Anne Hirschmann
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Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich mich bei der Staatsregierung dafür bedanken, dass sie die von uns eingereichte Interpellation zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Bayern derart zügig und umgehend beantwortet hat, dass wir sie heute in unserer letzten Vollversammlung in dieser Legislaturperiode diskutieren
können. Offensichtlich hat die Staatsregierung aus der verheerenden Debatte über den Sozialbericht gelernt, als der Wahlkampf von der Weigerung, unliebsame Wahrheiten zur Kenntnis zu nehmen, überschattet war. Das ist eine positive Entwicklung.
Herr Kollege Unterländer, Sie wissen, dass ich Sie schätze; das betone ich hier nochmals. Ich schätze Sie auch aus der Zeit, als Sie Mitarbeiter in der CSU-Stadtratsfraktion waren und ich Stadträtin war. An dieser Stelle kann ich sagen, dass Sie sich auch seinerzeit vehement nicht nur für die Realisierung von mehr Kinderkrippen eingesetzt haben, sondern auch dazu beigetragen haben, dass die pädagogische Qualifikation der Mitarbeiter in den Krippen durch das so genannte BellerProjekt von Staatsregierung, Stadt und Bund wesentlich verbessert worden ist. Umso trauriger bin ich, wenn ich erleben muss, was Sie hier vortragen, was Sie auch soeben wieder zum Ausdruck gebracht haben. Wir haben doch viel Positives auf den Weg gebracht, zum Beispiel – jetzt zitiere ich Sie – die Beteiligung von Kindern, etwa durch Kinderforen. Auf Stadtratsebene gibt es Kinderforen, aber sie wurden von der Landeshauptstadt München initiiert, nicht von der Bayerischen Staatsregierung, auch nicht von Ihnen selbst, Herr Kollege Unterländer.
Das wäre auch Aufgabe der Staatsregierung. Die Initiative, die Sie seinerzeit im Stadtrat gezeigt haben, sollte auf dem Weg hierher nicht gemindert worden sein.
Mit diesem Bericht verhält es sich anders als mit dem Sozialbericht, was mit Sicherheit auch daran liegt, dass die momentane Situation, in der sich Kinder und Jugendliche in Bayern befinden, in den Augen der Staatsregierung wahrhaft rosig zu sein scheint. In den Augen der Staatsregierung! Beim Lesen der Beantwortung der Interpellation kam ich beinahe zu der Auffassung, die Arbeit der SPD im Arbeitskreis Kinderpolitik wäre überflüssig gewesen, weil die Kinder und Jugendlichen in Bayern in einer heilen Welt leben.
Die Wirklichkeit ist aber anders. Die in dieser Beantwortung dargestellte Realität ist einseitig und kontrastiert mit den Erfahrungen, die ich seit zehn Jahren in meiner Kindersprechstunde mache. Ich möchte ein Beispiel nennen. In einem Gespräch, das ich mit 14-jährigen Kindern führte, sagten sie mir: Wir würden gerne andere Kinder zu unserem Geburtstag einladen, aber wir trauen uns nicht, weil diese Kinder aus einer anderen Schicht mit anderen Wohn- und Lebensverhältnissen kommen.
Wenn sie sehen, wie es bei uns ist, habe ich einen schweren Stand in der Klasse. Das ist vielfach die Realität, die in dem Armutsbericht deutlich wird. Ich muss sagen, in einer rosigen Welt leben unsere Kinder und Jugendlichen in Bayern vielfach nicht.
Ich komme zu einem Besorgnis erregenden Vorfall, der sich in der letzten Woche abgespielt hat. Ich möchte das
Thema bewusst ansprechen, weil es mit der gesamten Problematik zusammenhängt. Es geht um den Selbstmord eines Schülers in Coburg. Das ist nicht der erste Vorfall dieser Art. Bis heute konnte niemand eine Ursache für das Verhalten der Kinder finden. In einem derartigen Fall, der uns zu denken geben sollte, geht es darum, kritisch nachzufragen, was läuft an unseren Schulen. Wo ist die Selbstbeteiligung der Schülerinnen und Schüler, die dadurch Eigenverantwortung lernen könnten? Wo stärkt man die Lehrerinnen und Lehrer, indem man sie auch in der Schule ihre eigenen Vorstellungen durchsetzen lässt? Wo werden Gelder an die Schulen gegeben, die in eigener Verantwortung verteilt werden können, so wie es Schüler und Lehrer vereinbaren? Das alles hängt sehr wohl damit zusammen, wie viel Verantwortung man an die Schule delegiert und wie man Schülerinnen und Schüler aktiv beteiligt.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Heike?
Nein, ich möchte erst meine Rede beenden. Ich erlaube keine Zwischenfrage.
Das weiß ich, dass das für Sie Schwachsinn ist, weil es nicht in Ihr Konzept passt.
Herr Kollege, ich bin sogar stolz darauf, in diesem Punkt schwachsinnig zu sein, und ich werde es bleiben.
Kolleginnen und Kollegen, ich denke, dass die Situation, die in der Interpellation deutlich wird, auch damit zu tun hat, wie es um unsere Wertschätzung von Kindern und Jugendlichen bestellt ist. Darum geht es in erster Linie. Ich zitiere einen Psychologen namens Prof. Lössl, der zu der Situation gesagt hat, noch wichtiger ist ein gesellschaftlicher Dialog über Kinder. Genau einen solchen Dialog haben wir mit vielen Anträgen hier im Landtag auf den Weg bringen wollen.
Kinder brauchen Zeit und Freiräume. Eltern müssen Zeit für ihre Kinder haben. Die Meinung des Ministerpräsidenten, entweder einem Beruf nachzugehen oder Kinder zu erziehen, zeigt eine Einstellung von gestern. Heute geht es darum, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Berufstätigkeit und Kindererziehung vereinbart werden können. Dieses zu unterstützen heißt, die Ganztagsschule einzuführen, die Lehrpläne umzukrempeln und – Frau Stewens – die Bildungspolitik mit der Sozialpolitik zu verbinden und als Querschnittsaufgabe zu betrachten.
Auch wenn man die Verbesserung der Bedingungen für Kinder als wichtige gesellschaftliche Aufgabe sehen kann, muss die Politik in Bayern ihre originäre Aufgabe erfüllen und endlich angemessene Rahmenbedingungen für die Kinder in Bayern schaffen. Der Hauptaspekt,
den wir bei der Sozialpolitik nicht vergessen sollten, ist aber der, Kinder und Jugendliche als eigenständige Persönlichkeiten wahrzunehmen, weshalb wir – dafür bedanke ich mich bei den Kolleginnen und Kollegen – die Kinderrechte in die Bayerische Verfassung einbringen wollten.
Kolleginnen und Kollegen, in diesem Hohen Hause wird dies meine letzte Rede sein.
Sie sagen „Gott sei Dank“, aber ich sage Ihnen, ich werde sie anderweitig begleiten.
Kollegen und Kolleginnen, ich möchte Ihnen noch eines mit auf den Weg geben. Ich möchte Sie bitten, die Freizeitangebote den Bedürfnissen der Kinder entsprechend auszugestalten, endlich den Mut zu haben, die Ganztagsschule zu realisieren, und endlich dazu beizutragen, eine Kinderbeauftragte in diesem Hause zu installieren. Damit könnten Sie Ihre Lippenbekenntnisse in die Realität umsetzen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Wortmeldung: Frau Dr. Fickler.
Herr Präsident, Kollegen und Kolleginnen! Dass wir heute darüber abstimmen, hängt damit zusammen, dass Frau Kollegin Pongratz, die leider nicht mehr da ist, das letzte Mal sehr lange geredet hat. Was sie inhaltlich dazu gesagt hat, möchte ich nicht unterstützen.
Deshalb komme ich zum eigentlichen politischen Anliegen. Es ist wichtig, dass dieser Antrag seitens der GRÜNEN gestellt worden ist. Dies hängt auch mit der UNKinderrechtskonvention zusammen. Ich zitiere: „Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes, vor wirtschaftlicher Ausbeutung geschützt und nicht zu einer Arbeit herangezogen zu werden, an.“ Dieser Antrag, den die GRÜNEN gestellt haben, hat für uns im Landtag Symbolcharakter. – Warum, Kolleginnen und Kollegen? – Weil es darum geht, Kinder zu schützen und die Kinderarbeit in anderen Ländern zurückzudrängen und unsererseits vom Bayerischen Landtag aus auf diese Situation aufmerksam zu machen.
Kollegen und Kolleginnen von der CSU, allein wenn wir zum Ausdruck bringen, dass ein derartiger bewusster Konsum den an die Verbraucherinnen und Verbraucher gestellten ethischen Anforderungen gerecht würde, wird sich der Gedanke weiterverbreiten. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Initiative RUGMARK und an die Kinderarbeit bei der Teppichherstellung. Wenn es uns gelingt, Kinder vor Kinderarbeit zu schützen, eine andere soziale Situation herbeizuführen, nämlich Eltern dazu zu bewegen, beim Konsum auf dieses Siegel zu achten, dann, Kollegen und Kolleginnen, haben wir meiner Meinung nach viel erreicht.
Warum wollen Sie, verehrte Kollegen und Kolleginnen von der CSU, diese Chance, die letzten Endes dazu dient, etwas für die Verbesserung der sozialen Rahmenbedingungen im globalen Maßstab zu tun, derart leichtfertig verspielen? Ich erinnere in diesem Zusammenhang auch an die Diskussion im sozialpolitischen Ausschuss, in der die von mir sehr geschätzte Frau Kollegin Berta Schmid darauf hingewiesen hat, dass dies ein ver
gabefremdes Kriterium wäre. Ich meine, dies daran festzumachen und kein Signal auszusenden, ist der Arbeit dieses Hohen Hauses nicht würdig. Deshalb kann ich nur an Sie appellieren. Der Antrag hat Symbolcharakter. Bitte unterstützen Sie ihn. Es geht auch um die sozialen Bedingungen von Kindern. Wenn Sie sie ernst nehmen, bitten wir Sie, heute diesem Antrag zuzustimmen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Verzeihen Sie mir, wenn ich hier jetzt doch noch einmal das eine oder andere zu den Kinderrechten sage. Ich finde, dass das sehr wichtig ist.
Seit 1994 – dies rufe ich kurz in Erinnerung – haben wir uns dafür eingesetzt, insbesondere der ehemalige Kollege und jetzige Landrat Irlinger. Leider ist es uns damals nicht gelungen, die Kinderrechte in der Bayerischen Verfassung zu verankern. Umso mehr freuen wir uns und ich möchte mich bei allen herzlich dafür bedanken, dass es uns jetzt gelungen ist, das Kind als Person, auch was den Schutz des Kindes vor jeglicher Gewalt angeht, besonders in der Bayerischen Verfassung zu verankern. Wir verbinden damit die Überlegung, dass dieses Kind innerhalb unserer Gesellschaft auch das Gewicht bei allen Maßnahmen erhält, das ihm gebührt.
