Protokoll der Sitzung vom 11.03.2003

Die Wahlleistungen – Zweibettzimmer und Chefarztprivileg – wurden im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 07. 11. 2002 ausdrücklich als eine Leistung beschrieben, die nicht zur medizinisch notwendigen Versorgung gehört. Für die Kritiker würde es sich rentieren, dieses Urteil zu lesen. Es ist von unübertrefflicher Klarheit und weist darauf hin, dass der Arbeitnehmer, der Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung ist, diese Wahlleistungen nicht hat – Zweibettzimmer und Chefarztprivileg.

Meine Damen und Herren, gleichwohl wollen wir das nicht streichen, soweit wie andere Länder sind wir nicht gegangen. Der Versicherte kann die Wahlleistung in Anspruch nehmen, wenn er sich freiwillig versichert.

(Franzke (SPD): Sie ist schon gestrichen!)

Die einzigen Befürchtungen bestehen darin, dass diese Leistung bei der Versicherung nicht wahrgenommen werden kann. Dazu kann ich Ihnen von einem Spitzengespräch mit Herrn Schulte, dem Vorsitzenden des Verbandes der Privaten Krankenversicherung e.V., berichten, in dem er ausdrücklich versichert hat, dass es erstens keine eigene Risikoprüfung geben werde, zweitens keine Altersausschlüsse und man differenzieren wird können. Herr Schulte hat ausdrücklich versichert, dass die Privaten Krankenversicherungen dies schriftlich mitteilen werden, sobald die Maßnahme auf den Weg gebracht ist. Künftig wird jemand seinen Anspruch auf ein Zweibettzimmer und auf Chefarztleistung versichern können.

Lassen Sie mich nun eine beispielhafte Bemerkung zur Praxis der Chefarztleistung machen: Herr Huber unterschreibt im Krankenhaus nicht. Deshalb operiert ihn nicht der Chefarzt.

Herr Meyer kommt in das Krankenhaus und unterschreibt den ihm vorgelegten Vertrag. In großer Zahl operiert der Chefarzt nicht, sondern der Oberarzt, aber die Rechnung kommt vom Chefarzt. Dies geschieht auch bei anderen Chefärzten in den Krankenhäusern. Diese Leistung stellt sich daher als Zusatzfinanzierung für die entsprechenden Krankenhäuser heraus.

Lassen Sie mich eine Anmerkung zur Beihilfe für Arbeitnehmer machen – auch in diesem Zusammenhang gibt es Anträge –: Beihilfe für Arbeitnehmer ist – wie Sie ohnehin erkennen können – ohnehin ein Widerspruch in sich. Deshalb haben wir die Beihilfe für neu eingestellte Arbeitnehmer ab dem Jahr 2001 gestrichen. Das Problem war der sogenannte Altbestand. In Bezug auf den Altbestand muss Folgendes klar sein: Wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist, der Arbeitnehmer in den Ruhestand tritt, dann ist sofort – das wussten und wissen die Arbeitnehmer – ein deutlich höherer Beitrag zu leisten, weil dann die Beihilfe wegfällt. Der Freistaat Bayern hat die Betroffenen immer darauf hingewiesen; andere, wie zum Beispiel die Sparkassen, haben das in geringerem Umfang getan.

Weil der Freistaat Bayern diese Praxis in den vergangenen 30 Jahren mitgemacht und geduldet hat, hat er angesichts der entsprechenden Steigerungsfälle Abhilfe vorgesehen, die in etwa so aussieht, dass diejenigen mit Kindern weiterhin beihilfeberechtigt sind, ebenfalls Ehefrauen beihilfeberechtigt sind. Das bedeutet, dass von den ursprünglich vorgesehenen Einsparungen im Umfang von 3 Millionen Euro nur noch 0,5 Millionen Euro übrig bleiben. Diejenigen, die als Arbeitnehmer bisher beihilfeberechtigt waren, müssen sich dann entsprechend selber versichern. Das berührt Fälle in einer Größenordnung, wie sie durchaus vertretbar ist. Ich füge hinzu: Alle Betroffenen – beim Freistaat Bayern sind das etwa 500 – wussten genau, was sie tun. Sie haben bewusst die Situation ihrer Versicherung nicht bekannt gegeben und es wurde entsprechend Beihilfe gewährt.

