mir vorhalten, dass zur Regierungszeit der CDU/CSU-FDP-Koalition auf diesem Gebiet zu wenig geschehen ist – das bestreite ich gar nicht. Wir haben immer mit ganz großem Bedauern feststellen müssen, dass auch intensivste Bemühungen zur Strafverschärfung vom Koalitionspartner nicht akzeptiert worden sind. Es war ja auch eine ehemalige Bundesjustizministerin der FDP, die sich jetzt als erste mit Richterschelte hervorgetan hat. Als der erkennende Richter im Fall Vanessa sinngemäß gesagt hat, wir brauchen schärfere Gesetze, war die Dame die erste, die gesagt hat: Das stehe dem Richter nicht zu; er solle so etwas nicht sagen. Mit genau dieser Grundhaltung ist in unserer Regierungszeit vom Koalitionspartner verhindert worden, dass das Notwendige geschieht.
Herr Präsident, Hohes Haus! Ich will zunächst nicht näher auf die gerade gehaltenen Reden eingehen. Vielleicht ergibt sich das noch.
Es ist manchmal schwierig, auf abwegige Äußerungen die richtigen Antworten zu finden.
Darüber darf ich zumindest eine Meinung haben; Sie dürfen das auch.
„Bayern ist ein Rechts-, Kultur- und Sozialstaat“ heißt es in Artikel 3 Absatz 1 der Bayerischen Verfassung. Diese Staatsziele stehen damit in unserer Verfassung ganz oben. „Leistungsstarke Justiz – Rechtsgewährung in schwierigen Zeiten“ hat Staatsminister Dr. Weiß seine Haushaltsrede betitelt. Nach den Zahlen, die er uns im Bundesvergleich genannt hat, darf man hinzufügen:
Bayern liegt vorn, auch mit seiner modernen, zukunftsorientierten Justiz.
Ich möchte das Hohe Haus bereits an dieser Stelle darum bitten, den nach Auffassung der CSU-Landtagsfraktion richtigen Konzepten des Justizministers und damit dem Haushalt zuzustimmen. Aber ich weiß nicht, ob ich Sie davon noch überzeugen kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Arbeitskreis für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen der CSU-Landtagsfraktion hat sich in diesem Jahr und auch in den vergangenen Jahren immer wieder unmittelbar vor Ort ein Bild über die Lage der Justiz in Bayern gemacht.
Informationsbesuche haben uns in fast alle Landesteile geführt. Dabei konnten wir ein außerordentliches Engagement der Richter und Staatsanwälte, aber auch der Beamten und Angestellten im Justizdienst feststellen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Engagement ist nicht selbstverständlich, denn viele Mitarbeiter tun mehr als ihre Pflicht. Nicht wenige Richter und Staatsanwälte haben längst jenseits der vorgeschriebenen 40-Stunden-Woche die Grenze der persönlichen Belastbarkeit erreicht und wohl nicht nur in Ausnahmefällen bereits überschritten, besonders in den Ballungsräumen. Ein derart vorbildliches Engagement verdient nicht nur Dank und Anerkennung, sondern auch Unterstützung in jeder nur möglichen Weise.
Ich begrüßte dankbar die Bemühungen der Haushaltspolitiker, insbesondere des Kollegen Dr. Müller, der Berichterstatter für diesen Einzelplan ist, und des Vorsitzenden Ach, um die Belange der Justiz, zum Beispiel um die Fortführung – das soll man nicht gering schätzen – der nötigen Ausstattung mit moderner Informations- und Kommunikationstechnik. Ich weiß aber auch und muss infolge der desolaten Bundespolitik leider akzeptieren, welche Grenzen diesen Bemühungen wegen übergeordneter finanzpolitischer Ziele gesetzt sind. Wie wir schon gehört haben, ist es wenigstens gelungen, im Haushalt 38 neue Planstellen und – sehr beachtlich, wie ich meine, in schwieriger Zeit – 1560 zusätzliche Beförderungsmöglichkeiten zu verankern. Bei den Stellen geht es um sechs Staatsanwälte – diese Stellen sind im Sicherheitskonzept Bayern enthalten – und um 20 Bewährungshelfer. Ich denke, die Bewährungshelfer haben uns allen vor Ort eindringlich und überzeugend dargelegt, dass sie sich in einer Situation befinden, in der diese Personalmehrungen unbedingt erforderlich sind. Und schließlich geht es um 12 Sexualtherapeuten, die wir vor allem im Zusammenhang mit Verbrechen an Kindern dringend benötigen.
