Man weiß, dass circa 20% aller Gymnasiasten in Bayern das Gymnasium vorzeitig verlassen, also im Grunde dort scheitern. Deshalb muss alles getan werden, um auch an den Gymnasien die Möglichkeit für zusätzliche Förderung der Kinder und jungen Menschen zu verbessern. Leider wurden mangels Kapazitäten alle diese Möglichkeiten in den letzten Jahren nahezu gegen Null gefahren. Erhebliche zusätzliche finanzielle Mittel wären auch für die Realschulen notwendig. Um dem dort herrschenden Lehrermangel beizukommen, meinte die Staatsregierung sogar, den Realschullehrerinnen und Realschullehrern zusätzliche Unterrichtsverpflichtungen verordnen zu können. Zu Recht haben sich die Betroffenen massiv dagegen gewehrt;
denn wie in so großem Ausmaß Schulstrukturen verändert, wie Sie es mit der R 6 getan haben, muss wissen, dass diese Sache viel Geld kosten wird, und der muss bereit sein, die erforderlichen Mittel bereitzustellen, und darf nicht etwa für eine Kostenreduzierung auf dem Rücken der Lehrerinnen und Lehrer sorgen wollen, und zwar noch mehr, als es schon bei den sonstigen Belastungen, die den Lehrern aufgebürdet werden, der Fall ist.
Wenn es eine politische Lüge gibt, Kolleginnen und Kollegen, dann waren es die Aussagen der Staatsregierung und von Teilen der CSU zu den Kosten der R 6-Reform.
Von vollkommener Kostenneutralität war ebenso die Rede wie von einigen Millionen. Inzwischen sind wir bei Milliarden angekommen. Immer mehr Betroffene erkennen, dass die ganze Aktion viel Geld verschlingen wird, Geld, das auch zu Lasten anderer Schularten eingespart
wird, wie ein neuerlicher Brief des Präsidenten des Philologenverbandes an den bayerischen Ministerpräsidenten aus der Sicht der Gymnasien richtigerweise feststellt.
Völlig an den Tatsachen vorbei argumentieren Sie, Frau Ministerin, wenn Sie Kommunalpolitikern, die sich ursprünglich gegen die R 6 ausgesprochen hatten, vorwerfen, später eine möglichst schnelle Umsetzung der R 6 in ihrem Bereich gefordert zu haben. Das ist doch die Anerkennung demokratisch zustande gekommener Entscheidungen und das Bemühen, sich vor Ort als Verantwortungsträger so zu verhalten, dass das, was beschlossen wird, auch den Schulen vor Ort zukommt. Diese Kommunalpolitiker haben nicht die Boshaftigkeit, die die Staatsregierung tagtäglich gegenüber der Bundesregierung an den Tag legt, indem sie das, was erreicht worden ist, schlecht machen. Diese Kommunalpolitiker vernachlässigen nicht die Interessen ihrer eigenen Schulen.
Außerdem würden die Kosten im Landkreis Freising, über die sich der dortige Landrat zu Recht beschwert, in zwei Jahren genauso ausfallen wie heute und nicht mit dem zusammenpassen, was Sie ursprünglich erzählt haben, als Sie für die R 6 geworben haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU-Fraktion, Sie werden in Ihren Reden nicht müde, den besonderen Wert der beruflichen Bildung zu betonen, lassen jedoch auch hier Ihren Worten nur spärlich Taten folgen. Auch wenn die Budgetliste von FOS und BOS von 10% auf 6,8% heruntergefahren wurde, ist das Loch noch groß genug.
Es kann vielerorts lediglich der Pflichtunterricht stattfinden. Auch hier wäre es dringend nötig, die Budgetlücke zu schließen. Das vielfach in diesem Zusammenhang verwendete Argument, man könne in bestimmten Bereichen die Lehrer nicht einstellen, weil es zu wenige davon gebe, greift nicht überall. An vielen Orten hätte man die Lehrerinnen und Lehrer und könnte sie beschäftigen, wenn man das nötige Geld dazu hätte.