Lassen Sie mich zum Schluss eine generelle Feststellung zu dieser Diskussion machen: Wir haben in Bayern eine Beamtenschaft – Manfred Ach hat es auch schon betont –, einen öffentlichen Dienst, der von allen anderen Ländern und vom Bund in höchsten Tönen gelobt wird und bestens anerkannt ist. Der öffentliche Dienst ist hoch qualifiziert und hoch motiviert, auch wenn es Kritik gibt. Ich bedanke mich bei allen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in diesem Land herzlich für die hervorragende Tätigkeit auf allen Ebenen; wir haben dazu Anlass.

(Beifall bei der CSU)

Ich sehe, dass Einsparungen im öffentlichen Dienst natürlich nicht mit Jubel begrüßt werden. Allerdings sehe ich auch: Der eigentliche Grund dafür, dass wir in den Zwang kommen, auch im öffentlichen Dienst einzusparen, ist der Umstand, dass wir in diesem Land Stagna

tion, fast Nullwachstum haben; das ist die Realität. 1% Wachstum weniger kostet den Freistaat Bayern rund 250 Millionen Euro. Wenn man einen soliden Weg des Abbaus der Nettoneuverschuldung gehen will – den wollen wir gehen –, dann müssen wir entsprechende Einsparungen vornehmen. Wenden Sie sich bitte an diejenigen, die diese Wachstumsmisere verursacht haben, nämlich an Ihre Kollegen, an die Bundesregierung in Berlin.

(Beifall bei der CSU)

Sagen Sie den Beamten und denjenigen, die Einsparungen erleiden müssen, wer der eigentliche Verursacher ist. Wir haben in Bayern nach wie vor eine bessere Situation. Vergleichen Sie die Einsparungen mit denen in den anderen Ländern. Die eigentliche Ursache – das sollten wir uns vor Augen halten – ist in Berlin zu suchen.

(Beifall bei der CSU)

Der nächste Redner ist Herr Kollege Franzke.

Herr Staatsminister, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Sie gesagt haben, dass wir einen hoch qualifizierten und hoch motivierten öffentlichen Dienst haben, so kann ich dem nur beipflichten. Ich möchte das ausdrücklich auch für meine Fraktion unterstreichen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Eines möchte ich aber hinzufügen: Manchmal muss man sich wundern, unter welch schweren Bedingungen, die der Dienstherr geschaffen hat, die Menschen noch bereit sind, sich so einzubringen. Das ist das eigentliche Kompliment, das man den Menschen machen muss.

(Beifall bei der SPD)

Sie wissen das genauso gut wie ich; ich habe immer das Gefühl, Sie testen die Belastungsgrenze der Beschäftigten aus. Sie haben doch vorhin gehört, in welchem Maß Überstunden zum Beispiel im Justizvollzugsdienst – Frau Kollegin Naaß hat es vorgetragen – anfallen, Sie kennen doch die Situation in den Polizeidienststellen. Wir brauchen doch darüber nicht zu reden. Wenn die Beschäftigten nicht so hoch motiviert wären, weil sie sich der Gemeinschaft und dem Bürger gegenüber verpflichtet fühlten – nicht gegenüber der CSU –, dann würde dieses Staatswesen nicht funktionieren. Wir werfen Ihnen vor, dass Sie im Grunde genommen mit dieser Bereitschaft der Menschen, sich einzubringen, noch ihren eigenen Reibach machen. Das ist die Situation, die ich Ihnen vorwerfe. Deswegen brauchen Sie sich meines Erachtens in dieser Frage auch nicht an die Brust zu klopfen. Es würde Sie im Grunde genommen verpflichten, sich jeden Tag zu überlegen, wie die Situation an den Brennpunkten des öffentlichen Dienstes verändert werden kann, und zwar positiv verändert werden kann.

(Ach (CSU): Das ist doch alles eine Geldfrage!)

Zweiter Punkt: Herr Staatsminister, Sie haben freundlicher Weise – sie lag gerade in meinem Fach – eine schriftliche Anfrage der Abgeordneten Naaß und Franzke zur Personalausgabenquote beantwortet. Herr Kollege Ach, nehmen auch Sie bitte einmal zur Kenntnis: Wir haben nachgefragt, wie hoch die Personalausgabenquote ist, wenn man die nicht mehr im aktiven Dienst stehenden Beschäftigten nicht dazuzählt. Ich glaube, man muss der Fairness halber sagen: Wenn der Staat, wenn das Gemeinwesen vernünftig gearbeitet hätte – jede Kommune muss in die Versorgungsrücklage einzahlen –, wenn Ihre Vorgänger entsprechend Vorsorge getroffen hätten, würden die in den Ruhestand Tretenden den Haushalt nicht so belasten. Wir haben von der Staatsregierung ausrechnen lassen – ich denke, das wird alle interessieren; es wird ja auch ausgedruckt –, dass sich die rechnerische Quote der aktiv im Dienst des Freistaats Beschäftigten im Jahr 2001 auf 32,0% beläuft. Ich muss mich wundern, mit welch geringem Personalaufwand diese hohe Leistung im öffentlichen Dienst Bayerns erbracht worden ist.