Sobald es die Rahmenbedingungen erlauben, muss für die Richter und Staatsanwälte, aber auch für die Beschäftigten in den so genannten Service-Einheiten wieder mehr getan werden, als es zur Zeit möglich ist. Es kommt eben auch darauf an, dass Urteile, die gesprochen sind, in angemessener Zeit geschrieben und zuge
stellt werden können. Wir hätten sehr gern schon jetzt wesentlich mehr getan, aber im Interesse der Erhaltung staatlicher Handlungsfähigkeit, besonders im Interesse kommender Generationen müssen wir die durch eine völlig verfehlte Bundespolitik – ich muss es wieder sagen – verursachten Einnahmeausfälle vorrangig durch Sparen und nicht mit weiterer Verschuldung ausgleichen. Wir müssen, um auch künftig unseren Aufgaben gerecht werden zu können, vor allem heraus aus der Schuldenfalle.
Bayern liegt mit seinen Personalaufwendungen im Ländervergleich weit vorn. So sehr wir in aller Bescheidenheit unsere Spitzenposition auf zahlreichen anderen Gebieten hervorheben dürfen, in dieser Hinsicht sollten wir den Spitzenplatz nach Möglichkeit räumen. Das darf aber – ich sage das in allem Ernst, meine Damen und Herren – künftig nicht noch mehr auf Kosten der einzelnen Beschäftigten gehen. Wenn man die Veränderungen der letzten Jahrzehnte besonders für die Beamten bedenkt, wird man feststellen, dass die materiellen Perspektiven für die Bediensteten insgesamt nicht günstiger, sondern ungünstiger geworden sind, sowohl absolut gesehen – das ist kein Wunder, weil es allgemein so ist – als auch relativ gesehen im Vergleich zu den Arbeitern und Angestellten des öffentlichen Dienstes wie auch zu denen außerhalb des öffentlichen Dienstes. Die mittelfristig eingetretenen strukturellen Verschlechterungen im Besoldungsbereich einschließlich Belastung, Arbeitszeit, Versorgung und Nebenleistungen überwiegen die seither erfolgten Verbesserungen deutlich. Vieles war sicher unvermeidlich und gerechtfertigt, aber nicht alles. Ich nenne zum Beispiel die vom Bund gegen die Stimmen Bayerns im Bundesrat vorgenommenen Versorgungseinschnitte, die zumindest der Höhe nach auf erheblichste Bedenken stoßen.
Der Staat braucht für die Bewältigung seiner Aufgaben im Interesse seiner Bürgerinnen und Bürger leistungsfähige, leistungsbereite und hochmotivierte Beamte. Er hat sie auch. Er hat sie besonders im Bereich der Justiz, die zu den staatlichen Kernaufgaben gehört. Er hat sie, die dringend benötigten hochmotivierten Richter und Staatsanwälte, die Justiz- und Justizvollzugsbeamtinnen und -beamten und alle, die für einen funktionierenden Justizbetrieb unverzichtbar sind. Er hat sie noch, meine sehr verehrten Damen und Herren. Aber wir nähern uns dem Grenzbereich. Ich zitiere meinen Mandatsvorgänger Wilhelm Gastinger mit einem Spruch, der zwar zu Recht häufig für die Wirtschaft gebraucht wird, aber auch hier gilt: „Der öffentliche Dienst ist keine Kuh, die auf Erden gemolken und im Himmel gefüttert werden kann.“ Ich sage das in alle Richtungen dieses Hauses. Wenn der Staat sparen muss – und daran besteht kein Zweifel –, der Weg in die Verschuldung aber ausscheidet, dann kann der Personalsektor nicht ausgenommen werden.
Aber künftig sollte das möglichst nicht mehr an den einzelnen Bediensteten ausgehen, sondern an der Zahl der Bediensteten. Das muss dann selbstverständlich mit einem entsprechenden Aufgabenabbau verbunden sein, denn man kann nicht mit weniger Leuten mehr Aufgaben bewältigen.
