Mit der angekündigten Entbürokratisierung sollten sie an den bayerischen Hochschulen und den Schulen beginnen. Wir müssen diesen Institutionen mehr Autonomie und Entscheidungsfreiheit geben. In den Schulen sollte nicht täglich ein kultusministerielles Schreiben ankommen. Ein eigenes Profil, mehr Eigenverantwortung und pädagogischer Freiraum wären hilfreich, kosteten nichts und sparten sehr viel Geld. Zu einer nüchternen Bestandsaufnahme der bildungspolitischen Situation in Bayern gehört die ehrliche Feststellung, dass Bayern im bundesweiten Vergleich die wenigsten Abschlüsse, die niedrigste Abiturientenquote und die meisten Durchfaller und Sitzenbleiber hat. Sage und schreibe 10 Prozent
Sie haben heute unseren Vorschlag, das Sitzenbleiben abzuschaffen, erneut karikiert. Wir halten es für sinnvoll, darüber nachzudenken. Dafür gibt es viele Gründe: Es macht überhaupt keinen Sinn, dass ein Kind, weil es im Fach Mathematik oder im Fach Physik das Klassenziel nicht erreicht, ein ganzes Jahr den Stoff in allen anderen Fächern, den es längst verstanden hat, noch einmal von den gleichen Lehrern vermittelt bekommt. Und das nur, weil man in zwei ganz anderen Fächern einen Fünfer hatte. Das ist eine unglaubliche Verschleuderung von Ressourcen und pädagogisch unvernünftig. Wir sagen, dass diese Kinder lieber in den Fächern, in denen sie schlecht sind, gefördert werden sollten. Man sollte sie nicht ein ganzes Jahr noch einmal den gleichen Stoff pauken lassen, den sie schon verstanden haben. Das ist nicht sinnvoll.
Nachdem die neunjährige Schulpflicht irgendwann einmal endet, führt das Sitzenbleiben bei einem erheblichen Teil der Kinder außerdem auch dazu, dass sie vielleicht nur mit dem Stoff der siebten Klasse die Schule verlassen müssen. Das kann doch nicht sinnvoll sein.
Übrigens möchte ich nur am Rande bemerken, dass unsere Kultusministerin ihre Kinder auf eine private Schule schickt, was ich an sich nicht beanstande. Allerdings unterscheidet sich deren pädagogisches Konzept von den anderen Schulen dadurch,
Ich finde das in Ordnung. Ich finde es aber nicht in Ordnung, seine Kinder in eine Schule zu schicken, wo es kein Sitzenbleiben gibt, und uns dafür zu beschimpfen, dass wir hier lächerliche Vorschläge machen würden.
(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Franzke (SPD): Jetzt muss sogar Herr Glück lächeln!)
Ich kritisiere hier niemand, der seine Kinder aus guten Gründen an eine private Schule schickt. Ich kritisiere deswegen niemand, weil alle Eltern für ihre Kinder das beste wollen. Das ist auch in Ordnung. Ich möchte allerdings, dass jemand, der die Vorzüge, des privaten Schulwesens schätzen gelernt hat, diese auch auf das öffentliche Schulwesen überträgt, wenn er dafür selbst zuständig ist. Das ist doch das Mindeste, was man erwarten kann.
Sie haben vorhin in Ihrer Rede von Erziehung und Disziplin gesprochen. Dabei war aber leider nur von allen möglichen Formen der Bestrafung die Rede. Es kam kaum ein Vorschlag zur Förderung. Sie wollen sogar, wie ich jetzt gelesen und gehört habe, Hauptschüler – warum eigentlich nur Hauptschüler? – aller Altersstufen vom Unterricht ausschließen und eine vorzeitige Beendigung der Schulpflicht aussprechen.
(Frau Radermacher (SPD): Pädagogisch sehr wertvoll! – Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Das ist ja unglaublich! – Weiterer Zuruf von der SPD: Pfui Teufel!)
