Herr Dinglreiter, Sie brauchen nicht abzuwinken; das ist falsche Regionalpolitik. Damit verschlechtern Sie die Lebenschancen von jungen Leuten und auch die Möglichkeiten für eine Ausbildung und Qualifikation.
Wer von Verdrängungswettbewerb durch Jugendliche aus den neuen Bundesländern spricht, muss sehen, dass von den 4000 jungen Leuten, die aus den neuen Bundesländern nach Bayern kommen, allein 2000 im Münchner Raum landen, und das kann es auch nicht sein, denn dadurch wird die Situation verschärft.
Was kann man in Bayern tun? – Man darf die Ausbildung nicht isoliert sehen, sondern muss das ganze Umfeld – auch die Landesentwicklung, die Struktur- und die Regionalpolitik – einbeziehen. Da liegen die Versäumnisse. Zeigen Sie bitte nicht mit dem Finger nach Berlin, sondern schauen Sie sich die Situation im eigenen Lande an; denn Regional- und Landesentwicklungspolitik sind Landessache. Die Fachhochschule in Coburg zum Beispiel kämpft für Studiengänge für Mechatronik und für Physiotherapie, bekommt sie aber nicht. Das wäre eine Stärkung der Region, eine mögliche Förderung für Existenzgründung und somit eine Möglichkeit, für junge Leute Ausbildungschancen zu schaffen. Auf diesem Gebiet gäbe es eine ganze Menge von Möglichkeiten.
Eine Fehlentscheidung war – da haben Sie Lebenschancen und die Schaffung von Ausbildungsplätzen für junge Leute versäumt – Ihre Klage gegen das bundeseinheitliche Altenpflegegesetz. Auch da haben Sie blockiert, verunsichert und jungen Leuten in diesem Jahr die Chance für eine Ausbildung genommen.
Sie sollten da ansetzen, wo es richtig und notwendig ist. Sie sollten uns und die Initiativen des Bundes mit Maßnahmen auf landespolitischer Ebene unterstützen. Da anzusetzen, wäre notwendig und der richtige Weg. Sie sollten bei den Kammern und bei der Wirtschaft Ihren Einfluss geltend machen, damit Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden.
Herr Präsident, Frau Steiger, Sie sagen, wir sollten Einfluss nehmen. Das ist der große Unterschied zur Bayern-SPD. Das Rückständigste und Unmodernste, das es in Deutschland gibt, ist die BayernSPD. Lernen Sie erst einmal, sich in der eigenen SPD
Wir dachten, heute kommt die Chance, die Sie nach der Regionalkonferenz nutzen, der eine oder andere sei vielleicht geläutert und erkennt, dass er jahrelang auf dem falschen Weg war. Was ist der Fall? – Abgesehen von den paar, die da sind, hat man nichts gelernt und ist sitzen geblieben.
Mein lieber Herr Kollege Odenbach, auch einer der Erfolgreichsten, denn anstatt sich mit der Frage zu beschäftigen, warum wir in Deutschland so wenig Lehrstellen haben – –
Ich weiß, das tut weh. Wir haben in Deutschland so wenige Lehrstellen, weil wir in der Wirtschaftspolitik am Ende sind. Herr Wahnschaffe, selbst der Bundeskanzler erkennt, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Anstatt hier anzusetzen und zu überlegen, wie wir die Wirtschaftspolitik ändern können, gehen Sie eine kleinkarierte Diskussion ein und kommen mit alten sozialistischen Konzepten. Wir haben jeden Tag 110 Pleiten im Mittelstand. Berlin ist der Mittelstandskiller Nummer eins.
Deswegen, meine Damen und Herren, haben so viele junge Menschen in ganz Deutschland keine Perspektive. Deswegen kommen sie nach Bayern, weil sie sich von der Politik in Bayern andere Chancen, bessere Perspektiven erhoffen.
Statt zu überlegen, wie man die Wirtschaftspolitik verbessern kann, kommen Sie mit der ältesten Idee der Welt: mit der Ausbildungsplatzabgabe. Das ist wie ein Pawlowscher Reflex: Anstatt sich über Wirtschaftspolitik Gedanken zu machen, immer wieder bis zum Auffallen Ausbildungsplatzabgabe! Was wollen Sie den Unternehmen denn eigentlich noch alles auferlegen? Wollen Sie selbst die letzten kleinen Betriebe kaputtmachen? – Denken Sie doch auch einmal daran, bevor Sie im Landtag solche Konzepte fordern.
