einmal, die Sozialsysteme werden es nicht verkraften, wenn ihnen alle Kosten aufgebürdet werden. Auch wenn Sie es nicht glauben wollen und Ihre Freunde von RotGrün in Berlin andere Wege gehen, wird es nicht möglich sein, ständig an der Beitragsspirale zu drehen. Das ist Gift für unsere Arbeitsplätze; das ist Gift für die Sicherung unseres Sozialsystems. Deshalb ist es wichtig, mehr Prävention zu betreiben. Das sind hochrentable Investitionsprogramme.
Meine Damen und Herren, „mehr Eigenverantwortung“ heißt die Losung für die Zukunft. Ich meine, das schadet nicht. Ich sage es Ihnen offen und ehrlich, ich verstehe das Geheule der Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt in den letzten Tagen nicht. Sie versucht, das Vorgehen der Techniker-Krankenkasse – ich darf die Kasse direkt nennen – so darzustellen, als ob es sich um ein kriminelles Verhalten handeln würde, weil mehr Eigenverantwortung gefordert wird. Das Angebot anzunehmen, steht doch jedem frei. Ich meine, das ist sehr wohl ein richtiger Weg.
Die Gesundheitsinitiative Bayern aktiv ist eine Offensive auf breiter Ebene. Sie ist ein Highlight, ein gesundheitspolitischer Baustein, um den Bürgerinnen und Bürgern in Bayern einen guten Ansatz zu vermitteln. Es soll erreicht werden, dass der Einzelne seine Gesundheit zu seiner ureigenen Sache macht.
Herr Geiger von der Opposition, Sie haben in weiten Passagen versucht, die Dinge sehr sachlich darzustellen.
Es gibt einen Antrag von Ihnen, in dem moniert wird, dass zuviel Öffentlichkeitsarbeit geleistet werde. Was soll nun getan werden? Wer soll denn die neuen Dinge herausbringen?
(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Schreien Sie nicht so! – Frau Steiger (SPD): Wir sind nicht schwerhörig!)
Sagen Sie mir doch, auf welche dieser Broschüren Sie verzichten wollen, wenn Sie der Meinung sind, dass zuviel Öffentlichkeitsarbeit geleistet wird. Es trifft nicht zu, dass Kabinettsmitglieder, Herr Minister Sinner oder Herr Minister Miller, in diesen Broschüren abgebildet seien. Sie stellen Dinge in den Raum, die nicht der Wahrheit entsprechen. Kein Mensch ist mit seinem Konterfei in den Broschüren zu finden. Was würden Sie zurückziehen? Was halten Sie für unwichtig? Sagen Sie es doch! Hören Sie doch auf, in der Hoffnung mit Dreck herumzuwerfen, dass etwas hängen bleibt.
Sagen Sie, auf welches Produkt Sie im Rahmen der Gesundheitsinitiative Bayern verzichten wollen. Das können Sie nicht.
Die gesamten Aktionen sind begrüßenswert. Es geht darum, Volkskrankheiten wie Diabetes, Schlaganfall, Krebs usw. zu bekämpfen. Das muss man der Öffentlichkeit übermitteln können. Ein anderer Weg lässt sich kaum finden. Für diese Kampagne werden im Jahr 2003/2004 je 8 Millionen e investiert. Da gibt es, Herr Kollege Dr. Dürr, eine gewaltige Steigerung gegenüber dem letzten Jahr, nämlich um 2,9 Millionen DM, was eine Steigerung um rund 50% bedeutet.
Die CSU-Fraktion begrüßt den zentralen Teil der Gesundheitsinitiative. Die Vorsorge und die von Staatsminister Sinner initiierten Maßnahmen wie die Einrichtung des Schlaganfallregisters oder die Darmkrebsfrüherkennung finden unsere nachdrückliche Unterstützung. Die Politik insgesamt muss das Bewusstsein der Menschen dahingehend stärken, dass Prävention besser ist, als sich aufwendigen Reparaturmaßnahmen unterziehen zu müssen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Pfaffmann?