Das ist ein pädagogisch wertvoller zukunftsweisender Hinweis. Wir wissen doch schon, dass ohnehin viel zu viele Kinder ohne Hauptschulabschluss auf die Straße kommen. Wozu soll denn dann Ihr Vorschlag noch führen? Wir wissen ganz genau, dass wir den Kindern die bestmögliche schulische Ausbildung geben müssen, dass wir sie optimal fördern müssen und dass wir sie nicht mit einem Schulverweis strafen dürfen oder ihnen einen Schulhinauswurf androhen dürfen.
Ich halte davon überhaupt nichts. Es kommt aus unserer Sicht darauf an, Bildung zu verbessern. Die Kinder von der Schule zu schmeißen, ist wirklich kein überzeugender Weg.
Eine verantwortungsvolle Bildungspolitik setzt nicht nur darauf, Klassenbeste zu finden, sondern allen Kindern eine verlässliche Bildung zu geben, die sie für ihre Zukunft fit macht. Dazu gehört selbstverständlich auch Leistung. Keine Frage, ohne Leistung wird es nicht gehen. Leistung verlangen auch wir, und dazu gehört auch Motivation und Fordern. Hier gibt es doch überhaupt keinen Dissens.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eines der zentralsten Probleme ist die Finanznot unserer Städte und Gemeinden. Hier sollten wir in Bayern zunächst unsere Hausaufgaben erledigen. Die Lage ist überall eng, doch der Freistaat behandelt seine Kommunen noch schlechter als andere Bundesländer.
Mit exakt 11,5% beteiligt er sie an der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer. Das ist die niedrigste Verbundquote im Vergleich mit allen anderen alten Flächenländern. Daher ist es richtig – und hier bleiben wir auch bei unserer Forderung –, mit den erhöhten Einnahmen aus der Gewerbesteuerumlage, die jetzt in die Kassen des Freistaates fließen, den kommunalen Finanzausgleich in Bayern aufzustocken.
Wir müssen endlich auch den finanzpolitischen Egoismus zulasten der bayerischen Kommunen beenden. Allein ein Blick auf die Bildungspolitik genügt. Sie bürden
heute den Kommunen die Kosten für die Schülerbeförderung, für die EDV-Ausstattung und für die Schulsozialarbeit auf. Die Finanzierung der Kosten für die Einführung der R6 übertragen Sie den Kommunen, obwohl es zunächst hieß, die R6 würde nichts kosten. Die Lehrerpersonalkosten bei den kommunalen Schulen werden nur zu 60% übernommen.
Das ist doch eine Provokation, wenn man gleichzeitig den Privatschulen 90% der Lehrerkosten ersetzt.
Nun sieht es so aus, als würde es doch gelingen, nach jahrelangem Drängen das Konnexitätsprinzip in der Verfassung zu verankern. Das Konnexitätsprinzip ist der Grundsatz: „Wer eine Leistung bei den Kommunen bestellt, muss sie auch finanzieren.“ Überraschend dabei ist, dass sich jetzt ausgerechnet der Bayerische Ministerpräsident an die Spitze dieser Bewegung stellt. Sie haben diese Forderung seit Jahren und Jahrzehnten immer abgelehnt und bekämpft. Sie haben das Konnexitätsprinzip stets für überflüssig und nicht erforderlich gehalten.
Noch im Mai letzten Jahres haben Ihre Abgeordneten – das kann man im Protokoll Gott sei Dank nachlesen – bei der Endfassung des Berichts unserer Enquetekommission Föderalismus erklärt, dass in Bayern das Konnexitätsprinzip nicht gebraucht wird, weil es nicht erforderlich ist. Das war Ihre Position. Sie ist bis zum Sommer letzten Jahres schriftlich dargelegt. Sie wirken nicht überzeugend, wenn Sie jetzt so tun, als wären Sie die Erfinder einer Sache, die man nicht haben wollte.
(Beifall bei der SPD – Klinger (CSU): Da sind wir halt flexibel! – Hoderlein (SPD): Wenn man schon etwas nicht verhindern kann, dann will man es wenigstens selbst gewesen sein!)
Übrigens erheben wir den Anspruch auf Konnexität auch gegenüber dem Bundesgesetzgeber. Wir erwarten, dass den Kommunen die Mehrkosten beispielsweise bei der Einführung der Grundsicherung oder bei der Durchführung von Integrationsmaßnahmen auch tatsächlich erstattet werden. So jedenfalls hat es der Bund zugesichert. Überhaupt wird das Thema Konnexität zum ersten Mal auf Bundesebene erwähnt. Als Sie regiert haben, war Konnexität überhaupt kein Thema.