Das muss also mit verringerter staatlicher Leistungsund Kontrolltätigkeit und ferner mit Verwaltungsvereinfachungen verbunden sein. Einsparpotenziale, die von der Privatwirtschaft wahrgenommen werden, müssen wir auch für den öffentlichen Dienst womöglich noch mehr als bisher nutzen. Der Einsatz moderner Kommunikations- und Informationstechnik ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung, der sich auch im vorliegenden Haushalt, wie schon erwähnt, niederschlägt.
Damit allein ist es aber nicht getan. Es gilt auch – und ich wähle diesen Begriff ganz bewusst wieder –, das „rechtsstaatliche Luxusmodell Deutschland“ sehr kritisch unter die Lupe zu nehmen. Andere Länder bieten in dieser Beziehung wesentlich weniger, ohne dass deren Rechtsstaatlichkeit in Zweifel gezogen werden könnte.
Wir haben in Deutschland, gemessen an der Bevölkerungszahl, die weltweit höchste Versorgung mit Richtern, aber dennoch ein sehr hohes Arbeitspensum der Justiz. Ich möchte nicht annehmen, dass wir in Deutschland überdurchschnittlich viele Rechtsbrecher und Streithähne haben. Wenn das alles zutrifft, dann liegt es am System. Dieses System, so meine ich, muss geändert, korrigiert, verbessert werden, und zwar im Sinne einer verstärkten Effizienz und besseren Bezahlbarkeit. Nötig sind vor allem auch Verfahrensvereinfachungen verschiedenster Art und der Abbau von Instanzen.
Damit wird keineswegs ein unangemessener Abbau von Recht und Gerechtigkeit gefordert, wie vielleicht behauptet werden wird. Urteile sollen und können auch unter veränderten Rahmenbedingungen genauso wie bisher gerecht und richtig sein. Nicht für die Rechtsmittelinstanz, sondern für den Unterlegenen sollten die jeweiligen Entscheidungsgründe – so kurz wie möglich – abgefasst werden. Fehlurteile können überall im Instanzenzug vorkommen. Der Instanzenzug ist kein Garant für mehr Gerechtigkeit. Er ist auch nicht verfassungsrechtlich vorgeschrieben. Nur der Weg zum Richter ist verfassungsrechtlich vorgeschrieben, nicht auch der Weg vom ersten zum zweiten Richter.
Illusionär und völlig abgehoben von der Realität sind unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen die Vorstellungen der SPD-Fraktion zum Justizhaushalt. In schwierigster Haushaltslage werden allein für die Justiz annähernd 1500 neue Stellen beantragt. Ich habe sie zusammengezählt. Derartige Kapriolen kann sich nur eine 30-Prozent-Partei mit jahrzehntelanger Oppositionserfahrung, die sie offenbar fortsetzen will, erlauben, die es ersichtlich auch aufgegeben hat, mit ihren Vorschlägen ernst genommen werden zu wollen.
Weil wir gerade in der Weihnachtszeit sind: Kinder hören damit auf, Wunschzettel an das Christkind zu schicken, wenn sich langsam der Verstand einstellt. Offenbar gibt es in dieser Beziehung erhebliche Defizite bei der Opposition in diesem Haus, oder aber man will den Wähler täuschen. Darin hat man in der letzten Zeit ja reichlich Erfahrung.
Die Justiz ist nicht nur, aber auch eine wichtige Säule der inneren Sicherheit. Dem hat die Staatsregierung mit einem vorbildlichen Sicherheitskonzept Rechnung getragen, aber auch mit einer Fülle von rechtspolitischen Initiativen gegenüber dem Bund wegen der dort angesiedelten Gesetzgebungskompetenzen. Es zeugt nicht von Sicherheit aus Ihrer Sicht ideologischer Borniertheit, wenn wir unsere diesbezüglichen Forderungen ständig wiederholen, sondern wir sind der Überzeugung, dass unsere Bevölkerung Sicherheit braucht, aber nicht ausreichend hat, weil der Bund das Notwendige nicht tut.
