Protokoll der Sitzung vom 11.12.2002

Wenn wir das wollen, dann müssen wir dem Beispiel der Erlanger Allparteienkoalition auch in diesem Hause folgen. Das Ministerium muss den Antragstellern sagen, wie der Antrag gestellt werden muss, damit er nicht abgelehnt werden muss. Dann funktioniert das auch. Das wäre ein besserer Beitrag als Ihr Verhalten heute hier in diesem Hause.

Wir werden dem Antrag der GRÜNEN zustimmen, weil er in der Tendenz richtig ist. Wir sind der Meinung, dass es endlich Zeit wird, dass wir so etwas machen. Vielleicht können Sie sich auch dazu entschließen, zur Einsicht kommen, Ihren Kollegen aus Erlangen folgen und dem Antrag zuzustimmen. Ich habe allerdings keine Hoffnung.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Christ (CSU): Nichts geht mehr!)

Sie haben mich etwas in Verlegenheit gebracht. Es ist zwei Minuten nach 6 Uhr, bis 18 Uhr ist eingeladen. Herr Kollege Hermann hat gebeten, als Erlanger noch das Wort zu bekommen. Er hätte drei Minuten. Frau Münzel wollte noch die drei Minuten der GRÜNEN nutzen. Das können wir tun, wir können aber nicht mehr abstimmen. Ich schlage vor, dass wir die Wortmeldungen zu Ende machen. Das wird nicht mehr allzu viel Zeit in Anspruch nehmen. Abstimmen können wir morgen früh. – Ich sehe, dass damit Einverständnis besteht. Dann hat als nächster Redner Herr Kollege Herrmann das Wort.

Herr Präsident, das ist ein interessanter Verfahrensvorschlag. Ich meine, wir sollten auf jeden

Fall morgen früh um 9.00 Uhr die Abstimmung in namentlicher Form durchführen.

(Heiterkeit)

Den Antrag nehmen wir zur Kenntnis. Morgen früh um 9.00 Uhr gibt es eine namentliche Abstimmung. Das bedeutet eine verschärfte Disziplin heute Abend.

(Volkmann (SPD): Das hat er nicht beantragt, er hat es nur vorgeschlagen! – Leeb (CSU): Nach 18 Uhr kann nichts mehr beantragt werden! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Der Antrag auf namentliche Abstimmung ist gestellt, und das kann morgen früh abgewickelt werden. Bitte, Herr Kollege Herrmann.

Ich will noch einmal kurz zur Sache kommen. Frau Kollegin Gote, Herr Kollege Pfaffmann, ich kann den Ärger von Herrn Kollegen Dr. Spaenle schon verstehen, weil sich hier Kollegen wortreich äußern, die sich in den letzten Monaten an dieser Diskussion kaum beteiligt haben. Ich habe jedenfalls nicht zur Kenntnis genommen, dass diese, im Unterschied zu Herrn Kollegen Dr. Spaenle, zum Beispiel einmal in Erlangen gewesen wären und mit den Betroffenen dort geredet hätten. Herr Kollege Vogel kennt sich vielleicht noch dort aus, aber ich weiß nicht, wie oft Sie beispielsweise mit dem Vorsitzenden der islamischen Religionsgemeinschaft in Erlangen in den letzten Monaten gesprochen haben.

(Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es gibt auch Telefon! – Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Reden Sie zur Sache!)

Es gibt auch Telefon, das ist sehr erfreulich.

Wir haben uns in den letzten Monaten sehr intensiv mit diesem Thema beschäftigt. Ich will zunächst einmal sagen, dass es auch in Erlangen den Schulversuch der Unterweisung in deutscher Sprache gibt. Das ist auf jeden Fall ein Fortschritt. Deshalb ist es nicht sachgerecht, wenn Sie behaupten, es habe sich in den letzten zwei Jahren überhaupt nichts getan. Der Schulversuch hat vor einem Jahr begonnen, und er läuft jetzt erfolgreich an zwölf Orten in Bayern. Er wird weiter ausgebaut, und das ist auf jeden Fall ein Fortschritt.

(Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es geht um den Religionsunterricht, nicht um die Unterweisung!)

Das entspricht auch der Beschlusslage des Bayerischen Landtags. Jetzt kommen wir zur zweiten Frage, nämlich dass wir zu einem islamischen Religionsunterricht kommen. Wir sind uns einig, dass wir das wollen. Es gibt aber nun einmal das Verfassungsproblem, das eigentlich – ich hoffe, Sie hören den feinen Unterschied heraus – nach der Verfassungslage eine Religionsgemeinschaft im Sinne des Grundgesetzes Voraussetzung für einen Religionsunterricht im Sinne des Grundgesetzes ist.

(Frau Münzel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir kennen das Problem, Herr Herrmann!)

Jetzt haben wir aber das Problem, dass sich die Angelegenheit ständig im Kreise dreht. Das kommt nicht von ungefähr, Frau Kollegin Gote; nehmen Sie das einmal in Ruhe zur Kenntnis. Wo in Deutschland ist denn bislang eine islamische Religionsgemeinschaft als Kirche im Sinne des Grundgesetzes anerkannt worden? Es gibt nun einmal erhebliche Probleme. Diese Probleme sehen andere Bundesländer auch.

