Petra Münzel

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Herr Staatssekretär, gibt es Überlegungen bzw. Pläne, in Niederbayern zulasten von Teilhauptschulen und kleineren Hauptschulen Hauptschulzentren einzurichten, und wenn ja, wann soll damit begonnen werden?
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Trotz aller Vertuschungen, die wir auch heute wieder von Ihnen gehört haben, Frau Staatsministerin: Das bayerische Schulsystem ist ein Schulsystem, das hierarchisch gegliedert ist und auf Auslese und Ausgrenzung aufbaut. Es grenzt die Kinder aus bildungsfernen Schichten aus, es grenzt die behinderten Kinder aus den Regelschulen aus. Es grenzt an den Realschulen und Gymnasien die ausländischen Schülerinnen und Schüler aus. Es grenzt Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrkräfte von wichtigen Entscheidungen aus. Es verteilt die Bildungschancen regional unterschiedlich. Das heißt, dieses Bildungssys
tem grenzt Kinder aus, wenn sie das Pech haben, in gewissen Regionen Bayerns zu wohnen.
Diesen Weg gehen Sie heute weiter, indem Sie Noten in der 2. Klasse einführen und schwierige Schülerinnen und Schüler aus der Schule ausgrenzen wollen.
Wir GRÜNEN setzten statt dessen auf Integration, Vielfalt, Selbstverantwortung, Individualität, Freiheit und Demokratie.
Wir setzen uns für eine Schule ein, die Kinder nicht schon nach der 4. Klasse aussortiert und in Schubladen steckt, sondern für eine Schule, in der alle Kinder länger gemeinsam gefördert werden, die Begabten genau so wie die Kinder, die mit dem Lernen Probleme haben. Wir setzen uns für eine Schule ein, welche die Unterschiedlichkeit der Einzelnen als Chance und nicht als Belastung versteht und die Vielfalt zum Ausgangspunkt von Bildung macht.
Wir setzen uns ein für eine Schule, die nicht nur für die Kinder, die Jugendlichen und für die Lehrkräfte zum Lebensraum wird, sondern die auch zum Bildungs- und Kulturzentrum einer Gemeinde wird, also für alle Bürgerinnen und Bürger.
Kolleginnen und Kollegen, das größte Problem innerhalb des bayerischen Schulsystems ist die Chancenungleichheit. Es ist eine Tatsache, dass es in keinem anderen Bundesland einen so engen Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft und dem Bildungsweg gibt. Gerade auf diesem Gebiet haben Sie, Frau Staatsministerin, keine Lösungsansätze aufgezeigt. Im Gegenteil: Durch die von Ihnen durchgesetzte Strukturreform zur Einführung der sechsstufigen Realschule haben Sie einen fundamentalen Fehler begangen und den Zug in die falsche Richtung gelenkt.
Zwei internationale Untersuchungen bestätigen dies eindrucksvoll. Die Grundschulleseuntersuchung „Iglu“ hat den Erfolg der einzigen Schulart bestätigt, in der die Kinder unabhängig von ihrer Herkunft gemeinsam lernen. Die Untersuchung „Pisa“ sieht die Länder vorn, die ihre Schülerinnen und Schüler ebenfalls länger gemeinsam zur Schule gehen lassen. Nur die bayerische Kultusministerin – –
Wie bitte? Die Pisa-Spitzenländer?
Ach so. Nur die bayerische Kultusministerin und mit ihr die CSU-Fraktion sind der Meinung, diese Befunde könne man einfach ignorieren. So wird in unserem stark gegliederten Schulsystem getestet und sortiert, um die richtigen Kinder für die richtige Schule zu finden, da man den festen Glauben hat, man könne eine homogene Lerngruppe herstellen. Man glaubt dies trotz der hohen Zahl der Schülerinnen und Schüler, die sitzen bleiben oder die die Schulart wechseln müssen. Dort ist in der Tat die Durchlässigkeit von oben nach unten anstatt von unten nach oben.
Das hat Ihr Fraktionsvorsitzender richtig festgestellt. Obgleich wir also eine hohe Zahl von Schülerinnen und Schülern haben, die sitzen bleiben oder die Schulart wechseln, wird an diesem Glauben nicht gezweifelt. Durch die frühe Auslese werden auch die Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern im Stich gelassen. Wer aber kann diesen Kindern helfen, wenn es nicht die Schule tut? – Wer diesen Kindern hilft, hilft allen.
Die Bayerische Staatsregierung aber lässt weder den Kindern noch den Lehrkräften die notwendige Zeit, um Bildungsdefizite aus den Elternhäusern aufzuholen. Hier wird nicht nur die Zukunft vieler Kinder verspielt, hier geht auch viel Kapital für unsere Gesellschaft verloren.
Unverdrossen wird aber versucht, Schüler schulgerecht zu machen. Ziel aber muss es sein, die Schule schülergerecht zu gestalten.
Das heißt für uns nichts anderes, als dass die Unterschiedlichkeit der einzelnen Schülerinnen und Schüler als Bereicherung und Chance und nicht als Belastung oder als Sortierungsmerkmal angesehen werden muss. Die Heterogenität muss zum Ausgangspunkt des Lernens gemacht werden. Dies gelingt bei uns offensichtlich in der Grundschule am besten, weil diese kaum eine Möglichkeit hat, Schülerinnen und Schüler in eine andere Schulart abzuschieben. Die Untersuchungen „Iglu“ und „Pisa“ zeigen, dass das gemeinsame Lernen der vergleichsweise unausgelesenen Grundschulschülerschaft zu nachweisbar besseren Ergebnissen führt als das Lernen in gegliederten Bildungsgängen. Was wir brauchen, ist also eine Pädagogik der Vielfalt.
Herr Kollege Schneider, eigentlich haben wir das beste Beispiel für den Erfolg gemeinsamen Lernens in unseren Grundschulen selbst. Wir bräuchten eigentlich gar nicht in andere Länder zu blicken, wir bräuchten nur auf unsere eigenen Schulen zu schauen, ob wir dieses Modell nicht verlängern können, um den Kindern mehr
Zeit zu geben, die keine ausreichende Unterstützung von zu Hause mitbekommen.
Das Mindeste – und das ist unsere Forderung –, was wir unseren Kindern bieten sollten, sind sechs gemeinsame Schuljahre. Ich finde es interessant, Herr Kollege Schneider, Sie haben es ja auch angesprochen, dass auf einmal in der Debatte die Schulstruktur in Ihren Augen nicht mehr wichtig ist. Als wir aber heftig über die sechsstufige Realschule diskutiert haben, da war die Schulstruktur eines der wesentlichen Merkmale, um die Qualität in der Realschule verbessern zu können. Da haben Sie nicht locker gelassen, Sie haben die Schulstruktur ganz nach vorn gestellt. Auf einmal soll das für die Qualität an unseren Schulen nicht mehr von Bedeutung sein. Wir haben hier, zugegebenermaßen, unterschiedliche Auffassungen. Wir sollten uns aber wenigstens darin einig sein, dass wir zugestehen: Schulstruktur hat sehr wohl etwas mit Qualität von Unterricht und Qualität von Schule zu tun.
Frau Ministerin, Sie sprechen nun zunehmend von individueller Förderung, von innerer Schulentwicklung und der Selbstständigkeit der Schulen. Sie haben sich ein modernes Vokabular zugelegt. Die Verhältnisse vor Ort sind aber nicht so, dass diese Ansprüche auch in die Tat umgesetzt werden könnten. Ich möchte das am neuen Grundschullehrplan deutlich machen. Wir sind der Ansicht, dass die frühe Auslese diesen neuen Grundschullehrplan konterkariert. Im Ausschuss haben wir diesen Grundschullehrplan alle gelobt. Wir haben es mit Freude zur Kenntnis genommen, dass auf individuelle Förderung der einzelnen Schülerinnen und Schüler großer Wert gelegt werden soll. Das ist das Positive.
Auf der anderen Seite muss man aber, wenn man der Individualität einen breiten Raum geben möchte, dem Einzelnen Zeit dafür lassen, sich zu entwickeln. Ich muss auch dem Langsamen oder denjenigen, die nicht so schnell und gut lernen, Zeit lassen. Durch den vorgezogenen Übertritt durch die sechsstufige Realschule wird diese Zeit jedoch beschränkt. Die Schüler haben dann wieder dieses Rennen um die Noten und den Zwang, zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Leistung punktgenau erbringen zu müssen. Die Lehrkräfte, die den neuen Grundschullehrplan sehr schätzen, können ihn also gar nicht in der Weise umsetzen, wie er intendiert ist. Das hat auch etwas mit der Schulstruktur zu tun.
Auch die geplante Einführung der Noten in der 2. Klasse trägt unserer Ansicht nach nichts zur individuellen Förderung aller Kinder bei, sondern verschiebt den Auslesedruck noch weiter nach vorne. Noten mögen die Leistungsstarken zu noch größerer Leistung motivieren. Das gebe ich gerne zu. Die Leistungsschwachen aber werden von den Noten nur demotiviert.
Sie müssen sich nur einmal in die Rolle eines Kindes versetzen, das voller Neugierde auf die Welt in die Schule kommt. Die Kinder möchten etwas lernen. Sie sind gespannt darauf. Alle Kinder, die in die Schule kommen, strengen sich an. Sie werden aber, nach nur kurzer Eingewöhnungszeit, durch die Noten ständig darauf hingewiesen, dass sie verschiedenste Dinge nicht können würden. Die leistungsschwächeren Kinder bekommen dadurch den Eindruck, sie könnten sich anstrengen, wie sie wollen, es sei immer vergeblich. Diese Kinder denken dann: Ich tauge nichts. Was tut ein solches Kind? – Es resigniert, weil alle Anstrengungen nichts nutzen. Je früher wir den Kindern Noten geben, desto früher entmutigen wir sie. Daran ändert auch Ihr differenziertes System nichts.
Selbst wenn Sie die Deutschnote in verschiedene Kategorien aufspalten, ändert das nichts an der Tatsache, dass durch eine Ziffer die Leistung benotet und dem Kind deutlich gemacht wird, dass es auf seine Arbeit wieder einen Vierer, einen Fünfer oder einen Sechser bekommen hat. Hier gefällt mir das skandinavische System besser. Dort herrscht das „Paradies“, weil sehr lange, bis zur 8. Klasse, keine Noten vergeben werden. Stattdessen werden intensive Elternkontakte gepflegt und die Eltern über den Entwicklungsstand ihrer Kinder informiert. Die Verbesserungen werden auf diese Weise besser dokumentiert und verbalisiert. Die Kinder fühlen sich in diesen Ländern durch die Noten nicht abqualifiziert. Deshalb lehnen wir Noten in der 2. Klasse ab.
Noten sind subjektiv und sagen nichts über die Leistungsentwicklung aus. Ein Kind, das sich von 40 Fehlern auf 20 Fehler im Diktat verbessert hat, hat immer noch die Note 6. Noten sind somit demotivierend. Warum wurden die Noten in der 2. Klasse wieder eingeführt? – Frau Ministerin, Sie haben das als Hausaufgabe von Herrn Dr. Stoiber aufbekommen. Eines muss man Ihnen jedoch lassen: Sie sind eine Weltmeisterin im Verschleiern und Beschönigen.
