Protocol of the Session on February 15, 2001

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Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 59. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde, Ihre Zustimmung vorausgesetzt, erteilt.

Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten, eines ehemaligen Kollegen zu gedenken:

(Die Anwesenden erheben sich)

Am 3. Februar verstarb Herr Staatsminister a.D. Walter Stain im Alter von 84 Jahren. Er gehörte dem Bayerischen Landtag von 1950 bis 1962 an und vertrat für den Gesamtdeutschen Block/BHE den Wahlkreis Unterfranken. Walter Stain war Mitglied der Ausschüsse für Ernährung und Landwirtschaft, für Wirtschaft und Verkehr sowie für Angelegenheiten der Heimatvertriebenen und Kriegsfolgegeschädigten. Von 1953 bis 1954 war er Staatssekretär für das Flüchtlingswesen, danach bis 1962 Staatsminister für Arbeit und soziale Fürsorge. Unter Ministerpräsident Dr. Hanns Seidel hatte er zudem von 1957 bis 1958 das Amt des stellvertretenden Ministerpräsidenten inne.

Als Angehöriger der Kriegsgeneration und als Heimatvertriebener galt sein besonderer Einsatz dem Aufbau eines demokratischen Gemeinwesens und der Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen. Auch nach seinem Ausscheiden aus der aktiven Politik engagierte er sich für die Belange der Sudetendeutschen. Sein langjähriger Einsatz für das öffentliche Wohl war vorbildlich.

Der Bayerische Landtag wird dem Verstorbenen ein ehrendes Gedenken bewahren. Sie haben sich zu Ehren des Toten von Ihren Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte nun noch einige Glückwünsche aussprechen. Runde Geburtstage feierten am 9. Februar Frau Kollegin Irmlind Berg und gestern Frau Kollegin Anne Voget. Heute vollendet Herr Kollege Dr. Runge sein 43. Lebensjahr. Ich gratuliere den Genannten im Namen des Hohen Hauses und persönlich sehr herzlich und wünschen ihnen alles Gute, besonders Gesundheit und Erfolg für ihre parlamentarische Tätigkeit.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 1

Mündliche Anfragen

Wir haben dafür 45 Minuten Zeit. Ich bitte zunächst den Staatsminister des Innern um die Beantwortung der ersten Fragen. Der erste Fragesteller ist Herr Kollege Hausmann.

Herr Präsident, Herr Staatsminister! Ich darf die Staatsregierung fragen: Wie steht die Staatsregierung zum Chamer Modell zur Wildunfallbekämp

fung, und inwieweit ist dieses Erfolgsmodell auf ganz Bayern zu übertragen und zu fördern?

Herr Staatsminister.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Kollege Hausmann! Die Bekämpfung von Wildunfällen ist eine wichtige Aufgabe im Rahmen der Gewährleistung der Verkehrssicherheit auf den bayerischen Straßen. Aus diesem Grund beurteilt die Staatsregierung das Chamer Modell zur Erkennung von örtlichen Wildunfallschwerpunkten bzw. -gefahrenpunkten grundsätzlich positiv. Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse können zielgerichtete Unfallbekämpfungsstrategien, wie zum Beispiel die Errichtung von Wildschutzzäunen oder von so genannten Duftzäunen, die Anlage von Wildäckern, um das Wild vom Überqueren von stark befahrenen Straßen abzuhalten, oder auch herkömmliche Maßnahmen, wie das Aufstellen des Zeichens 142 – Wildwechsel – ergriffen werden.

Grundsätzlich ist das Chamer Modell auf ganz Bayern übertragbar. Die bisherigen Erfahrungsberichte der Regierung sind jedoch sehr uneinheitlich ausgefallen; sie reichten von einer positiv zustimmenden bis zu einer negativ ablehnenden Haltung. Das Staatsministerium des Innern plant deshalb, das Chamer Modell in modifizierter Form bayernweit einzuführen. Die Präsidien der Bayerischen Landespolizei, die Regierungen, der ADAC und der Landesjagdverband Bayern wurden mit Schreiben vom 29.01.2001 gebeten, zu einem geänderten Grundsatzprogramm zur Fortführung des Chamer Modells Stellung zu nehmen. Der Eingang der Stellungnahmen und ihre Auswertung bleiben abzuwarten.

Die Förderung des Chamer Modells in Form von Unterstützung durch die Polizei oder die Kreisverwaltungsbehörden, etwa durch Erstellung bzw. Sammlung und gegebenenfalls Auswertung der Wildunfallmeldungen ist vorstellbar. Für eine finanzielle Förderung sehe ich derzeit keinen Spielraum.

Zusatzfrage? – Herr Kollege Hausmann.

Ist bekannt, in wie vielen Landkreisen das Chamer Modell angewendet wird?