Die Bevölkerung wird vom Bund nach wie vor nur unzulänglich vor gefährlichen Straftätern geschützt. Daran ändern auch vollmundige Ankündigungen insbesondere des Bundeskanzlers nichts. Der sogenannte Macher sondert nur heiße Luft ab. Ich darf an seine Sprüche erinnern – das werde ich noch öfter tun –: „Kinderschänder wegschließen, aber für immer.“ „Verbrecher abschieben, und zwar sofort.“ Geschehen ist nichts dergleichen, jedenfalls nicht wirklich und wirksam. – „Gott sei Dank“ wird Kollege Dr. Hahnzog sagen. Im Gegenteil: Gesetzesinitiativen Bayerns im Bundesrat sind immer wieder abgelehnt worden. Wer sich nicht nur in diesem Bereich mit Inhalt und Wortwahl seiner Ankündigungen derart überhebt wie der Bundeskanzler – Franz Josef Strauß hätte wohl gesagt: „Wer das Maul so weit aufreißt“ –, ohne dass in der Sache hernach irgendetwas wirklich passiert, der sollte sich nicht wundern, wenn er nicht mehr als Medienstar wahrgenommen wird, sondern eher als tragikkomische Figur und unerschöpfliche Fundgrube für Witzbolde. Nach einem Wahlbetrug bisher unvorstellbarer Dimension ist ein derartiger – –
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, Sie gehören zu den ganz wenigen Menschen in diesem Lande, die darüber noch lachen können.
Nach einem Wahlbetrug in bisher unvorstellbarer Dimension –
ist ein derartiger Verfall der politischen Kultur nahezu zwangsläufig. Der Schaden trifft leider uns alle, nicht nur die Verursacher.
Aber Schuld hat nicht derjenige, der die Sache beim Namen nennt – und Wahlbetrug hat inzwischen in Deutschland einen Namen, nämlich Gerhard Schröder.
Schuld ist der, der die Wähler betrügt.
Der Bund ist insbesondere für folgende Sicherheitsmängel in Deutschland verantwortlich: Die vom Bundestag beschlossene nachträgliche Sicherungsverwahrung gewährleistet keinen ausreichenden Schutz der Bevölkerung, da sie bei bereits verurteilten Straftätern, deren Gefährlichkeit sich nachher herausstellt, nicht greift. Furchtbare Verbrechen aus jüngster Zeit, die zum Teil von einschlägig vorbestraften Personen begangen worden sind, haben deutlich gemacht, dass der Schutz der Allgemeinheit vor schweren Straftaten dringend verbessert werden muss.
Ich nenne beispielhaft weitere Forderungen, die sich überwiegend auch in Landtagsanträgen meiner Fraktion finden. Dazu gehört bei lebenslanger Freiheitsstrafe die Erhöhung der Mindestverbüßungsdauer von 15 auf 20 Jahre. Eines ist sicher: In der Zeit zwischen 15 und 20 Jahren Knast wird derjenige, der einsitzt, jedenfalls keine Verbrechen mehr an Kindern begehen. Davon können Sie ausgehen. Das ist das kleine Einmaleins. Aber das ist für Sie nicht von Belang.
Weiterhin gehört dazu die Schaffung der Möglichkeit, die Sicherungsverwahrung ohne Vorbehalt nachträglich anzuordnen, und zwar in allen Anwendungsfällen des § 66 des Strafgesetzbuchs sowie bei besonders schweren Straftaten auch bereits nach der ersten Tat. Ich nenne weiterhin die Sicherungsverwahrung bei Taten Heranwachsender, wenn das Erwachsenenstrafrecht zur Anwendung kommt und Gewährleistung der eigentlich im Gesetz bereits vorgesehenen Regelanwendung des allgemeinen Strafrechts auf Heranwachsende. Mir ist schon bekannt, Herr Kollege Dr. Hahnzog, dass diese Regelanwendung bereits Gesetz ist.
Ich trete jedoch ganz entschieden dafür ein, dass die Rechtsprechung durch Gesetz dazu gezwungen wird, von der Umkehrung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses künftig Abstand zu nehmen. Der Gesetzgeber kann das und er soll es auch tun.