Richtig ist dennoch, dass gerade die beruflichen Schulen in bestimmten Bereichen mit massivem Lehrermangel zu kämpfen haben. Dieser personelle Engpass hat sich allerdings über Jahre abgezeichnet, ist jedoch von der Staatsregierung in keiner Weise ernst genommen worden. Auch jetzt sind Sie nicht bereit, sich dieses Problems anzunehmen, gezielte Werbeaktionen zu starten und das Lehramt wieder attraktiv zu machen. So wäre es durchaus möglich, mit der Einführung von Anwärtersonderzuschlägen zu reagieren, um zumindest die größten Löcher zu stopfen. Stattdessen setzen Sie auf wenig geeignete Schnellkurse, um sie einmal so zu bezeichnen, für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger.
Mit Sorge blicke ich auf die geplante Errichtung von Kompetenzzentren an den Berufsschulen. Diejenigen, die sich diesen Plan ausgedacht haben, haben wohl vergessen, dass es sich beim Freistaat Bayern um einen Flächenstaat handelt.
Warum dieses Bewusstsein nicht vorhanden ist, weiß ich nicht. In der Oberpfalz geht man davon aus, dass sich die Hälfte unserer Berufsschüler lange auf der Straße befinden wird, bis sie endlich die Berufsschule erreichen, an denen sie zur Schule gehen müssen. Das kann nicht Sinn und Zweck der Sache sein. Die Sache wird enden wie bei der R 6. Mancherorts werden gut ausgestattete Räumlichkeiten leer stehen, weil die Schülerinnen und Schüler an ein Kompetenzzentrum abgezogen werden. Dort aber muss neu gebaut werden, weil die vorhandenen Ressourcen nicht ausreichen. Der Freistaat Bayern strebt durch die mit der ganzen Aktion verbundenen Zusammenlegungen meines Erachtens Kosteneinsparungen an. Das ist die oberste Triebfeder des Ganzen, und er wird einen Weg finden, die Kosten wieder bei den Kommunen abzuladen.
Ein beachtlicher Lehrermangel bahnt sich auch für andere Schularten an. Ich fordere Sie auf: Nehmen Sie sich dieses Problems rechtzeitig an, um nicht wieder auf Schnellschüsse angewiesen zu sein oder die Stellen gar nicht mehr besetzen zu können. Auch Ihr Umgang mit dem Lehrerarbeitsmarkt und die Erstellung der Prognosen ist im Grunde ein Trauerspiel. Ich habe vor 20 Jahren Abitur gemacht. Damals ist uns gesagt worden, man brauche das Lehramt nicht zu studieren, weil niemand eingestellt werde. Als diejenigen, die es trotzdem gewagt haben, mit ihrem Studium fertig waren, wurden sie alle eingestellt. Jetzt werden Realschullehrerinnen, die seit 15 Jahren nicht mehr in der Schule waren, angerufen und gefragt, ob sie nicht bereit wären, Stunden zu geben, und zwar egal in welchem Ausmaß und egal an welcher Schule. Es will mir nicht in den Kopf, dass es nicht gelingen kann, verlässlichere Planungen über den Bedarf an Lehrerinnen und Lehrern aufzustellen.
Es herrscht auch nur Mangelverwaltung, wenn es um den enorm hohen Unterrichtsausfall geht, der alle Schulen betrifft und noch dramatischer anwachsen wird, wenn Sie nicht bald etwas dagegen tun. Seit Jahren fordern wir, die mobile Reserve besser auszustatten, denn in weiten Bereichen steht dort nicht einmal das Personal zur Verfügung, das notwendig wäre, um alleine die Mutterschutzvertretungen in ausreichendem Maße gewährleisten zu können. An Krankheitsvertretungen ist gar nicht mehr zu denken. Das Ganze wird etwas verdeckt, weil anstatt des erkrankten Lehrers die Stunde von einem Kollegen oder einer Kollegin überbrückt wird, damit die Stunde halt nicht so richtig ausfällt, damit die Kinder betreut werden; aber geholfen ist damit den Kindern natürlich nicht, und der Unterrichtsausfall ist deswegen genauso da.