Als ich gestern in der „Süddeutschen Zeitung“ Ihre Ausführungen zur Notengerechtigkeit gelesen habe, habe ich mir gedacht: Das macht sie sehr clever. Sie spricht von Notengerechtigkeit. Gerechtigkeit ist ein sehr positiv besetzter Begriff. Wenn es Ihnen jedoch allein um Notengerechtigkeit ginge, dann hätten Sie in den Klassen beginnen sollen, in denen es bereits Noten gibt, nämlich in der 3. und der 4. Klasse. Es gibt keinen Grund, Noten bereits in der 2. Klasse einzuführen. Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Debatte etwas mit der Schulstruktur zu tun hat, mit dem Übertritt an das Gymnasium und die R6. Sie versuchen, ein neues Diagnoseinstrument einzuführen, um noch früher deutlich zu machen, für welche Schulart ein Kind geeignet ist. Also geht es nicht um Notengerechtigkeit, sondern um die Übertrittsentscheidung.
Ein zweiter Schwerpunkt Ihrer Rede war den Störerinnen und Störern gewidmet. Nach unserer Meinung muss
hier der Grundsatz lauten: Lieber früh investieren als spät reparieren.
Einen Ansatzpunkt sehen wir in Kindertagesstätten. Diese müssen auch zu Beratungszentren für Eltern ausgebaut werden. Gerade die Kindertagesstätten eignen sich hervorragend dafür, weil die Eltern ihre Kinder ohnehin in den Kindergarten bringen. Das Angebot ist niederschwellig. Für die Eltern ist es keine große Hürde, in den Kindergarten zu gehen und dort eine Beratung anzunehmen. Viele Probleme, die sich bei älteren Kindern zeigen, beginnen schon sehr frühzeitig. Viele Eltern sind nicht in der Lage, ihr Kind so aufwachsen zu lassen, dass es sich geborgen fühlt und später nicht zu auffälligem Verhalten neigt.
Auch die Schulsozialarbeit und die Schulpsychologie sind hier gefordert. Herr Arthur Engelbrecht, der langjährige Vorsitzende des Verbandes der Schulpsychologen, hat mir aus dem Herzen gesprochen, als er am 24. Juni in der „Süddeutschen Zeitung“ im Rahmen eines Interviews zur Problematik der aggressiven Schüler Folgendes gesagt hat:
Wenn der Schulpsychologe rechtzeitig eingeschaltet wird und kontinuierlich handelt, wenn er alle Beteiligten mit einbezieht, kriegt man die meisten Probleme in den Griff.
Weiter sagt er:
Wir haben breit gestreute Präventionsprogramme, aber keine Zeit und Experten, die die Ansätze dauerhaft umsetzen, wie derzeit an zwei Schulen in Augsburg und München. Dort müssen vom Unterricht ausgeschlossene Kinder selbst erarbeiten, was sie tun wollen, um sich zu integrieren. Wenn die Staatsregierung es schaffte, von bloßen Vorzeigeprojekten mal in die Fläche zu arbeiten, wäre viel erreicht.
Ich sehe es als vorrangige Aufgabe an, die Schulsozialarbeit und die Schulpsychologie zahlenmäßig auszubauen und von der Jugendsozialarbeit an Schulen, die für die Kommunen einen Mitfinanzierungszwang bedeutet, wegzukommen. Wenn die Schülerinnen und Schüler, was es auch gibt, nicht nur auffälliges Verhalten, sondern auch schwere psychische Störungen aufweisen, ist die Psychiatrie zuständig. Außerdem gibt es für besonders auffällige Schülerinnen und Schüler eine eigene Schulart, nämlich die Schule für Erziehungshilfe. Diese Schulen nehmen auch besonders aggressive Kinder auf. Frau Staatsministerin, diesen Schulen fehlen jedoch Internate.
Eines dürfen wir bei dieser Problematik nicht vergessen: Hier handelt es sich um Kinder, die zum Teil bittere, schwierige Lebensgeschichten hinter sich haben. Diese Kinder stammen aus Familien, in denen Gewalt an der Tagesordnung ist. Diese Kinder wurden in ihrer Familie
schwer misshandelt und emotional vernachlässigt. Sie haben mit sich selber Schwierigkeiten und machen daraus anderen Schwierigkeiten. Diese Kinder müssen oftmals aus ihren Familien herausgenommen werden. Die Schulen für Erziehungshilfe böten einen hervorragenden Ansatzpunkt, wenn sie mit einem Internat ausgestattet werden könnten, um die Kinder aus den Familien herauszunehmen.
Ihre Clearingstelle ist hier keine Lösung.
Die Clearingstellen, die Sie – –
Herr Dr. Dürr, ich möchte jetzt der Ministerin meine Meinung zu den Clearingstellen sagen. – Die Clearingstellen haben die Aufgabe, die Kinder und Jugendlichen unterzubringen, zum Teil auch in geschlossenen Heimen; so nenne ich das jetzt. Sie formulieren das anders. Sie sprechen davon, dass die Kinder und Jugendlichen hier kurzfristig geschlossen untergebracht werden. Dann wird beraten, was damit geschehen soll. Gegen den Willen der Eltern können diese Kinder aber nicht in die Clearingstelle gebracht werden. Das ist ein großer Nachteil. Wenn die Eltern einverstanden sind, könnte man die Kinder auch so in geschlossenen Heimen oder in anderen Heimen unterbringen. Das ist ein großer Schwachpunkt Ihrer Clearingstellen.
Ihr Konzept enthält nichts, von dem man sagen könnte, es wäre zu Ende gedacht. Der schlimmste Fall ist derjenige, dass die Kinder aus der Schule kommen und auf der Straße stehen. Dann ist das Problem zwar in der Schule gelöst, aber es wird auf die Straße verlagert. Dabei lässt man die Kinder allein. Es kann doch gar nicht in unserem Sinn sein, dass die Kinder oder Jugendlichen in die Kriminalität abrutschen und eventuell ins Gefängnis kommen. Deshalb plädiere ich dafür, die bestehenden Präventionseinrichtungen zu stärken, anstatt etwas Neues auszudenken, das letztlich auch keine Lösung darstellt.
Ein weiteres Manko unserer Schulen ist die fehlende Zeit für die Schüler und Schülerinnen, für die Lehrkräfte, für den Unterricht.
Im 45-Minuten-Rhythmus werden die einzelnen Schulfächer abgehakt. – Sie sagen, nicht einmal die Eltern haben Zeit. Das mag sein. Wollen wir denn die Kinder, deren Eltern keine Zeit haben, im Stich lassen? – Ich will sie nicht im Stich lassen. Wir müssen diesen Kindern eben die Zeit geben, die sie benötigen.
In einer Schule, in der die verschiedenen Schulfächer im 45-Minuten-Rhythmus abgehakt werden, bleibt keine Zeit zum Nachdenken, keine Zeit dafür, dass die Schülerinnen und Schüler einmal einen Fehler in Ruhe revidieren dürfen, keine Zeit für eigene Recherchen und Teamarbeit.
Die Ganztagsschule ist eine gute Alternative, die es den Schülerinnen und Schülern ermöglicht, auch einmal in Ruhe nachzudenken, sich zwischen den Unterrichtsstunden zu erholen, Abstand zu gewinnen und dann wieder an die Arbeit zu gehen. Von wegen keine Zeit! Schauen Sie doch einmal Ihr Verhalten im Plenum an. Die große Fluktuation während der Plenarsitzungen zeigt übrigens, dass kaum jemand von uns das durchhalten würde, was den Schülerinnen und Schülern Tag für Tag zugemutet wird: sich mindestens sechs Schulstunden lang zu konzentrieren und die unterschiedlichsten Themen mit gleich bleibender Motivation und Konzentrationsfähigkeit zu absolvieren. Da bleibt keine Zeit, nebenher zu lesen oder einmal hinauszugehen; da würde jeder Schüler und jede Schülerin sogleich ermahnt werden. Wir muten unseren Schülerinnen und Schülern also sehr viel zu.
Eine Möglichkeit, dieses Zeitproblem zu lösen, ist die Ganztagsschule. Dort können die Unterrichtsmethoden, die Sie und die wir alle zu Recht fordern, besser greifen. Die schnellste Art, zu unterrichten und kurzfristigen Erfolg zu erreichen, ist der Frontalunterricht. Für alles andere braucht man einfach mehr Zeit. Vielleicht sollten wir alle gemeinsam einmal in eine Klasse gehen, das Unterrichtsgeschehen anschauen und unterschiedliche Methoden ausprobieren.
Die Staatsregierung nähert sich der Ganztagsschule aber nur zögerlich. Acht neue Ganztagsschulen werden für das Schuljahr 2003/2004 angekündigt und gefeiert; das sind dann insgesamt 30 Ganztagsschulen bei – man höre und staune – circa 3000 Volksschulen bzw. allgemein bildenden Schulen. Wir möchten die Ganztagsform allerdings nicht auf die Hauptschulen beschränken; denn alle Kinder haben unabhängig von der Schulart, die sie besuchen, das Recht darauf, eine Möglichkeit zum Besuch einer Ganztagsschule zu haben, um durch mehr Zeit den Schulalltag besser bewältigen zu können. Die Ganztagsschule ist pädagogisch sinnvoll, nicht nur für Kinder mit spezifischen Bedürfnissen.
Frau Hohlmeier, Sie betonen auch im Zusammenhang mit der Ganztagsschule, dass sich die Angebote an den Wünschen und Bedürfnissen der Kinder, Familien und Schulen orientieren würden. Wenn das nur so wäre! Bei schulischen Angelegenheiten betont Frau Staatsministerin gern, dass sie sich nach den Wünschen der Eltern richten würde. Das trifft aber nur für die Eltern zu, deren Wünsche gleichzeitig die Wünsche der Staatsregierung sind, zum Beispiel für die Eltern, welche die sechsstufige Realschule, Noten in der zweiten Klasse und die Ganztagsbetreuung haben wollen. Andere Eltern werden nicht gehört, nämlich diejenigen, die eine sechsjährige Grundschule wollen, die keine Noten wünschen, die eine Ganztagsschule vorziehen oder die einfach nur wie bisher ihre Kinder in die Wirtschaftsschule schicken wollen.
Da ist auf einmal Schluss mit der Berücksichtigung des Elternwillens.
Bei Ganztagsschulen ist die Ministerin sehr restriktiv, davon gibt es nur einige Hände voll. Egal, was die Kommunalpolitiker und die Eltern vor Ort wünschen: Ganztagsschule gibt es nur handverlesen. Wenn Sie die Bedürfnisse der Kinder, der Familien und der Schulen wirklich ernst nehmen würden, würden Sie ein demokratisches Verfahren installieren, damit sich jede einzelne Schule im Rahmen der Schulentwicklung für die Ganztagsform entscheiden kann, die dann auch vom Ministerium genehmigt und finanziert werden würde.
Kolleginnen und Kollegen, zu einer demokratischen Gesellschaft gehört eine demokratische Schule. Die demokratische Weiterentwicklung in unseren Schulen geht zur Zeit gar nicht voran. Das Schulforum wurde zwar paritätisch besetzt, aber es hat jetzt auch nicht mehr zu sagen als vor zehn Jahren. Dabei wäre es außerordentlich wichtig, nicht nur an die Eltern zu appellieren, ihrem Erziehungsauftrag gerecht zu werden, sich mehr Zeit zu nehmen und sich in die Schule einzubringen, sondern sie in einem demokratischen Verfahren an der Weiterentwicklung von Schule zu beteiligen.
Schülerinnen und Schüler sowie Eltern sind Stiefkinder in diesem Schulsystem. Dabei sind diese bei der Gestaltung von Schule unerlässlich. So muss das Schulforum in unseren Augen mehr Kompetenzen erhalten, und die Schüler- und Elternvertretungen müssen gestärkt werden.