Weiter wird gefordert die Erhöhung der Höchstjugendstrafe für schwerste Verbrechen Heranwachsender von 10 auf 15 Jahre, die Kennzeichnung der Grundfälle des Kindesmissbrauchs als Verbrechen, die Schaffung eines besonderen Straftatbestandes des Anbietens von Kindern für sexuellen Missbrauch, Strafverschärfungen im Bereich der Kinderpornographie, Überwachung der Telekommunikation bei allen Taten des Kindesmissbrauchs und der Verbreitung der Kinderpornographie und schließlich – ganz wichtig – die Erweiterung des Katalogs der Anlasstaten für eine DNA-Analyse. Ich empfinde es als großartigen Fortschritt, dass wir mit Hilfe der DNA-Analyse in der Lage sind, auch nach 20 Jahren
Sexualstraftäter dingfest zu machen, wie es kürzlich gelungen ist.
Größtmögliche Sicherheit vor Straftaten zu gewährleisten, gehört nicht nur zu den Kernaufgaben des Rechtsstaates. Sicherheit hat auch bei der Bevölkerung, wie wir alle wissen bzw. wissen sollten, einen ganz hohen Stellenwert und überdies eine herausragende soziale Dimension. Nur der wirtschaftlich Starke kann sich Sicherheit notfalls auch kaufen. Deswegen ist es eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, von Staats wegen Sicherheit für jedermann auch künftig zum Nulltarif zu garantieren. Staatliches Gewaltmonopol, Selbsthilfeverbot und effektive Rechtsgewährung gehören zusammen und bedingen einander.
Ich möchte zum Schluss allen Frauen und Männern, die sich in Bayern mit Erfolg um die Rechtspflege bemühen, herzlich danken. Ich danke den Justizvollzugsbeamten, den Gerichtsvollziehern, den Wachtmeistern und Beschäftigten der Geschäftsstellen, den Rechtspflegern, den Richtern, den Staatsanwälten, den Angehörigen der Justizverwaltung auf allen Ebenen und schließlich dem zuständigen Staatsminister Dr. Manfred Weiß mit seinen engeren Mitarbeitern.
Ich danke Ihnen für ihre Geduld, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich war das Thema dieser Aktuellen Stunde „Zukunft Bayern“, doch daraus ist die Aufarbeitung des katastrophalen Wahlergebnisses der bayerischen SPD bei der Bundestagswahl geworden, ohne jedoch konkrete Aussagen zu machen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, manche, auch in diesem Hause, wollen eine andere Republik.
Wir von der CSU wollen dies aber genauso wenig wie die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. Ich bin ganz sicher, auch die Mehrheit der SPDWähler will keine andere Republik. Manche ihrer Repräsentanten scheinen das allerdings hin und wieder zu vergessen.
Es ist für die Opposition natürlich schwierig, zum Thema „Zukunft Bayern“ konkrete Aussagen zu machen. Meine Damen und Herren, nicht wir, sondere andere sagen über Bayern – ich gebe zu, das hören wir gerne –: Dies ist ein blühendes Land, das in vieler Hinsicht Vorbild sein kann. Das zeigen auch die innerdeutschen Wanderungsgewinne. Wir sind eben nicht die letzte Ecke, sondern die erste Wahl, für die sich viele Menschen entscheiden, wenn sie sich verändern.
Das hat viele Gründe. Die Attraktivität unseres Landes ist beispiellos. Diese Attraktivität wollen wir sichern, ausbauen und womöglich verbessern. Das ist nicht allein das Verdienst von Politikern. Diese sind es aber, die Rahmenbedingungen vorgeben und somit erhebliche Verantwortung dafür tragen, wie ein Bundesland im Wettbewerb der Länder abschneidet. Diese Verantwortung trägt in Bayern seit Jahrzehnten die CSU. Dort hingegen, wo es SPD-Mehrheiten gibt, sieht das Ergebnis in der Regel ganz anders aus.
Wir wollen Marktführer bleiben, das gilt nicht zuletzt für die innere Sicherheit. In Bayern haben wir die geringste Kriminalitätsbelastung und die höchste Aufklärungsquote. Auch das ist ein Grund, weshalb die Menschen sich im Freistaat besonders wohlfühlen. Das kommt nicht von ungefähr, denn es ist die originäre Aufgabe des Staates, die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten. Die Sicherheit in diesem Land ist den Menschen sehr wichtig. Sogar die Ausländer leben in Bayern am sichersten, sicherer als in allen anderen Ländern Deutschlands. Dabei wird seitens der Opposition immer behauptet wird, wir von der CSU hätten mit Ausländern „nichts am Hut“.
