Angeblich gibt es auch ein Papier, das nicht 55 Seiten, sondern nur neun Seiten umfasst und das von Herrn Generalsekretär Dr. Goppel erarbeitet wurde. Wird dieses eher nichtssagende neunseitige Papier von Herrn Generalsekretär Dr. Goppel beschlossen? – Was denn nun? – Neue Steuern, ja oder nein? – Energiesteuer, ja oder nein? – Ausstieg aus der Atomenergie, ja oder nein? – Herr Minister, ich frage Sie: Werden die Aussagen, die Sie heute gemacht haben, auch nach dem 18. und 19. Juli 2003 gelten, also nach dem CSU-Parteitag, auf dem der CSU-Umweltarbeitskreis sein Programm verabschieden lassen will? – Herr Kollege Göppel hat schon angekündigt, dass er nicht allein stehe. Auch Herr Seehofer und andere stehen auf seiner Seite. Sie haben klar gesagt, dass Sie von Ihren Positionen nicht zurückweichen werden.
Sie bewegen sich auf sehr dünnem Eis. Vielleicht sollte ich weniger kritisieren und mehr Mitleid mit Ihnen haben. Ich habe es mir aber dann doch anders überlegt.
Sie sind bislang den Beweis dafür schuldig geblieben, dass Sie in Bayern auch nur ansatzweise etwas für die Natur geleistet haben. Die Umweltpolitik von Ihnen und der CSU ist von Halbherzigkeit und Ignoranz gekennzeichnet. Naturschutz und Ökologie spielen in der CSU nur eine ganz unbedeutende Nebenrolle. Dafür gibt es in Bayern viele Belege, die ich jetzt ansprechen möchte. Die CSU hält krampfhaft am Donauausbau mit Staustufen fest.
Die CSU und der Umweltminister tragen die Verantwortung dafür, dass Bayern bei der Bodenversiegelung mit über 28 Hektar pro Tag das Schlusslicht ist. Sie haben diese Zahl selbst eingeräumt.
28 Hektar pro Tag sprechen eine deutliche Sprache. Herr Umweltminister, Sie haben selbst gesagt, dass sich Zahlen nicht einfach wegdiskutieren lassen. Sie lassen sich auch nicht von einem Ministerpräsidenten wegfrühstücken.
Die CSU hält die Atomkraft für eine zukunftsweisende Energie. Die CSU verweigert sich dem Schutz des Trinkwassers.
Die CSU lässt Naturschutz nur dort zu, wo er keine anderen Interessen, vor allem wirtschaftliche Interessen, stört.
Herr Minister Dr. Schnappauf, Sie haben festgestellt, dass Umweltschutz für die CSU eine zeitlose Daueraufgabe sei. Davon merkt man aber leider nichts, zumindest nicht in Ihrem Handeln. Ich frage Sie, ob der Titel „Umweltminister“ für Sie nur ein schöner Titel für Ihr Image ist. Wo bleiben die Taten? – Wann werden die vielen Ankündigungen aus Ihrem Munde und aus Ihrem Hause umgesetzt? –
Werte Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen in Bayern kein neues Umweltprogramm. Bayern braucht eine neue Umweltpolitik. Wir brauchen mutige Taten statt scheinheiliger Worte. Nur so werden wir eine nachhaltige Umweltpolitik in Bayern, für Bayern und für mehr Lebensqualität der Menschen verwirklichen können.
Herr Minister, Ihre Untätigkeit hat leider auch verheerende Folgen für Ihr Ministerium. Wenn sich Kreativität und Phantasie eines Ministeriums in PR-Gags und bunten Bildchen in Hochglanzprospekten erschöpfen, müssen sie erlahmen. Die guten Ideen kommen nicht weiter als bis in die Schubladen des Ministerbüros. Zur Umsetzung wäre ein starker Minister nötig, der sich im Kabinett durchsetzen kann und die notwendigen Mittel einfordert und durchkämpft. Dieser Minister müsste bereit sein, neue Wege im Naturschutz und der Umweltpolitik zu beschreiten. Umwelt- und Naturschutz verkommen in Bayern zur Restgröße, weil Sie nicht fähig sind, der Vielzahl der Verstöße der Eingriffsverwaltung entgegenzusteuern. Wir sehen das regelmäßig an den Petitionen. Wir sehen das vor Ort in unseren Stimmkreisen. Sie sind nicht fähig, der Vielzahl der Verstöße der Eingriffsverwaltung entgegenzusteuern.