Auf unsere Schulen kommen viele Reformen zu, wenn sie zukunftsfähig werden sollen. Diese notwendigen Reformen werden allerdings nur dann von den Lehrkräften durchgeführt werden können, wenn die Rahmenbedingungen verbessert werden. Für uns sind drei Rahmenbedingungen von elementarer Bedeutung: die Klassenstärken, die Unterrichtspflichtzeit und Unterstützungssysteme wie Schulsozialarbeit und Schulpsychologie. Wenn die Lehrkräfte dem Anspruch der individuellen Förderung jedes einzelnen Kindes entsprechen wollen, müssen die Klassen kleiner werden. Zustände, wie sie zum Beispiel an den Realschulen mit über 30 Schülern pro Klasse herrschen, sind untragbar. Unser Ziel muss sein: keine Klasse über 25.
Die großen Unterschiede in der Unterrichtspflichtzeit zwischen den Schularten müssen abgebaut werden. Die Lehrkräfte mit den höchsten Unterrichtspflichtzeiten, zum Beispiel die Volksschullehrkräfte, müssen vorrangig entlastet werden. Ein großes Manko sind die fehlenden Unterstützungssysteme wie Schulsozialarbeit und Schulpsychologie. An den Schulen gibt es nicht nur Stö
rer, über die wir vorhin schon gesprochen haben, sondern auch viele Kinder mit einem auffälligen Verhalten. Die Lehrkräfte können das nicht allein bewältigen.
Ich kritisiere hier auch zum wiederholten Mal, dass die Staatsregierung die Kommunen an den Kosten beteiligt. So können Kommunen, die es sich leisten können, Schulsozialarbeiter und Schulsozialarbeiterinnen an ihren Schulen beschäftigen, arme Kommunen können das nicht.
Das ist nicht sachgerecht; denn es wird nicht danach entschieden, ob die Schülerinnen und Schüler eine Unterstützung brauchen, sondern es wird danach entschieden, ob sich eine Kommune die Schulsozialarbeit leisten kann. Hier macht es sich die Staatsregierung zu leicht. Sie schiebt die Kosten auf die Kommunen ab. Das Konnexitätsprinzip kann noch so sehr in der Verfassung verankert sein, die Staatsregierung erfindet den neuen Begriff „Jugendsozialarbeit an Schulen“, definiert diese Maßnahme einfach als Aufgabe der Kommunen und unterläuft somit das Konnexitätsprinzip, welches jetzt in die Verfassung hineingeschrieben werden soll.
Absehbar bzw. jetzt schon spürbar ist auch ein Lehrkräftemangel an unseren Schulen. Es muss uns doch sehr zu denken geben, dass offensichtlich kaum noch junge Leute Lehrer und Lehrerinnen werden wollen. Sicherlich hat das auch etwas mit dem Image der Lehrkräfte in der Gesellschaft zu tun, wobei das Image der Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer offensichtlich gut ist. Der Lehrkräftemangel hat aber sicherlich auch damit zu tun, dass die Einstellungschancen für Lehrkräfte jahrelang nicht gut waren und dass sich Studierende natürlich immer daran orientieren, wie gut ihre Chancen sind. Deshalb müssen wir endlich einmal ein System finden, welches den Lehrerbedarf zuverlässig prognostizieren kann, damit wir nicht immer wieder Zyklen mit einem extremen Lehrerüberschuss und dann wieder Zyklen mit einem extremen Lehrermangel haben.
Der Lehrermangel hat aber auch etwas mit den Verhältnissen an unseren Schulen zu tun. Die Tatsache, dass der Lehrkräftemangel vor allem in drastischer Weise an den Hauptschulen zu erwarten ist, zeigt, dass eine Reform der Hauptschule dringend notwendig ist. Die Frau Ministerin hat den Appell an uns gerichtet, wir sollten nicht schlecht über die Hauptschule reden. Von uns redet im Prinzip niemand schlecht von der Hauptschule. Uns liegt die Hauptschule sehr am Herzen.
Weil uns die Hauptschule so sehr am Herzen liegt, machen wir sie auch immer wieder zum Thema und zeigen auf, wo unserer Ansicht nach Veränderungsbedarf besteht. Der Veränderungsbedarf ist enorm; denn in ihrer momentanen Form passt die Hauptschule einfach nicht mehr zu den Schülerinnen und Schülern. Wir müssen die Hauptschule wieder schülergerecht machen, damit Schülerinnen und Schüler lieber in die Hauptschule gehen, damit die Eltern damit keine Probleme mehr haben und damit auch die Lehrkräfte die Haupt
schule als attraktive Schulart und das Unterrichten dort als eine attraktive Aufgabe empfinden.
Im Moment kann man Lehrkräfte zwar nicht aus dem Hut zaubern. Ein Weg, Lehrkräfte zu gewinnen, bestünde aber darin, in den Reihen der Migrantinnen und Migranten nach Lehrkräften zu suchen. Ich habe den Eindruck, dass viele Migranten und Migrantinnen, die bei uns leben, in ihrem Heimatland eine Lehrerausbildung absolviert haben, jetzt aber irgendwelche unterqualifizierten Jobs annehmen müssen, um sich einigermaßen über Wasser zu halten. Diese Migrantinnen und Migranten könnte man sehr leicht ansprechen und ihnen einen gangbaren Weg aufzeigen, wie sie ihre Kompetenzen bei uns einbringen könnten. Lehrkräfte aus dem Bereich der Migranten und Migrantinnen wären nicht nur insgesamt ein Gewinn; sie wären auch ein Segen für die Kinder mit Migrationshintergrund, weil diese Lehrkräfte einen besseren Einblick in die besondere Situation der Kinder mit Migrationshintergrund hätten.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch noch eine kurze Anmerkung zu dem Thema machen, das Frau Staatsministerin angesprochen hat, das Beherrschen der deutschen Sprache. Sie hat sich so ausgedrückt, dass in Familien kein Deutsch gesprochen wird. Das hat einen etwas negativen Touch. Die Eltern sollen erst einmal Deutsch lernen, und dann können sie ihre Kinder in die Schule schicken. Natürlich begrüßen wir es, wenn auch die Eltern Deutsch lernen. Das Programm mit dem Titel „Mama lernt Deutsch“ haben wir immer als sehr gut empfunden. Man sollte es aber nicht einfach als negativ abtun, wenn zu Hause in der Muttersprache gesprochen wird. Wir alle wissen, dass es für die Kinder ein Gewinn ist, wenn sie auch in ihrer eigenen Muttersprache alphabetisiert sind, wenn sie in dieser Sprache lesen und schreiben können und wenn sie diese Sprache auch sprechen können, weil sie dann leichter die deutsche Sprache erlernen können. Deshalb würde ich die Tatsache, dass zu Hause die Muttersprache gesprochen wird, als etwas Positives und nicht als etwas Negatives ansehen.
Viele Verbesserungen, die in der Kürze der Zeit gar nicht angesprochen werden können, sind an unseren Schulen notwendig. Natürlich stellt sich dabei auch die Frage der Finanzierung. Bei zurückgehenden Schülerinnen- und Schülerzahlen können die frei werdenden Mittel für die notwendigen Maßnahmen genutzt werden. Das setzt aber auch voraus, dass die Mittel bei den Schulen bleiben. Das scheint mir nicht gesichert zu sein. Der Vorsitzende des Hochschulausschusses, Herr Dr. Wilhelm, hat vor kurzem verlauten lassen, dass er bei zurückgehenden Schülerinnen- und Schülerzahlen die frei werdenden Mittel gerne in die Universitäten fließen lassen möchte. Dagegen wehren wir uns vehement.
Da sollten auch die Bildungspolitiker der CSU klatschen.
In unserem Bildungssystem herrscht sowieso schon eine verkehrte Welt. Je höher der Bildungsgang ist, desto mehr Geld wird pro Schüler und Schülerin ausgegeben. Dort, wo die Grundlagen gelegt werden, nämlich in den Kindertagesstätten und an den Grundschulen, wird gespart. Wir sind der Ansicht, dass das Fundament gestärkt werden muss.
Die Mittel müssen in die Kindertagesstätten und in die Grundschulen fließen. Auf gar keinen Fall darf diesen Einrichtungen etwas weggenommen werden.
Lassen Sie mich abschließend noch auf die Integration behinderter Kinder eingehen. Ein Trauerspiel war das Verfahren wegen des Gesetzentwurfs zur Integration behinderter Kinder in Regelklassen. Ich erinnere daran, wie oft der Gesetzentwurf auf die Tagesordnung gesetzt und wieder abgesetzt wurde. Ein Trauerspiel ist auch das Ergebnis. Das Ergebnis kritisierte nicht nur die Opposition, sondern kritisierten auch die Behindertenbeauftragte der Staatsregierung, Frau Ina Stein, und die Teilnehmer am Runden Tisch der Behindertenbeauftragten. So ist es zwar in jahrelanger zäher Arbeit gelungen, die CSU davon zu überzeugen, dass die Lernzielgleichheit aufgegeben werden muss. Dafür wurden allerdings andere Hürden aufgebaut, die die Integration behinderter Kinder in Regelklassen weiterhin erschweren. Die Hürden heißen aktive Teilnahme, Gemeinschaftsfähigkeit und verfügbare Stellen und Mittel. Angesichts dieser neuen Hürden befürchte ich, dass wir unserem Ziel der Integration behinderter Kinder in die Regelklasse nicht viel näher kommen werden.
Wir werden uns aber weiter dafür einsetzen, dass die Eltern das Recht haben, zu entscheiden, ob ihr Kind in die Regelklasse kommt oder nicht, weil auch Kinder mit Behinderungen in die Grundschule gehören. Sie gehören für uns genauso in die Grundschule wie jedes andere Kind auch.
Kolleginnen und Kollegen, der Titel der heutigen Regierungserklärung lautet: „Bayerns Schulen auf dem Weg – Bilanzen und Perspektiven“. Im Kern ging es bei den Perspektiven, welche die Frau Staatsministerin vorgestellt hat, um eine veränderte Notengebung und um das Vorgehen gegen Störer und Störerinnen. Sie hat zwar brav ihre Hausaufgaben gemacht, die ihr Ministerpräsident Stoiber überraschenderweise in seiner Regierungserklärung vom 29. Januar 2003 aufgegeben hat. Eine Zukunftsperspektive ist das allerdings nicht.
Wir haben uns mehr erwartet, aber Sie haben eine gute Opposition. Hören Sie auf uns, dann fährt der Zug schneller in die richtige Richtung.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Nöth.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Fast alles, was in diesem Antrag steht, haben wir GRÜNEN in dem einen oder anderen Antrag in den vergangenen Jahren gefordert. Leider wurden unsere Forderungen von der CSUFraktion stets abgelehnt. Umso mehr freuen wir uns, dass die Inhalte jetzt endlich doch von der CSU aufgenommen wurden und dass die uns damals entgegengehaltenen Kritikpunkte offensichtlich ausgeräumt werden konnten.
Wir haben in diesem Fall die Größe und stimmen diesem Antrag zu; ich sage das vorweg, bevor ich noch auf den Inhalt eingehe. Wäre die CSU in solch einer Situation, hätte sie dazu einen eigenen Antrag eingebracht und unseren Antrag abgelehnt, damit ihrem Antrag zugestimmt wird. So kleinkariert sind wir nicht, sondern zeigen Größe.
Erstens, frühes Lernen fördern. Wir forderten schon vor geraumer Zeit, dass in den Kindertagesstätten individuelle Entwicklungspläne entstehen, die dann an die Grundschule weitergereicht werden.
