Protokoll der Sitzung vom 30.01.2002

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 81. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigungen wurden jeweils ereilt. Hörfunk und Fernsehen des Bayerischen Rundfunks übertragen später die Regierungserklärung unmittelbar.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 5

Mündliche Anfragen

Ich bitte zunächst den Herr Staatssekretär für Arbeit, Sozialordnung, Familie und Frauen um die Beantwortung der ersten Fragen. Herr Kollege Reisinger, stellen Sie die Frage für Herrn Kollegen Sackmann? – Dann haben Sie das Wort.

Herr Präsident! Herr Staatssekretär, welche Chancen sieht die Staatsregierung, künftig bei Bedürftigkeit zur Hausaufgabenhilfe eine Finanzierung nicht nur zu Hause, sondern auch in der Schule über das Jugendamt zu ermöglichen?

Herr Staatssekretär, bitte.

Staatssekretär Georg Schmid (Sozialministerium) : Herr Präsident! Herr Kollege Reisinger, die Hausaufgabenhilfe als solche ist keine Leistung der Jugendhilfe. Insofern besteht auch keine Verpflichtung der Jugendämter zur Finanzierung. Hausaufgabenhilfe ist aber regelmäßig Bestandteil der sozialpädagogischen Angebote von Tageseinrichtungen, Horten, Kindergärten oder einer Tagespflege für Schüler. Da die Jugendämter auf Antrag die Kosten der Förderung von Schulkindern in Tageseinrichtungen übernehmen, wenn die finanzielle Belastung den Eltern und dem Kind nicht zuzumuten ist, erfolgt in diesen Fällen zumindest mittelbar eine Kostenbeteiligung. Entsprechend ersetzen die Jugendämter die Aufwendungen von Tagespflegepersonen, wenn die Vermittlung für das Wohl des Kindes geeignet und erforderlich ist.

Die Hausaufgabenbetreuung im Rahmen der Mittagsbetreuung an Grundschulen zählt dagegen nicht zu den obligatorischen Leistungen des Jugendamtes. Die Mittagsbetreuung ist ein Angebot der Schule und gehört rechtlich nicht zu den Tageseinrichtungen. Das Sozialministerium hat die Jugendämter deshalb bereits gebeten, die Mittagsbetreuung den Jugendhilfeeinrichtungen gleichzustellen und finanzielle Belastungen der Eltern, allerdings auf freiwilliger Basis, zu übernehmen. Darüber hinaus, Herr Kollege Reisinger, ist die Finanzierung einer Hausaufgabenhilfe durch das Jugendamt nur im seltenen Einzelfall als Annex denkbar, wenn dringende pädagogische und damit verbundene therapeutische Gründe dies erfordern. Eine Ausweitung des Leistungskatalogs des SGB VIII wird im Hinblick auf die Kostenex

plosion im Jugendhilfebereich allerdings nicht befürwortet. Sie als Kommunalpolitiker kennen die Problematik der steigenden Kosten bei der Jugendhilfe.

Zusatzfragen gibt es keine. Frau Kollegin Narnhammer ist erkrankt. Übernimmt jemand die Frage? – Das ist nicht der Fall. Dann sind Sie, Frau Kollegin Kellner, die Nächste.

Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) : Herr Staatssekretär, ich frage Sie: In welcher Höhe wurden dem Landkreis Landshut Zuschüsse für die Sanierung des Kreiskrankenhauses Landshut-Achdorf zugesagt, und in welchen Tranchen – bitte Angabe von Monat und Jahr – wird der gesamte Zuschuss ausbezahlt?

Herr Staatssekretär.

Staatssekretär Georg Schmid (Sozialministerium) : Frau Kollegin Kellner, für die derzeitig am Krankenhaus Landshut-Achdorf laufende Baumaßnahme, die im Wesentlichen die Sanierung der heizungs- und lüftungstechnischen Anlagen sowie strukturverbessernde Maßnahmen beinhaltet, wurde nach Abschluss des vorgeschriebenen fachlichen Prüfungsverfahrens eine Fördersumme in Höhe von 4,34 Millionen Euro festgelegt. Der Krankenhausträger hat diesem Betrag im Rahmen einer Höchstbetragsvereinbarung zugestimmt. Das Projekt wird seit dem vergangenen Jahr über das Jahreskrankenhausbauprogramm finanziert. Die erste Förderrate betrug 0,51 Millionen Euro und wurde bereits im zweiten Quartal des vergangenen Jahres ausbezahlt. Der verbleibende Betrag von 3,83 Millionen Euro muss noch in den kommenden Jahren aufgebracht werden.