Soviel zum Thema „Bayern und Ausländer“. Die soziale Dimension der inneren Sicherheit kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Wir wollen ein Land bleiben, in dem Sicherheit vom Staat, also zum Nulltarif bereitgestellt wird. Wir wollen dies im Gegensatz zu Ländern, in denen man sich Sicherheit kaufen muss, wo es dann sozial schwächere Bürger gibt, die sich diese Sicherheit nicht leisten können.
Meine Damen und Herren, das ist nicht unsere Vorstellung von Staat. Wir wollen alles vermeiden, was uns in
die falsche Richtung führen könnte. Wir brauchen in den elementaren Fragen, die dieses Land betreffen, keine Kurskorrektur. Wir wollen uns aber anstrengen, noch besser zu werden. Wir glauben keineswegs, wir könnten uns zufrieden zurücklehnen und bräuchten weiter nichts mehr tun, weil wir schon so gut sind. Wir haben vielmehr den Ergeiz, noch besser zu werden und so die Spitzenstellung in Deutschland zu halten.
Ich glaube, wir in Bayern können ganz besonders darauf stolz sein, dass wir es fertig gebracht haben, das Gesicht dieses Landes zu bewahren und trotzdem ein modernes Land zu werden. Wir haben dies in einem beispiellosen Entwicklungsprozess seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges gezeigt. Das ist der eigentliche Grund, warum wir sagen, wir wollen Bayern menschlich und modern. Das ist es, was wir umschreiben, wenn wir bildhaft von „Laptop und Lederhose“ sprechen. Sie aber wollen das absichtlich missverstehen. Aus Bonn haben wir für diese positive Entwicklung in den letzten Jahren keine Hilfe bekommen, und aus Berlin haben wir Hilfe derzeit erst recht nicht zu erwarten.
Ich hoffe, es wird nicht so sein – aber ich fürchte, man wird daran denken –, Bayern für sein Wahlergebnis abzustrafen. Das aber wäre das Letzte!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hätte genauso vor Ihnen sprechen können, Herr Kollege Volkmann. Es ist von verhältnismäßig geringem Belang, in welcher Reihenfolge wir uns austauschen.
Sie überschätzen den voluntativen Gehalt meines Vorschlags an die Frau Präsidentin. Ich habe einen Vorschlag gemacht und die Frau Präsidentin hat ihn geprüft und dann ihre Entscheidung getroffen. Wenn Sie damit nicht einverstanden sind, können Sie den Ältestenrat anrufen. Ich verstehe nicht, warum manche Leute sich derartig aufblasen, wie es hin und wieder in diesem Hause geschieht.
Nun aber zur Sache. Die CSU-Fraktion hat die Belange der Kommunen immer sehr ernst genommen. Wir sehen auch sehr wohl einen Zusammenhang zwischen dem Anhörungsrecht der Kommunen und der Abschaffung des Bayerischen Senats. Im Bayerischen Senat konnten sich nämlich unter anderem die Kommunen – nicht nur die Kommunen, aber eben auch diese – in jedem Gesetzgebungsverfahren äußern. Diese Möglichkeit ist weggefallen.
Wir haben deswegen schon sehr frühzeitig signalisiert, dass wir selbstverständlich bereit sind, die für uns immer sehr wichtige Meinung der Kommunen zu Gesetzen, welche sie betreffen, auf andere Weise einzuholen, und zwar auf der Grundlage eines Anhörungsrechts.
Wir haben bisher davon abgesehen, dieses Anhörungsrecht der Kommunen in der Bayerischen Verfassung zu verankern. Es ist aber klar und eindeutig in der Geschäftsordnung des Bayerischen Landtags niedergelegt. Nach § 33 a sollen die Kommunen in allen Angelegenheiten, die sie nicht nur unerheblich berühren, gehört werden. Die Soll-Bestimmung hat nicht etwa den Zweck, sich vorzubehalten, die Kommunen nur dann, wenn es genehm ist, anzuhören. Das war nie beabsichtigt. Insoweit liegen auch keine Beschwerden der Kommunen vor. Von einer missbräuchlichen Anwendung der Soll-Bestimmung kann also keine Rede sein. Es gibt bisher überhaupt keine Beschwerden über die Praxis der Anwendung des Anhörungsrechts der Kommunen.