Für außerordentlich wichtig halte ich den zweiten Punkt, nämlich dass die Entwicklungspläne weitergeführt werden und die Grundschule nicht von vorne anfangen muss. Insofern äußerte der Datenschutz Bedenken. Ich
weiß nicht, ob diese Bedenken schon ausgeräumt wurden. Ich bin sehr für den Datenschutz, aber es muss möglich sein, die Beobachtungsbögen und Entwicklungspläne von einer Bildungsinstitution an die andere Bildungsinstitution zum Wohl des Kindes weiterzugeben. Weil das Sozialministerium hereinspielt, möchte ich in diesem Zusammenhang deutlich machen, dass es auch wichtig ist, noch einmal die Finanzierung der Kindertagesstätten zu prüfen, wenn wir diese Bildungs- und Erziehungspläne umsetzen. Es darf also nicht so laufen wie momentan im Modellversuch und in der Planung. Da erhoffen wir uns Änderungen.
Drittens ist es notwendig, die Zusammenarbeit zu stärken. Wir gehen sogar einen Schritt weiter und fordern ein gemeinsames Ausbildungsmodul zwischen Erzieherinnen und Grundschullehrkräften, so dass es nicht nur Weiterbildung, sondern schon in der Ausbildung ein gemeinschaftliches Modul ist. Dies wäre sinnvoll.
Die Eigenverantwortung war von Anfang an eine unserer wesentlichen Grundforderungen, nämlich dass die Schulen von der Leine des Kultusministeriums gelassen werden und die personelle und finanzielle Verantwortung nach unten gegeben wird. Dies ist in Ihrem vorliegenden Antrag fixiert.
Herr Kollege Schneider, Sie sagten, das gelte für alle Schularten. Ich hoffe, dass das für alle Schularten gilt. Ich kann mich nämlich an Diskussionen erinnern, in denen es hieß, es sei zum Beispiel schwierig, dass die Volksschulen die dienstlichen Beurteilungen über die Schulleitungen erstellten, weil es zu viele kleine Schulen gebe. Mit diesem Argument wurde damals unser Anliegen abgelehnt. Ich hoffe, dass diese Bedenken ausgeräumt sind und dass nicht die Volksschulen diejenigen sind, die zum Schluss von dieser Reform profitieren.
Beim Thema „Eigenverantwortung der Einzelschule erweitern“ fehlt das demokratische Element. Sie wollen die Schulleitungen stärken. Sicher haben Schulleitungen innerhalb der Schule eine sehr wichtige Funktion. Wir hätten aber gerne eine Stärkung des Schulforums und demokratische Elemente eingefügt, weil Eltern und Schüler mit beteiligt werden müssen. Daran werden wir in den nächsten Jahren arbeiten. Vielleicht funktioniert auch das.
Bei „verbindliche Ziele und Standards festlegen und evaluieren“ ist als positiv hervorzuheben, dass die externe Evaluation in Angriff genommen wird. Ebenso positiv ist selbstverständlich, dass die Anzahl der Wiederholer gesenkt werden soll.
Beim Übertrittsverfahren, das Sie nur sehr vage genannt haben, habe ich ein bisschen Bauchweh. Ich möchte meine Fraktion bitten, genau hinzuschauen, was beim Übertrittsverfahren in Zukunft kommt, ob es auf eine Verschärfung der Übertrittsbedingungen hinausläuft, damit
man sozusagen eine Handhabe hat, Kinder und Jugendliche von weiterführenden Schulen fernzuhalten.
Sie haben Recht: die Realschulen und Gymnasien, danke schön. Auch gegen das 13. Schuljahr an Fachoberschulen haben wir nichts einzuwenden.
Einige Punkte des Antrags sehen wir kritisch, beispielsweise den Hinweis auf die Jugendhilfe. Wenn mit dem Hinweis die Jugendsozialarbeit an Schulen gemeint ist, kritisieren wir das, wie die CSU weiß. Da möchten wir einen anderen Weg gehen. Nichtsdestotrotz war die Frau Ministerin in ihrer Regierungserklärung rhetorisch schon so weit und hat viele Begriffe benutzt. Wir erwarten von diesem Antrag, dass dieser Weg konsequent verfolgt wird und dass das Ganze in die Breite und in die Tiefe geht.
Wir sind froh, dass die CSU lernfähig ist. Sie, meine Damen und Herren, gehen hier in die richtige Richtung. Sie bestätigen mit Ihrem Antrag den Weg, auf dem wir GRÜNE Ihnen vorausgegangen sind. Deshalb stimmen wir zu.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, es besteht Konsens in diesem Haus: Die Lage auf dem Ausbildungsmarkt ist äußerst schwierig. Das zeigt sich ja auch daran, dass zu diesem Thema bereits einmal eine Aktuelle Stunde beantragt worden war. Ich brauche wohl auch nicht zu betonen, dass Ausbildung für die jungen Leute tatsächlich existenziell ist. Deshalb plädieren wir auch dafür, dass über Bedarf ausgebildet wird, selbst wenn dann der junge Auszubildende/die junge Auszubildende im Ausbildungsbetrieb keine Anstellung finden kann.
Herr Kollege Sibler, Sie haben die Ursachen angesprochen. Sicherlich, die wirtschaftliche Situation ist die eine Seite der Geschichte; das mag ich hier auch gar nicht abstreiten. Aber es gibt noch eine andere Ursache, weshalb sich zunehmend Betriebe aus der Ausbildung zurückziehen: die Ungerechtigkeit, die besteht zwischen den Betrieben, die ausbilden, und denen, die nicht ausbilden. Meine Kollegin Schopper hat mir gerade von einem Fall erzählt: Ein mittelständischer Unternehmer, der jahrelang sehr viele junge Leute ausgebildet hat, sagt jetzt, er mag nicht mehr ausbilden, weil er es nicht einsieht, dass er in Ausbildung investiert und dann die Betriebe, die darin nicht investieren, die von ihm gut ausgebildeten Fachkräfte abwerben.
Es ist schon bedenklich, wenn man sieht, dass lediglich 30% der Betriebe ausbilden; 70% sind dann – ich möchte es einmal so bezeichnen – Trittbrettfahrer. Deshalb kann ich nicht verstehen, weshalb sich die CSU so vehement gegen eine Ausbildungsumlage wendet. Dann wäre wenigstens sozusagen die finanzielle Gerechtigkeit zwischen den Betrieben, die ausbilden, und denen, die nicht ausbilden, hergestellt. Mit den frei werdenden Mitteln könnte man auch andere außerbetriebliche oder auch schulische Ausbildungsmöglichkeiten schaffen. Diese Umlage wäre auch im Interesse der Betriebe, die ausbilden. Das ist doch ganz klar.
Wir werden den Antrag der SPD unterstützen, weil wir der Ansicht sind: Im Interesse der jungen Leute müssen wir nach jedem Strohhalm greifen, der sich uns bietet.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich beziehe mich mit meinen Äußerungen nicht auf einen bestimmten Artikel; den vom Kollegen Spaenle zitierten habe ich nicht gekannt. Das Anliegen, dass die Schülerzeitungen nicht unter der Zensur der Schulleitungen stehen, verfolgen wir schon seit einigen Jahren, und wir haben das in mehreren Gesetzentwürfen immer wieder vorgelegt.
Die Schülerzeitung stellt für Jugendliche eine ausgezeichnete Möglichkeit dar, sich mit verschiedenen Sachverhalten und Problemen zu befassen, sich eine eigene Meinung zu bilden und diese dann auch darzustellen. Die Schülerinnen und Schüler, die an einer Schülerzeitung mitarbeiten, nehmen dadurch an einem gesellschaftlichen Diskurs teil. Dadurch wird ihr Selbstbewusstsein und ihr Verantwortungsbewusstsein sicherlich gestärkt. Die Schülerzeitung, die wir aus dem Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz kennen, trägt ihren Namen aber eigentlich zu Unrecht. Die dort beschriebene Zeitung ist nämlich keine Schülerzeitung im eigentlichen Sinn – also keine Zeitung von Schülerinnen und Schüler für Schülerinnen und Schüler –, da sie nicht von den Schülerinnen und Schüler verantwortet wird, sondern von der Schule. Sie ist deshalb letztendlich eine Schulzeitung. Das ist es, was Kollege Dr. Spaenle hier auch deutlich gemacht hat. Eine Möglichkeit wäre – das habe ich schon einmal vorgeschlagen –, zu trennen, die Schülerzeitung aus der Verantwortung der Schule zu entlassen und dann eine Schulzeitung zu installieren. Dann hätte man zwei getrennte Dinge.
Aus dieser Stellung, die die Schülerzeitung im EUG einnimmt, ergibt sich, dass die Schule einen maßgeblichen Einfluss auf diese Schülerzeitung nehmen kann. Man kann schon von Zensur sprechen. Wir sind der Auffassung, dass die Grundrechte der Meinungs- und der Pressefreiheit sowie das allgemeine Zensurverbot auch für die Schülerinnen und Schüler gelten müssen. Auch auf die Zeitungen, die von den Schülerinnen und Schülern herausgegeben werden, müssen das Presserecht und die anderen gesetzlichen Bestimmungen angewendet werden.
Es ist nicht so, Herr Kollege Dr. Spaenle, dass die Schülerinnen und Schüler frei wären, in ihren Schülerzeitungen alles zu verbreiten. Es gibt das Presserecht und andere gesetzliche Bestimmungen, zum Beispiel das Strafrecht. So ergeben sich inhaltliche Begrenzungen der Pressefreiheit vor allem aus den Strafgesetzen. Sie verbieten falsche Anschuldigungen, Beleidigungen, üble Nachreden, Verleumdungen, Verunglimpfungen des Staates bzw. der Verfassungsorgane, friedensstörende Angriffe auf die Menschenwürde, die Verherrlichung der Gewalt und rassistische Äußerungen, die Beschimpfung von Bekenntnissen, von Religionsgemeinschaften und von Weltanschauungsgemeinschaften und die Verbreitung pornographischer Schriften. Die in diesen Strafvorschriften enthaltenen Verbote sind auch von Schülerzeitungen zu beachten.
Es ist selbstverständlich, dass die Schülerinnen und Schüler, die eine solche Schülerzeitung herausgeben, darüber umfassend informiert werden. Hier wäre ich dafür, dass diese Aufgabe von der Schule übernommen wird; denn das liegt auch in der Verantwortung der Schule. Ich hätte ehrlich gesagt auch nichts dagegen, wenn die Schule der Redaktion eine Lehrkraft ihres Vertrauens zur Beratung anbietet, aber nur, wenn die Schülerinnen und Schüler das möchten. Man kann schon sagen: Wenn Ihr unsicher seid, könnt Ihr Euch Rat holen. Weiter gehen würde ich allerdings nicht.
Eine Zensur von Schülerzeitungen ist meines Erachtens auch vor dem Hintergrund der Erziehungsziele unmöglich. Eines der wesentlichen Erziehungsziele ist nämlich die Erziehung der Schülerinnen und Schüler zur Mündigkeit.
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Herr Dr. Spaenle, dann haben Sie gesagt, dass die Schülerinnen und Schüler, die diesen – auch in meinen Augen unmöglichen Artikel verfasst haben – diesen Artikel selbst zurückgezogen haben. Das zeugt doch von großer Verantwortungsbereitschaft und von großem Verantwortungsbewusstsein, von der Mündigkeit dieser Schülerinnen und Schüler. Das Beispiel zeigt mir, dass wir den Schülerinnen und Schülern letztendlich mehr zutrauen können, als wir vermuten. Ich sage deshalb: Trauen wir ihnen mehr zu! Stellen wir ihre Zeitungen nicht weiter unter Zensur. Wir schlagen deshalb vor, die Schülerzeitung von der Zensur zu befreien, und unterstützen diesen Antrag.