Übrigens stelle ich mir sowieso die Frage, was Ihre dicken Freunde von der Gewerkschaft sagen werden. Die müssten ja auch eine dicke Ausbildungsplatzabgabe zahlen. Dann werden sie kein Geld mehr für Trillerpfeifen haben. Bedenken Sie das bitte im Zusammenhang mit Ihren Konzepten.
Im Übrigen, was soziale Gerechtigkeit betrifft: Bei der SPD in Mittelfranken werden nicht nur Lehrlinge nicht angestellt, dort wird sogar älteren Mitarbeitern fristlos gekündigt. Auch da zeigt sich, wie sozial gerecht man ist, wenn man vor Ort selbst in der Verantwortung steht.
Nein, für uns ist ganz klar: Hier in Bayern tut sich etwas. Die Gespräche mit der Wirtschaft zeigen positive Ansätze. Es gibt Gespräche mit Handwerkskammern, mit der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft. Dort gibt es ermutigende Signale. Wissen Sie, unsere Sozialministerin, der Staatssekretär, auch der Wirtschaftsminister – alle setzen sich für Lehrstellen ein. Ich bin ganz sicher, dass wir in diesem Jahr in Bayern, übrigens im Vergleich zu allen anderen Bundesländern, wieder zu positiven Ergebnissen kommen werden.
Aber bei allen Anstrengungen bleibt eines ganz klar: Wenn sich in der Wirtschaftspolitik in Deutschland nicht ein grundlegender und tiefgreifender Kurswechsel vollzieht, haben all diese Hoffnungen und hat die Bereitwilligkeit der Wirtschaft, etwas zu tun, keine Chance. Deswegen sage ich Ihnen eines ganz deutlich: Es kann nicht so weitergehen, dass man sich hier in die Tasche lügt. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie weitreichendere Konzepte mittragen, um Dinge zu verändern, dass Sie auch beginnen, bei der Bundesanstalt für Arbeit das umzusetzen, was man sich seit langem wünscht. Ich kenne keinen Einzigen, der sagt, dass er von dieser Bundesanstalt für Arbeit eine wirkliche Verbesserung der Situation erwartet. Herr Gerster kann seine Chefetage vielleicht gut umbauen, aber für die Menschen draußen auf der Straße hat er nichts übrig.
Dort gäbe es genügend anzusetzen. Wir wollen das tun, und deswegen bitte ich Sie, dabei mitzumachen und nicht in einer kleinkarierten altsozialistischen Ideologie zu verharren, die da meint, eine Ausbildungsplatzabgabe könnte irgendetwas erreichen. Genau das Gegenteil ist der Fall. Sie würden damit nur Ihren Ruf, ein Mittelstandskiller zu sein, weiter bewahren. Ändern Sie das im Interesse der jungen Menschen in Bayern.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Wahnschaffe, ich möchte eines zu Ihnen auch ganz persönlich sagen: Ihre persönlichen Angriffe gegen den Staatssekretär halte ich für ausgesprochen unfair.
Abgesehen davon hat der Staatssekretär in vielen Betrieben in Bayern als Ausbildungsplatzakquisiteur schon etliche Lehrstellen akquiriert. Ich nehme an, dass Sie noch keine einzige Lehrstelle in Bayern geschaffen haben. Die Leistung des Staatssekretärs sollte man auch einmal angemessen würdigen.
Frau Kollegin Pranghofer, Sie haben hier die Zahlen zur Förderung für das Jahr 1999 vorgelesen. – Sie ist jetzt gar nicht mehr da.- Sie haben aber vergessen zu sagen,
dass damals, im September 1999, auf 100 unvermittelte Bewerber in Bayern 210 offene Stellen entfallen sind. Das ist die Situation damals gewesen. Seinerzeit sah es in anderen Ländern Deutschlands ganz anders aus, und deswegen haben die auch wesentlich mehr gefördert.
Zu Ihrem Vorwurf, Herr Kollege Scholz, der Staatssekretär sei noch nie im Arbeitsamt Coburg gewesen: Wir stehen ständig mit allen Arbeitsämtern in Bayern in Verbindung. Bei jeder Betriebsbesichtigung, die ein Mitglied der Staatsregierung durchführt – das gilt insbesondere für den Staatssekretär und für mich –, sind Vertreter der Arbeitsämter vor Ort dabei. Wir besprechen die Lage dann sehr genau und sehr exakt.
Bei dieser etwas kuriosen Diskussion und angesichts der Vorwürfe aus der Opposition ist mir Folgendes aufgefallen: Haben Sie eigentlich die 100 Millionen Strukturhilfen im Bereich Grenzlandförderung völlig vergessen? Sie sind von Ihnen überhaupt nicht erwähnt worden. Ich meine schon, dass man diese Leistungen sehen sollte.