(Beifall bei der SPD)

Ich würde Sie bitten, dies zur Kenntnis zu nehmen.

(Ach (CSU): Das Geld wird dadurch auch nicht mehr!)

Es ist die Frage, Herr Kollege Ach, ob ich auch bereit bin, meine Einnahmen zu verbessern. Wir können auch darüber heute diskutieren. Wenn ich das, was in der Struktur der Ministerien aufgebläht ist, das, was in der Staatskanzlei aufgebläht ist, und das, was an Überbürokratisierung vorhanden ist, zurückfahren würde, hätte ich Mittel in großem Umfang für die normale Arbeit vor Ort frei.

Nächster Punkt – Beihilfe –: Herr Staatsminister, ich habe nicht gesagt, was Sie zum Kollegen Wörner gesagt haben.

(Prof. Dr. Eykmann (CSU): Sie sind ja auch vornehmer, Herr Kollege!)

Eben, ich bin ja vornehmer als der Herr Professor. Dankeschön.

Sie haben formuliert, wir müssten die Tendenz der zunehmenden Mehrausgaben für die Beihilfe brechen. Es ist doch hochinteressant – Herr Kollege Eykmann hat das als „pikant“ bezeichnet –, dass gerade diese Staatsregierung in dem vor dem Bundesverfassungsgericht vor kurzem entschiedenen Verfahren gegen das Land Berlin hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Kürzung von Wahlleistungen eine Stellungnahme abgegeben hat – Sie werden es doch hoffentlich gelesen haben oder zumindest das Urteil erhalten haben –, in der es heißt: Die Regierung des Landes Baden-Württemberg und die Bayerische Staatsregierung halten die Verfassungsbeschwerde für zulässig und begründet. Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Wahlleistungen verletze den einheitlichen Beihilfestandard. – Herr Minister, was Sie noch im Verfahren – das Urteil ist vom 26. 02. 2003 – gesagt haben, war für Sie eine Woche

später Makulatur. Ich muss mich schon fragen: Wie weit denken Sie denn, wie weit denkt denn Ihr Haus in solchen Fragen? Ist es nicht blamabel, dass die Staatsregierung erklärt, sie halte das, was andere Länder machen, für verfassungswidrig, und führt es dann im gleichen Atemzug für sich ein.

(Beifall bei der SPD)

Das ist äußerst schwierig. Da kann ich nur sagen, versprochen und gebrochen.

Deswegen – meine Redezeit ist leider zuende – möchte ich Folgendes noch abschließend feststellen: Sie haben wirklich keine Ruhmesblätter in all den Fragen, die wir heute aufgezeigt haben. Sie hatten in der Leitbilddiskussion ein Rein in die Kartoffeln, Raus aus den Kartoffeln. Sie haben bei den Beurteilungen ein Rein in die Kartoffeln, Raus aus den Kartoffeln. Sie haben die Nullrunde angekündigt und haben die Nullrunde wieder zurückgezogen. Sie haben den Mangel an Nachwuchs bedauert, gleichzeitig schreibt die Kultusministerin, dass sie keinen Mangel an Nachwuchs habe. Was ist richtig? Sie haben nach dem Prinzip gehandelt: entscheiden, durchsetzen und nachdenken. Dieses Prinzip halten wir gerade für den öffentlichen Dienst für verfehlt.

(Beifall bei der SPD)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, nachdem Herr Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser länger als zehn Minuten gesprochen hat, steht jeder Fraktion auf Wunsch noch ein Redebeitrag zu. Für die SPD-Fraktion hat sich nach dem Kollegen Prof. Dr. Waschler Kollege Wörner noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte, Herr Prof. Dr. Waschler.

(Ach (CSU): Wie viel Minuten?)

Die übliche Redezeit von fünf Minuten, das ist doch klar.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Naaß hat die Aktuelle Stunde heute mit den Worten eingeleitet: „Es brennt im öffentlichen Dienst“.