Gibt es von Seiten der Staatsregierung zeitliche Vorgaben für die Konzepterstellung und die Umsetzung bei der Organisationsreform an den Berufsschulen (Landtagsdrucksache 14/6379) an die Bezirkregierungen, wenn ja, wie lauten diese und wann erfolgt der beschlossene Bericht gegenüber dem Landtag?
Antwort der Staatsregierung: Die Reformmaßnahmen sind ohne Zeitdruck und – soweit erforderlich – mit längeren Übergangsfristen zu planen. Dies soll den Sachaufwandsträgern und den Schulen Gelegenheit geben, sich auf die angestrebten Änderungen einzustellen. Die Konzepte sollen bis zum Beginn des Schuljahres 2004/2005 entwickelt sein und bis zum Jahr 2008 – dem erwarteten demographischen Wendepunkt an den Berufsschulen – umgesetzt werden. Zwischenzeitlich erforderliche Anpassungen können auch über die Genehmigung von Gastschulverhältnissen erfolgen.
Diese längerfristige zeitliche Zielsetzung ist notwendig, um sachgerechte Entscheidungen zu erreichen, die aufgrund der Vielschichtigkeit und Komplexität nur mit detaillierten Vor-Ort-Kenntnissen möglich sind. Daher wurde von der Staatsregierung auch davon abgesehen, allzu enge Umsetzungskonzepte vorzugeben.
Der vom Landtag gewünschte Bericht wird Anfang Juni 2003 vorgelegt.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Dinglreiter, Sie haben am Anfang gesagt, dass Ihnen die Lehrstellensituation heuer zum ersten Mal Sorge bereite. Diese Aussage hat mich sehr gewundert. Sie können sich doch sicherlich daran erinnern, dass wir bereits in der letzten Legislaturperiode sehr heftige Diskussionen über den Mangel an Ausbildungsplätzen geführt haben. Sie haben damals alles versucht, um Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz bekommen haben, dadurch aus der Statistik herauszunehmen, dass Sie sie in berufsvorbereitende Lehrgänge oder zu Maßnahmen des Arbeitsamtes geschickt haben. Die Situation war 1998 so desolat, dass die neue Bundesregierung sofort das Programm JUMP aufgelegt hat, um ein bisschen gegenzusteuern. Deshalb finde ich es sehr anmaßend, wenn man nur auf die Bundesregierung schimpft und versucht, ihr den Schwarzen Peter zuzuschieben, dabei aber nicht sieht, was im eigenen Land passiert oder was die eigene frühere Bundesregierung gemacht hat.
Wäre die Lehrstellensituation in Bayern so gut gewesen, hätte es alle die Initiativen, welche die Bayerische Staatsregierung in den vergangenen Jahren gestartet hat, gar nicht gebraucht. Ich erinnere daran, dass es 1996 den Beschäftigungspakt Bayern gab. Eines der Hauptziele des Beschäftigungspaktes war die Schaffung eines ausreichenden Ausbildungsplatzangebotes, damit für jeden Lehrstellenbewerber ein Ausbildungsplatz zur Verfügung steht. Im Juli 1997 folgte die „Ausbildungsinitiative Bayern“ mit 43 Maßnahmen, zum Beispiel der Förderung von Ausbildungsakquisiteuren oder der Einführung einer Mobilitätshilfe. Beide Maßnahmen tauchen übrigens auch wieder in der neuen Initiative, die heute verkündet wurde, auf. Warum gab es diese Initiativen, wenn überhaupt kein Handlungsbedarf bestand? Im Oktober 2000 folgte die „Ausbildungsinitiative 2006“, eine Fortschreibung der „Ausbildungsinitiative Bayern“. Heute hat die Staatsregierung schließlich eine neue Initiative „Ausbildung in Bayern“ beschlossen. Das ist jetzt die letzte Initiative.
Auch im Landtag haben wir uns wiederholt mit diesem Thema beschäftigt. 1997 gab es dazu sogar eine Regierungserklärung, die fast den gleichen Titel hatte wie die heutige Aktuelle Stunde. Es war damals eine Regierungserklärung zur Situation und zu den Perspektiven auf dem Ausbildungsmarkt in Bayern. Auch damals war die Situation in keiner Weise rosig, sondern kritisch. Die Zahl der Ausbildungsplätze ging bei gleichzeitig ansteigender Zahl der Bewerberinnen und Bewerber zurück.
Als ich mich heute mit diesem Thema noch einmal beschäftigt habe, habe ich nachgelesen, was in den letz
ten Jahren passiert ist und was die Staatsregierung mit ihrer neuen Initiative vorschlägt. Dabei habe ich festgestellt, dass sich trotz aller Initiativen und Pakte, die es in den vergangenen Jahren gab, nichts an der Ausbildungsplatzsituation geändert hat. In regelmäßigen Abständen diskutieren wir über die Ausbildungsmisere, egal welche Initiativen gestartet wurden. Offensichtlich nimmt die Wirtschaft ihre Ausbildungspflicht nicht ernst. Sie lässt die Ausbildung schleifen.
Doch, sie kommt erst dann in die Gänge, wenn auf Seiten der Politik über eine Ausbildungsplatzumlage diskutiert wird, weil sich die Politiker anders nicht mehr zu helfen wissen. Ich erwarte von der Wirtschaft, dass sie alles unternimmt, damit eine Misere gar nicht erst aufkommt. Im dualen System ist die Wirtschaft für die berufliche Ausbildung verantwortlich. Der Staat ist für die schulische Ausbildung verantwortlich, die Wirtschaft stellt die Ausbildungsplätze zur Verfügung. Am dualen System will niemand rütteln – wir Grünen nicht, die Staatsregierung nicht, die CSU nicht und auch offensichtlich die Wirtschaft nicht. Schließlich wehrt sich die Wirtschaft gegen jegliche Einmischung des Staates auf der betrieblichen Seite. Nicht einmal die Abschlussnote der Berufsschule darf im Zeugnis der Berufsabschlussprüfung stehen. Deshalb ist eindeutig die Wirtschaft gefragt, wenn es um die Anzahl der Ausbildungsplätze geht. Ich sage in aller Offenheit: Meines Erachtens ist die Wirtschaft auch unabhängig von der Konjunktur gefragt. Die Wirtschaft hat mit dem Staat das duale System vereinbart; dann hat sie auch für Ausbildungsplätze Sorge zu tragen.
Schließlich liegt es auch im Interesse der Wirtschaft, qualifizierten Nachwuchs auszubilden. Nachdem die Zahl der Schulabgängerinnen und Schulabgänger in der Zukunft sinken wird, ist es jetzt an der Zeit, Vorsorge zu betreiben, über den Bedarf hinaus auszubilden. Deshalb komme ich doch noch einmal auf die Umlage zu sprechen, obwohl ich sie immer als letztes Mittel betrachte. Ich möchte die Umlage wirklich nur dann einsetzen, wenn alle anderen Mittel nicht mehr greifen. Ich halte es für erstaunlich, dass lediglich 30% der Betriebe ausbilden, dass sich diese 30% aber nicht über die restlichen 70% beschweren, denn diese profitieren letztlich von der Ausbildungsbereitschaft der 30%.
Ich halte es daher für legitim, dass bei einem Mangel an Ausbildungsplätzen von den Betrieben, die nicht ausbilden, eine Umlage verlangt wird, mit der betriebliche Ausbildungsplätze geschaffen werden können – notfalls auch durch die Errichtung von Qualifizierungsbetrieben, welche reine Ausbildungsbetriebe sind. Diesen Vorschlag haben wir schon einmal gemacht. Ich kann es nicht nachvollziehen, dass das Mittel der Umlage von der Bayerischen Staatsregierung und den bayerischen Wirtschaftskammern abgelehnt wird, obwohl es der Gerechtigkeit dient und nur dann angewendet werden soll, wenn alle Stricke reißen. Die 70% der Betriebe, die nicht ausbilden, haben offensichtlich eine größere Lobby als die 30%, die ausbilden.
Heute habe ich in der neuen Initiative gelesen, dass der Staat offensichtlich bereit ist, Steuergelder für die jungen Menschen auszugeben. Es werden Mobilitätshilfen, Fahrtkostenzuschüsse und Zuschüsse für Arbeitgeber gewährt, die für Schüler aus Praxisklassen der Hauptschulen Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen. Dafür, dass Ausbildungsplätze geschaffen werden, geben Sie also Steuergelder aus. Deshalb frage ich mich, warum jede Steuerzahlerin und jeder Steuerzahler dafür Geld aufbringen soll, während andererseits 70% der Betriebe dafür nicht aufkommen. Das kann doch nicht in Ordnung sein, und darauf ist das duale System auch nicht angelegt.
Deshalb finde ich schon, dass man von Betrieben, denen die gut ausgebildeten Jugendlichen zugute kommen, eine finanzielle Beteiligung fordern kann.
Die Staatsregierung schlägt Maßnahmen vor – teils bekannte und teils neue. Viele dieser Maßnahmen werden keine neuen Ausbildungsplätze schaffen, sondern lediglich für eine bessere Verteilung der angebotenen Stellen sorgen, zum Beispiel die Ausbildungsbörsen oder die Ausbildungsmessen. Ich muss aber sagen: Das ist besser als nichts.
Was allerdings fehlt, ist ein Konzept, wie man gezielt Regionen stützt, in denen der Lehrstellenmangel besonders groß ist. Ebenso fehlt ein Konzept, wie man über Berufe, für die sich keine Bewerberinnen oder Bewerber finden, besser informiert. Zur Verbesserung dieser Situation könnte unser Vorschlag der Qualifizierungsbetriebe einen Beitrag leisten. Qualifizierungsbetriebe sind reine Ausbildungsbetriebe, die mit ihren Produkten auf den Markt gehen können. Sie entstehen auf Initiative der Arbeitsämter in enger Zusammenarbeit mit den Kammern, den Kommunen und den freien Trägern der Jugendhilfe. Die Stadt München hat so etwas.
Aber finanziert von der Wirtschaft – darauf lege ich Wert – und mit einer betrieblichen Struktur versehen; die schulische Seite übernehmen wir, und die betriebliche Seite wird von der Wirtschaft finanziert. Man könnte in den Regionen gezielt solche Qualifizierungsbetriebe ansiedeln und Berufe anbieten, die in der Region oder allgemein gebraucht werden.
Mein Appell an Sie lautet: Seien Sie Neuem gegenüber offen, seien Sie auch offen gegenüber dem, was vonseiten der Bundesregierung kommt, und verschließen Sie sich auch nicht Vorschlägen, zum Beispiel denen nach einer Umlage, die zwar die Wirtschaft belastet, aber gerecht ist und der Wirtschaft zugute kommt, weil mit ihrer Hilfe qualifizierter Nachwuchs für die Wirtschaft ausgebildet wird.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Seit den Demonstrationen der Schülerinnen und Schüler gegen den Irak-Krieg mag ich eigentlich gar nicht mehr so recht an die These glauben, dass unsere Schülerinnen und Schüler so unpolitisch wären;
denn sie haben mit ihrem Protest ein hohes politisches Bewusstsein, ein großes Verantwortungsbewusstsein und auch Zivilcourage gezeigt.
Man könnte allerdings auch sagen, dass die Demonstrationen ein Beweis für eine erfolgreiche Erziehung, für eine erfolgreiche politische Bildung in unseren Schulen sind; denn im Prinzip haben die Schülerinnen und Schüler genau das gemacht, wozu wir sie erzogen haben. Wir wollen eigentlich mündige Bürger und mündige Bürgerinnen, die ihren Kopf zum Denken nutzen und nicht irgendwelchen Parolen hinterherlaufen. Wir wollen, dass die Kinder und Jugendlichen Konflikte gewaltfrei lösen. Die Staatsregierung hat sogar ein eigenes Projekt gestartet: „Faustlos“. Wir wollen, dass Kinder und Jugendliche Unrecht gegenüber nicht gleichgültig sind, dass sie hinschauen und handeln und dass sie den Mut haben, Zivilcourage zu zeigen.