Deshalb geht unser Appell an Sie, das mit einer ZweiDrittel-Mehrheit auf den Weg zu bringen und mit allen Maßnahmen zu unterstützen, die dafür notwendig sind. Für die Gespräche, die im Vorlauf auf diese Gesetzesinitiative stattgefunden haben, möchte ich mich bei allen, auch bei den Kollegen von der CSU, herzlich bedanken, wie auch dafür, dass es diesmal gelungen ist, unserer Forderung und somit den berechtigten Belangen unserer Kinder entgegenzukommen.
Frau Präsidentin, Kollegen und Kolleginnen! Ich finde die Wortwahl und auch die Redewendungen in diesem Gesetzentwurf erschreckend technokratisch. Ich zitiere dazu aus dem ersten Absatz, was die Fehlgeburten und deren Bestattung angeht: Für eine solche Beseitigung ist lediglich gefordert, dass sie „unverzüglich in schicklicher und gesundheitlich unbedenklicher Weise“ erfolgt.
Das macht meine Aussage, die ich am Anfang getroffen habe, noch einmal ganz deutlich. Daraus sollen Sie, Kollegen und Kolleginnen, auch ersehen, dass uns eine Zustimmung sehr schwer fällt. Auf der einen Seite sind Frauen betroffen, die, aus welchen Gründen auch immer, eine Fehlgeburt hatten. Auf der anderen Seite gibt es eine große Gruppe von Frauen auch bei uns in Bayern, die eine Schwangerschaft aus Gründen sozialer Indikation nicht austragen können. Diese Diskussion hatten wir hier in einem anderen Zusammenhang schon einige Male.
Mit diesem Gesetzentwurf soll die Menschenwürde auch über den Tod hinausgehen. Das ist etwas, was auch ich sehr begrüße. Ich denke, dass das auch notwendig ist. Ergänzend soll aber auch eine bindende Möglichkeit für die Frauen geschaffen werden, die sich aus der sozialen Indikation zu einem Schwangerschaftsabbruch entschieden haben. Dies, Kollegen und Kolleginnen, macht uns die Zustimmung auch so sehr schwer. Das ist der eine Punkt.
Der zweite Punkt ist – und darauf weisen Sie in dem Gesetzentwurf noch einmal ausdrücklich hin –, dass es hierbei auch um zusätzliche Kosten geht, die letztlich, wenn es zum Beispiel um ein städtisches Krankenhaus geht, auf die Kommunen zurückfallen. Das ist ein weiterer Problembereich. Auf der einen Seite sagen Sie in vielen Diskussionen immer wieder, dass die Selbstbeteiligung gefordert sei. In diesem Falle sagen Sie auf einmal, das sei noch nicht ganz absehbar. Warum sage ich das hier vor Ihnen? – Ich will Ihnen damit signalisieren, dass wir ganz große Probleme damit haben und die Schwierigkeiten noch einmal in einzelnen Forderungen deutlich machen werden.
Und ein Letztes: Es ist nicht so, dass ich den Kollegen Kreuzer so sehr liebe, aber er hat in einem anderen Zusammenhang eben etwas gesagt, was die Anhörung angeht. Warum, Kollegen und Kolleginnen von der CSU, kam es bei einem so sensiblen Thema vorher nicht zu einer Anhörung, um das zu erörtern? – Das sind unsere Bedenken, und jetzt sind Sie auch weiterhin gefordert.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Vielen Dank, Frau Hirschmann. Das Wort hat Frau Stahl.
Herr Präsident, Kollegen und Kolleginnen! Lieber Herr Kollege Kobler, natürlich haben auch wir im Ausschuss diesem Gesetzentwurf zugestimmt, aber Sie haben vergessen zu sagen, was wir dazu im Ausschuss vorgebracht haben.
Das will ich jetzt nachholen. Wir haben im Ausschuss gesagt, dieses Gesetz wäre an und für sich – und dabei bleibe ich – nicht notwendig gewesen, wären die Bayerische Staatsregierung und die dafür zuständigen Stellen schon vorher tätig geworden und hätten Untersuchungen vorgenommen. Vielfach haben wir das gefordert, aber es ist nicht geschehen. Weil es nicht geschehen ist, wird jetzt ein Gesetz geschaffen, das wiederum Geld kostet. Das hätten wir uns alle ersparen können, hätte die Staatsregierung ihre Hausaufgaben gemacht. Dennoch stimmen wir dem Gesetz zu.
Frau Präsidentin, Kollegen und Kolleginnen, lieber Herr Minister Sinner! Auch in Zukunft bleibt die Prävention ein Schwerpunkt in unserem Arbeitsbereich. Ich meine aber, dass wir nicht nach dem Gießkannenprinzip vorgehen sollten, sondern unsere Politik gezielt auf die Risikogruppen ausrichten sollten. Dabei wird auch darüber nachzudenken sein, ob die herausgegebenen Broschüren das angemessene Medium sein können. Das ist unabhängig von der in den letzten Wochen auch in Ihrer eigenen Fraktion geäußerten Kritik.
Von besonderer Bedeutung – darin sind wir uns einig – für die zukünftige Gesundheitspolitik ist der gesamte Bereich der Prävention. Sie haben das unter das Motto gestellt: „Bayern aktiv“. Hier möchte ich auf die Ausführungen des Ministers in den Haushaltsberatungen im letzten Jahr eingehen, da dies auch für die Zukunft von Bedeutung ist. Ich zitiere: „Wir wollen verstärkt nach der
Devise handeln: Weg vom Krisenmanagement, hin zur Vorsorge. Denn“ – das kommt auch in der heutigen Rede wieder zum Ausdruck – „Vorbeugen ist besser als Heilen und vor allen Dingen auch billiger.“ Ich erinnere in diesem Zusammenhang – das wurde auch in der heutigen Rede dargelegt – an die Suchtprävention. Ich kann mich nicht damit zufrieden geben, dass Sie eine Gruppe von Menschen, nämlich diejenigen, die gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen, herausnehmen, während Sie die Zahl anderer suchtkranker Menschen – ich nenne auch die Alkoholkranken in diesem Zusammenhang – in Bayern besonders unterstützen wollen.
Dies hat zur Konsequenz, dass wir mit ernsthaften Folgeschäden umgehen müssen, auch am Arbeitsplatz – und damit komme ich auf Ihren Bereich. Hier ist die Konsequenz, dass Menschen aufgrund dieser Erkrankung nicht am Arbeitsplatz sein können. Erfolgreiche Prävention scheidet somit auch in diesem speziellen Bereich aus.
Sehr wichtig ist – darauf haben Sie hingewiesen und das ist auch wissenschaftlich belegt – das Gesundheitsverhalten der Jugendlichen, ich verweise dazu auf Ihre Broschüre „Bayern 2000“. Es gibt in diesem Bereich besonders betroffene Risikogruppen, um die man sich in erster Linie kümmern müsste. Das will ich als Defizit aufzeigen, weil dieses Drum-Kümmern noch nicht im notwendigen Maß vollzogen wird.
Darauf weist auch der Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen hin. Sie kritisieren die Maßnahmen der Bundesregierung. Ich denke, wenn der Sachverständigenrat dezidiert darauf hinweist und Konzepte entwirft, sollte das auch bei Ihnen Berücksichtigung finden in der Form, dass Sie es unterstützen und nicht heute darlegen – so verstehe ich Ihre kritische Äußerung –: Die Bundesregierung frisst aufgrund mangelnder Gesundheitskompetenz unsere Ressourcen auf. Wenn es so wäre, dann müssten Sie auch dafür sorgen, dass das, was die Bundesregierung im präventiven Bereich aufzeigt, auf Landesebene umgesetzt wird.
Das geschieht, Kollegen und Kolleginnen, bei uns in Bayern auch durch Ihre Federführung in unzureichendem Maße.
Was die Prävention angeht, werfe ich die Frage auf – vielleicht können Sie das bei Ihrer Beantwortung noch einmal darlegen –, wie es zu verstehen ist, wenn Sie auf der einen Seite sagen, Prävention ist wichtig, aber im selben Atemzug dafür sorgen, dass die Schulsportstunden gekürzt werden. Das ist schwer nachzuvollziehen.
Aber möglicherweise, Kollegen und Kolleginnen, richte ich diese Appelle an die ganz falsche Adresse. Denn mit der Zuständigkeit für die Prävention ist es mittlerweile bei Ihnen eine eigenartige Sache. Die Primärprävention obliegt Ihrem Haus, während sämtliche Neuerungen der
Betreuung im Sinne einer Sekundär- und Tertiärprävention bei Ihrer Kollegin angesiedelt sind und dort natürlich nicht – ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Programme für chronisch Kranke – die entsprechende Unterstützung finden. Der Kollege Geiger hat darauf hingewiesen, dass zum Beispiel – und dies hängt auch damit zusammen – die Zuständigkeiten auf zwei Ministerien verteilt worden sind, wodurch vieles auf dem Weg verloren geht. Aber nicht nur das ist ein Problem, sondern ein weiteres Problem ist, dass damit nicht unerhebliche Summen verbunden sind, sodass ich sage, man hätte sich überlegen müssen, ob das mit Ihrem Haus die richtige Entscheidung war.
Der Kollege Kobler hat im Rahmen der Prävention auf die Brustkrebsfrüherkennung hingewiesen, auch auf die Sitzung des Landesgesundheitsrats von gestern. Da tut sich für mich ein neues Problem auf. Für mich ist es sehr schwer nachzuvollziehen, Herr Sinner, dass Sie seinerzeit, als es darum ging, dass auch Bayern den Zuschlag für ein weiteres Modell erhält, was die Bundesregierung dann auch getan hat, nämlich Mittelfranken, das unterstützt haben, aber gleichzeitig von der Bayerischen Staatsregierung in enger Kooperation mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns ein flächendeckendes Programm auf den Weg gebracht wurde. Da haben Sie sich in Ihrer Rede heute ganz schön rausgehalten. Warum tun Sie das? Sie tun es deshalb, weil Sie anderen einen Zuschlag mit erheblichen Summen zukommen lassen wollen. Ich weiß von einem Professor Hendrixen aus den Niederlanden, den man in diesem Zusammenhang angegangen ist, für diese Konzeption Vorstellungen zu erarbeiten, was auch eine nicht unerhebliche finanzielle Summe bedeutet. Warum – diese Frage stelle ich Ihnen – machen Sie jetzt die Politik im wahrsten Sinne des Wortes auf der Brust von uns Frauen aus, wenn Sie seinerzeit gesagt haben: Dieses Modell ist wichtig für Mittelfranken. Daraus werden wir Ergebnisse haben und umsetzen. Gleichzeitig läuft parallel dazu auf einer anderen Ebene ein anderes Modell.