Die konkrete Förderleistung – ich darf Ihnen das im Detail noch ein wenig erläutern – für das Jahr 2002 steht derzeit noch nicht fest, da die Verteilung der für das Bauprogramm zur Verfügung stehenden Mittel noch nicht abgeschlossen ist. Die Berechnung der Förderraten richtet sich jedoch für alle Bauvorhaben nach den Kriterien, die mit dem bayerischen Krankenhausplanungsausschuss in seiner Sitzung am 5. November des vergangenen Jahres abgestimmt wurden. Ein Abweichen von diesen Vorgaben zugunsten des von Ihnen genannten Projekts in Landshut-Achdorf käme im Hinblick auf die notwendige Gleichbehandlung aller Krankenhäuser nicht in Betracht.

Zur Finanzierung über das Jahr 2002 hinaus sind zum jetzigen Zeitpunkt keine verbindlichen Aussagen möglich. Nicht zuletzt hängt dies entscheidend von der Höhe des Etats für die Krankenhausfinanzierung im kommenden Doppelhaushalt 2003/2004 ab. Sollte allerdings der Haushaltsansatz mit rund 614 Millionen Euro – Sie als Mitglied des Haushaltsausschusses kennen diesen Betrag – konstant bleiben, muss der Träger mit einer Finanzierungsdauer von insgesamt rund drei Jahren rechnen. Die Finanzierung könnte damit – wenn ein entsprechender Kostenanfall vorliegt und Kosten geltend gemacht werden – frühestens im Jahre 2003 abgeschlossen werden, sodass wir für die beiden Jahre 2002

und 2003 noch eine Finanzierung vorsehen müssen. Dann können wir das Projekt auch finanzieren.

Zusatzfrage: Frau Kollegin.

Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) : Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, dass der Landkreis für diese Maßnahme bereits 11 Millionen DM ausgegeben hat und jetzt zwischenfinanzieren muss, also über Kreditaufnahme einsteigen muss, weil die Zuschüsse nicht mehr zeitnah bezahlt werden?

Herr Staatssekretär.

Ich kann mir die Summe von 11 Millionen DM deswegen nicht vorstellen, weil für diesen Bauabschnitt – wir sprechen nur über diesen Bauabschnitt – im Rahmen einer Höchstbetragsfestfinanzierung 4,34 Millionen Euro vereinbart wurden. Das heißt, dass über diesen Betrag nicht hinausgegangen werden kann, jedenfalls nicht für diesen Bauabschnitt, der momentan unmittelbar läuft und abfinanziert wird. Natürlich haben wir immer das Problem, dass Beträge nicht so ausgezahlt werden können, dass keine Vorfinanzierungen anfallen. Unser Anliegen besteht letztendlich immer darin, im Falle mehrerer Bauabschnitte so in das Bauprogramm einzusteigen, dass keine Unterbrechung der Baumaßnahme stattfinden muss, sondern permanent weitergebaut werden kann. Das ist den Krankenhausträgern auch wesentlich wichtiger als das Problem der kontinuierlichen Abfinanzierung ohne Vorleistungskosten.

Ich darf noch einmal sagen: Der Bauabschnitt Heizungsund Lüftungstechnik sowie strukturverbessernde Maßnahmen, der momentan zur Finanzierung ansteht, beinhaltet einen Betrag von 4,34 Millionen Euro, also rund 8,5 Millionen DM. Deswegen kann ich mir nicht vorstellen, woher diese 11 Millionen DM kommen. Wir können die Frage aber gerne noch klären. Ich werde Ihnen dann die notwendigen Daten zukommen lassen. Momentan ist das nicht kompatibel.

Dieser Sachverhalt hat im Landkreis zu heftigen Diskussionen geführt, Herr Staatssekretär, und deshalb finde ich, dass von Ihrer Seite eine Klarstellung nötig ist, weswegen ich Sie in der Tat bitten muss, mir genau aufzuschlüsseln, wie sich das gestalten soll.

Das war ein Kommentar und keine Frage. Der nächste Fragesteller ist Herr Kollege Möstl.

Herr Staatssekretär, trifft es zu, dass das vor kurzem von einem privaten Investor erworbene Anwesen „Ritterklause“ im Ortsteil Zankltrad in der Gemeinde Eslarn vom Freistaat Bayern angemietet und auf Kosten des Steuerzahlers in eine Einrichtung für 150 Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion

umgebaut werden soll und die Gemeinde Eslarn erst im Januar 2002, kurz vor der notariellen Beurkundung des Kaufs, über das Vorhaben der Regierung der Oberpfalz informiert wurde?