Nach mehrjährigen Diskussionen hat das gesamte Parlament gemeinsam mit der Staatsregierung die Einrichtung des Krebsregisters durchgesetzt. Mit diesem Krebsregister setzen wir Maßstäbe. Dies wurde gestern im Landesgesundheitsrat bestätigt. Erfreulich ist, dass der Haushaltsansatz von bisher 1,74 Millionen e auf 1,8 Millionen e aufgestockt werden kann. Sorge macht uns in diesem Zusammenhang die hohe Sterblichkeitsquote von an Brustkrebs erkrankten Frauen. Bei der Brustkrebsprävention muss ein deutlicher Ruck durch die Bevölkerung gehen, und es muss für das vorsorgende Mammographie-Screening geworben werden. Die Qualität muss weiter verbessert werden.
Mit 50000 Neuerkrankungen und 19000 Todesfällen jährlich in Deutschland gehört Brustkrebs zu den großen medizinischen Herausforderungen der Gegenwart. Wir brauchen eine flächendeckende Einführung der Brustkrebsvorsorgeuntersuchungen. Ich möchte das jetzt nicht weiter vertiefen. Alles, was jetzt im Raum steht, muss meines Erachtens weiter diskutiert werden. Es besteht sowohl Diskussions- als auch Handlungsbedarf. Auch innerhalb der Ärzteverbände darf nicht das letzte Wort gesprochen sein. Ich würde unseren Gesundheitsminister bitten, weiterhin am Ball zu bleiben, damit wir das gute Image, das der Gesundheitsstandort Bayern genießt, auch im Bereich der Brustkrebsbekämpfung behalten.
Wir werden in der Bundesrepublik sicher nicht das Schlusslicht sein, wenn diese Vorstellungen umgesetzt werden, sondern weit vorne stehen.
Zur Ernährungspolitik und zur Verbraucherschutzpolitik brauche ich mich nicht weiter zu äußern. Dazu wird Frau Kollegin Berta Schmid noch einige Takte sagen. Ich habe vorhin das Fleischhygienegesetz angesprochen. Wegen der Erfahrungen in der Vergangenheit – ich nenne das Stichwort Milan – müssen wir dafür sorgen, dass sich der Skandal nicht wiederholt.
Ein neuer Aspekt in unserer Gesundheitspolitik und ein markanter Teil der Gesundheitsprävention bildet die gesamte Arbeitsumwelt. Besonders wichtig ist die betriebliche Gesundheitsförderung. Wir freuen uns über die große Anzahl moderner und zukunftsträchtiger Arbeitsplätze für hochqualifizierte Mitarbeiter in Bayern, wobei man erwähnen muss, dass es nicht leicht ist, diese Arbeitsplätze aufgrund der vom Bund geschaffenen schlechten Rahmenbedingungen aufrechtzuerhalten. Die Menschen müssen einen Großteil ihrer Zeit an den Arbeitsplätzen verbringen. Deshalb muss man das Umfeld entsprechend gestalten. Man muss positiv vermerken, dass das Ministerium hier einen neuen Ansatz gefunden hat. Wir bitten Sie, dieses mitzutragen.
Unser gemeinsames Ziel sollte es sein, Gesundheit weiter zu optimieren, Anreize zu geben, Prävention zu stärken und das Verbrauchervertrauen durch effizient wirkende Kontrollmechanismen zu fördern. Der vorliegende Haushalt bildet dazu eine gute Grundlage. Mit den darin erteilten Überlegungen werden wir eine zukunftsorientierte Gesundheits- und Verbraucherpolitik betreiben und auf europäischer Ebene in dieser Beziehung zum Marktführer werden.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat nun Frau Hirschmann. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich gebe noch bekannt, dass die CSU-Fraktion namentliche Abstimmung beantragt hat.
Frau Präsidentin, Kollegen und Kolleginnen, lieber Herr Minister Sinner! Auch in Zukunft bleibt die Prävention ein Schwerpunkt in unserem Arbeitsbereich. Ich meine aber, dass wir nicht nach dem Gießkannenprinzip vorgehen sollten, sondern unsere Politik gezielt auf die Risikogruppen ausrichten sollten. Dabei wird auch darüber nachzudenken sein, ob die herausgegebenen Broschüren das angemessene Medium sein können. Das ist unabhängig von der in den letzten Wochen auch in Ihrer eigenen Fraktion geäußerten Kritik.