Ich möchte auch hier nicht missverstanden werden, als wollte ich nicht das Ziel haben, dass alle Frauen in Bayern untersucht werden. Aber dazu gibt es ganz klare europäische Kriterien, die eingehalten werden müssen. Dazu sind 5000 Frauen notwendig, die untersucht werden müssen, was bei dem flächendeckenden Modell aufgrund der vorgegebenen Kriterien eben nicht der Fall ist. Ich sage, das hat sehr wohl mit Prävention zu tun, auch mit Glaubwürdigkeit. Da bitte ich Sie herzlich, wenn Sie die eine Sache unterstützen, dann auch dazu zu stehen. Das ist nämlich echte bayerische Präventionspolitik.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Vielen Dank, Frau Kollegin. Das Wort hat Frau Berta Schmid.
Frau Präsidentin, Kollegen und Kolleginnen! Wir haben im Zusammenhang mit der Integration von Migranten und Migrantinnen vor einem ganz bestimmten Hintergrund, nämlich vor dem Hintergrund der gesundheitlichen Befindlichkeiten, vier Anträge gestellt; zum einen, was die Prävention angeht, zum anderen, was die Aus-, Fort- und Weiterbildung der in medizinischen Heil- und Hilfsberufen Tätigen angeht, was die Vernetzung und
Kooperation im Gesundheitswesen und die Gesundheitsberichterstattung betrifft.
Ich denke, dass wir hier alle die Realität – auch wenn es uns schwer fällt; dabei, wie ich glaube, besonders Ihnen – anerkennen, dass wir mittlerweile zu einem Einwanderungsland geworden sind. Dies gilt auch für Bayern.
Kollegen und Kolleginnen von der CSU, hier leben – auch wenn Sie das nicht gern wahrhaben wollen; aber hier kommen Sie auch nicht an der Realität vorbei – 1,3 Millionen ausländische Mitbürger und Mitbürgerinnen, die zum Teil schon seit Jahrzehnten bei uns leben. Dies entspricht exakt einem Anteil von 9,26% an der Gesamtbevölkerung.
Unstrittig dürfte sein, dass wir im Bereich der nachholenden Integration noch einen erheblichen Bedarf haben.
Bei den bisweilen heftig geführten Diskussionen über das Zuwanderungsgesetz haben Sie, Kollegen und Kolleginnen von der CSU, immer wieder darauf hingewiesen, wir müssten erst einmal die hier lebenden Migranten und Migrantinnen integrieren, bevor wir eine weitere Zuwanderung verkraften könnten. Das, liebe Kollegen und Kolleginnen, ist auch der entscheidende Punkt, dass Sie dies mittlerweile anerkannt haben. Das heißt in der Konsequenz aber auch, dass wir in diesem Bereich noch einiges leisten müssen.
Das hängt in erster Linie mit den politischen Versäumnissen in den letzten Jahrzehnten in Bayern und auch mit Ihnen zusammen, dass die Politik in diesem Bereich nur einseitig war.
Wir haben über viele Anträge versucht, unsere Hausaufgaben zu machen, und auch ein breites Antragspaket vorgestellt, das aber leider – wie so oft – von Ihnen abgelehnt wurde.
Anstatt Brücken zu bauen, damit Migranten und Migrantinnen in unserem Land auskommen und auch ankommen können, wurden Ihrerseits die Arbeitskräfte allzu oft gern angenommen, aber die dahinterstehenden Probleme, die oftmals auch auf der gesundheitlichen Ebene festzumachen sind, haben Sie vernachlässigt und vernachlässigen Sie auch weiter. Ich zitiere in diesem Zusammenhang aus der Berliner Rede des Bundespräsidenten vom Mai 2000: Integration kommt nicht von allein. Genau das ist der Punkt, weshalb wir Sie mit diesen Anträgen aufgefordert haben, die Menschen auch in dieser Situation unbedingt zu unterstützen.
So haben Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen bereits verschiedentlich darauf hingewiesen, dass in anderen Kulturkreisen völlig andere Vorstellungen von Krankheit und Gesundheit herrschen und damit zusammenhängend auch andere Krankheitsmuster auftau
chen. Wichtig ist mir in diesem Zusammenhang außerdem, dass viele Migranten und Migrantinnen psychisch und sozial verursachte Leidenszustände somatisieren, weil sie die entsprechenden Fachdienste zu spät oder oftmals gar nicht in Anspruch nehmen – entweder weil sie von deren Existenz keine Kenntnis haben, oder weil das Problembewusstsein noch nicht entwickelt ist. Deswegen ist es uns besonders wichtig, Brücken zwischen den hier lebenden Ausländern und Ausländerinnen und unserem Gesundheitssystem zu bauen.
Gerade der effektive Aufbau interkultureller Kompetenz ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung.
Verehrte Kollegen und Kolleginnen, Sie werden mir mit Sicherheit zugestehen, dass dabei die Prävention im Bereich der Gesundheitspolitik einer der wichtigen Ansatzpunkte für jetzt, aber auch für die Zukunft sein wird. Wegen des Sachverhalts, dass die Migranten und Migrantinnen im Vergleich zur deutschen Wohnbevölkerung die bereitgehaltenen Präventions- und Gesundheitsvorsorgeangebote noch wesentlich weniger von sich aus annehmen, halten wir es für besonders wichtig, diese Angebote noch besser auf diese Zielgruppe zuzuschneiden. Leider – das muss ich an dieser Stelle sagen – sind auch diese Anträge im Fachausschuss abgelehnt worden.
Verehrte Kollegen und Kolleginnen von der CSU, Sie haben sich in diesem Zusammenhang gegen eine ZweiKlassen-Medizin ausgesprochen. Darin haben Sie unsere volle Unterstützung. Aber dann sorgen Sie bitte auch dafür, dass die vorhandenen Angebote von den momentan gesundheitlich immer noch schlechter Gestellten angenommen werden; denn wenn wir die ausländischen Bürgerinnen und Bürger nicht dazu bringen, weit stärker als bisher die Angebote der Prävention zu nutzen, werden wir es morgen und übermorgen mit noch mehr chronisch Kranken zu tun haben.
Dass dies mit Sicherheit nicht billig zu haben sein wird, brauche ich an dieser Stelle nicht gesondert zu erwähnen. Dennoch sage ich Ihnen: Mit diesen Angeboten unterstützen wir nicht allein die hier lebenden Migranten und Migrantinnen, sondern auch alle, die in der Medizin pflegen und betreuen.
In diesem Zusammenhang erinnere ich daran, dass wir sehr viele Pflegekräfte haben, dass wir Ärzte und Ärztinnen aus diesem Bereich haben und dass hier sehr viele Patienten und Patientinnen die notwendige Hilfestellung brauchen. Ohne den Ausbau der interkulturellen Kompetenz werden sie weiterhin somatische Krankheiten haben, die auf psychischen und überwiegend auch auf sozialen Ursachen basieren. Deshalb möchten wir diesen Menschen auch ein wichtiges Instrument der Hilfe an die Hand geben, damit sie diesem Auftrag nachkommen können. Besonders herausstellen möchte ich in diesem Zusammenhang den Dolmetscherdienst im Schwabinger Krankenhaus. Dort gibt es eigens ausgebildete
Fachkräfte mit interkultureller Kompetenz, die im Pflegedienst arbeiten.
Erlauben Sie es mir, noch einmal auf die in den Ausschussberatungen gemachten Aussagen einzugehen. So, wie Sie es wollen, kommen wir den gesundheitlichen Problemen der Migranten und Migrantinnen, die in unserem Land leben, nicht bei.
Ich möchte nochmals auf die Asylbewerberinnen und Asylbewerber eingehen. Es stimmt nicht, dass sie, wie oft betont wird, einen besseren Gesundheitsschutz als Deutsche erhalten. Momentan ist es sogar so, dass die Migrantinnen und Migranten sowie die Asylbewerberinnen und Asylbewerber die Angebote – ich habe schon darauf hingewiesen – nicht ausreichend in Anspruch nehmen. Umso wichtiger ist der Ausbau der Prävention, doch dem haben Sie sich im Ausschuss widersetzt. Ich möchte deshalb an dieser Stelle an Sie appellieren: Lassen Sie uns gemeinsam auch im Gesundheitsbereich ein Signal aussenden und die Integration nachholen und vorantreiben. Dann können wir morgen und übermorgen mit Ihnen gerne darüber streiten, welches Angebot wir weiteren Zuwanderern machen wollen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Kollegin Köhler, bitte.
Unsere Fraktion hat sich im Rahmen eines interkulturellen Parlaments mit den Fragen der interkulturellen Öffnung unseres Gesundheitswesens, der psychosozialen Versorgung der Migrantinnen und Migranten sowie der Altenpflege beschäftigt. Während man in Fachkreisen, zum Beispiel bei den Wohlfahrtsverbänden, aber auch beim Verband der Bayerischen Bezirke und in anderen Bundesländern auf diesem Gebiet einen Handlungsbedarf sieht und entsprechende Initiativen ergreift, stellt man sich in Bayern – vor allem im Bayerischen Landtag bei der Mehrheitsfraktion – regelrecht taub. Mit einer kaum zu überbietenden Ignoranz und Arroganz werden die Anträge, die die Opposition dazu stellt, abqualifiziert und kommentiert.
Für den Kollegen Freiherr von Rotenhan, den Berichterstatter im sozialpolitischen Ausschuss, ist das Problem mit seiner Feststellung erledigt, dass die Gesundheitsversorgung aller Migranten in Deutschland wesentlich besser sei als die, die sie zu Hause hätten. Deshalb müsse man kein schlechtes Gewissen haben. Ob Herr Kollege Freiherr von Rotenhan oder die Mehrheit der CSU dabei ein schlechtes Gewissen hat oder nicht, interessiert nicht.
Es geht um die Fragen, ob die Migrantinnen und Migranten eine adäquate und bedarfsgerechte Versorgung vorfinden und ob unser Gesundheitswesen und die Altenpflege auf die Versorgung von Migrantinnen und Migranten vorbereitet sind. Dazu wurden in anderen Bundesländern Forschungen durchgeführt und Modellprojekte initiiert. Nach einer in Nordrhein-Westfalen erarbeiteten Studie nehmen Migrantinnen und Migranten die Regelangebote unserer Gesundheitsvorsorge nicht in dem Maße an wie die einheimische Bevölkerung. Ferner wurde festgestellt, dass die Diagnosen bei Migranten eine wesentlich höhere Fehlerquote aufweisen und dass diese Menschen folglich falsch therapiert werden. Dies kann uns nicht gleichgültig sein. Schließlich ist, so das Ergebnis der Forschung, der Gesundheitszustand der zugewanderten Menschen wesentlich schlechter als der der übrigen Bevölkerung.