Bitte, Herr Staatssekretär.

Herr Kollege Möstl, es trifft zu, dass das vormalige Hotel „Ritterklause“ in Zankltrad, Markt Eslarn, zwischenzeitlich von der Regierung der Oberpfalz als Übergangswohnheim für Spätaussiedler angemietet wurde. Nicht zutreffend ist allerdings, dass das Objekt auf Kosten des Steuerzahlers umgebaut werden soll. Vielmehr trägt der Eigentümer die Kosten der notwendigen Umbaumaßnahmen. Dazu gehören auch die aus brandschutzrechtlichen Gründen notwendigen Maßnahmen mit Ausnahme des nutzungsbedingten Hausalarms. Auch beläuft sich die unterzubringende Zahl an Spätaussiedlern nicht auf 150, sondern auf 117 Personen. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung ergibt sich daraus ein Anteil von 3,7%, der sich damit im unteren Bereich vergleichbarer Einrichtungen in der Oberpfalz bewegt. In Stamsried beträgt der Anteil zum Beispiel 5,3% und in Gleißenberg 8,6%.

Nicht zutreffend ist auch, dass der Markt Eslarn erst im Januar 2002 über das Vorhaben der Regierung der Oberpfalz informiert wurde. Die Regierung der Oberpfalz hat das Objekt am 16. November 2001 zwecks Prüfung der Eignung besichtigt und bereits in der darauf folgenden Woche mehrfach versucht, den ersten Bürgermeister von Eslarn telefonisch zu erreichen. Auch die dringende Bitte um Rückruf war erfolglos. Ende November oder Anfang Dezember hielt die Regierung telefonische Rücksprache mit dem geschäftsleitenden Beamten und kündigte die Absicht der Anmietung mit Schreiben vom 6. Dezember 2001 an.

In der Folge wurde von der Regierung der Oberpfalz mit dem Bürgermeister für den 17. Dezember 2001 ein Besprechungstermin im Rathaus Eslarn vereinbart, bei dem der Bürgermeister aber nicht anwesend war. Das Gespräch wurde mit dem geschäftsleitenden Beamten des Marktes Eslarn geführt. Dabei wurde darum gebeten, die Absicht der Regierung der Oberpfalz noch in der Dezember-Sitzung des Marktrates bekannt zu geben. Gleichzeitig hat die Regierung der Oberpfalz ihre Bereitschaft erklärt, auf Wunsch an dieser Sitzung teilzunehmen. Aus nicht bekannten Gründen ist der Bürgermeister dieser Bitte nicht nachgekommen. Da das verbindliche Angebot zur Anmietung bis zum 31. Dezember 2001 befristet war, war die Regierung der Oberpfalz gezwungen, eine Entscheidung zu treffen. Die Behauptung, erst im Januar sei eine Mitteilung weitergegeben worden, ist also nicht zutreffend.

Zusatzfrage: Herr Kollege Möstl.

Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, dass bei diesem Objekt die Gefahr besteht,

dass es zu einer Ghettobildung kommt? Das Haus liegt außerhalb des Ortes und ist schlecht angebunden. Das einzig Positive ist der Umstand, dass Parkplätze in der Nähe sind. In der Bevölkerung bestehen große Ängste. Befürchten Sie hier Probleme?

Bitte, Herr Staatssekretär.

Herr Kollege Möstl, bei der Installierung von Aussiedlereinrichtungen gibt es immer wieder Diskussionen darüber, ob eine solche Einrichtung an den jeweiligen Standort passt. Wenn eine solche Einrichtung innerhalb der Gemeinde installiert wird, wird häufig argumentiert, dass sie zu nahe an einer Schule liege, dass sie zu zentral liege oder die Belästigungen zu groß seien. Wenn eine solche Einrichtung außerhalb des Ortes errichtet wird, wird argumentiert, dass die dort lebenden Menschen nicht genügend integriert würden.

Momentan sind die Aussiedlerzahlen konstant. In der Oberpfalz gibt es im Moment zwei Problemfälle aufgrund auslaufender Verträge. Ich denke hier an Sulzbach-Rosenberg und an Hemau. Dort wird darüber diskutiert, ob eine weitere Belegung möglich ist. Die Oberpfalz muss nach einem entsprechenden Schlüssel 12,1% der dem Land Bayern zugeteilten Aussiedler aufnehmen. Wir müssen also solche Einrichtungen installieren. Die von Ihnen dargelegte Befürchtung einer Ghettoisierung teile ich nicht. Schließlich ist diese Einrichtung im Vergleich zu den anderen Einrichtungen der Oberpfalz eher klein.