Von besonderer Bedeutung – darin sind wir uns einig – für die zukünftige Gesundheitspolitik ist der gesamte Bereich der Prävention. Sie haben das unter das Motto gestellt: „Bayern aktiv“. Hier möchte ich auf die Ausführungen des Ministers in den Haushaltsberatungen im letzten Jahr eingehen, da dies auch für die Zukunft von Bedeutung ist. Ich zitiere: „Wir wollen verstärkt nach der
Devise handeln: Weg vom Krisenmanagement, hin zur Vorsorge. Denn“ – das kommt auch in der heutigen Rede wieder zum Ausdruck – „Vorbeugen ist besser als Heilen und vor allen Dingen auch billiger.“ Ich erinnere in diesem Zusammenhang – das wurde auch in der heutigen Rede dargelegt – an die Suchtprävention. Ich kann mich nicht damit zufrieden geben, dass Sie eine Gruppe von Menschen, nämlich diejenigen, die gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen, herausnehmen, während Sie die Zahl anderer suchtkranker Menschen – ich nenne auch die Alkoholkranken in diesem Zusammenhang – in Bayern besonders unterstützen wollen.
Dies hat zur Konsequenz, dass wir mit ernsthaften Folgeschäden umgehen müssen, auch am Arbeitsplatz – und damit komme ich auf Ihren Bereich. Hier ist die Konsequenz, dass Menschen aufgrund dieser Erkrankung nicht am Arbeitsplatz sein können. Erfolgreiche Prävention scheidet somit auch in diesem speziellen Bereich aus.
Sehr wichtig ist – darauf haben Sie hingewiesen und das ist auch wissenschaftlich belegt – das Gesundheitsverhalten der Jugendlichen, ich verweise dazu auf Ihre Broschüre „Bayern 2000“. Es gibt in diesem Bereich besonders betroffene Risikogruppen, um die man sich in erster Linie kümmern müsste. Das will ich als Defizit aufzeigen, weil dieses Drum-Kümmern noch nicht im notwendigen Maß vollzogen wird.
Darauf weist auch der Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen hin. Sie kritisieren die Maßnahmen der Bundesregierung. Ich denke, wenn der Sachverständigenrat dezidiert darauf hinweist und Konzepte entwirft, sollte das auch bei Ihnen Berücksichtigung finden in der Form, dass Sie es unterstützen und nicht heute darlegen – so verstehe ich Ihre kritische Äußerung –: Die Bundesregierung frisst aufgrund mangelnder Gesundheitskompetenz unsere Ressourcen auf. Wenn es so wäre, dann müssten Sie auch dafür sorgen, dass das, was die Bundesregierung im präventiven Bereich aufzeigt, auf Landesebene umgesetzt wird.
Das geschieht, Kollegen und Kolleginnen, bei uns in Bayern auch durch Ihre Federführung in unzureichendem Maße.
Was die Prävention angeht, werfe ich die Frage auf – vielleicht können Sie das bei Ihrer Beantwortung noch einmal darlegen –, wie es zu verstehen ist, wenn Sie auf der einen Seite sagen, Prävention ist wichtig, aber im selben Atemzug dafür sorgen, dass die Schulsportstunden gekürzt werden. Das ist schwer nachzuvollziehen.
Aber möglicherweise, Kollegen und Kolleginnen, richte ich diese Appelle an die ganz falsche Adresse. Denn mit der Zuständigkeit für die Prävention ist es mittlerweile bei Ihnen eine eigenartige Sache. Die Primärprävention obliegt Ihrem Haus, während sämtliche Neuerungen der
Betreuung im Sinne einer Sekundär- und Tertiärprävention bei Ihrer Kollegin angesiedelt sind und dort natürlich nicht – ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Programme für chronisch Kranke – die entsprechende Unterstützung finden. Der Kollege Geiger hat darauf hingewiesen, dass zum Beispiel – und dies hängt auch damit zusammen – die Zuständigkeiten auf zwei Ministerien verteilt worden sind, wodurch vieles auf dem Weg verloren geht. Aber nicht nur das ist ein Problem, sondern ein weiteres Problem ist, dass damit nicht unerhebliche Summen verbunden sind, sodass ich sage, man hätte sich überlegen müssen, ob das mit Ihrem Haus die richtige Entscheidung war.