Ich kann aus dem Kopf keine präzise Zahl angeben, weiß aber, dass es in der überwiegenden Anzahl der Landkreise durchgeführt wird. Es liegt auf der Hand, dass es im unmittelbaren Stadt-Umland-Bereich weniger eine Rolle spielt als dort, wo mehr Wild vorhanden ist. Die überwiegende Zahl der Landkreise nimmt an diesem Modell teil.

Die nächste Frage stellt Frau Kollegin Schieder.

Herr Staatsminister! Was bedeutet der Bau der so genannten „Mischmeisterei“ in Vohenstrauß für das zukünftige Konzept der Autobahnmeistereien in der Oberpfalz, im Besonderen für den Zeitpunkt eines Baubeginns der geplanten Autobahnmeisterei in Wernberg-Köblitz?

Herr Minister.

Die Straßenmeisterei Vohenstrauß befindet sich derzeit im Bau. Der Neubau wurde als „Mischmeisterei“ konzipiert, das heißt zusätzlich zu den Bundes-, Staats- und Kreisstraßen wird der Streckenabschnitt der BAB A 6 zwischen dem Autobahnkreuz Wernberg-Köblitz und Waidhaus, Landesgrenze, von zirka 34 km künftig mit betreut. Dadurch kann der Neubau der ursprünglich geplanten Autobahnmeisterei Wernberg entfallen mit der Folge erheblicher wirtschaftlicher Vorteile. Im Bereich des Autobahnkreuzes Wernberg-Köblitz muss allenfalls noch eine Streustofflagerhalle auf dem vom Bund bereits erworbenen Grundstück erstellt werden.

Die Betreuung der übrigen, ursprünglich der Autobahnmeisterei Wernberg zugedachten Unterhaltungsstrecken auf der BAB A 6 und A 93 werden von den benachbarten Autobahnmeistereien Schwandorf und Windischeschenbach übernommen.

Eine Zusatzfrage.

Diese Auskunft ist mir bekannt. Ich habe das dem Bürgermeister mitgeteilt, worauf er geantwortet hat, die Oberste Baubehörde habe in dieser Angelegenheit nichts zu entscheiden, sondern das werde die Autobahndirektion machen. Diese habe dem Bürgermeister zugesichert, dass noch nichts entschieden sei. Was sagen Sie dazu?

Herr Minister.

Staatsminister Dr. Beckstein (Innenministerium) : Sowohl bei der Obersten Baubehörde als auch bei der Autobahndirektion handelt es sich um nachgeordnete Behörden. Das bedeutet, dass die Angelegenheit letztlich vom Innenministerium bzw. vom Innenminister entschieden wird. Wir werden die Entscheidung selbstverständlich nur nach sachgemäßen Kriterien treffen. Soweit es sich um Aufgaben handelt, an denen der Bund finanziell beteiligt ist, müssen wir die Zustimmung des Bundesministeriums einholen.

Das Grundkonzept der Autobahnmeisterei 2000 sieht vor, größere Einheiten der Betreuung zu bilden, weil dadurch erhebliche Kostenvorteile erzielt werden können. Das ist auch hier ganz offensichtlich der Fall. Die Straßenmeisterei in Vohenstrauß war sehr schlecht untergebracht. Verschiedene Räumlichkeiten waren über den gesamten Ort verteilt, zum Teil waren sie innerhalb des Ortskerns angemietet. Es war deshalb klar, dass die Straßenmeisterei Vohenstrauß neu gebaut werden muss. Mit dem jetzigen Konzept kann die Autobahn

meisterei Wernberg entfallen. Die Kosten für diesen Neubau werden eingespart. Allerdings muss wahrscheinlich ein Lager für Streumittel gebaut werden. Ich hoffe, dass alle Behörden vor Ort dieses Konzept genauso begeistert vertreten, wie ich das hier tue.

Eine Zusatzfrage: Frau Kollegin Schmitt.

Herr Staatsminister, Sie haben von dem Projekt „Autobahnmeisterei 2000“ gesprochen. Welche Auswirkungen hat dieses Konzept auf die Autobahnmeisterei Schwabach?

Herr Minister. Diese Frage ist allerdings schon etwas von der Ausgangsfrage entfernt.

Die Frage, wie es sich mit der Autobahnmeisterei Schwabach verhält, ist mir von Herrn Kollegen Freller immer wieder vorgelegt worden. Wir überprüfen im Moment die verschiedenen Konzepte. Ich schließe nicht aus, dass die Betreuung von Schwabach aus weiterhin notwendig ist. Die Einzelheiten kann ich Ihnen allerdings aus dem Kopf nicht nennen.

Letzte Zusatzfrage: Frau Kollegin Schieder.