Genau das haben die Schülerinnen und Schüler getan. Eine Schülerin hat das sehr schön auf den Punkt gebracht, das konnte man in den „Nürnberger Nachrichten“ lesen. Sie sagte: „Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“ Für die 19-jährige Mira gehört es zu einem vernünftigen Leben, ihren Standpunkt zu verteidigen, auch wenn das Probleme mit sich bringen kann. Allen Unkenrufen zum Trotz, unsere Jugendlichen seien unpolitisch, die Gewalt nehme immer zu, und sie seien eigentlich nur an Markenkleidern interessiert, müssen wir nun zur Kenntnis nehmen, dass es genau diese Generation ist, die nicht unpolitisch ist, die das Bild der Demonstrationen gegen den Krieg prägt. Eigentlich könnten wir wirklich stolz auf diese Jugendlichen sein,
und wir könnten auch stolz auf die Arbeit der Lehrkräfte und der Eltern sein, denen es in jahrelanger Arbeit offensichtlich gelungen ist, die Jugendlichen so zu erziehen, wie wir das für eine humane Gesellschaft für richtig halten.
Das Problem an der ganzen Sache ist – und da können wir so viel Sozialkundeunterricht fordern und so viele Projekte machen, wie wir wollen –: Wie geht die Staatsregierung mit diesen Jugendlichen um? – Die Jugendlichen wissen genau, dass wir immer darüber jammern: Ihr wisst zu wenig, ihr interessiert euch nicht. Jetzt interessieren sie sich, sie informieren sich – Herr Freller sitzt da irgendwo, er hört mir nicht zu, aber körperlich ist er da – –
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Pfaffmann?
Gerne.
Herr Kollege Pfaffmann, ich würde das Herrn Freller sehr gerne fragen. Ich denke, er hat die Frage mitgekriegt, und ich möchte ihn bitten, dass er dann dazu Stellung nimmt.
Das Kultusministerium sagt also – und das haben Sie auch gestern getan, Herr Staatssekretär –, die Schülerinnen und Schüler hätten ja nachmittags demonstrieren
können; damit wäre ihr Recht auf Meinungsfreiheit auch abgedeckt worden.
Ja sicher, das hätten sie. Aber ich finde, unsere Schülerinnen und Schüler haben sich auch da als sehr lebenstüchtig erwiesen, indem sie nämlich ganz genau nachgedacht haben und strategisch vorgegangen sind. Sie haben sich überlegt: Wie können wir unseren Protest am effektivsten darstellen? Sie haben eine Form des Protestes gewählt, den nur sie, die Schülerinnen und Schüler, wählen können. Sie haben eine Möglichkeit in der breiten Palette der Protestmöglichkeiten genutzt, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen, die sonst keine andere Bevölkerungsgruppe hat, nämlich den Schulstreik.
Mit keiner anderen Strategie – das muss man wirklich anerkennen, Herr Staatssekretär – wäre es den Schülerinnen und Schüler gelungen, so viel Aufmerksamkeit auf sich selber und auf ihr Anliegen zu lenken. Das haben sie wirklich sehr, sehr gut gemacht – finde ich jedenfalls.
Zur Legitimität: Sicherlich, der Schulstreik ist nicht in der Schulordnung vorgesehen. Der Streik ist normalerweise ein Mittel, mit dem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer versuchen, bessere Arbeitsbedingungen, bessere Löhne zu erkämpfen. Wenn das ein legitimes Mittel ist, um bessere Arbeitsbedingungen und bessere Löhne zu erkämpfen, dann ist es doch auch ein legitimes Mittel, wenn es um die elementare Frage von Krieg oder Frieden geht, selbst wenn es nicht in der Schulordnung steht.
Ich habe am Anfang gesagt, Herr Dr. Waschler, Zivilcourage ist es doch, was auch wir wollen, dass die jungen Leute mutig sind, wenn sie Unrecht erkennen, dass sie aufstehen und sagen: Es ist mir egal, ob Sanktionen kommen oder nicht, ich muss etwas dagegen tun, ich muss etwas dagegen sagen, ich muss dagegen protestieren. Ich habe höchsten Respekt vor denen.
Ich würde sagen: Statt Verweisen müssten wir denen einen Preis für Zivilcourage überreichen.
Die Schülerinnen und Schüler wissen, dass sie von der politischen Seite diesen Preis wahrscheinlich nicht bekommen können, und sie betrachten zum Teil diese Verweise selbst als Preise für Zivilcourage,
indem sie sie stolz vorzeigen und zu den anderen sagen: „Was, Du hast keinen Verweis? Dann bist du wohl ein Feigling.“
Obwohl wir eine junge Generation haben, die von hohem politischen Bewusstsein geprägt ist, ändert das natürlich nichts an der Tatsache, dass die politische Bildung an unseren Schulen ein Schattendasein führt. Kollege Odenbach hat es für die verschiedenen Schularten und Schulstufen dargelegt. Der Unterricht ist mit Sozialkunde so mager ausgestattet, dass eine Gruppe, die normalerweise nicht nach mehr Unterricht schreit, nämlich die Schülerinnen und Schüler, uns vor geraumer Zeit eine Petition überreicht hat, in der sie mehr Stunden Sozialkundeunterricht gefordert hat. Das muss man sich einmal vorstellen! Das zeigt doch mehr als deutlich, wie die Betroffenen, die gerne mehr erfahren würden, gerne mehr wissen würden, gerne mehr handeln würden, das selber empfinden. Schülerinnen und Schüler setzen sich für mehr Unterricht ein.
Noch ein viel größeres Manko als die mangelnde Anzahl von Unterrichtsstunden ist die mangelnde politische Beteiligung an einem demokratischen Verfahren von Schülerinnen und Schülern, allerdings auch von Lehrkräften und den Eltern. Über Demokratie Bescheid wissen, die Institutionen kennen, die Abläufe kennen –, das ist wichtig, aber das ist viel zu wenig. Schülerinnen und Schüler müssen an ihrer Schule demokratisch beteiligt werden.
Sie müssen bei den Entscheidungen einbezogen werden. Wir müssen uns von dem Bild von Bildung und Erziehung verabschieden, das Schülerinnen und Schüler als Objekte der Bildung und Erziehung darstellt. Sie sind Subjekte, und sie müssen am Prozess aktiv beteiligt werden.
Inzwischen ist zwar das Schulforum paritätisch besetzt. Das ist ein erster Schritt und besser als nichts. Sie haben die Befugnisse des Schulforums aber nicht erweitert, sondern es bleibt alles beim Alten. Richtige und wesentliche Entscheidungen können weder die Lehrkräfte noch die Eltern noch die Schülerinnen und Schüler im demokratischen Verfahren treffen.
Ich finde es auch bedauerlich, dass es der Landtag versäumt hat, ein Projekt zu beschließen, das die GRÜNEN vorgeschlagen haben.
Herr Kollege Sibler, Sie lachen. Sie wissen, dass es sich um die Junior-Wahl handelt.
Ich finde es schön, dass Sie dazu etwas sagen wollen. Die Junior-Wahl wäre ein hervorragendes Instrumenta
rium gewesen, die Schülerinnen und Schüler mit demokratischen Prozessen und einer demokratischen Wahl vertraut zu machen.
Ich will für diejenigen, die sich unter dem Begriff nichts vorstellen können, die Junior-Wahl erklären. Es handelt sich um eine simulierte Wahl. Die Schülerinnen und Schüler sollen am 21. September 2003, an dem Datum, an dem der Landtag gewählt wird, online abstimmen können. Es handelt sich aber nicht nur um den Abstimmungsprozess, sondern die Wahl wird in der Schule vorbereitet. Es wird über das Wahlsystem geredet und Wissen vermittelt. Außerdem beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler mit den Programmen der unterschiedlichen Parteien und lernen die Kandidaten kennen. Sie nehmen an dem Wahlkampf insoweit teil, als sie beobachten, was welche Partei zu welchem Thema aussagt, wie sie sich selbst positionieren und am Wahltag abstimmen würden. Für die Jugendlichen wäre es interessant zu erfahren, wie Gleichaltrige im Vergleich zur erwachsenen Bevölkerung abstimmen.
Auf diesem Gebiet muss sich in den nächsten Jahren in Bayern noch sehr sehr viel bewegen. Ich will das gar nicht an der Zahl der Unterrichtsstunden festmachen. Das ist auch wichtig, ist aber gar nicht so sehr mein vorrangiges Interesse, sondern das ist die demokratische Beteiligung von Schülerinnen und Schülern. Wenn es schon nicht mehr Unterrichtsstunden gibt, sollen wenigstens attraktive Projekte angeboten werden, mit denen die Schülerinnen und Schüler zu Beteiligten gemacht werden.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Sibler.
Herr Staatssekretär, Sie haben gerade zwei Sanktionsmaßnahmen genannt. Sind Ihnen weitere Sanktionen bekannt, zum Beispiel Verweise?
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Änderung des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes, die wir heute in Zweiter Lesung beraten und die in der Hauptsache die Integration von Behinderten zum Inhalt hat, ist nicht der große Wurf, wie es uns die CSU glauben machen will.
Es ist zwar gelungen, in jahrelanger, zäher Arbeit der Opposition zusammen mit den Verbänden und den betroffenen Eltern die CSU davon zu überzeugen, die Lernzielgleichheit aufzugeben; allerdings wurden anstelle der Lernzielgleichheit andere Hürden aufgebaut, welche die Integration behinderter Kinder in Regelklassen weiterhin schwer machen. Die aufgebauten Hürden lauten unter anderem „im Rahmen ihrer Möglichkeiten“, „im Rahmen der verfügbaren Stellen und Mittel“, „aktive Teilnahme“ und „gemeinschaftsfähig“. Angesichts dieser neuen Hürden befürchte ich, dass zwar auf dem Gesetz „Integration“ draufsteht, aber leider, für die meisten wenigstens, nicht drin ist. Diese Befürchtung habe nicht nur ich, sondern sie wird auch von den Teilnehmern des Runden Tisches „Integration behinderter Kinder in Regelschulen“ geteilt. Ich zitiere aus dem Protokoll von dessen Sitzung vom 20. 01. 2003:
Die Zielsetzung, behinderte Kinder in Regelschulen zu integrieren, wird im vorliegenden Gesetzentwurf nach wie vor nicht gesehen, und daher sind auch die Bedenken nicht ausgeräumt. So sind keine Vorgaben für Kooperationsklassen zu finden. Die Verantwortung wird auf die Grundschulen abgeschoben. Integration wird immer noch unter dem Aspekt der Zusatzkosten diskutiert. An Frau Stein wird daher der Wunsch herangetragen, die Forderungen des Runden Tisches den Verantwortlichen noch einmal zu unterbreiten.
Frau Ministerin und Herr Thätter haben in ihren Reden betont, wie wichtig die Förderschulen sind und welch gute Arbeit sie leisten. Da kann ich ihnen uneingeschränkt zustimmen. Ich bin ebenfalls der Meinung, dass die Kinder an den Förderschulen gut aufgehoben sind und die Förderschule eine hervorragende Arbeit leistet. Es geht auch gar nicht darum, die Förderschulen abzuschaffen, sondern darum, ein Wahlrecht für die Eltern zu schaffen, damit die Eltern entscheiden können, ob das Kind in die Förderschule geht oder in eine Regelschule. Wir gehen von dem Grundsatz aus: Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf werden gemeinsam und lernzieldifferent mit Schülern und Schü
lerinnen ohne sonderpädagogischem Förderbedarf unterrichtet, wenn die Eltern dies wünschen.