Ich nenne nur den Straßenbau und hier das Beispiel B 173. Weitere Beispiele sind die Wirtschaft, die Landwirtschaft oder das Innenressort. Ihnen kommt es nicht in den Sinn, den Raubbau an der Natur zu verhindern. Die natürlichen Lebensgrundlagen werden in Bayern immer mehr heruntergewirtschaftet. Das geschieht unter Ihrer Führung und Ihrer Verantwortung. Ihre vordringliche Aufgabe ist es, die Politik der CSU zu vertuschen,
die gegen die Natur und die Umwelt betrieben wird. Sie haben eine klare Aufgabe bekommen. Sie sind die Beschwichtigungs- und Rechtfertigungsstelle der Staatsregierung für umweltzerstörendes Nichthandeln. Hierfür gab es in den vergangenen vier Jahren genügend Beispiele, die ich anführen könnte.
Die SPD-Landtagsfraktion hält das Prinzip der Nachhaltigkeit für unabdingbar. Wir sagen klar, was Nachhaltigkeit bedeutet. Die ökologischen Belange gehören auf den ersten Platz der politischen Agenda.
Herr Kollege Kaul, ich komme gleich zum Landesentwicklungsprogramm. Nur auf der Basis gesicherter Lebensgrundlagen kann man gut leben, arbeiten und wirtschaften. Der Umgang mit den Flutkatastrophen hat gezeigt, warum die Umweltpolitik der CSU grundsätzlich falsch ist. Wir wollen Vorsorge treffen. Das bedeutet, wir wollen den Klimawandel abschwächen und die Rückhaltung des Wassers verbessern. Für die CSU sind Umwelt und Natur ein Reparaturbetrieb. Das heißt, wenn die Schäden entstanden sind, baut die Staatsregierung Dämme und Deiche und entschädigt die Opfer, wenn auch nur unzureichend.
CSU und Staatsregierung betreiben nicht den Schutz der Natur, sondern den Schutz vor der Natur. Sie warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist. Ihr Motto lautet: Reparatur statt Vorsorge. Sie investieren in Schäden und deren Behebung, statt die Schäden zu vermeiden. Genau das ist der Unterschied zu unserem politischen Ansatz. Wir setzen auf Vorsorge und Prävention, nicht auf die Reparatur vorhandener Schäden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Bayern lässt es sich gut leben. Hier ist über Jahrhunderte hinweg eine einzigartige Kulturlandschaft gewachsen. Wir wollen dieses Erbe erhalten. Wir wollen die Schöpfung bewahren.
Fortschritt darf deshalb nicht nur ein Immer-Mehr sein, wenn der Preis die Ausbeutung unserer Natur und der Verlust unserer natürlichen Lebensgrundlagen ist. Bayerische Umwelt- und Naturpolitik braucht unbedingt ein Umdenken, braucht Kurskorrekturen.
Wo wollen wir als SPD-Landtagsfraktion diese Korrekturen vornehmen? Nachhaltigkeit macht Bayern zukunftsfähig, sagen wir. Nachhaltigkeit ist die Grundvoraussetzung für Gerechtigkeit. Das betrifft alle Bereiche: für faire Chancen auf Arbeit, Einkommen, Bildung, Teilhabe und vieles andere mehr. Ohne diese Gerechtigkeit kann es keine Sicherheit geben, das wissen wir. Damit wird Nachhaltigkeit nicht nur zur Frage der Verantwortung für die kommenden Generationen, sie ist auch Bedingung für Demokratie, sie ist Bedingung für Frieden und Sicherheit in Bayern und in der Welt. Wir haben es in Anbetracht des Irak-Krieges jetzt wieder vor Augen, was Nachhaltigkeit bedeutet. Da wird Krieg um die Ressource Öl geführt. Wir wollten diesen Krieg nicht im Gegensatz zur Position der CSU.
(Beifall bei der SPD – Unruhe bei der CSU – Kaul (CSU): Unerhört, was Sie da sagen! Herr Präsident, das ist nicht in Ordnung!)
Nachhaltige Politik steht auf drei Säulen. Das ist auch etwas, was Sie nach wie vor nicht erkennen wollen.
Nachhaltige Politik steht auf drei Säulen: Ökonomie ist die erste Säule. Soziale Gerechtigkeit ist die zweite Säule. – Sie können doch noch reden, Herr Kollege Kaul.
Nachhaltige Politik steht auf drei Säulen: auf Ökonomie, sozialer Gerechtigkeit und auf Ökologie. Das ist die dritte Säule, die Sie aber gern vergessen und nicht berücksichtigen.
Für uns bedeuten diese Ansprüche keinen Widerspruch. Das ist auch ein Unterschied zwischen der Politik der CSU und der SPD.
