Herr Ministerpräsident, mit dieser Subventionspolitik hatten Sie noch nie besonderes Glück. Subventionierung widerspricht allen wirtschaftlichen Grundsätzen. Sie reden von Wachstum, wir dagegen von Lebensqualität und wie wir diese sichern wollen.
Während wir von gesunder Ernährung reden, sprechen Sie überwiegend – nicht nur, aber überwiegend – von Subventionen für die Landwirtschaft.
Wie doppelbödig und letztendlich inkonsequent die Politik von CSU und Staatsregierung ist und wie schädlich sich diese Politik letztendlich für die mittelständische Wirtschaft, die Umwelt und nicht zuletzt für den bayerischen Haushalt auswirken wird, zeigt das Projekt Transrapid.
Das ist Subventionspolitik pur und, noch schlimmer, auf Kosten der Bürger und Bürgerinnen. Die Lebensbedingungen der kleinen Leute, für die Sie sich angeblich so einsetzen, sind Ihnen doch wirklich piepegal.
Planung, Bau und spätere Betriebskosten des Transrapid ziehen dringend notwendige Finanzmittel für den öffentlichen Nahverkehr ab. Da können Sie sich hundertmal hierher stellen und treuherzig in die Kamera blinzeln, wenn Sie sagen, das würde dem bayerischen Haushalt keinen Schaden zufügen.
Statt Geld für die Sanierung und den Ausbau des ÖPNV zur Verfügung zu stellen, schütten Sie Geld für dieses Irrsinnsprojekt aus und vergessen, dass sich das nie rechnen wird, auch wenn Sie sich hinstellen und Herrn Wiesheu noch einmal nachsitzen und nachrechnen lassen, der dann für Sie die Kastanien aus dem Feuer holen soll.
Sie treiben die Landesbank und die Flughafengesellschaft in Abenteuer, die böse enden werden. Aber was scheren Sie Tausende von Pendlern in den Großräumen München und Nürnberg, wenn man einem Unternehmen beim Absatz seines Produktes behilflich sein kann? Das kennen wir ja nicht erst seit den Vorkommnissen um Bayern online.
Alles, was nach Hightech aussieht, scheint für den Ministerpräsidenten so eine erotische Komponente zu haben
und die wird mit Leidenschaft abgearbeitet, übrigens der einzigen Leidenschaft, die er für irgendetwas aufbringen kann, ohne die Folgen abzuschätzen.
Es wird immer offenkundiger, dass CSU und Staatsregierung auf die alten Rezepte setzen, mit denen sie schon 1993 meinten punkten zu können. Ministerpräsident Stoiber auf dem Höhepunkt seines politischen Werdegangs, von dem der Weg eigentlich nur noch abwärts führen kann,
läuft Gefahr, so betriebsblind zu werden wir Altkanzler Kohl – Sie haben noch sechs Jahre dazu –, der am Schluss zwar immer noch von Reformen geredet, letztlich aber erstarrt alles ausgesessen hatte, der sich selbst gerne bespiegelte und sich immer wieder vorsagte, was für eine tolle Politik er macht – wie die Stiefmutter bei Schneewittchen im Spiegel – der immer wieder betonte, Deutschland sei Spitze, letztendlich aber den Bezug zur Realität verloren hatte.
CSU und Staatsregierung werden noch eine Weile vom Polster der guten Zeiten zehren können. Aber die Zeiten werden härter werden. Das Gutachten von McKinsey spricht jedoch deutliche Worte. Nach guten Jahren beginnt Bayern seine Spitzenstellung abzugeben, und das sehen Sie. Andere Länder beginnen sich von dem zu erholen, was Bayern noch vor sich hat.
Es steht zu befürchten, dass wir angesichts des verkrusteten politischen Systems in Bayern den Anforderungen der Zukunft nicht mehr gewachsen sein werden.
Sie, meine Damen und Herren von der CSU und der Staatsregierung, sollten eigentlich gar nicht so intensiv an der Ablösung der Bundesregierung arbeiten.
Seit 1993 erklären Sie, was Sie, Herr Ministerpräsident, alles umsetzen wollen. Er nimmt zehn Jahre lang Anlauf und dann ist er heute wieder nicht gesprungen. Ich weiß nicht, wo er landen will.