Die Klassengrößen sind entsprechend zu verringern, und die zusätzliche sonderpädagogische Betreuung und die Sachausstattung richten sich nach dem Förderbedarf.
Wir sehen uns dabei konform mit der Position der Behindertenbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung, mit Frau Ina Stein, die im „Donaukurier“ folgendermaßen zitiert wird:
Meine Vision ist, dass behinderte und nicht behinderte Kinder zusammen in die Schule gehen, erklärte Stein. Deshalb müsse weiter für einen Rechtsanspruch behinderter Kinder auf Besuch einer Regelschule gekämpft werden, sagte sie mit Blick auf die Novelle zum Bayerischen Erziehungsund Unterrichtsgesetz. Dort ist ein solcher Anspruch nicht vorgesehen.
Das ist genau die Position der grünen Landtagsfraktion. Wir GRÜNE sind der festen Überzeugung, dass der gemeinsame Unterricht von Kindern mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf für alle Beteiligten ein Gewinn ist, dass alle von allen sozial, emotional und kognitiv lernen können – vorausgesetzt, die Rahmenbedingungen stimmen.
Nun zu den Hürden: In Artikel 2 werden die Aufgaben der Schule definiert. Dort wird festgelegt, dass die sonderpädagogische Förderung im Rahmen ihrer Möglichkeit Aufgabe aller Schulen ist und dass sie dabei von den Mobilen Sonderpädagogischen Diensten unterstützt werden. Erfreulich ist es, dass die sonderpädagogische Förderung nun Aufgabe aller Schulen ist. Kann das aber letztendlich überhaupt durchgesetzt werden, wenn doch die Mobilen Sonderpädagogischen Dienste zur Förderschule gehören und diese die Mobilen Sonderpädagogischen Dienste zur Unterstützung förderbedürftiger Schüler in den Schulen anderer Schularten oder in Förderschulen zur Verfügung stellen? – Hier sieht das Gesetz eben eine Einschränkung vor, indem es explizit festlegt, dass die Förderschule dies im Rahmen der verfügbaren Stellen und Mittel zu leisten hat. Angesichts dieser Einschränkungen ist es nicht schwer zu prognostizieren, dass ein echter Fortschritt in Richtung Integration nicht erreicht werden wird.
Herr Kollege Thätter, Sie sagten jetzt einfach, die wirtschaftliche Situation würde es nicht zulassen, dass man einen viel größeren Schritt in Richtung Integration mache. Hier widerspreche ich Ihnen massiv. Zum einen müsste man da sagen, dass die Integration behinderter Kinder auch aus anderen Töpfen gefördert wird. Wir müssen einfach einmal damit aufhören, stur in Töpfen zu denken. Zu Zeiten, als die wirtschaftliche Lage noch besser war, haben Sie diesen Schritt auch nicht getan. Auf Ihrer Seite bestehen nicht nur wirtschaftliche Bedenken. Sie meinen nicht nur, Sie könnten das nicht bezahlen, Sie haben auch Bedenken gegen eine weitergehende Integration und wollen deshalb den Rechtsanspruch auf
Integration nicht. Deshalb haben Sie nur ganz kleine, vorsichtige Schritte gemacht.
Ihr Gesetzentwurf enthält nicht nur monetäre Hürden, er enthält auch pädagogische Hürden. Der Schlüssel dabei ist der Artikel 41. Dort heißt es:
Schulpflichtige mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die am gemeinsamen Unterricht in der allgemeinen Schule nicht aktiv teilnehmen können oder deren sonderpädagogischer Förderbedarf an der allgemeinen Schule auch mit Unterstützung durch Mobile Sonderpädagogische Dienste nicht oder nicht hinreichend erfüllt werden kann, haben eine für sie geeignete Förderschule zu besuchen.
Dann wird der Begriff der aktiven Teilnahme definiert, darüber haben wir im Ausschuss auch noch einmal diskutiert. Aktive Teilnahme wird wie folgt definiert:
Ein Schüler kann aktiv am gemeinsamen Unterricht der allgemeinen Schule teilnehmen, wenn er dort, gegebenenfalls unterstützt durch Maßnahmen des Art. 21 Abs. 3, überwiegend in der Klassengemeinschaft unterrichtet werden, den verschiedenen Unterrichtsformen der allgemeinen Schule folgen und dabei schulische Fortschritte erzielen kann sowie gemeinschaftsfähig ist.
Diesen Passus, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, halte ich für hochproblematisch. Dieser Passus ist nicht haltbar – das wissen Sie auch in der CSU –, denn er kann dazu dienen, der Integration einen Riegel vorzuschieben. So wie früher die Lernzielgleichheit das Totschlagargument gegen die Integration war, kann dies nun der Begriff der aktiven Teilnahme sein. Was heißt es, dass man den verschiedenen Unterrichtsformen der allgemeinen Schule folgen muss? Auch darüber haben wir im Ausschuss diskutiert. Herr Thätter, hierzu darf ich Sie zitieren. Sie haben die verschiedenen Unterrichtsformen folgendermaßen definiert – ich zitiere aus dem Protokoll:
Unter verschiedenen Unterrichtsformen verstehe man alle möglichen Unterrichtsformen. Der Bogen spanne sich vom Frontalunterricht über den Gruppenunterricht und den Einzelunterricht bis hin zur freien Arbeit. Man bringe alle Unterrichtsformen ein, die das Kind im Unterricht unterstützen.
Herr Kollege Thätter, ich sehe es so, dass die Unterrichtsformen der allgemeinen Schule im Großen und Ganzen auch die der Förderschule sind. In meinen Augen ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die Lehrkräfte ihre Unterrichtsformen an den Schülerinnen und Schülern ausrichten, die sich in ihrer Klasse befinden. Wenn sich in der Klasse Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf befinden, müssen sich die Lehrkräfte bei der Auswahl ihrer Unterrichtsformen darauf einrichten.
Als problematisch empfinde ich auch den Begriff „gemeinschaftsfähig“. Was soll dieser Begriff eigentlich ausdrücken? Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf gehen bei uns normalerweise in die Förderschule. Dort gibt es auch eine Gemeinschaft; dort befin
den sie sich auch in einer Klasse. Die Klasse ist zwar kleiner, aber die Gemeinschaft ist vorhanden. Also sind diese Kinder auch gemeinschaftsfähig. Kommt ein Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf in die Regelklasse, dann ist es doch selbstverständlich klar, dass sich die Rahmenbedingungen in dieser Klasse verändern müssen, damit das Kind mit Förderbedarf auch in der Regelklasse zurecht kommt. Das bedeutet, dass zunächst einmal die Klassenstärke dieser Klasse enorm heruntergesetzt werden muss.
Wir sind der Meinung, dass nicht das Kind an Normen angepasst werden darf, die es nicht erfüllen kann, sondern dass die Norm so verändert werden muss, dass sie für alle Kinder passt. Das ist auch in der Regelschule möglich. Herr Kollege Thätter, im Prinzip beschleicht auch Sie bei diesen Begriffen ein Unbehagen, denn dankenswerterweise haben Sie zumindest den Begriff „sozial integrierbar“ gestrichen. Dann streichen Sie doch auch die aktive Teilnahme und das Erzielen der schulischen Fortschritte! An welchem Maß wird denn das Erzielen schulischer Fortschritte gemessen? – Streichen Sie auch den Begriff gemeinschaftsfähig.
Lassen Sie mich als weiteres Problem das der schulvorbereitenden Einrichtungen ansprechen. Die schulvorbereitenden Einrichtungen sollen den gleichen Förderschwerpunkt haben wie die Förderschulen, denen sie angegliedert sind. Für die schulvorbereitenden Einrichtungen auf dem Land hätte das verheerende Auswirkungen, denn dann müssten Kinder, welche einen anderen Förderbedarf als den der Förderschule haben, weite Wege auf sich nehmen, um eine schulvorbereitende Einrichtung zu besuchen. Dabei ist diese Änderung nicht notwendig. In meinem Landkreis gehen alle Kinder in eine schulvorbereitende Einrichtung. Vier Stunden pro Woche werden sie von einem Sonderschullehrer oder einer Sonderschullehrerin gefördert. Da es viele Sonderschullehrer gibt, die zwei Förderschwerpunkte studiert haben, gibt es nach Mitteilung der Schulleiterin keine Probleme. Die Kompetenz ist vor Ort vorhanden. Außerdem kommt bereits jetzt für den Förderbedarf, der durch die Förderschule nicht abgedeckt werden kann, ein Fachdienst ins Haus.
Auch darüber haben wir in den Ausschüssen diskutiert. Die Vertreter der Staatsregierung haben hier abgewiegelt und gesagt, das sei nur eine organisatorische Veränderung, für die Kinder würde sich nichts ändern. Dem kann ich, ehrlich gesagt, keinen Glauben schenken, denn ich befürchte, dass schulvorbereitende Einrichtungen letztendlich doch aufgelöst werden, wenn dieser Vorschlag gesetzlich verankert wird. Für das Land wäre das eine Katastrophe.
Als problematisch erachten wir auch die Regelung über den Übergang in die Förderschule. Nach den Vorstellungen der Staatsregierung stellt die Grundschule fest, dass die Voraussetzungen für eine Unterrichtung an einer Grundschule nicht gegeben sind. Jetzt soll die Staatsregierung dafür selber Vorgaben machen können. Hier bin ich sehr skeptisch, denn ich weiß nicht, welche Richtlinien die Staatsregierung erlassen wird. Grundsätzlich soll die Grundschule feststellen, dass die Voraussetzungen für eine Unterrichtung an der Grundschule nicht
gegeben sind. Es wird ein Gutachten erstellt, und stimmen dann die Erziehungsberechtigten der Aufnahme in eine Förderschule nicht zu, entscheidet das Schulamt.
Die Position der Eltern ist an dieser Stelle denkbar schwach. Sie sind über das Gutachten lediglich zu informieren und anzuhören. Zwischendurch waren Sie schon einmal mutiger und wollten die Eltern zumindest beteiligen. Wahrscheinlich aber sind Sie vor ihrer eigenen Courage erschrocken und haben diesen Vorschlag schnellstmöglichst zurückgenommen. Das empfinde ich sehr schlimm, weil gerade die Eltern von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf sich oftmals an den Rand gedrängt und nicht ernst genug genommen fühlen. Hier gibt man ihnen ein deutliches Zeichen, dass sie in diesem ganzen Prozess nichts zu sagen haben, sondern lediglich zu informieren und anzuhören sind.
Nach Ihrem Vorschlag findet auf Antrag der Eltern vor der Entscheidung des Schulamtes eine Erörterung mit den Beteiligten statt, und die Erziehungsberechtigten können verlangen, dass eine unabhängige Fachkommission das Gutachten überprüft. Hierzu ist festzustellen, dass dieses Verfahren Eltern voraussetzt, die sich getrauen, Ansprüche zu artikulieren, und die in der Lage sind, ihre Interessen zu vertreten und sich durchzusetzen. Diese Vorgehensweise finde ich falsch, weil nicht alle Eltern in der Lage sind, sich so vehement für ihr Kind einzusetzen. Gerade dann, wenn sich die Eltern einer Übermacht der schulischen Seite gegenübersehen, ist es für sie sehr schwierig, für ihr Kind zu sprechen.