Ihre Polemik ist der Erlanger Diskussion in den letzten Monaten völlig fremd gewesen. Ihre Argumentation bringt uns nicht weiter. Wir müssen eher über die Frage diskutieren, ob es vielleicht denkbar ist, in den Schulversuch eines Religionsunterrichts einzusteigen, ohne dass schon eine förmlich anerkannte Religionsgemeinschaft vorliegt.

(Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Genau! – Frau Münzel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jetzt hat er es!)

Darüber muss man erst einmal reden. Der Bayerische Landtag kann das nicht per Beschluss verordnen. Deshalb ist es auch sinnvoll, dass in den Ausschüssen im Januar darüber geredet wird. Dafür setzen wir uns ein.

(Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nichts anderes steht in dem Antrag!)

Ich setze mich dafür auch in Erlangen ein. Das können wir aber nicht per Dringlichkeitsantrag eine Woche vor Weihnachten einfach so erledigen. Deshalb stimmt die CSU-Fraktion diesem Antrag nicht zu. Herr Kollege Dr. Spaenle und alle anderen hier werden sich aber weiterhin des Themas annehmen. Wir sind ernsthaft darum bemüht, und ich gehe davon aus, dass es das Kultusministerium auch ist, dass wir im Laufe des nächsten Jahres zu einer vernünftigen Lösung kommen werden. Ich bitte alle in diesem Hohen Haus, dabei mitzuhelfen.

(Beifall bei der CSU)

Wegen Weihnachten eine Minute zusätzlich. Für Sie, Frau Kollegin Münzel, würde das gleiche Privileg gelten.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Spaenle, ich möchte zunächst etwas zu der Tatsache sagen, dass Frau Gote hier gesprochen hat und nicht ich. Frau Gote als kirchenpolitische Sprecherin –

(Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So etwas habt ihr gar nicht. Ihr habt nur einen Sektenbeauftragten!)

und ich als bildungspolitische Sprecherin haben dieses Thema von Anfang an zusammen ausgearbeitet. Wir haben dazu Pressekonferenzen gemacht, und wir machen die Anträge immer zusammen. Ich vertrete diese Anträge im Bildungsausschuss. Dass ich nicht

dastehe, hat nichts damit zu tun, dass ich nicht dahinterstehen würde, im Gegenteil.

Herr Freller, es geht uns überhaupt nicht darum, irgendetwas madig zu machen und eine Entwicklung in Bayern zu schmälern. Wie kämen wir denn dazu? – Wir GRÜNEN waren maßgeblich daran beteiligt, dass wir den gemeinsamen Antrag gestellt haben und dass wir die islamische Unterweisung in deutscher Sprache haben. Wir kritisieren etwas anderes. Zum Glück hat es einer verstanden. Herr Herrmann, ich danke Ihnen.

Wir kritisieren, dass wir mit dem islamischen Religionsunterricht, der in der Qualität dem christlichen Religionsunterricht entsprechen soll, nicht weiterkommen. Sie haben es eben noch einmal so schön gesagt. Ich erinnere an das Argument von Herrn Heckel in der Anhörung, als er sagte, dass er nicht glaube, dass all diese Bedingungen des Kultusministeriums schon für den Schulversuch gegeben sein müssten. Das sollten wir aufgreifen, sonst kommen wir in diesem Punkt nicht weiter.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Spaenle (CSU))

Unser Anliegen ist: Suchen Sie sich einen Verfassungsrechtler oder eine Verfassungsrechtlerin Ihres Vertrauens, schauen Sie sich das gemeinsam an, und gehen Sie diesen Weg mit dem Ziel der Einführung. Nichts anderes wollen wir. Wir wollen auch, dass das Ganze wasserdicht ist, Herr Kollege Dr. Spaenle, und dass sorgfältig gearbeitet wird.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Spaenle (CSU))

Wir wollen, dass die Staatsregierung mit Verfassungsrechtlern und Verfassungsrechtlerinnen zusammenarbeitet und dieses Ziel, das wir offensichtlich gemeinsam haben, weiter verfolgt. Ich habe schon jetzt unterschiedliche Töne gehört. Ich glaube, Herr Kollege Dr. Spaenle und Herr Kollege Herrmann, dass das Parlament offener als die Staatsregierung ist. Hier scheint Bewegung zu sein, aber wen wir noch überzeugen und auf wen wir noch größeren Druck ausüben müssen, das ist die Staatsregierung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank Frau Kollegin, Also jetzt sind die Redebeiträge schon deshalb erschöpft, weil die Redezeit erschöpft ist.

Wir bleiben dabei, dass wir morgen früh namentlich über diesen Antrag abstimmen. Die Sitzung war noch nicht beendet, und damit konnte der Antrag gestellt werden.

Ich beende jetzt die Sitzung und erlaube mir das mit einem Bibelzitat zu tun: „Matthäus 12 Vers 36: Ich sage euch aber, dass die Menschen müssen Rechenschaft geben am Tage des Gerichtes von einem jeglichen nichtsnützigen Wort, das sie geredet haben.“ Schönen Abend.

(Heiterkeit)

(Schluss: 18.12 Uhr)