Endlich hat man seitens der Staatsregierung erkannt, dass im Bereich der Lehrerfortbildung mehr getan werden muss. Mit der Neueinführung einer Fortbildungsverpflichtung für Lehrerinnen und Lehrer in Form von zwölf Belegtagen innerhalb von vier Jahren ab dem Schuljahr 2002/2003 müssen im Haushalt auch die Mittel zur Verfügung gestellt werden. Bei 100000 Lehrerinnen und Lehrern ergibt sich ein Bedarf von 300000 Belegtagen pro Jahr. Das derzeitige Fortbildungsangebot entspricht laut „Schule in Bayern 2000“ zwar in seiner Gesamtheit einem Angebot von 2,9 Teilnehmertagen pro Lehrkraft und Jahr, doch gibt es schulartbezogen große Unterschiede; vor allem die Gymnasien haben einen hohen Fehlbedarf. Um qualitativ hochwertige Fortbildungsmaßnahmen auf Dauer anbieten zu können, ist es dringend nötig, darüber hinaus für alle Schularten zusätzliche personelle wie auch räumliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen und die Institutionen der Fortbildung besser auszustatten.
Vollmundig angekündigt haben Sie – ich zitiere – „den Ausbau der ganztägigen Betreuungsangebote für Schüler“. „Ziel ist es“, schreiben Sie dort weiter, „bis zum Jahr 2006 ein bedarfsgerechtes Netz an Betreuungsangeboten für rund 16000 Schüler zur Verfügung zu stellen“. Abgesehen davon, dass man bei einem Angebot für 16000 Schüler sicher nicht von einem bedarfsgerechten Angebot sprechen kann und die Richtlinien vollkommen undurchschaubar sind, reichen die im Haushalt dafür vorgesehenen Mittel bei weitem nicht aus. Sie glauben, wie bei der Schulsozialarbeit auch, sich entlasten zu können, indem Sie einen großen Teil der Kosten wieder bei den Kommunen abladen. Das Angebot heißt daher nicht etwa Ganztagsschule oder Ganztagsschulangebot, sondern Ganztagsbetreuung, und es landet so wieder beim Jugendhilfeträger oder beim Sachaufwandsträger.
Das ist eine Vorgehensweise, die nicht angehen kann, weil allen Beteiligten klar ist, dass es mit ein bisschen Betreuung am Nachmittag nicht getan sein kann. Ich will hier nicht die Debatte, ob gebundene oder offene Form der Ganztagsschule führen, fest steht aber, dass die Schule in jedes Angebot, das den Anspruch erhebt, eine angemessene Qualität zu beinhalten, eingebunden sein muss. Es bedarf der unterrichtsergänzenden und der unterrichtsvertiefenden Angebote unter der Leitung von Lehrerinnen und Lehrern.
In diesem Sinne bieten Ganztagsschulangebote eine sehr gute Möglichkeit der intensiven und individuellen Förderung für Kinder, und gerade auch für Kinder aus so genannten bildungsfernen Elternhäusern. Es ist dann nicht mehr vom Geldbeutel der Eltern oder von deren Bereitschaft, in Nachhilfe zu investieren, abhängig, ob auch Kinder, denen der Anschluss an den Unterrichts
Nicht nachvollziehbar ist die Tatsache, dass die Grundschulen für den Aufbau solcher Ganztagsschulangebote nicht in Betracht kommen sollen. Dies widerspricht doch der inzwischen unbestrittenen Auffassung, dass die Förderung von Kindern nicht früh genug beginnen kann und gerade in der Grundschule wesentlich mehr für diese Förderung getan werden muss. Dazu sollte auch die Förderung über Ganztagsschulangebote gehören.
