Protokoll der Sitzung vom 08.10.2002

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 97. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, mehrerer ehemaliger Kollegen zu gedenken.

Am 1. August verstarb Herr Oskar Rummel im Alter von 81 Jahren. Er gehörte von 1962 bis 1978 dem Bayerischen Landtag an und vertrat für die Fraktion der SPD den Wahlkreis Unterfranken. Als Verwaltungsfachmann brachte er seine Kenntnisse und Erfahrungen in die Ausschüsse für Fragen des Beamtenrechts und der Besoldung sowie für Fragen des öffentlichen Dienstes ein. Sein langjähriger Einsatz in verschiedenen politischen Gremien für die Menschen in seiner Heimatregion war vorbildlich.

Am 12. September verstarb Herr Josef Ruttmann im Alter von 80 Jahren. Er gehörte dem Bayerischen Landtag von 1966 bis 1970 an und vertrat für die SPD-Fraktion den Wahlkreis Oberbayern. Als Angehöriger der Kriegsgeneration galt sein besonderer Einsatz dem Aufbau eines demokratischen Gemeinwesens. Während seiner Zugehörigkeit zum Parlament war er Mitglied des Ausschusses für Fragen des Beamtenrechts und der Besoldung.

Am 17. September verstarb Herr Leonhard Deininger im Alter von 91 Jahren. Er gehörte dem Bayerischen Landtag von 1958 bis 1970 an und vertrat für die CSU-Fraktion den Stimmkreis Regensburg-Land. Von 1972 bis 1977 war er Mitglied des Bayerischen Senats. Leonhard Deininger engagierte sich unter anderem in den Ausschüssen für sozialpolitische Angelegenheiten, für kulturpolitische Fragen und für Sicherheitsfragen. Als Mann der „ersten Stunde“ nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs setzte er sich in seinem Amt als Landrat mit ganzer Kraft für den Wiederaufbau und für die Menschen in seiner Heimat ein.

Am 25. September verstarb nach langer, schwerer Krankheit Herr Richard Wengenmeier im Alter von 74 Jahren. Er gehörte von 1962 bis 1994 dem Bayerischen Landtag an und vertrat für die Fraktion der CSU den Stimmkreis Marktoberdorf. Richard Wengenmeier war zunächst Mitglied im Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Kommunalfragen, bevor er 1963 in den Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen wechselte, dem er bis zu seinem Ausscheiden aus dem Parlament im Jahr 1994 angehörte, davon 17 Jahre als dessen Vorsitzender. Mit seiner unverwechselbaren Persönlichkeit, seiner humorvollen Art und seinem enormen Sachverstand hat er sich hohen Respekt über die Fraktionsgrenzen hinweg erworben. Als einflussreicher Haushälter und als selbstbewusster Parlamentarier hat er der Finanzpolitik Bayerns seinen Stempel aufgedrückt. Darüber hinaus galt sein ganzer Einsatz den Menschen in seiner Allgäuer Heimat. Als Anerkennung seiner Leistungen wurden ihm zu Lebzeiten hohe Auszeichnungen

zuteil. Richard Wengenmeier wird allen, die ihn gekannt haben, als aufrechte Persönlichkeit, als fachkundiger Kollege und als verlässlicher Freund in Erinnerung bleiben.

Der Bayerische Landtag wird den Verstorbenen ein ehrendes Gedenken bewahren.

Sie haben sich zu Ehren der Toten von Ihren Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein paar nachträgliche Glückwünsche zum Geburtstag möchte ich noch aussprechen. Während der sitzungsfreien Zeit feierten folgende Kolleginnen und Kollegen runde oder halbrunde Geburtstage: Frau Staatssekretärin Erika Görlitz, Herr Jakob Kreidl, Herr Albrecht Schläger, Herr Helmut Guckert, Herr Bernd Kränzle, Herr Prof. Dr. Walter Eykmann sowie Frau Dr. Dorle Baumann. Den Kolleginnen und Kollegen gratuliere ich im Namen des Hohen Hauses und persönlich sehr herzlich und wünsche ihnen alles Gute, vor allem Gesundheit und viel Erfolg bei der Erfüllung ihrer parlamentarischen Aufgaben.

Ferner gratuliere ich zur Wahl in den Deutschen Bundestag den Kollegen Dr. Peter Gauweiler, Josef Göppel, Dr. Heinz Köhler sowie der früheren Mitarbeiterin im Landtagsamt, Frau Hannelore Roedel. Ich wünsche den Genannten im Namen des Hohen Hauses und persönlich für ihre neuen Aufgaben im Deutschen Bundestag viel Glück und Erfolg.