Sollten Abwägungen zwischen den verschiedenen Interessen notwendig werden, zwischen Wirtschaft, Ökonomie und Ökologie, dann muss der Ökologie Vorrang eingeräumt werden. Das ist wirklich nachhaltige Politik und das ist Nachhaltigkeit.
Klimaschutz – Herausforderung und Chance für uns. Das Klima verändert sich auch in Bayern. Wir leben hier nicht auf einer Insel der Glückseligen. Die durchschnittliche Temperatur in Bayern hat sich in den letzten 20 Jahren bereits um knapp 1 Grad erhöht. Deutlich erkennbar sind die Folgen dieser Entwicklung beispielsweise an den Hochwassern, die weitaus häufiger kommen als in früheren Jahrzehnten. Wir merken es auch woanders. Schauen wir uns einmal die bayerischen Skigebiete an, die teilweise schon keinen Schnee mehr haben. Viele andere Faktoren gibt es, an denen sich die Entwicklung klar darstellt. Die Folgen des Klimawandels werden von den Menschen als Bedrohung empfunden, und die Politik muss auf diese Herausforderung doppelt reagieren. Wir müssen alles, aber auch wirklich alles unternehmen, um den Klimawandel abzumildern. Dazu gehört an erster Stelle die Verminderung der Treibhausgase, vor allem des Kohlendioxids.
Zweitens müssen wir lernen, mit den Folgen des Klimawandels zu leben. Hier stehen wir, beispielsweise beim
Umgang mit Hochwassergefahren, vor einer wichtigen Weichenstellung. In Bayern ist eine aktive Klimaschutzpolitik am Start stecken geblieben, wirklich in den Kinderschuhen stehen geblieben. Während es – das sind die Zahlen, die kann man nicht wegdiskutieren – in Deutschland seit 1990 gelungen ist, die CO2-Emissionen um 19% abzusenken, liebe Kolleginnen und Kollegen, weist Bayern im gleichen Zeitraum eine Zunahme auf.
Wer steht hier vor einem Scherbenhaufen seiner Politik? Nicht Herr Trittin, sondern Sie, Herr Schnappauf.
Die bayerische Politik muss endlich reagieren. Deshalb fordern wir: Bayern muss seinen Beitrag zur Erfüllung der Klimaschutzziele entsprechend den internationalen Verpflichtungen Deutschlands leisten. Dazu fordern wir unter anderem seit langem eine Überprüfung, die jährlich in einem Klimaschutzbericht erfolgen muss. Aus diesem Klimaschutzbericht muss politisches Handeln wieder abgeleitet werden. Keine Sonntagsreden, sondern politisches Handeln muss aus den jährlichen Klimaschutzberichten, die wir einfordern, abgeleitet werden.
Für Bayern und seine Regionen, sogar für jeden Betrieb in Bayern, müssen im Rahmen des Umweltpaktes verbindliche, wirklich ganz klare und verbindliche CO2-Ziele vorgegeben werden. Entscheidend ist, dass sich Bayern endlich ein Ziel setzt. Ich begrüße es, dass Sie sich heute endlich einmal festgelegt haben, endlich eine Zahl gebracht haben. Die steht nämlich nicht im Landesentwicklungsprogramm. Sie haben gesagt, bis zum Jahr 2010 wollen Sie den CO2-Ausstoß um 10 Millionen Tonnen senken. Unsere Forderung lautet: Bis zum Jahr 2012 werden die CO2-Emissionen in Bayern um 20 Millionen Tonnen abgesenkt, um das Doppelte.
Damit würde Bayern endlich den internationalen Vereinbarungen genügen. Mit 10 Millionen werden Sie den internationalen Verpflichtungen nicht gerecht. Herr Kaul, das wissen auch Sie als langjähriger und erfahrener Umweltpolitiker. Das reicht nicht aus.
Sie kündigen eine Klimaberatungsstelle an. Sie wollen sie einrichten. Ich sage, das begrüßen wir, aber nur so lange, wie es sich nicht wieder um eine weitere PRZweigstelle Ihres Hauses und für Sie handelt. Nicht nur Presseaktionen und Pressemitteilungen dürfen aus dieser Klimaberatungsstelle kommen, sondern dort muss wirklich die Arbeit geleistet werden, um CO2-Emissionen zu minimieren. Das muss aus dieser Klimaberatungsstelle als Erfolg hervorgehen. Wenn es so ist, begrüßen wir diese Beratungsstelle.
Die Menschen in Bayern wollen die Energiewende. Zentraler Bestandteil der Klimastrategie ist eine nachhaltige Energiepolitik. Sie belastet das Klima nicht, sie schont Ressourcen und erhält Energieträger für die Zukunft.