Herr Arif Ünal, der Leiter des Gesundheitszentrums für Migranten in Köln, hat bei unserem Fachgespräch dazu Folgendes ausgeführt:
Die Stressoren der Migration und der Assimilationsdruck der Aufnahmegesellschaft begünstigen oder provozieren das Auftreten von Krankheiten. Vielfältige Diskriminierungen in verschiedenen Lebensbereichen, ungünstige Arbeitsbedingungen sowie die oft unsichere wirtschaftliche und soziale Lage haben die Gesundheit der Migrantinnen und Migranten negativ beeinflusst. Der verzögerte Zugang zum Gesundheitssystem sowie die mangelnde adäquate Versorgung führen bei extrem hoher psychosozialer und körperlicher Belastung zu einer im Durchschnitt zehn Jahre früheren Invalidität bei türkischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern als bei einer Vergleichspopulation deutscher Arbeitnehmer. Schwangerschaft und Geburt verlaufen aufgrund der Mehrfachbelastung als Migrantin, Frau und Arbeiterin ohne Mutterschutz oftmals riskanter als bei einheimischen Frauen. Frühsterblichkeit und Müttersterblichkeit sind bei Migrantinnen überdurchschnittlich hoch.
Des Weiteren hat man in diesem Zentrum festgestellt, dass bei den Migranten Informationsdefizite über Angebote in unserem Gesundheitssystem existieren. Deshalb gehen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Zentrums zum Beispiel in Moscheen, um über unser Gesundheitssystem aufzuklären, und erscheinen entsprechende Artikel in türkischsprachigen Zeitungen. Es gibt – so stellen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Zentrums fest – sprach- und kulturbedingte Zugangsbarrieren zu unserem Gesundheitssystem, und es existieren in der psychosozialen Versorgung Defizite. In einem Eckpunktepapier des Verbandes der Bayerischen Bezirke habe ich gelesen, dass der Verband der Bayerischen Bezirke dies auch in Bayern anmahnt und Modellprojekte fordert.
Das Gesundheitszentrum in Köln hat sich auf zwei Migrantengruppen konzentriert, und zwar auf die türkische und die russische Gruppe, weil sich hier nach einer Umfrage bei der Versorgung die größten Defizite ergaben. Ein großer Teil der russischen Migrantengruppe besteht aus Spätaussiedlern. Dies macht deutlich, dass auch die von Ihnen so gehätschelte Migrantengruppe
der Spätaussiedler letztendlich dieselben Probleme wie alle anderen Migrantengruppen hat.
Die CSU-Fraktion täte also gut daran, sich ernsthaft diesen Fragen zu stellen, anstatt, wie im Ausschuss geschehen, mit nur noch als dümmlich zu bezeichnenden Ausführungen zu kritisieren.
Die Bundestagswahl hat gezeigt: In wesentlichen gesellschaftspolitisch relevanten Fragen sind Sie nicht auf der Höhe der Zeit. Deshalb haben Sie die Wahlen verloren.
Wenn Sie nicht weiter abhängen wollen, führen Sie mit uns wenigstens über diese Fragen eine qualifizierte Debatte. Mehr verlange ich nicht von Ihnen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Kollege Ettengruber.
Herr Staatssekretär, vor dem Hintergrund der Vorstellung des bayerischen Weges in der Brustkrebsfrüherkennung durch die beiden Minister Sinner und Stewens frage ich, wie sichergestellt werden wird, dass bei diesem auf Versorgungsnetzen aufbauenden Modellvorhaben die von der Europäischen Union vorgegebene Begutachtung von 5000 Mammografien pro Gutachter und Jahr erreicht wird.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich gehe davon aus, dass der Frauenanteil an den gehobenen Positionen in allen Bereichen noch zu wünschen übrig lässt, und zwar bei gleicher, manchmal auch besserer Qualifikation als der der Männer. Da stimmt etwas nicht. Es stimmt schon nicht bei der Stellenausschreibung, sehr geehrte Herren. Deshalb haben wir zwei Änderungen des Gleichstellungsgesetzes einzubringen. In den Artikel 8 Absatz 2 des bayerischen Gleichstellungsgesetzes sollen hinter das Wort „Beförderung“ die Worte „Versetzung und Umsetzung“ eingefügt werden. Wir bitten um Zustimmung.
Herr Staatsminister, angesichts der aktuellen Berichte über die zunehmenden bakteriellen Infektionen in der stationären Versorgung frage ich Sie, zu welchen Ergebnissen die diesbezüglichen Kontakte Ihrer Staatssekretärin zu Ärztekammer und KV mittlerweile geführt haben, welche Fortbildungen neu angeboten werden und wie dadurch die erschreckende Anzahl von Neuinfektionen reduziert werden kann.
Ich habe keine Zusatzfrage. Ich bedanke mich.
Herr Präsident, Kollegen und Kolleginnen! Durch dieses Gesetz wird die Zuständigkeit für die Unterbringung und die soziale Versorgung der Asylbewerber und Asylbewerberinnen an den Freistaat Bayern als alleinige Instanz übergeben. Zum Zweck einer einheitlichen Anwendung des Asylbewerberleistungsgesetzes sei dieser Schritt überfällig gewesen, argumentiert die Staatsregierung. Auch die kommunalen Spitzenverbände unterstützen in ihrer Mehrheit die Übertragung der Zuständigkeit auf das Land – und dies, Kollegen und Kolleginnen, vor allem deshalb, weil damit eine finanzielle Erstattung der Leistungen durch die Beauftragenden verbunden ist, was aufgrund der anerkannt angespannten finanziellen Situation der Kommunen verständlich ist.
Anders sieht es aber aus, Kollegen und Kolleginnen, wenn man die zu erwartenden Folgen für die von diesem Gesetz betroffenen Menschen betrachtet. Die Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände hat darauf hingewiesen, dass aufgrund des weitgehenden Verbots des Bezugs einer Privatwohnung die psychischen und gesundheitlichen Folgen nicht zu verantworten sind. Die
Folgen der Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften werden für die Familienmitglieder schwerwiegend sein. Dieser aufgrund des Gesetzes zu erwartende Sachverhalt dürfte unter Umständen auch zu einer schwierigeren Situation bei der Übernahme eines Arbeitsplatzes gerade in ländlich strukturierten Gegenden führen.
Auf einen weiteren Punkt möchten wir aufmerksam machen. Dieser Punkt ist seitens des Sozialreferats der Landeshauptstadt München besonders herausgearbeitet worden. Eine einheitliche Versorgung wird die Standards bei der Unterbringung selbstverständlich nach unten nivellieren. Das ist ein ernst zu nehmendes Problem. Die nachgewiesenermaßen höheren qualitativen wie auch quantitativen Standards insbesondere der Landeshauptstadt München würden dabei verloren gehen.
Der Vorschlag Münchens lautet, die bisher geleistete Arbeit, die gerade bei der sozialen Betreuung durch die Landeshauptstadt München und die damit verbundenen sozialen Dienste weit über dem bayernweiten Standard liegt, weiterzuführen und die dadurch entstehenden Kosten der zuständigen Stelle in Rechnung zu stellen. Der Änderungsantrag der SPD-Landtagsfraktion, der diese wesentlichen Kritikpunkte aufgenommen hat, wurde von der Mehrheit im Bayerischen Landtag bedauerlicherweise – das sage ich ganz eindringlich – abgelehnt.
Somit tritt die Neuerung, von der Staatsregierung beabsichtigt, wie geplant in Kraft und eröffnet nicht die Möglichkeit, neben der einheitlichen Zuständigkeit auch die einheitlich höheren qualitativen Standards der sozialen Betreuung sicherzustellen.
Dies waren die Gründe, weshalb wir diesen Änderungsantrag gestellt hatten, den die Staatsregierung abgelehnt hat. Aus den genannten Gründen werden wir auch dem Gesetzentwurf nicht zustimmen.
Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Während wir uns im Bayerischen Landtag mit Kinderarmut auseinandersetzen und der Kandidat, der Kanzler werden will, dieses Thema leider als nicht so wichtig ansieht – ich komme noch dazu –, sonst wäre er anwesend, diskutiert der derzeitige Bundeskanzler in Berlin über diese Thematik und macht dadurch deutlich, wie wichtig dieses Thema ist.
Ich komme wieder auf Bayern zurück und möchte noch einige Anmerkungen machen: Dass Kinder aus sozialschwachen Familien oftmals schlechter ernährt und weniger gesund sind, eine mangelnde Ausbildung erhalten und leichter Opfer von Verwahrlosung oder Kriminalität werden, liebe Kollegen und Kolleginnen von der CSU, ist ein teure Binsenweisheit.
Wenn Sie, Herr Kobler, darlegen, dass die Wohlfahrtsverbände den Sozialbericht, um den wir ringen mussten, um ihn überhaupt zu erhalten, als eine gute Analyse beurteilen, dann ist das die eine Seite. Auf der anderen Seite steht aber die Frage, was in dem Sozialbericht enthalten ist und was seitens der Bayerischen Staatsregierung bei weitem noch nicht auf den Weg gebracht worden ist.
Auch dieses wissen die Wohlfahrtsverbände sehr wohl. Deshalb appellieren sie erneut an die Politik, auch diese Defizite endlich zu beheben, das heißt, sich mit dem Sozialbericht und den Konsequenzen auseinander zu setzen.
Herr Kollege Kobler, auch wenn Sie sich noch so sehr dagegen wehren, wird diese traurige Bilanz nicht besser. Sie würde erst dann besser, wenn Sie daran gehen würden, die Maßnahmen, die auch seitens der Wohlfahrtsverbände gefordert werden, umzusetzen. Davor drücken Sie sich und verweisen stattdessen auf die Bundespolitik. Dass dieses Thema der Bundespolitik wichtig ist, beweist die derzeitige Diskussion in Berlin.
Nun kommen ich zu einzelnen Maßnahmen: Wir haben eine Statistik, die auch Ihnen vorliegt und in dem Sozialbericht genannt ist, wonach zum Beispiel die Ausländerbzw. Migrantenkinder Abschlüsse auf unterster Ebene machen, wenn sie überhaupt welche machen. Was tun Sie dagegen? Gar nichts. Es geht darum, dass auch die Gesundheit dieser Kinder zu wünschen übrig lässt. Auch das ist in der Statistik festgehalten. Man muss auf die Ernährungsberatung, auf eine Gesundheitsförderung sowie auf die Regionalberichte, wie Kollege Uli Pfaff
mann dieses gefordert hat, hinweisen. Sie dagegen lehnen diese Maßnahmen im Landtag ab. Dann trauen Sie sich an dieser Stelle zu sagen, Sie würden etwas für die Kinder in Bayern tun und fordern die Bundesregierung heraus.
Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran – das hat sehr wohl mit Gesundheit und Wohlbefinden zu tun –, dass Sie den Sportunterricht reduziert haben. Wo sind die Maßnahmen enthalten, die Sie umsetzen könnten?
In diesem Zusammenhang greife ich das auf, was Johanna Werner-Muggendorfer gesagt hat: Sie wollen die Kinderarmut bekämpfen, bekämpfen aber stattdessen die armen Kinder und deren Väter und Mütter hier in Bayern.
In der Pisa-Studie wurde herausgearbeitet, dass es besonders wichtig ist, die soziale Kompetenz und das soziale Wohlbefinden unserer Kinder und Familien zu unterstützen. Sie sind nicht bereit, dies zu tun. Zum Wohlbefinden gehören die Betreuungseinrichtungen und die Partizipation der Kinder. Das bedeutet, dass man ihre Bedürfnisse ernst nehmen muss. Denken Sie an die Kinderrechtskonvention. Sie tun nichts in Bayern, sondern stellen nur Forderungen an die Bundesregierung in Berlin. Sie tragen eine unredliche Politik auf dem Rücken der Kinder in Bayern aus.
Herr Präsident, Kollegen und Kolleginnen! Eigentlich könnten wir die Diskussion, die wir heute Morgen im Zusammenhang mit Kindern und Armut geführt haben, hier nahtlos fortsetzen. Ich sage das deshalb, weil in Bayern viele Migranten und Migrantinnen stärker von Armut betroffen sind, als wir Einheimische. Das belegen die Statistiken und die Sozialberichte. Der Anteil der Migranten und Migrantinnen an der Gesamtbevölkerung in Deutschland liegt einschließlich der deutschen Spätaussiedler bei circa 10%. Die Tendenz ist steigend.
Die Migranten, die von den Wohlfahrtsverbänden beraten und betreut werden, sind ausländische Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und deren Familienangehörige. Dazu gehören deutsche Aussiedler und Spätaussiedler sowie Bürgerkriegsflüchtlinge – mittlerweile auch afghanische Flüchtlinge, insbesondere junge Menschen & und Menschen, die aufgrund von sonstigen Katastrophen oder extremen wirtschaftlichen Notsituationen bei uns leben. Ich denke, diese Leute werden bei uns bleiben.
Die Wohlfahrtsverbände – ich nenne insbesondere die Arbeiterwohlfahrt – leisten wichtige Arbeit für die Integration. Sie machen deutlich – ich binde Kollegin Inge Hecht mit ein –, wie wichtig diese soziale Arbeit ist. Wir können nicht auf der einen Seite, wie das hier im Hohen Haus in vielen Ausschüssen sehr oft der Fall ist, kritisieren, die Menschen seien nicht integrationsbereit. Diese Behauptung stelle ich persönlich infrage. Die Bereitschaft dazu ist da. Es gibt aber Schwierigkeiten, sich in unsere Kultur einzufügen. Um diese Schwierigkeiten zu beseitigen beziehungsweise zu reduzieren, ist es wichtig, dass diese Dienste der Wohlfahrtsverbände, insbesondere der Arbeiterwohlfahrt, für ausländische Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und ihre Familien erhalten bleiben.
In unserem Dringlichkeitsantrag, dem ich Sie bitte, zuzustimmen, wie auch in dem Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, wird gefordert, den Finanzierungsanteil für die Arbeit dieser von mir schon erwähnten Beratungsstellen für ehemals angeworbene ausländische Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und deren Familien – ich wiederhole mich – von derzeit 30% auf 50% zu erhöhen, und damit dem Bundesdurch
schnitt anzugleichen. Damit wird ermöglicht, die wichtige Funktion der Beratungsstellen aufrecht zu erhalten.
Ich kann sehr schwer nachvollziehen, dass die Bayerische Staatsregierung fast gebetsmühlenartig auf diese Situation hingewiesen werden muss, obwohl in Sonntagsreden immer wieder davon gesprochen wird, dass wir den Menschen helfen müssen, sich zu integrieren. Wenn es darum geht, dafür die finanziellen Mittel bereitzustellen, dann werden die gegebenen Versprechen nicht eingelöst.
Verehrte Frau Staatsministerin, diese Art der Politik halte ich für inhuman. Die Arbeit, die diese Beratungsstellen leisten, dient dazu, die oft vorhandenen Missverständnisse, abzubauen, die die Integration der Zuwanderer erschweren. Sie stellen das immer wieder infrage und sind nicht bereit, die Mittel für diese notwendige Arbeit bereitzustellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen.
Vielleicht können Sie sich dazu durchringen, diese Gelder zu mobilisieren. Sie würden damit klar machen, das auch Ihnen die Integration am Herzen liegt, wie Sie es immer wieder betonen.
Herr Präsident! Frau Staatssekretärin, ich frage Sie, über welche Erkenntnisse die Bayerische Staatsregierung hinsichtlich einer illegalen Sponsorentätigkeit der Arznei- und Heilmittelindustrie verfügt und welche Maßnahmen sie gegen bestechliche Mediziner zu ergreifen gedenkt?
Frau Staatssekretärin, ich frage Sie: Wie gedenkt die Staatsregierung die Heilberufskammer zu motivieren, den Missbrauch von Fortbil
dungsveranstaltungen, die von der Heilmittelindustrie finanziert werden, zu verhindern?
Frau Staatssekretärin Görlitz (Verbraucherschutzmi- nisterium): Es gibt klare Aussagen, dass Kurse, die von der Pharmaindustrie durchgeführt werden, keine Rückschlüsse auf Unterstützung dieser Produkte zulassen dürfen. Fortbildungsveranstaltungen, die im ärztlichen Bereich liegen, sind von diesen verantwortlich durchzuführen und zu vertreten.
Herr Präsident, Kollegen und Kolleginnen! Ich will versuchen – wie uns vom Kollegen Dinglreiter angeraten wurde – die Diskussion wieder auf die bayerische Ebene herunterzuholen. Ich möchte das Thema Kind und Beruf um die ehrenamtliche Tätigkeit ergänzen. Auch sie fordert besondere Maßnahmen heraus, zum Beispiel die Ganztagsbetreuung zu realisieren. Ich gehe davon aus, dass es zur Lebensaufgabe werden wird, die CSU zur Erkenntnis zu bringen – ich sage das in aller Deutlichkeit –, wie wichtig die ergänzenden familienbetreuenden Maßnahmen sind. Meine lange Tätigkeit in diesem Hohen Hause und die heutige Diskussion lassen mich das vermuten.
Wenn nur 27% der Frauen mit Kindern unter drei Jahren ihre Kinder nur zu 10% betreuen lassen können, dann ist irgendetwas nicht in Ordnung. Ich kann weder dem Kollegen Unterländer noch der Frau Staatsministerin Stewens zustimmen, die versucht haben, die Probleme auf die Landeshauptstadt München abzuwälzen. Würden Sie im Bayerischen Landtag Ihren Aufgaben nachkommen, hätte die Landeshauptstadt München schon aufgrund der finanziellen Entlastung mehr Möglichkeiten. Sie erfüllen Ihre Pflichten nicht, weil Sie dies nicht als ihre originäre Aufgabe ansehen.
Ich gehe 15 Jahre zurück und erinnere Sie, Herr Kollege Unterländer, an den Kampf in der Landeshauptstadt München, den auch Sie unterstützt haben, als es in Verhandlungen mit dem Land, dem Bund und der Landeshauptstadt München das so genannte Beller-Projekt zur Weiterqualifizierung des Personals der städtischen Säuglings- und Kleinkinderkrippen ging. Warum sage ich das? – Ich sage das, weil Sie in der gesamten Aktuellen Stunde nur auf die Bundesregierung verweisen, aber auf dem anderen Auge blind sind und Ihre landespolitischen Aufgaben nicht wahrnehmen.
Weiterhin entnehme ich der Diskussion, dass es zum einen Frauen und Mütter gibt, die zu Hause bleiben. Dies wird von Ihnen immer wieder unterstützt, weil nach Meinung von vielen Ihrer Fraktion die Frau nach Hause gehört, weil dies bei der Erziehung wichtig sei. Diesen Teil trage ich mit. Es gibt zum anderen Frauen – von Rabenmüttern wurde bereits gesprochen –, die aufgrund ihrer Ausbildung und weil sie Spaß an ihrem Beruf haben – ich erinnere an die vielen Lehrerinnen –, Beruf und Familie miteinander vereinbaren wollen.
Sollten Sie sich mittlerweile auch zu dieser Sicht durchgerungen haben, müssten Sie die notwendigen Maßnahmen ergreifen und die Ganztagsbetreuung forcieren.
Darunter verstehe ich nicht nur, dass morgens die Schule und danach die Mittagsbetreuung stattfindet – und das war es. Vielmehr müsste das ganze Schulsystem durchforstet werden. In der heutigen Debatte wurde bereits auf die Pisa-Studie hingewiesen, in der auch zum Ausdruck gebracht ist, dass es nicht nur um Wissensvermittlung geht, sondern auch um andere Maßnahmen, nämlich dass die Familien und insbesondere die Frauen entlastet werden sollten, damit sie ihren Wunsch, Familie, Kinder und Beruf zu vereinbaren, realisieren können.
Sie sagten, wir brächten das Thema alle Jahre wieder. Ich sage: Wir werden nicht locker lassen und Sie immer wieder mit dem Thema konfrontieren, so lange Sie die notwendigen Maßnahmen nicht ergreifen.
Herr Präsident, liebe Kollegen und Kolleginnen, liebe Frau Staatsministerin Stewens! Sie erwähnen hier auf der einen Seite die finanzielle Situation im Zusammenhang mit diesem Entwurf für ein Gesetz, das zur Vereinheitlichung beitragen soll. Auf der anderen Seite argumentieren Sie, die Kommunen würden entlastet. Dahinter muss ich ein großes Fragezeichen setzen. Ich werde Ihnen erklären, weshalb.
Sie sprechen hier insbesondere die Aufgabe der Kommunen an, was die Betreuung der Asylbewerber und Asylbewerberinnen angeht. Sie sprechen davon, dass die Unterbringung für alle Betroffenen nun generell von staatlicher Seite geregelt wird.
Ich komme jetzt auf die Situation in der Landeshauptstadt München zu sprechen, die wegen ihrer vorbildlichen sozialpädagogischen Betreuung einen anderen Standard in ihren Unterkünften hat. Menschen, die traumatisiert sind, und Familien mit Kindern werden sozialpädagogisch betreut. Die Wohlfahrtsverbände leisten in den staatlichen Unterkünften gute Arbeit. Ich erinnere hier an die Gemeinschaftsunterkunft im Schwankhardtweg.