Als vor einigen Jahren der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz durch den Bund eingeführt wurde, haben Sie kein Wort darüber verloren, dass sich die Einlösung dieses Versprechens ausschließlich zulasten der Kommunen auswirke. Erst in der Koalitionsvereinbarung der jetzigen Regierung kommt das Wort Konnexität auf Bundesebene überhaupt vor.
Erstmals bei der Grundsicherung gibt der Bund bei einem Gesetzesvorhaben ausdrücklich die Zusage der Kostenübernahme ab.
Meine Damen und Herren, kleine und mittelständische Unternehmen sind das Rückgrat der bayerischen Wirtschaft. Sie zu fördern und ihre Zukunftsfähigkeit zu erhalten, ist unser zentrales Anliegen. Die Bundesregierung hat deswegen eine Offensive für den Mittelstand gestartet. Wir haben für Bayern weitere eigene Vorschläge unterbreitet und vorgelegt, mit denen die Finanzierung des Mittelstandes leichter wird. Sie haben dagegen das Mittelstandskreditprogramm in ihrem Haushalt 2003/2004 um 15% gekürzt. Wir haben vorgeschlagen, wie man den Betriebsübergang erleichtern kann. Außerdem möchten wir endlich erreichen, dass der Meisterbrief zum Zugang zu einer Fachhochschule berechtigt.
Auch mit einer solchen Maßnahme würde man handwerkliche Ausbildung stärken und anerkennen. Leider haben Sie bei der Umsetzung Ihrer High-Tech-Offensive ausschließlich auf die so genannte New Economy gesetzt. Der Mittelstand wurde dabei nicht berücksichtigt. Die regionale Ungleichentwicklung wurde nicht beseitigt. Die Probleme der Industrie sind die gleichen geblieben. Es überrascht uns, das Sie eineinhalb Stunden über die letzten Jahre in Bayern geredet haben, dass das Wort „Maxhütte“ darin aber nicht vorgekommen ist.
Ich kann es Ihnen sagen. Die Maxhütte musste im vergangenen Jahr ihre Pforten schließen, obwohl ihr von Herrn Wiesheu und von Ihnen persönlich noch im Mai vorletzten Jahres eine gute Zukunft vorhergesagt und versprochen worden war. Dort, wo Wirtschaftskompetenz insbesondere in Form von staatlichem Handeln gefragt war, blieben bayerische Lösungen letztlich eine Illusion. Spektakuläre Pleiten prägen das Bild Bayerns. Ich erwähne als Beispiel Schneider, das Sie auch verschwiegen haben. Auch Grundig haben Sie leider nicht erwähnt. Das Engagement der Landesbank bei Kirch hat komischerweise ebenfalls in Ihren 90-minütigen Ausführungen gefehlt.
Dieses Engagement der Landesbank bei Kirch hat jetzt sogar dazu geführt, dass sie erstmals Verluste im operativen Geschäft ausweisen muss. Das haben wir schon lange befürchtet, aber das wurde von Ihnen immer wieder unter heftigen Beschimpfungen abgestritten. Bis zuletzt wollte Finanzminister Faltlhauser der Öffentlichkeit weismachen, die riskanten Kredite für das Formel 1-Geschäft könnten keine negativen Auswirkungen auf die öffentliche Hand haben.
Nun haben wir den Salat, und es zeigt sich wahrlich nicht zum ersten Mal, welch fatale Ergebnisse Ihre politisch motivierte Einflussnahme auf die Landesbank hervorruft. Jetzt kommt es zum Stellenabbau, und die Beschäftigten der Landesbank müssen mit ihren Arbeitsplätzen die Zeche für die politischen Fehlentscheidungen tragen, von finanziellen Verlusten und erheblichen Steuerausfällen für die öffentliche Hand ganz zu schweigen.
Bei der Deutschen Bank ist es zwar auch nicht anders, aber dort war es nicht eine Regierung, die diese Bank auf den falschen Weg gebracht hat.