Ich nehme unter Bezug auf diese Aussage das Fazit dieser Aktuellen Stunde aus meiner Sicht vorweg: Ausgerechnet die Genossen der Brandstifter in Berlin rufen im Bayerischen Landtag nach der Feuerwehr. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch des Abgeordne- ten Franzke (SPD))

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion, Ihr Generalsekretär Scholz hat in der „Welt“ vom 10. März 2003 die Ursache Ihrer Verwirrung auf den Punkt gebracht. Ich zitiere: „Wir bekennen uns nicht zu dem, was wir machen“. Das muss man so stehen lassen. Diese Aussage zeigt uns, dass wir über Vieles, was gesagt wurde, den Mantel der christlichen Nächstenliebe ausbreiten müssen.

Dennoch müssen Anmerkungen erlaubt sein, denn die Verwirrung hat schon im Titel der Fragestellung zur Aktuellen Stunde begonnen. Zunächst hat der Titel gelautet: „Was ist los im öffentlichen Dienst in Bayern; Hausaufgaben nicht erledigt?“ In Ihrer Pressemitteilung ist plötzlich aus der Fragestellung eine Feststellung geworden: „Was ist los im öffentlichen Dienst in Bayern? Die Hausausgaben sind nicht erledigt.“

Ich muss schon sagen: Selbst bei oberflächlicher Betrachtung ist das merkwürdig. Gerade in Pisa-Zeiten wollen wir schon wissen, worüber die SPD genau reden will, welche Hausaufgaben denn jetzt gemeint sind, welche sachlich fundierten Alternativen zu den Dingen, die uns bewegen, diskutiert werden sollen. Dazu kann man nur Fehlanzeige feststellen.

In Ihrer Pressemitteilung erwähnen Sie die Feuerwehr und dass wegen Kürzungen eine Demotivierung vorhanden sein soll; Demotivierungen sind wohl vorhanden, und zwar mit Blick auf das 630-Mark-Gesetz, das vieles verursacht hat, was mühsam wieder korrigiert werden musste. Dabei kann man von Demotivierung reden.

(Beifall bei der CSU)

Lieber Herr Kollege Wörner – ich schätze Sie sehr –, aber heute haben Sie im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes gemeint, die Steuergesetzgebung in Bayern sei schuld an der Misere der öffentlichen Haushalte, und auch, dass das den Bund nichts angehe. Man muss wirklich genau hinschauen, wo die Wurzel des Übels liegt, nämlich bei der rot-grünen Wirtschaftsund Steuerpolitik, die uns sehr wehtut. Kein Kollege der CSU-Fraktion ist davon begeistert, wenn irgendwelche Einschnitte wegen Steuereinbrüchen vorgenommen werden müssen.

Noch eine kleine Korrektur: Der Arbeitskreis „Öffentlicher Dienst“ der CSU hat deutlich gemacht, dass wir uns manche Dinge auch anders vorgestellt haben und besonders im Beihilfebereich andere Regelungen möchten. Der Antrag zur Härtefallregelung ist nicht so einfach hergezaubert worden, sondern er hat einen Vorlauf gehabt. In dem Zusammenhang ist es wichtig, dass man hier aufzeigt, dass es keine solide Politik der SPD in Bayern ist, wenn man dem verantwortungsvoll handelnden bayerischen Finanzminister trotz der von Rot-Grün verursachten Steuereinbrüche unterstellt, er hätte nur die Demotivierung des öffentlichen Dienstes im Sinn. Schauen Sie nur einmal nach Berlin oder NordrheinWestfalen, um nur zwei Bundesländer zu nennen. Wir wissen auch ohne Belehrungen durch die SPD, dass wir in Bayern einen leistungsfähigen öffentlichen Dienst haben und im Gegensatz zu den anderen Bundesländern auch in Zukunft noch haben werden.

Die Kollegen Ach und Sackmann haben viele Einzelheiten genannt. Ich weise nur darauf hin, dass wir in Bayern als einzigem Land noch in nennenswertem Umfang Beförderungsstellen haben, echte Neueinstellungen – zum Beispiel im Lehrerbereich – und gesonderte Zahlungen für die Leistungselemente, wo gesonderte Mittel bereitgestellt werden. Das sind nur wenige Beispiele. Bei diesem Fazit, auf das ich jetzt zu sprechen komme, kann