Herr Staatsminister, wissen Sie, was mit dem Grundstück in Wernberg-Köblitz geschehen soll, wenn dort nur eine Streuguthalle untergebracht werden soll? Das ist ein relativ großes Grundstück, welches ursprünglich für den Bau gebraucht wurde.

Herr Minister.

Ein Teil des Grundstücks wird für die Streugutlagerhalle benötigt. Was mit dem Restgrundstück geschieht, ist im Moment noch nicht hundertprozentig untersucht. Das muss zwischen den zuständigen Bundes- und Landesbehörden und der Kommune entschieden werden. Das ist im Moment noch nicht spruchreif.

Die nächste Frage von Frau Kollegin Christine Stahl stellt Frau Kollegin Köhler.

Herr Minister, in welcher Größenordnung kann die Staatsregierung eine Zunahme rechtsextremistischer Straftaten, insbesondere auch eine Zunahme von Gewalttaten, in Bayern für den Zeitraum von Januar bis November 2000 feststellen, und ist eine mögliche Zunahme prozentual mit der von der Bundesregierung festgestellten 40-%-Steigerung bei den Gewalttaten vergleichbar?

Herr Minister.

Herr Präsident, meine liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Kollegin Köhler! Vom 1. Januar bis 30. November 2000 wurden in Bayern 57 rechtsextremistische Gewalttaten erfasst; im selben Zeitraum des Vorjahrs waren es 56. Die Steigerung ist somit minimal. Im Bundesgebiet stieg im Vergleichszeitraum die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten von 708 auf 838 und damit um 18%. Damit sind in Bayern die Zahlen für rechtsextremistische Gewalttaten wesentlich weniger gestiegen als im Bundesgebiet. Daran wird im Grundsatz auch die geringfügige Steigerung der im gesamten Jahr 2000 – also einschließlich des Monats Dezember – in Bayern bekannt gewordenen Delikte von 56 im Vorjahr auf 60 im Jahr 2000 nichts ändern.

Die Zahl der sonstigen rechtsextremistisch motivierten Straftaten ist mit Stand November von zirka 850 im Vorjahr auf zirka 1330 und damit um rund 55% gestiegen. Die Vergleichszahlen für das gesamte Jahr 2000 in Bayern weisen eine Steigerung von zirka 940 auf zirka 1570 aus, also etwa 67%. Diese Steigerung ist auch auf Nachmeldungen zurückzuführen. Dass wir in Bayern hier eine höhere Steigerungsrate als im Bundesgebiet haben, ist offensichtlich auf das umfassende Meldeverhalten der Sicherheitsbehörden in Bayern zurückzuführen. In die Zahl dieser Straftaten fällt zum Beispiel jedes einzelne Hakenkreuz und jede einzelne SS-Rune, die irgendwo aufgezeichnet worden sind.

Eine Zusatzfrage: Frau Kollegin Köhler.

Herr Minister, gibt es mittlerweile bundeseinheitliche Kriterien, nach denen rechtsextremistische Straftaten, seien es Gewalttaten oder andere Straftaten, eingestuft werden, und welche Kriterien sind das?

Herr Minister.

Wir haben bundeseinheitliche Kriterien, die allerdings außerordentlich schwammig sind und deswegen zu vielfältiger Kritik Anlass gegeben haben. Vor diesem Hintergrund haben die IMK und der Bundesinnenminister versucht, neue Kriterien zu erarbeiten. Sowohl der AK 2 als auch der AK 4 der Innenministerkonferenz haben sich auf der Arbeitsebene damit beschäftigt. Das niedersächsische Kriminologische Forschungsinstitut von Herrn Prof. Pfeiffer, dem jetzigen Justizminister von Niedersachsen, hat dazu Erhebungen angestellt. Es wurden verschiedene Vorschläge vorgelegt, auf deren Basis umfangreiche statistische Feststellungen hätten getroffen werden können. Mehrere Länder haben sich bisher mit diesen Vorschlägen nicht einverstanden erklärt. Wir werden uns deswegen heute im Rahmen der Innenministerkonferenz über diese Frage unterhalten und versuchen, zu einheitlichen Kriterien zu kommen.

Mir erscheint es wichtig – ich betone das Wort wichtig –, zu einheitlichen Feststellungen zu kommen. Sekundär ist für mich, wie umfangreich diese Kriterien sein müssen. Die Einheitlichkeit der Erhebungskriterien erscheint mir jedoch außerordentlich bedeutsam. Es gibt in dieser Frage noch sehr unterschiedliche Vorstellungen auf der politischen Ebene. Insbesondere Mecklenburg-Vorpommern ist das Land, das sich am heftigsten gegen neue Kriterien wendet.

Zweite Zusatzfrage: Frau Kollegin Köhler.