Da Sie den Eltern nicht das Recht einräumen wollen zu entscheiden, dass ihr Kind in die Regelschule gehen soll, haben wir in unserem Änderungsantrag ein anderes Vorgehen vorgeschlagen, das die Position der Eltern stärkt. Das Verfahren läuft automatisch ab und hängt nicht von der Aktivität der Eltern ab.
Mich hätte es gefreut, wenn das wenigstens von Ihnen aufgenommen worden wäre. Unser Vorschlag lautet: Sind die Eltern nicht damit einverstanden, dass ihr Kind in die Förderschule geht, findet automatisch eine mündliche Erörterung mit dem Ziel der Einigung statt. Damit dieses Ziel realistischerweise erreicht werden kann, wird die Erörterung von einer unabhängigen Person, die die Methode der Mediation beherrscht, geleitet. Kommt trotzdem keine Einigung zustande, wird das Gutachten automatisch von einer Fachkommission überprüft. Mit diesem Verfahren wären die Eltern wirklich entlastet, und es käme nicht darauf an, ob sie durchsetzungsfähig sind. Das Verfahren läuft ab, und es wird im Sinne der Eltern gehandelt, wenn jemand teilnimmt, der die Methoden der Mediation beherrscht.
Lassen Sie mich abschließend noch ein Wort zum Schulfinanzierungsgesetz sagen. Es geht um ein Thema, das in den vergangenen Wochen zu heftigen Auseinandersetzungen in diesem Haus und außerhalb geführt hat, nämlich um die Lehrpersonalkostenzuschüsse für kommunale Schulen. Es hat sich herausgestellt – wir wissen es schon lange –, dass diese vollkommen unbefriedigend sind. Es soll zwar eine Steigerung
des Kostenersatzes von 60 auf 61% beschlossen werden; das ist allerdings nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein ist und hilft den Kommunen nicht weiter. Nicht nur die Stadt München kann die Mehrkosten für die kommunalen Schulen nicht mehr im bisherigen Umfang aufbringen, es sind dies auch andere Schulstädte wie Würzburg. Die hitzigen Debatten der vergangenen Wochen haben gezeigt, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Am vernünftigsten wäre es, die Kosten für die kommunalen Schulen zu 100% zu übernehmen. Das Zweitvernünftigste wäre, die kommunalen Schulen zu verstaatlichen, wenn die Kommunen dies wünschen. Es reicht nicht, für bestimmte Städte Einzellösungen auszuhandeln. Vielmehr muss es ein befriedigendes Finanzierungskonzept für alle kommunalen Schulen und unabhängig von der Schulart geben.
Kolleginnen und Kollegen, die Änderungen des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen gehen uns nicht weit genug. Die Änderungen des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes sind unbefriedigend. Wir lehnen beide Gesetzentwürfe ab.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Schneider, bitte.
Das ist wirklich wahr. Es passt aber auch irgendwo dazu.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Sie haben sicherlich Recht, Herr Hofmann: Jetzt in der Fastenzeit so ein Thema, das ist schon ziemlich hart. Aber da es schon einmal zurückgestellt worden ist, gehen wir jetzt einfach da durch.
Unser Antrag auf Verbesserung der Entenmast bezieht sich auf die Verbesserung der Bedingungen in der Entenmast, was dringend notwendig ist. Enten sind Wasservögel und brauchen deshalb einen Zugang zu Wasser. Sie müssen baden, gründeln und tauchen können. Das sagt einem schon der gesunde Menschenverstand.
Wie ist aber die Realität? Sie werden zu Tausenden in fensterlosen Hallen gehalten. Wenn sie „Glück“ haben, haben sie Streu in Form von Weichholzhobelspänen oder Strohhäckseln. Wenn sie Pech haben, stehen sie einstreulos auf Rosten entweder aus Holz, Metall oder Kunststoff oder sie stehen auf plastikummantelten Drahtgittern. Enten auf Drahtgitter, das muss man sich einfach bildlich vorstellen.
Was das Baden, Gründeln und Tauchen anbelangt, ist ebenfalls Fehlanzeige. Auch hier, wenn sie „Glück“ haben, dann können sie an den Tränkanlagen den Kopf und den Schnabel eintauchen und das Gefieder mit Wasser benetzen. Aber nicht allen Enten ist dieses Glück beschieden. In zwei bayerischen Anlagen besteht nicht einmal diese Möglichkeit. So hatte die Betreiberin des größten industriellen Entenmastbetriebes Bayerns, die Firma Gepro, auch keinen Erfolg mit einer Unterlassungsklage gegen die Tierschutzorganisation Vier Pfo
ten und gegen den Bund Naturschutz. Beide dürfen weiterhin behaupten, dass die industrielle Entenmast in Großbeständen tierquälerisch ist, und sie dürfen auch weiterhin Namen von entsprechenden Firmen nennen.
Die Probleme sind bekannt, die Zustände ebenfalls. Aus diesem Grund hat der Landtag im Mai 2002 auf unseren Antrag hin ein Forschungsprogramm zur artgerechten Haltung beschlossen, das allerdings immer noch nicht begonnen wurde. Am 24. Oktober 2002 haben wir nachgefragt, wie der Stand des Forschungsprogramms ist, und von Herrn Staatsminister Miller die Auskunft erhalten, dass mit dem Forschungsprogramm an der Lehrund Versuchsanstalt für Kleintiere in Kitzingen voraussichtlich Anfang 2003 begonnen werden könne. Wir haben Anfang 2003, nichts ist begonnen, denn die Staatsregierung hat bisher noch nicht die benötigten Gelder angewiesen. Und was noch dazukommt: Die für das Projekt benötigten Gelder wurden gekürzt.
Diese zögerliche Umsetzung ist mir ein Rätsel, denn der Verbraucherschutzminister erweckt eigentlich immer den Eindruck, als läge ihm der Tierschutz schon am Herzen. Leider folgen keine Taten, obwohl wie gesagt die entsprechenden Beschlüsse schon lange vorliegen und obwohl mit der „Empfehlung des ständigen Ausschusses des europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen“ eine rechtsverbindliche Empfehlung vorliegt, in der der Zugang zu einem Auslauf und zu Badewasser als notwendig bezeichnet wird, damit die Enten als Wasservögel ihre biologischen Erfordernisse erfüllen können.
Die Forschungsergebnisse lassen also noch einige Zeit auf sich warten. Noch ist nicht begonnen, und der Versuch ist auf drei Jahre angelegt.
Dabei ist dringender Handlungsbedarf geboten – ich habe es anfänglich skizziert – nicht nur bei den Bademöglichkeiten, sondern auch was die Besatzdichte anbelangt, die Einstreu, das Beschäftigungsmaterial, die Art der Tränke, damit die Tiere, wenn sie schon nicht baden können, wenigstens ihren Kopf und das Gefieder benetzen können. Dringender Handlungsbedarf ist auch deshalb geboten, weil zum einen die Intensivmast von Enten an Bedeutung gewinnt und zum anderen in Bayern neue Großmastanlagen im Gespräch sind.
Um der Qual der Enten möglichst bald ein Ende zu bereiten, haben wir daher im November 2002 den Antrag gestellt, dass die Staatsregierung mit dem Bayerischen Geflügelwirtschaftsverband freiwillige Vereinbarungen über die Mindestanforderungen zur Haltung von Enten treffen. Solche Vereinbarungen gibt es zum Beispiel in Brandenburg und in Niedersachsen. Das ist auch genau der Antrag, der Ihnen heute vorliegt. Kollege LoscherFrühwald, der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses, ist da ganz unserer Meinung, denn im Protokoll vom 13. März 2002 kann man lesen:
Vorsitzender Friedrich Loscher-Frühwald weist auf Vereinbarungen in einigen Bundesländern (Bran- denburg, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfa- len) mit den jeweiligen Verbänden der Geflügelwirtschaft auch über die Haltung und die Mast von Pekingenten hin. Ihm liege daran, auch im Freistaat Bayern eine solche Vereinbarung zu erreichen. Er habe die Staatsminister Sinner und Miller angeschrieben und sie gebeten, zu einer Vereinbarung zu kommen.
Das heißt, Kollege Loscher-Frühwald sagt genau das, was wir auch sagen und was wir in dem Ihnen heute vorliegenden Antrag noch einmal zur Abstimmung geben wollen. Genau das ist die Richtung unseres Antrags, nämlich nach den vorliegenden Beispielen aus den anderen Bundesländern für Pekingenten und Moschusenten je nach Tierart entsprechende Standards zu vereinbaren.
Warum nun unser entsprechender Antrag von der CSU im Umweltausschuss abgelehnt worden ist, ist uns schleierhaft. Wir haben den Antrag heute noch einmal „hochgezogen“, damit die CSU-Kolleginnen und -Kollegen die Chance nutzen können, ihr Abstimmungsverhalten im Interesse der gequälten Tiere zu korrigieren.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat nun Frau Kollegin Berg.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte den prinzipiellen Unterschied zwischen der CSU-Position und der Position der GRÜNEN zur Ganztagsschule und zur Ganztagsbetreuung klarstellen. Wir machen uns für die Ganztagsschule stark; denn wir wollen nicht nur eine Betreuung, sondern auch bessere Bildungschancen für alle Schülerinnen und Schüler.
Die Ganztagsbetreuung ist nämlich, wie schon der Name sagt, nur eine Betreuung und leistet einen Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Das ist zwar richtig und wichtig, ist uns aber zu wenig. Die Ganztagsschule dagegen bietet eine große pädagogische Chance, weil sie ein anderes Lernen, Unterrichten und Üben ermöglicht. Sie gibt mehr Zeit für intensive moderne Lernformen, für Projekte, Patenschaften und
Schülerfirmen. Die wollen Sie ja eigentlich auch, aber ich frage mich, wie die in unserer Halbtagsschule zu realisieren sind. Unterricht und Spiel, Spannung und Entspannung wechseln sich ab, weil der Stoff nicht mehr im Eiltempo von 45 Minuten eingepaukt werden muss. Die Ganztagsschule bietet die ganz große Chance, die Qualität des Unterrichts zu verbessern. Die Verbesserung der Qualität des Unterrichts ist ja auch Voraussetzung dafür, dass die Leistungen aller Schülerinnen und Schüler gesteigert werden.
Wir sind der Ansicht, dass nicht alle Schülerinnen und Schüler in eine Ganztagsschule gehen müssen, aber das Angebot muss sehr viel größer werden. Die Ganztagsbetreuung verlängert zwar die Zeit, die Kinder und Jugendliche an der Schule verbringen, aber sie führt nicht zu einer neuen Qualität des Unterrichts und des Lernens. Wenn die Staatsregierung auf die Ganztagsbetreuung setzt, verspielt sie eine große pädagogische Chance, und zwar aus Gründen der Finanzen. Bei der Ganztagsbetreuung werden nämlich die Kommunen mit in die Finanzierungspflicht genommen. Das wollen wir nicht. Wir sagen: Das ist Bildung, deren Kosten vom Freistaat getragen werden müssen, nicht von den Kommunen.
Nun gibt es vom Bund Mittel für Investitionen. Ein Entwurf liegt vor. Wir alle wissen, dass diese Mittel nur für Investitionen, nicht für Personal ausgegeben werden dürfen; das ist doch klar.
Ich finde, wir sollten uns darüber freuen, dass der Bund Mittel zur Verfügung stellt. Wir sollten nicht herummäkeln, sondern zugreifen im Interesse unserer Schülerinnen und Schüler. Die Zuständigkeit für Bildung geben wir damit noch lang nicht an den Bund ab. Sie bleibt selbstverständlich bei uns. Dafür werden wir uns weiterhin stark machen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der CSU ist offensichtlich ein Wiedergutmachungsversuch der CSU für ihre unsägliche Frankenstudie.