Außerdem möchte ich noch etwas ganz klar und deutlich sagen: Wir von der Bayerischen Staatsregierung entlassen die Wirtschaft nicht aus ihrer Ausbildungsverantwortung, und wir stehen zur Qualität des dualen Ausbildungssystems in der beruflichen Bildung. Das sind für uns ganz wichtige Prinzipien.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich sind wir zurzeit auch in Sorge, dass wir nach derzeit erkennbarer Tendenz am Ende des Berufsberatungsjahres, also im September 2003, durchaus mit etwas mehr unversorgten Jugendlichen als im Vorjahr rechnen müssen. Gar keine Frage! Deswegen bemühen wir uns auch ganz intensiv mit der IHK, mit der Handwerkskammer, aber auch mit der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, in Bayern zusätzlich neue Lehrstellen zu schaffen. Wir haben eine schwierige Situation. Die Zahlen sind schon genannt worden. Wir haben steigende Absolventenzahlen – 4400 mehr – und auf der anderen Seite zurzeit eine Abnahme der Zahl der Ausbildungsstellen um etwa 12000. Zusätzlich haben wir mehr als ein Drittel Altbewerber aus den früheren Abgangsjahren. Zudem erhöht sich die Zahl der Einpendler insbesondere aus den neuen Ländern.
In diesem Zusammenhang haben Sie, Frau Kollegin Steiger, auch vergessen, darauf hinzuweisen, dass immerhin 475 Einpendler aus den neuen Ländern – ich komme noch darauf – in Oberfranken bleiben. Etwa 2000 gehen in den Ballungsraum München, aber 475 bleiben in Oberfranken.
Übrigens haben Sie, Herr Kollege Wahnschaffe, vorhin die Mobilitätshilfen angesprochen. Dabei handelte es sich um ein Modellprojekt, das aus dem Arbeitsmarktfonds entwickelt worden ist. Das war ein Modellprojekt, und daher sind auch nur 20 Personen gefördert worden.
Deswegen möchte ich noch einmal sagen, dass wir von der Bayerischen Staatsregierung gemeinsam mit der bayerischen Wirtschaft an dem Ziel festhalten, dass
jedem ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen Jugendlichen in Bayern ein Ausbildungsplatz angeboten wird. Das ist das Ziel, an dem wir mit der Wirtschaft gemeinsam festhalten. Alle Akteure sind aufgerufen, an der Erreichung dieses Zieles mitzuarbeiten.
Ich möchte Ihnen auch Folgendes sagen: In Bayern stehen 100 unvermittelt gemeldeten Bewerbern 77 gemeldete freie Plätze gegenüber. Im Bund-West sind es übrigens nur 74. Wir in Bayern haben im Schnitt also wesentlich bessere Zahlen als die alten Länder im Bund. Deswegen, Herr Wahnschaffe, könnte man das auch etwas anders ausdrücken.
Ich meine, Sie sollten sich die Zahlen einmal exakt anschauen, um festzustellen, wie sie tatsächlich aussehen.
Die Maßnahmen der Bayerischen Staatsregierung zur Verwirklichung unseres Zieles, dass jeder ausbildungswillige und ausbildungsfähige Jugendliche im September 2003 einen Ausbildungsplatz hat, sehen folgendermaßen aus: Ich nenne „Junge Menschen in Arbeit“, die 13 Starthilfen, die Fahrtkostenzuschüsse für Jugendliche bis zu 200 e bei einer Selbstbeteiligung von 100 e und die Mobilitätshilfen in Höhe von 200 e für Jugendliche, die einen weiter entfernten Ausbildungsplatz annehmen. Sie haben das ja so stark angegriffen. Aber da meine ich schon, Frau Kollegin Steiger, gerade vor dem Hintergrund der hohen Mobilität der Jugendlichen in den neuen Ländern ist es ganz wichtig, dass wir auch die Mobilität bei uns in den sechs Arbeitsamtbezirken – vier in Oberfranken, zwei in der Oberpfalz – stärker fördern, um den Jugendlichen zu signalisieren: Ihr müsst euch in die Gebiete bewegen, wo es Ausbildungsplätze gibt. Ich halte das für ungeheuer wichtig.
Ich höre Sie sehr gut! – Ich halte dies für ungeheuer wichtig, weil es besser ist, eine Ausbildung zu durchlaufen, als keine Ausbildung zu durchlaufen.