Mit diesem Gesetz werden Unterschiede geschaffen, die in den jeweiligen Stadtteilen zum erneuten Entstehen von Aggressionen beitragen, mit denen die Nachbarn sehr schwer umgehen können. In der letzten Zeit konnte dies in der Landeshauptstadt München durch eine sozialpädagogische Betreuung aufgefangen werden, wozu auch die Arbeit der Initiativen gehört.
Nur Sie wollen in Zukunft all diese Betroffenen in einheitlichen Unterkünften unterbringen. Ich erinnere in dem Zusammenhang an die ehrenamtliche Arbeit, die Sie hier immer wieder besonders herausstellen. Wir begrüßen die ehrenamtliche Arbeit. Die ehrenamtliche Unterstützung im Schwankhardtweg ist dadurch erschwert worden, weil das Bewachungspersonal nicht die Voraussetzungen mitbringt, damit umzugehen. Das Gesetz führt zu einer Konkurrenz zwischen den Maßnahmen von Stadt und Staat. Wir verbinden mit dem Gesetz etwas anderes.
Ich erinnere auch noch an die Kommunen. Ich denke, dass die Grundstückssituation, besonders in den Ballungsräumen, eine große Rolle spielt. Ich verweise in dem Zusammenhang auf meinen Stimmkreis. Dort sind viele Asylbewerberunterkünfte angesiedelt. Die Spannungen, die es anfänglich gegeben hat, konnten abgebaut werden, weil es eine umfassendere Betreuung gibt. Das ist in Ihrem Gesetzentwurf fragwürdig.
Ich stelle fest, dass es durch dieses Gesetz zu unterschiedlicher Behandlung der Bürgerinteressen und Information der Bürger kommt und die Mitwirkung und die
ständige Begleitung der Arbeit in den Unterkünften gefährdet ist. Wir werden im federführenden Ausschuss einen Änderungsantrag einbringen. Wir stimmen dem Gesetz nicht zu, es sei denn, Sie berücksichtigen unsere Änderungen. Dazu wird dieses Gesetz im federführenden Ausschuss noch behandelt werden.
Herr Präsident, Kollegen und Kolleginnen! Herr Kollege Dr. Zimmermann, in der Tat – da stimme ich Ihnen zu – haben wir vor vielen Jahren gemeinsam im Gesundheitsausschuss der Landeshauptstadt München teilweise gemeinsame Ziele verfolgt, so zum Beispiel auch die Verselbständigung der Krankenhäuser in der Landeshauptstadt München, für die Sie seinerzeit eine größere Verantwortung hatten – ich hatte auch Verantwortung –, um zu einer anderen Kostenverteilung zu kommen und gleichzeitig mehr Selbstständigkeit für die jeweiligen Häuser zu erreichen. Genau dieses, Kolleginnen und Kollegen, beabsichtigt die Bundesregierung aufgrund der Kostenexplosion. Ich erinnere Sie alle daran, dass ein Drittel der Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 500 Milliarden DM an die Krankenhäuser geht. Das ist der absolut größte Sektor. Alleine die wirtschaftliche und finanzielle Situation auf diesem Gebiet erfordert es. Die Bundesregierung trägt wohl die Verantwortung, nach Möglichkeiten zu suchen, wie auf der einen Seite durch mehr Transparenz Kosten gespart werden können, gleichzeitig aber die notwendige medizinische Betreuung gewährleistet bleibt. Das ist darin enthalten.
Herr Kollege Dr. Zimmermann, es gibt noch andere Gremien, in denen Sie arbeiten. Wenn ich mich recht erinnere, haben Sie seinerzeit im Landesgesundheitsrat die Meinung geäußert, dass in der Tat etwas verändert werden müsse. Deshalb finde ich es nicht redlich, dass Sie in dem einen Gremium die Meinung vertreten, die Strukturänderung sei notwendig, und ein paar Wochen später hier das Gegenteil davon sagen.
Ich will es an einer weiteren Sache verdeutlichen: Ihr Kollege Dr. Höcherl, der Ihrer Partei angehört und Chef im Schwabinger Krankenhaus ist, versucht durch ein eigens eingerichtetes Kompetenzzentrum, an dessen Spitze Dr. Michael Wilke im Krankenhaus Schwabing steht, mit den DRGs umzugehen. Dies betrifft auch den Wettbewerb. Nun erklären Sie mir bitte, warum es Häuser – auf dem Land ist das etwas anderes als in den Ballungsräumen – und Parteifreunde von Ihnen gibt, die das als notwendig befürworten und meinen, dass das ein richtiger Schritt in die Zukunft sei. Trotzdem sagen Sie, wir sollten die Bundesregierung auffordern, erneut darüber nachzudenken, weil die Häuser das so nicht haben wollten.
Sie irren sich, Herr Kollege Dr. Zimmermann, wir werden Ihrem Ansinnen nicht zustimmen.
Ich will einen weiteren Grund nennen: Gerade in letzter Zeit wird immer wieder beklagt – bleiben wir beim Beispiel Blinddarm, das Sie angeführt haben –, dass die Operation – vorausgesetzt, sie ist nicht mit großen Komplikationen verbunden und es ist keine Mehrzuwendung notwendig – im Krankenhaus X teurer ist als im Krankenhaus Y. Ich möchte von Ihnen wissen, wie Sie das begründen. Es ist notwendig, zu mehr Gleichheit zu kommen; mit dem australischen System wird die Finanzierung gelingen. Ich betone, Komplikationen sind ausgenommen, weil sie einer besonderen Betreuung bedürfen.
Ein Letztes: In der „Ärztezeitung“ – keine linke Zeitung – wurde im letzten Jahr deutlich gemacht, dass 60% der Krankenhäuser mit dem neuen System einverstanden sind. Also, malen Sie doch nicht irgendeinen schwarzen Belzebub an die Wand! Schließlich gibt es Häuser, die der Meinung sind, dass eine solche Umorganisation längst überfällig sei und angegangen werden müsse. Wer sich nicht rechtzeitig mit der Situation auseinander setzt, hat die Möglichkeit, die Veränderungen im Nachhinein durchzuführen. Das hat die Bundesregierung eingeräumt.
Auch Sie haben sich nicht rechtzeitig bemüht und zeigen auch keine Alternativen auf. Sie sagen nur pauschal: Das wollen wir nicht. Damit ist der Fall für Sie erledigt. So leicht machen wir es Ihnen nicht. Wir sind der Ansicht, dass es notwendig und längst überfällig ist.
Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage.
Zur wohnortnahen Versorgung: In Sachen Perinatal-Studie erinnere ich Sie daran, dass es vor vielen Jahren darum ging, dass eine bessere Qualität nötig wäre, um in diesem medizinischen Bereich zu besseren Maßnahmen zu kommen. Heute weiß man, dass sich die Qualität verbessert hat. Viele Frauen sind damit einverstanden. Es ist zwar nicht immer eine wohnortnahe, aber eine optimale medizinische Versorgung gewährleistet.
Das geht so.
Ihre Sichtweise ist zu kurz. Ihnen geht es nicht darum, Veränderungen gemeinsam zu gestalten, sondern Ihnen geht es primär darum, der Bundesregierung auf die Füße zu treten und sie an den Pranger zu stellen. Sie sollten vielmehr gemeinsam mit uns überlegen, wie wir zu anderen Maßnahmen kommen können, die längst überfällig sind. Sie sollten gemeinsam mit uns daran arbeiten, anstatt Schaufensteranträge zu stellen. Dieser Antrag ist ein solcher.
Herr Präsident, liebe Kollegen und Kolleginnen! In vielen Bereichen nimmt Bayern eine Spitzenstellung ein. Was aber die Sterbebegleitung, die nicht mit der Sterbehilfe zu verwechseln ist, angeht, stehen wir im Vergleich mit anderen Ländern an drittletzter Stelle. Sieben sogenannte Palliativstationen mit 76 Betten in Krankenhäusern, fünf stationäre Hospize und 97 Hospizgruppen mit zirka 2 000 ehrenamtlichen Helfern und Helferinnen – das ist das Ergebnis, das ich Ihnen noch einmal präsentieren will. Warum tue ich das? Ich tue das vor dem Hintergrund der ausführlichen Anhörung, die der sozialpolitische Ausschuss am 10.05. zu diesem Thema gemacht hat, bei welcher bedauerlicherweise nur wenige Kollegen und Kolleginnen der CSU anwesend waren. Ich kann mich nicht daran erinnern, eine Vertreterin oder einen Vertreter der Staatsregierung dort gesehen zu haben.
Es wäre vielleicht gut gewesen, an der Anhörung teilgenommen zu haben, denn dann wäre vielleicht der Antrag von heute nicht notwendig gewesen.
Ich möchte aber noch einen anderen Grund nennen, weshalb ich meine, dass es gut gewesen wäre, bei der Anhörung anwesend zu sein. Für viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer wäre es wichtig gewesen, Unterstützung und Interesse für ihre Arbeit zu erfahren.
Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den Diskussionsbeitrag von Frau Denzler-Labisch.
Lassen Sie mich zu dem ersten Abschnitt des Antrags kommen. Dieser Abschnitt, liebe Kolleginnen und Kollegen, macht es mir und, wie ich glaube, uns allen, nicht leicht, eine Entscheidung zu fällen. Sie von der CSU verlangen von uns die Zustimmung zu dem Passus, dass der Landtag jedwede Überlegung zur Legalisierung der sogenannten Sterbehilfe mit Entschiedenheit ablehnen solle. Ich möchte an dieser Stelle für mich sagen, dass ich mir wünsche, dass ich hoffentlich nie in die Situation komme, vor dieser Entscheidung stehen zu müssen. Das ist nämlich eine ganz persönliche Entscheidung. Es fällt mir sehr schwer -– und ich glaube, dass es vielen so geht –, eine Entscheidung zu fällen. Daher werde ich mich bei diesem Absatz der Stimme enthalten.
Ich komme nun zu dem zweiten Bereich, in dem es darum geht, dem berechtigten Wunsch unheilbar Kranker und Sterbender nach Linderung ihrer Schmerzen – ich muss das nicht wiederholen, da Sie den Antrag vor sich haben – durch eine menschliche und medizinische Betreuung Rechnung zu tragen. Ich frage Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU: Wenn dem so ist – und dem Ansinnen stimmen wir zu –, muss man dann nicht auch entsprechendes Personal vorhalten und Fortbildungen anbieten sowie die notwendigen Gelder bereitstellen?