Weitere Zusatzfrage: Herr Kollege Möstl.

Herr Staatssekretär, halten Sie angesichts des von Ihnen geschilderten mangelnden Kontaktes zur Gemeindeführung eine öffentliche Informationsveranstaltung der Regierung für die Bevölkerung für notwendig?

Bitte, Herr Staatssekretär.

Herr Kollege Möstl, die Vertretung der Gemeinde nach außen ist eine Aufgabe des Gemeinderates und des Bürgermeisters. Sie ist keine Aufgabe der Bevölkerung. Die Gemeinde und die Verwaltung der Gemeinde waren rechtzeitig informiert. Wenn die Gemeinde eine Veranstaltung zur Information der Bevölkerung durchführen möchte, ist das in Ordnung. Ich glaube aber nicht, dass es in diesem Fall nötig war, eine öffentliche Umfrage oder eine Veranstaltung durchzuführen. Der Bürgermeister, die Gemeinde und die Verwaltung sind hier die Ansprechpartner.

Letzte Zusatzfrage: Herr Kollege Möstl.

Herr Staatssekretär, kann die Gemeinde Eslarn, falls Investitionen für die Infrastruktur und die Belegung dieses Hauses notwendig werden sollten, mit erhöhten Zuschüssen oder Fördermaßnahmen des Freistaats Bayern rechnen? Ich denke dabei zum Beispiel an einen Kindergarten, eine Schule oder andere Einrichtungen.

Bitte, Herr Staatssekretär.

Für solche Fälle gibt es keine speziellen Zuweisungen von Infrastrukturfördermitteln. Wenn sich wegen dieser Einrichtung jedoch zum Beispiel die Notwendigkeit zur Errichtung eines Kindergartens ergäbe, müsste dieser Bedarf gedeckt werden. Dann würden auch Fördermittel zur Verfügung gestellt. Dies gilt sowohl für die Investitionen als auch für die Personalkosten. Für solche Fälle sind jedoch keine pauschalen Förderungen möglich. Dies ist in der staatlichen Finanzverwaltung nicht vorgesehen.

Herr Staatssekretär, damit sind die Fragen, die an Sie gerichtet wurden, erledigt. Ich darf jetzt den Staatsminister für Landwirtschaft und Forsten bitten, die nächsten Fragen zu beantworten. Der erste Fragesteller ist Herr Kollege Prof. Dr. Vocke.

Herr Staatsminister, was unternimmt die Bayerische Staatsregierung, damit der Aufbau von dezentralen, auch kleineren Hackschnitzelheizanlagen, die mit heimischen Waldresthölzern befeuert werden, vor allem in ländlich strukturierten Räumen besser realisiert wird?

Bitte, Herr Staatsminister.

Staatsminister Miller (Landwirtschaftsministerium) : Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Prof. Dr. Vocke, die Staatsregierung passt ihre Fördermaßnahmen den aktuellen Erfordernissen an. So ist am 1. Juli 2001 das Förderprogramm für Biomassefeuerungen bis 500 kW mit der Abkürzung „BioKomm“ in Kraft getreten. Mit diesem Programm wird die Förderlücke des Bundes mit Landesmitteln geschlossen, die Kommunen und Kirchen von der Förderung ausschließt. Am 1. September 2001 ist ein weiteres Förderprogramm in Kraft getreten, das ebenfalls für kleine Heizkraftwerke von 100 bis 500 kW erhöhte Anreize für die Installation von besonders umweltschonenden Biomassekesseln gibt. Dieses Programm heißt „BioHeiz500“. Jeder kann eine Förderung nach diesem Programm beantragen. Das Breitenprogramm BioHeiz500 wird seit Januar 2002 durch ein Faltblatt des Staatsministeriums, das an allen Landwirtschaftsämtern ausliegt und damit gezielt die bäuerlichen Waldbesitzer erreicht, intensiv beworben.

Auch im Internet wird auf diese beiden Programme hingewiesen. Darüber hinaus informiert C.A.R.M.E.N., die Koordinierungsstelle für nachwachsende Rohstoffe in

Bayern, laufend über die Möglichkeiten des Einsatzes von Hackschnitzelheizungen. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die erstmals in Bayern durchgeführte Messe „biom 2001“ in Straubing, auf der die Hersteller von solchen Heizanlagen, Landwirte und Forstwirte, Handwerker, Architekten, Heizungsbauer und Kaminkehrer vertreten waren. Jeder hatte die Möglichkeit, sich auf dieser Messe über Hackschnitzelfeuerungen zu informieren.

Erste Zusatzfrage: Herr Kollege Prof. Dr. Vocke.