Wir sehen deswegen auch keine Notwendigkeit, diesem Anhörungsrecht Verfassungsrang zu geben. Dem Gedanken, die Bestimmungen im Rahmen der Geschäftsordnung seien eine Regelung minderen Rechts, die sehr leicht geändert werden könne, ist entgegenzuhalten: keine Fraktion wird sich erlauben und erlauben können, das in der Geschäftsordnung verankerte Anhörungsrecht zu schmälern oder gar wieder abzuschaffen. So etwas wäre rechtlich zwar möglich, ist aber nicht beabsichtigt. Politisch halte ich Derartiges für ausgeschlossen. Aus diesem Grunde sehe ich nach wie vor keine Veranlassung, dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung der Bayerischen Verfassung die Zustimmung zu erteilen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf auf Drucksache 14/2599 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Verfassungs-,
Rechts- und Parlamentsfragen empfiehlt die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer dagegen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Herr Kollege Hartenstein. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? – Keine. Der Gesetzentwurf ist damit abgelehnt.
Ich rufe auf:
Tagesordnungspunkt 9
zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes (Druck- sache 14/6641)
Zweite Lesung –
Änderungsantrag der Abgeordneten Christine Stahl, Elisabeth Köhler, Tausendfreund und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 14/7366)
Antrag der Abgeordneten Christine Stahl, Dr. Dürr, Elisabeth Köhler und anderer und Fraktion (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)
Begleitmaßnahmen zum Gesetzentwurf zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes auf Drucksache 14/6641 (1)
Konzept für die Vernetzung der Opferhilfe (Drucksa- che 14/7321)
Antrag der Abgeordneten Christine Stahl, Dr. Dürr, Elisabeth Köhler und anderer und Fraktion (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)
Begleitmaßnahmen zum Gesetzentwurf zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes auf Drucksache 14/6641 (2)
Aus- und Weiterbildung für Polizei, Justiz, Verwaltung und Ärzteschaft (Drucksache 14/7322)
Antrag der Abgeordneten Christine Stahl, Dr. Dürr, Elisabeth Köhler und anderer und Fraktion (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)
Begleitmaßnahmen zum Gesetzentwurf zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes auf Drucksache 14/6641 (3)
Bereitstellung der notwendigen Mittel für die Opferhilfe (Drucksache 14/7323)
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die Redezeit beträgt 30 Minuten pro Fraktion. Damit es jetzt von vornherein klar ist: Mir sind als Rednerinnen die Kolleginnen Christine Stahl, Monica Lochner-Fischer und Renate Dodell gemeldet worden. Ich bitte nun Frau Stahl ans Mikrofon.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, soweit Sie zugegen sind! Keine verfassungswidrige Zuwanderungsgesetzgebung in Deutschland, das ist der Titel unseres Dringlichkeitsantrags, auf dessen Inhalt ich zunächst verweisen darf.
Das Interesse! Schon in meiner frühesten Jugend hat mir ein politisch interessierter Mensch gesagt: Du hast wohl die Funktion des Fußballs noch nicht erkannt. Ich muss feststellen: Der Mann hatte Recht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, nach einer Emnid-Umfrage vom Januar 2002, also brandaktuell, sprechen sich 75% der Bevölkerung für eine Beschränkung der Zuwanderung aus. Eine Umfrage vom März hat ergeben, dass 52% der Bevölkerung den Ausländeranteil in Deutschland für zu hoch halten. Nach einer vor wenigen Tagen veröffentlichten Studie des AllensbachInstituts sind 84% der Meinung, dass die Mehrheit der Bevölkerung gegen Zuwanderung ist. Ich füge hinzu: von hoch qualifizierten Fachkräften in überschaubarer Zahl, die wir benötigen, einmal abgesehen.
Diese ganz eindeutige und entschiedene Haltung der Menschen in unserem Lande zeigt – die Meinung von Organisationen interessiert hier schon aus demokratiepolitischen Gründen weit weniger –, dass das aktuelle Zuwanderungsgesetz von den Menschen abgelehnt wird. Aber es wurde dennoch von der jetzigen Koalition, deren Zeit allerdings bald abläuft, mit allen erdenklichen Mitteln noch vor der Bundestagswahl verfassungswidrig,