Ich möchte auf die Verbesserung der schmerztherapeutischen und -pflegerischen Betreuungsangebote in Akutkrankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen eingehen. Dazu habe ich schon Stellung genommen. Ich denke, dass dies sehr wichtig ist und einer entsprechenden Unterstützung bedarf. Es darf aber nicht bei der verbalen Unterstützung bleiben, sondern es muss eine tatkräftige Unterstützung geben.
Der Forderung, die heutigen Möglichkeiten der palliativen Medizin in der letzten Phase des Lebens zu nützen, werden wir zustimmen.
Eine weitere Unterstützung in der Hospizversorgung wie auch der stationären Einrichtungen hängt mit den eben von mir vorgetragenen Darstellungen zusammen.
In Ihrem Antrag formulieren Sie, dass der Landtag die Staatsregierung auffordert. Das hätten Sie doch längst selbst tun können, weil Sie das Sagen haben. Sie aber wollen von uns das Plazet dazu haben, dass die Staatsregierung dazu aufgefordert wird. Nehmen Sie es mir nicht übel, aber ich finde das eigenartig.
Weil das Thema so sensibel ist, belasse ich es bei der Formulierung „eigenartig“. Das ist deutlich genug. Wir halten es für sehr notwendig, mit den Selbstverwaltungen, den Trägern, den Krankenhäusern und allen Hospizvereinen ins Gespräch zu kommen. Die Gelegenheit dazu am 10.05. haben Sie allerdings versäumt.
Wir stimmen Ihnen in der Forderung zu, die Bevölkerung durch geeignete Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit über bestehende Versorgungsangebote zu informieren; denn bei einer Umfrage hat sich herausgestellt, dass 90% der Bevölkerung mit der Hospizbewegung touristische Einrichtungen verbinden. Das ist bedauerlich, und da ist sehr viel Aufklärungsarbeit bitter notwendig.
Auf die Rechtslage hat schon meine Vorrednerin hingewiesen, auch auf die Testamente. Dem stimmen wir zu. Was geschieht denn, wenn wir Patientenrechte fordern? Da wird in weiten Kreisen der Ärzteschaft immer noch gesagt: Das regeln wir, dafür haben wir Gutachterstellen, aber die Patienten sind uns dabei gar nicht so willkommen. Es wäre schön, wenn Sie uns bei der Forderung unterstützen würden, die Patientenrechte auch in dieser Form zu stärken.
Im letzten Absatz des Antrags fordern Sie, dass die Staatsregierung bis zum 31. Dezember 2001 berichten soll; das ist so in Ordnung. Dabei soll auch auf die Finanzierung eingegangen werden. Im Augenblick stehen 381000 DM zur Verfügung. Wenn es Ihnen gelingt, bis zum 31. Dezember die Mittel aufzustocken, werden Sie Ihren Vorstellungen getreu. Darum bitten wir Sie, und daran werden wir Sie bei den Entscheidungen erinnern.
Herr Präsident, liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Frau Dr. Fickler, wenn der bayerische Ministerpräsident Dr. Stoiber der Vorsitzende der Familienkommission war, möchte ich ihn von dieser Stelle aus fragen, was er daraus gelernt hat. Warum hat er, als er der Vorsitzende war, wichtige Maßnahmen, die zur Stützung der Familien notwendig waren und weiterhin notwendig sind, nicht ergriffen? Warum hat das so lange gedauert?
Kollegen und Kolleginnen, eigentlich müssten wir die jetzige Initiative des Ministerpräsidenten, künftig allen Kindern bis zum dritten Lebensjahr 1000 DM zahlen zu wollen, prima finden; denn die Familiensituation wurde durch den Bericht der ehemaligen Sozialministerin Stamm sehr deutlich dargestellt. Die Sozialhilfedichte bei den unter Fünfzehnjährigen ist mit 3,9% beinahe doppelt so hoch wie die der Gesamtbevölkerung, die bei 2% liegt. Die Situation wird besonders bei denjenigen Kindern deutlich, die in diesen Familien leben und groß werden. Diese Familien müssen sehen, wie sie den täglichen Lebensunterhalt bestreiten können. Sie erwähnen die familienstützenden Maßnahmen, obwohl eine Ganztagsbetreuung vielen Familien entgegenkäme. Viele Frauen stehen nämlich nicht vor der Alternative, ob sie arbeiten wollen oder nicht, sondern sie müssen arbeiten, um den Lebensunterhalt zu bestreiten.
Deshalb müssen entsprechende Einrichtungen vorgehalten werden. Mit dem Hort allein ist es aber nicht getan. Wir brauchen Ganztagseinrichtungen. In diesem Hohen Hause sagen Sie dazu lediglich, dass Sie das allmählich mit der entsprechenden finanziellen Unterstützung voranbringen wollten. Warum haben Sie es aufgrund Ihrer Mehrheiten bisher nicht getan?
Der Ministerpräsident hat ein Bündnis gegen die Gewalt gegenüber Kindern gegründet. Gewalt entsteht in der Familie. Auf dieses Thema ist jahrelang nur unzureichend eingegangen worden. Viele Untersuchungen bestätigen, dass sich Gewalt in Situationen der Arbeitslosigkeit und der Krankheit entwickeln kann. Darauf sind Sie nicht eingegangen. Vielmehr versuchen Sie jetzt, durch schöne Reden darauf hinzuweisen, dass Sie von sich aus etwas tun wollen.
Theresa Schopper hat auf die Wohnsituation hingewiesen. Ich möchte darauf auch noch einmal eingehen. In den Stadtteilen, in denen Familien sozialer Armut dahinvegetieren, gibt es zu wenig Kinderbetreuungseinrich
tungen. Diese Situation muss auch in dem Modell „soziale Stadt“ berücksichtigt werden. Dadurch können und müssen Familien gestärkt werden. Ein weiteres Thema, das Sie so gut wie gar nicht angesprochen haben, sind unsere ausländischen Kinder. Auch diese Kinder werden in Familien groß. Wo bleiben hier Ihre unterstützenden Maßnahmen? Ich darf Sie an die Integrationsanträge unserer Fraktion erinnern, die Sie weitgehend abgelehnt haben. Wenn Sie es mit der Familienpolitik ernst meinen, müssen Sie alles tun, um diese Situation zu verbessern. Sie müssen auch die ausländischen Familien in Ihre Überlegungen einbeziehen. Das wäre echte Integration.
Frau Präsidentin, Kollegen und Kolleginnen! Die Diskussion, ob wir ein Zuwanderungsland oder ein Einwanderungsland sind, ist seit Jahren hier in vollem Gange. Deshalb begrüßen wir diesen Antrag, weil er in die Diskussion und die unterschiedlichen Interpretationen ein bisschen Klarheit bringt.
Herr Kollege Dr. Merkl, wenn Sie sagen, wir seien ein Zuwanderungsland, das man steuern könne, entgegnen wir: Wir sind bereits zu einem Einwanderungsland geworden. Was die Steuerung angeht, so ist sie durch die verschiedenen gesetzlichen Regelungen derzeit auch gegeben. Es gibt eine rechtliche Handhabe aufgrund des Asylrechts, das festlegt, wem hier Asyl gewährt wird. Es gibt weiterhin die Möglichkeit, danach zu differenzieren, aus welchen Ländern die Ausländer kommen, wie ihr Aufenthaltsstatus ist – mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen. Sie haben ausgeführt, die Bevölkerung werde verdummt, in Unsicherheit gebracht. Dazu tragen Sie aber bei, weil Sie immer wieder mit neuen Gesichtspunkten kommen.
Nun hören wir neue Töne. Insofern können wir Hoffnung haben, dass Sie in der Lage sind zu sagen: Zuwanderung findet statt. Vor einem Jahr oder vor zwei Jahren waren Sie noch nicht so weit. Dazu, dass es breite Bevölkerungskreise gibt, die verunsichert sind, tragen Sie in erheblichem Maße bei.
Vielleicht finden wir hier über das, was uns gleich noch Frau Ministerin Stamm sagen wird, noch mehr Klarheit.
Nun komme ich zu den einzelnen Bereichen innerhalb dieses Antrags. Im ersten Satz wird die Staatsregierung aufgefordert, sich endlich darauf zu konzentrieren, Bayern als ein Einwanderungsland anzuerkennen. Dazu stehen wir auch, weil Einwanderung stattgefunden hat und Einwanderung stattfinden wird. Das ist ein Faktum, an dem auch Sie, selbst wenn Sie es gern wollten, nicht vorbeikommen.
Der zweite Satz ist: „Des Weiteren fordert der Bayerische Landtag die Staatsregierung auf, darüber zu berichten, welche Maßnahmen zur besseren Integration der in Bayern lebenden ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger ergriffen wurden.“ „Besser“ hieße doch dann, dass es schon ganz gut ist und ich sage: Es ist nicht gut. Wir haben vor etwa einem Jahr den Bericht hier diskutiert, wir haben Anträge eingebracht, die der Integration dienen sollen. Wir haben vor kurzem den Antrag hier diskutiert, der von Ihnen abgelehnt worden ist, die Ausländerbeiräte zusammenzuschließen. All diese Maßnahmen, die kleine Schritte zur Integration
sind – und Integration heißt für uns auch, dies den Deutschen zu vermitteln –, haben Sie verhindert.
Nun komme ich zu dem, was im Augenblick sowohl bei der CDU als auch bei der CSU heftigst in der Diskussion ist, nämlich zur Leitkultur. Was ist eigentlich Ihrer Ansicht nach die Leitkultur? Wer legt jetzt fest, wonach wir uns zu richten haben, wir Deutschen und auch die Ausländer und Ausländerinnen, die zu uns kommen? Legen Sie fest, was jetzt die Leitkultur ist? Hier liegen Sie daneben; es ist langsam eine Leidkultur, aber keine Kultur und keine Ansätze dazu, die uns leiten. Uns leiten heißt auch, aufeinander zuzugehen, wahrzunehmen, dass hier Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen leben. Wollen Sie, dass alle Ausländer und Ausländerinnen die bayerische Leitkultur übernehmen? Dem kann ich so nicht zustimmen.
Deshalb sagen wir: Wir stimmen diesem Antrag zu. Es ist ein Weg in diese Richtung, um auch innerhalb der Bevölkerung zu mehr Ehrlichkeit und Akzeptanz beizutragen und nicht nur Krokodilstränen zu weinen, wenn es um den Rechtsextremismus geht, sondern es gilt die Ansätze frühzeitig zu bekämpfen. Da haben Sie versagt. Jetzt ist es so weit, dass Ihnen nichts anderes einfällt als die so genannte Leitkultur.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Staatsministerin Stamm, bitte.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mir auf meinen Zettel geschrieben: „Warum erst jetzt?“ Selbstverständlich begrüßen auch wir gerade nach der flächendeckenden
Ausdehnung ausdrücklich die Einführung eines bevölkerungsbezogenen Krebsregisters in Bayern. Während im Sozialbericht noch das informationelle Selbstbestimmungsrecht betont wird, um damit die nicht vorhandene Meldepflicht zu rechtfertigen, ist nun endlich der notwendige Schritt zur flächendeckenden Erfassung der immer noch zweithäufigsten Todesursache in Deutschland getan. Damit werden künftig auch endlich die notwendigen Daten zur Verfügung stehen, um Ursachen aufzudecken und zukünftiges Leiden zu lindern.