Er will die Stärkung der Regionen, die Entbürokratisierung voranbringen, neue Technologien für ein stärkeres Wirtschaftswachstum fördern, und in allen Regierungserklärungen seit zwei Legislaturperioden kommt der Aufguss von bereits Angekündigtem. Hätten Sie nicht die Bundesregierung als Buh-Frau, müssten Sie die in den verschiedensten Gutachten – Sie haben sie schon stapelweise – angekündigten Reformvorhaben auch endlich einmal umsetzen. Sie müssten sich intensiv mit der Entwicklung Europas auseinander setzen und könnten den alten Kulturkampf mit der unsäglichen Leitkulturdebatte, wie sie auch heute beim Kollegen Glück wieder angesprochen war, nicht mehr führen, ohne sich nicht Schritt für Schritt zu isolieren.
Ein Verhalten, wie Sie es, meine Herren und Damen von CSU und Staatsregierung, in der Debatte um den Beitritt der Türkei gezeigt haben, könnten Sie sich auf der bundespolitischen Ebene auf keinen Fall mehr leisten.
Von wegen weltoffene Europapolitik! Auch das versuchen Sie uns immer wieder weiszumachen. In der „Neuen Zürcher Zeitung“ spricht der damalige Kanzlerkandidat von seiner festen Überzeugung, „dass wir die EU erweitern müssen“. „Ich habe nur immer darauf gedrängt, dass die Kopenhagener Kriterien eingehalten werden und dass die Erweiterung nicht nur nach politischen Kriterien vollzogen wird.“ Da kann ich nur sagen: wunderbar, unsere Rede. Die Realität sieht nur leider wieder anders aus. Nicht die Kriterien für einen Beitritt der Türkei spielten bei den Äußerungen von CSU-Politikern eine Rolle, sondern eben schon politische Gründe vor dem Hintergrund einer bayerischen Leitkultur, die ausschließlich den christlichen Glauben zulässt. Menschenrechte und wirtschaftliche Umstände haben doch für Sie in der Begründung überhaupt keine Rolle gespielt, sondern Ihre ureigene verbohrte Ideologie.
Es ist auch so, dass in Bayern schon die Franken froh sein müssen, wenn sie nicht ausgewiesen werden, solange sie keine Ansprüche stellen. Mit Innenminister Beckstein als protestantischer Beruhigungspille im Kabinett hoffen Sie auch, dass wir das weiterhin nicht tun.
Meine Herren und Damen, auch wenn es neu für Sie ist: Religion ist kein Zulassungskriterium für die Aufnahme in die Europäische Gemeinschaft. Wir müssen uns schon eher fragen, ob Bayern eigentlich hinsichtlich der Frauenförderung die europäischen Standards erfüllt. Gerade einmal ein Drittel der Frauen befindet sich bei uns in Bayern in der Verwaltung im gehobenen Dienst; 7% haben eine Professur an bayerischen Hochschulen. Jetzt frage ich Sie: Kennen Sie eigentlich die Quote der türkischen Professorinnen? Ich wette mit Ihnen, dass Sie sie nicht kennen, aber ich sage sie Ihnen dennoch: 30%.
Nachdem in der heutigen Rede nichts zur Frauenförderung enthalten war, folgere ich, dass Frau Reiche doch nur ein kurzfristiger Public-Relations-Gag war. Wir stellen Ihnen aber gerne sämtliche sehr umfangreichen Anträge zur Frauenförderung zur Verfügung, die unsere Fraktion in den vergangenen vier Jahren gestellt hat, damit Sie einmal lernen, was das eigentlich ist.
Das Thema CSU und Europa gäbe aber noch mehr Stoff her. Ich greife nur noch einen Punkt heraus: Wie haben doch die Bayerische Staatsregierung und das Ziehkind Roland Koch versucht, wahlpolitisches Kapital aus dem Brüsseler Brief zur Nichteinhaltung der Stabilitätskriterien zu ziehen. Das wurde heute auch wieder versucht. Das sind immer wieder die alten Geschichten. Bayern hat bisher verschwiegen, dass es bereits den zweiten blauen Brief von EU-Kommissarin Walström bekommen hat, weil Bayern mit der Nachmeldung der FFH-Gebiete in Verzug ist.
In Bayern fehlt die ausreichende Ausweisung von Gewässern, der Arten- und Biotopschutz wurde nicht berücksichtigt. In Baden-Württemberg gibt es – das sage ich Ihnen auch; vielleicht kommen Sie dann ein bisschen eher in die Gänge – bereits einen Ministerratsbeschluss; dort wird nachgemeldet. Bayern lässt sich etwas Zeit – ich frage mich: Bis zum dritten blauen Brief? Für Sie ist – das merke ich auch an den Zurufen – Ökologie ein Nischenthema. Das ist der Punkt.
Wir dagegen halten den Schutz unserer Lebensgrundlagen für das Zukunftsthema. Unsere Lebensqualität und das Glück unserer Kinder hängen von einer ökologischen, auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Politik ab.