Der Kollege Kobler hat im Rahmen der Prävention auf die Brustkrebsfrüherkennung hingewiesen, auch auf die Sitzung des Landesgesundheitsrats von gestern. Da tut sich für mich ein neues Problem auf. Für mich ist es sehr schwer nachzuvollziehen, Herr Sinner, dass Sie seinerzeit, als es darum ging, dass auch Bayern den Zuschlag für ein weiteres Modell erhält, was die Bundesregierung dann auch getan hat, nämlich Mittelfranken, das unterstützt haben, aber gleichzeitig von der Bayerischen Staatsregierung in enger Kooperation mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns ein flächendeckendes Programm auf den Weg gebracht wurde. Da haben Sie sich in Ihrer Rede heute ganz schön rausgehalten. Warum tun Sie das? Sie tun es deshalb, weil Sie anderen einen Zuschlag mit erheblichen Summen zukommen lassen wollen. Ich weiß von einem Professor Hendrixen aus den Niederlanden, den man in diesem Zusammenhang angegangen ist, für diese Konzeption Vorstellungen zu erarbeiten, was auch eine nicht unerhebliche finanzielle Summe bedeutet. Warum – diese Frage stelle ich Ihnen – machen Sie jetzt die Politik im wahrsten Sinne des Wortes auf der Brust von uns Frauen aus, wenn Sie seinerzeit gesagt haben: Dieses Modell ist wichtig für Mittelfranken. Daraus werden wir Ergebnisse haben und umsetzen. Gleichzeitig läuft parallel dazu auf einer anderen Ebene ein anderes Modell.
Ich möchte auch hier nicht missverstanden werden, als wollte ich nicht das Ziel haben, dass alle Frauen in Bayern untersucht werden. Aber dazu gibt es ganz klare europäische Kriterien, die eingehalten werden müssen. Dazu sind 5000 Frauen notwendig, die untersucht werden müssen, was bei dem flächendeckenden Modell aufgrund der vorgegebenen Kriterien eben nicht der Fall ist. Ich sage, das hat sehr wohl mit Prävention zu tun, auch mit Glaubwürdigkeit. Da bitte ich Sie herzlich, wenn Sie die eine Sache unterstützen, dann auch dazu zu stehen. Das ist nämlich echte bayerische Präventionspolitik.
Zum einen – das ist heute auch wieder von mehreren betont worden – wird immer wieder die Abschaffung des Ministeriums gefordert bzw. die Wiederzusammenlegung. Ich frage Sie, ob die Berliner Konstruktion, die Sie sich zum Vorbild nehmen, das Optimale bedeutet: ein Verbraucherministerium, das bisher überhaupt nichts auf den Weg gebracht hat
außer einem verwässerten Ökosiegel, das mehr verunsichert als zur Sicherheit der Verbraucher beiträgt. Die nationalen Alleingänge unserer Ministerin bringen weder dem Verbraucherschutz noch dem Tierschutz etwas. Im Übrigen wurde auch das Verbraucherinformationsgesetz ein Flop, weil es einfach zu wenig ausgearbeitet war, weil es zu bürokratisch und für den Verbraucher nicht anwendbar geworden ist.
Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz dagegen, meine Damen und Herren, sind für mich Themen, die sich in ihrer Sinnhaftigkeit ergänzen und einfach zusammengehören. Es macht dann eben durchaus Sinn, die Kontrolle von der Produktion zu trennen. Das gewährleistet meiner Meinung nach bessere Transparenz und Verständlichkeit für den Verbraucher.
Bei der Rede von Minister Sinner ist deutlich zum Ausdruck gekommen, dass Prävention im Mittelpunkt unserer Politik steht. Das heißt, wir müssen agieren und nicht reagieren, Gesundheitsrisiken im Ansatz erkennen, ermitteln und beseitigen, bevor sie akut werden. Eines muss uns allen klar sein: Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit und keinen vollen Schutz des Verbrauchers als Garantie. Unser Ziel muss sein, Verbrauchersouveränität auszubauen, das heißt den Verbraucher so auszubilden und zu informieren, dass er in der Lage ist, aus einer Vielfalt von Wahlmöglichkeiten selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen. Der Staat muss die Möglichkeit bieten, schützen muss sich der Verbraucher selber.