Der Gesetzentwurf der Staatsregierung wurde bereits im Dezember letzten Jahres eingebracht. Heute nun wird er in Zweiter Lesung behandelt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass dies sehr lange gedauert hat, liegt jedoch nicht an der Verweigerungshaltung der Opposition, sondern ganz eindeutig an handwerklichen Fehlern der Staatsregierung. Aus sehr guten Gründen haben wir von Anfang an, auch als dies im Sozialpolitischen Ausschuss zur Debatte stand, darauf bestanden, eine flächendeckende Erfassung aufzunehmen. Dies geschah insbesondere auch durch die Kollegin Christa Steiger aus Oberfranken.
Die Haushaltsmittel von 1998 decken im Einzugsbereich nur 60% ab, zwei Drittel Millionen Menschen in Oberbayern und 13 Landkreise, also zirka 1,5 Millionen. Deutschland nimmt – ich denke, es ist wichtig, dies an dieser Stelle zu betonen – sowohl bei der onkologischklinischen Forschung als auch bei den Therapieresultaten einen untergeordneten Platz ein.
Dies liegt unserer Meinung nach auch daran, dass es, abgesehen vom Saarland, kein flächendeckendes Register gibt, auf das zurückgegriffen werden könnte. Das in der ehemaligen DDR bestehende Register wurde nicht weitergeführt.
Schon lange halten wir es für notwendig, Krebsdaten flächendeckend zu erfassen, damit zum Einen die Bedingungen für die epidemiologische Forschung verbessert werden, zum Zweiten die Möglichkeit geschaffen wird, Qualität und Erfolg der Behandlung zu messen, indem etwa Heilung und Sterblichkeit bei der Anwendung einzelner Methoden dokumentiert werden. Dies ist dringend erforderlich, weil wir im europäischen Vergleich zwar, was die finanziellen Aufwendungen für die Gesundheit, gemessen am Bruttosozialprodukt, angeht, einsam an der Spitze liegen, bei der Fünf-Jahres-Überlebensrate jedoch in den Bereichen Lungenkrebs, Darmkrebs, Brustkrebs, Gebärmutterkrebs sowie Kopf- und Halskrebs lediglich an dritter bzw. an vierter Stelle.
Zur Bereitstellung dieser Basisdaten ist unbedingt eine lückenlose Registrierung notwendig. Die Patientinnen und Patienten haben hierfür großes Verständnis, weil jeder und jede weiß, dass eine fundierte Forschung lediglich aufgrund gesicherter Daten zum medizinischen Fortschritt und damit zum Nutzen für jeden Einzelnen und Einzelne beiträgt.
Mittlerweile – das betone ich ausdrücklich – ist durch die Intentionen der SPD-Mitglieder des Haushaltsausschusses die Bereitstellung der notwendigen zusätzlichen Gelder für eine Schließung der Lücken des Registers sicher
gestellt, wofür ich mich auch im Namen der heutigen und möglichen zukünftigen Betroffenen bedanke.
Nichtsdestotrotz, liebe Kollegen und Kolleginnen, frage ich die Staatsregierung, warum es zu dieser enormen Verzögerung hat kommen müssen. Wäre der heute zu beschließende Antrag bereits früher in dieser Form eingebracht worden, wären wir schon einen großen Schritt weiter. Wäre die Staatsregierung bereits sehr viel früher dem Vorbild des Saarlands gefolgt, könnten wir diese Errungenschaft bereits seit Jahren haben. Das Saarland stellt seit 20 Jahren sehr erfolgreich die Daten in einem Krebsregister zusammen.
Ich danke den Mitgliedern und „Mitgliederinnen“, die im Landesgesundheitsbeirat arbeiten,
Mitglieder, entschuldigen Sie bitte -,
aber auch dem Kollegen Dr. Zimmermann, der sich auch dort dafür eingesetzt hat, dass wir endlich zu einer gemeinsamen Linie kommen, um Krebsdaten zu erfassen.
Lieber Kollege Kobler, Sie lachen. Vielleicht ist das heute ein Anlass zur Freude, da stimme ich Ihnen zu.
Ich darf aber an den Sozialbericht der Bayerischen Staatsregierung erinnern, in dem die beiden Regierungsbezirke Oberfranken und Niederbayern nicht vorgekommen sind. Ich denke, das wäre schon früher Aufgabe der Bayerischen Staatsregierung gewesen.
Dennoch waren wir diejenigen – das sage ich an dieser Stelle –, die Sie dazu motiviert haben, nicht nachzugeben und im Interesse der Bürger und Bürgerinnen das Krebsregister auf diese beiden Regierungsbezirke auszudehnen.
Wir stimmen dem Antrag mit der Änderung zu, die am 6. Juli im Ausschuss für Verfassungs-, Rechts und Parlamentsfragen endberaten wurde, dass nämlich in Artikel 16 Absatz 1 ein früherer Zeitpunkt eingefügt wird. Wir bedanken uns noch einmal bei allen, die endlich eingesehen haben, dass es wichtig ist, die beiden Regierungsbezirke Oberfranken und Niederbayern in das Krebsregister einzubeziehen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist noch gar nicht so lange her, dass der Slogan verbreitet wurde: „Wir sind kein Einwanderungsland, das Boot ist voll.“ Vor kurzem hieß es bei den Kolleginnen und Kollegen der CSU auch, dass die Grenzen der Belastbarkeit erreicht seien.
Nun sollen die zu uns kommen, die uns nützen. Herr Kollege König, Sie sagten, wir sollten die CSU nicht in eine ausländerfeindliche Ecke stellen. Haben Sie sich nicht selbst in diese Ecke gestellt, als Sie zu Ihrer Unterschriftenkampagne aufgerufen haben?
Herr Kollege König und Herr Kollege Herrmann, Sie reden davon, dass Integration sehr wohl stattfinde. Hier stelle ich einen großen Widerspruch fest. Auf der einen Seite rufen Sie auf, gegen Ausländer zu unterschreiben. Viele Bürgerinnen und Bürger, die zu Ihrer Unterschriftenaktion in das Münchner Rathaus gekommen sind, haben gefragt, „wo sie gegen Ausländer unterschreiben können“. Dafür, dass sich dieser Stil breit macht, tragen Sie die Verantwortung. Gleichzeitig aber wagen Sie, lieber Herr Kollege König, von Integration zu reden und der SPD vorzuwerfen, sie stelle die CSU in eine ausländerfeindliche Ecke. Fragen Sie doch einmal, ob nicht Ihre Politik dazu beigetragen hat und weiterhin dazu beiträgt, dass Sie als ausländerfeindlich dargestellt werden.
Das neueste Schlagwort in der Einwanderungsdiskussion lautet nun „Blaue Karte“. Der bayerische Innenminister, Dr. Beckstein, hat ganz bewusst die deutsche Sprachform gewählt. Warum? Er will damit viele Deutsche als Unterstützerinnen und Unterstützer für seine Maßnahmen gewinnen und gleichzeitig von der eigentlichen Problematik ablenken.
Jetzt komme ich zu einem Beispiel aus dem Petitionsausschuss. Vor gar nicht allzu langer Zeit haben wir darüber diskutiert, ob wir dazu beitragen können, dass eine koreanische Dirigentin in Hessen bleiben kann, denn Darmstadt war bereit, sie als Dirigentin aufzunehmen. Was für eine Diskussion hatten wir dazu im Petitionsausschuss? Was muss noch geschehen? Heute
reden Sie so und morgen so. Bleiben Sie doch bei Ihrer Linie, wenn Integration und eine gesteuerte Einwanderung für Sie wichtig sind.
Ein weiteres Beispiel aus dem Petitionsausschuss liegt sechs Jahre zurück. Ich meine jetzt nicht die Krankenschwestern im Herzzentrum, sondern die Krankenschwestern in Großhadern. Der Petitionsausschuss musste eigens einen Ortstermin veranstalten, um sich im Klinikum Großhadern an Ort und Stelle davon zu überzeugen, dass es äußerst notwendig ist, diese Krankenschwestern in Deutschland zu behalten, weil deutsche Kräfte auf dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung standen. 16 Jahre hätten Sie Zeit gehabt, um deutsche Arbeitskräfte entsprechend zu qualifizieren. Das haben Sie nicht geschafft.
Zusammenfassend kann ich nur sagen, dass Sie mit Ihrer bisherigen Politik dazu beigetragen haben und weiterhin dazu beitragen, erhebliches Misstrauen gegen die Ausländerinnen und Ausländer zu schüren. Ob es sich um den Blue-Card-Vorstoß der Bayerischen Staatsregierung handelt oder um die von Baden-Württemberg festgelegten Eckpunkte zur Einwanderung, in beiden Fällen wird der Reduzierung einer angeblich hohen und ungesteuerten Zuwanderung nach Deutschland das Wort geredet. Herr Kollege Dr. Rabenstein hat sehr deutlich dargelegt, wie Sie dabei die Themen Einwanderungspolitik, Asylkompromiss und Blue Card vermischen.
So frage ich mich abermals, und diese Frage stelle ich auch Ihnen: Was will die Staatsregierung eigentlich? Was ist eigentlich Sache? Auf der einen Seite wird gerufen: Ausländer raus! Auf der anderen Seite heißt es: Ausländer rein! In meinen Augen kann aus der Diskussion um Green Card und Blue Card eigentlich nur eines folgen: die Rote Karte für die CSU.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Kreuzer, bitte.
Herr Präsident, Kollegen und Kolleginnen! Herr Dr. Merkl und Frau Kollegin Stamm, nein zum Ausländerbeirat, nein zum Doppelpass, nein zum weiteren Zuzug von Ausländern nach München – so, liebe Kollegen und Kolleginnen, war es letzte Woche in der „Abendzeitung“ nachzulesen. Nun wird auch mit dem Bericht, den ich sehr gründlich gelesen habe, versucht, deutlich zu machen, dass gemeinsame Bemühungen in Gang gesetzt werden, die der Integration dienen. Erklären Sie mir bitte, liebe Kollegen und Kolleginnen von der CSU, wie dieses mit dem Bericht in der „Abendzeitung“ in Einklang zu bringen ist.