(Beifall bei der CSU)

Nunmehr treten wir in die Behandlung der Tagesordnung ein.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 1

Aktuelle Stunde

Für die heutige Sitzung ist die Fraktion der SPD vorschlagsberechtigt. Sie hat eine Aktuelle Stunde beantragt zum Thema „Bayern nach der Bundestagswahl – Anforderungen für die Zukunft unseres Freistaates“.

In die Beratung beziehe ich den zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsantrag ein:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Glück, Dr. Bernhard, Dr. Fickler und anderer und Fraktion (CSU)

Bayern nach der Bundestagswahl – Anforderungen für die Zukunft (Drucksache 14/10204)

In der Aktuellen Stunde dürfen die einzelnen Redner grundsätzlich nicht länger als fünf Minuten sprechen. Auf Wunsch einer Fraktion kann einer ihrer Redner zehn Minuten sprechen; dies wird auf die Gesamtredezeit der jeweiligen Fraktion angerechnet. Wenn ein Mitglied der Staatsregierung kraft seines Amtes das Wort nimmt,

wird die Zeit seiner Rede nicht mitgerechnet. Ergreift ein Mitglied der Staatsregierung das Wort für mehr als zehn Minuten, erhält auf Antrag einer Fraktion eines ihrer Mitglieder Gelegenheit, fünf Minuten ohne Anrechnung auf die Dauer der Aussprache zu sprechen.

Ich bitte Sie, jeweils auf mein Signal zu achten.

Der erste Redner ist Herr Kollege Maget. Er bringt einen 10-Minuten-Beitrag.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!. Vielleicht darf ich das nachholen, was anscheinend vergessen wurde. Ich möchte auch den Kollegen Dr. Beckstein und Dr. Stoiber zur Wahl in den Bundestag herzlich gratulieren.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und beim BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch wenn sich der Herr Ministerpräsident das Ganze vielleicht etwas anders vorgestellt hat, wir jedenfalls freuen uns über dieses Wiedersehen hier in diesem Hause und möchten ihm aus diesem Anlass auch Blumen überreichen.

(Frau Werner-Muggendorfer überreicht dem Minis- terpräsidenten einen Strauß herbstlicher Blumen – Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von allen Fraktionen)

Das sind herbstliche Blumen, Herr Kollege Gabsteiger, Herbstblumen für ein weiteres Jahr als Ministerpräsident; aber dann muss Schluss sein.

(Unruhe)

Wir möchten Ihnen dazu unseren herzlichen Willkommensgruß entbieten.

Wir waren ja verabredet in diesem Haus.

(Zuruf von der CSU)

Der bayerische Ministerpräsident hat sich in seiner letzten Rede vor der Sommerpause von uns allen mit den Worten verabschiedet: „Wir werden uns hoffentlich gesund und munter wieder in diesem Hohen Hause treffen. Ich bin auf jeden Fall dabei.“

Wir haben es auch gewusst. Sie haben Recht behalten. Herzlich willkommen zurück im Bayerischen Landtag auf der Bühne der Landespolitik.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CSU)

Herr Dr. Stoiber wollte Kanzler werden.

(Prof. Dr. Eykmann (CSU): Ihr werdet euch noch wundern!)

Sie sich auch, Herr Kollege Prof. Dr. Eykmann.

(Zurufe von der CSU)

Er ist der Kandidat geblieben. Gereicht hat es nur zum zweitschlechtesten Wahlergebnis der Union seit 1949.

(Zurufe von der CSU)

Alle Wahlziele der Union und alle Wahlziele des Kanzlerkandidaten wurden verfehlt. Nicht Kanzler, nicht stärkste Fraktion, nicht Bundestagspräsident – nur zweitschlechtestes Ergebnis.

(Widerspruch bei der CSU)

Ich weiß schon, dass Sie

(Glocke des Präsidenten)

dieses Ergebnis nicht gefreut hat; das weiß ich schon, aber zuhören werden Sie mir trotzdem müssen.

(Prof. Dr. Eykmann (CSU): Sie sollten erst in den eigenen Spiegel schauen!)

Ich gebe Ihnen zu, dass Sie in Bayern Ihr Wählerreservoir ausgeschöpft haben und dass viele unserer Landsleute aus landsmannschaftlicher Verbundenheit einem Bayern ihre Unterstützung mit auf den Weg gegeben haben.

(Zurufe von der CSU)

Aber es hat nicht gereicht; denn in den anderen Teilen Deutschlands stieß der Kandidat nicht auf Zustimmung, sondern auf große Ablehnung, und zwar wegen Selbstgerechtigkeit und Besserwisserei,