Sie meinen, und das haben Sie, Frau Ministerin, auch heute wieder betont, auf die Angebote des Bundes, dem Freistaat Bayern für einen Ausbau der Ganztagsschulangebote im Zeitraum von 2003 bis 2007 eine zusätzliche Unterstützung in Höhe von 500 Millionen e anzubieten, nicht angewiesen zu sein. Dies halte ich für arrogant und vollkommen unangebracht. Nehmen Sie das Geld dankbar an und setzen Sie es zum Wohle unserer Kinder und unserer Familien sinnvoll ein!
Bekennen Sie sich auch hier zu Ihrer Verantwortung. Erarbeiten Sie sinnvolle Konzepte und stellen Sie die für die Umsetzung nötigen Finanzmittel zur Verfügung.
Erschüttern muss uns alle miteinander das Ergebnis der Pisa-Untersuchung, dass es in keinem vergleichbaren Land Europas einen engeren Zusammenhang gibt zwischen der sozialen Herkunft der Kinder und den Schulabschlüssen, die sie erreichen, und den Berufswegen, die sie einschlagen als in Deutschland und auch in Bayern. Dies bedeutet doch, dass unser Schulsystem eine soziale Auslese bewirkt, die nicht länger so hingenommen werden kann.
Hier muss über eine verbesserte individuelle und intensive Förderung aller Schülerinnen und Schüler in allen Schularten Abhilfe geschaffen werden und über gezielte Angebote gerade auch den Kindern und jungen Menschen geholfen werden, die aus so genannten sozialschwachen Milieus oder so genannten bildungsfernen Elternhäusern kommen. Einer Pressemeldung von Herrn Fraktionsvorsitzenden Glück konnte ich entnehmen, dass dieses Problem auch bei der CSU bekannt ist und ebenfalls sehr ernst genommen wird. Von konkreten Maßnahmen aber, wie dem beigekommen werden kann, habe ich bislang nicht viel bemerkt.
Die von mir angesprochene möglichst frühe Förderung der Kinder muss natürlich schon im Vorschulalter in den Kindertagesstätten beginnen. Kindertagesstätten, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind Bildungseinrichtungen.
Daher halte ich es nach wie vor für falsch, die Kindertagesstätten dem Sozialministerium zuzuordnen, und ich meine, es wäre endlich an der Zeit, diese Entscheidung zu revidieren.
Zum Zuständigkeitsbereich des Kultusministeriums gehören aber die schulvorbereitenden Einrichtungen. Hier ist es für mich ein Skandal – ich sage es ganz bewusst, weil es mir wirklich an die Nieren gegangen ist bei meinen Besuchen in meinem Landkreis – und ein Verbrechen an den Kindern, dass es bislang nicht möglich ist, den Gruppen neben der heilpädagogischen Förderlehrerin oder dem Förderlehrer eine zusätzliche feste zweite Kraft zur Verfügung zu stellen.
Man ist in der Praxis auf Praktikanten angewiesen, die aber einen beträchtlichen Teil der Zeit in der Schule verbringen und daher eben nicht vor Ort sind. Die Förderlehrerin ist in der Folge häufig mit 10 bis 13 Kindern, die alle einen erheblichen sonderpädagogischen Förderbedarf haben, allein gelassen. Angesichts dieser Lage kann man nur all jenen Frauen und Männern vollen Respekt zollen und danken, die in unseren SVEs dennoch Großartiges für unsere Kinder leisten.
Wer es aber ernst meint mit der frühkindlichen Förderung, hätte unserem Haushaltsantrag zustimmen müssen. Vielleicht können Sie sich doch noch einmal dazu durchringen, diesem Anliegen im Interesse der betroffenen Kinder, aber auch im Interesse der betroffenen Eltern Rechnung zu tragen.
Unzureichend ist das Engagement auch in der vorschulischen Sprachförderung. Oder glauben Sie es wiederum angesichts von 125971 Schulanfängern ernsthaft, über die Schaffung von 60 so genannten Vorkursen zur Deutschförderung zwischen dem Zeitpunkt der Schuleinschreibung und dem Schulbeginn dem Bedarf an dieser vorschulischen Förderung Rechnung tragen zu können? Ich meine, das ist doch viel zu wenig.