Tatsache ist: Alle Parameter im Bereich der Steuergesetzgebung berühren die Gesetzgebung des Bundes.
Die wichtigsten Ausgabefaktoren des kommunalen Bereichs werden durch Bundesgesetzgebung festgelegt. Wir stehlen uns nicht aus der Verantwortung. Ich darf in Erinnerung rufen: Der Finanzausgleich für das Jahr 2003 ist zwischen dem Freistaat Bayern und den kommunalen Spitzenverbänden einvernehmlich verhandelt worden. Der Freistaat Bayern hat sogar Ausfälle aus den Steuerverbünden aus seinem Haushalt ausgeglichen. Es ist ohne jeden Zweifel für jeden, der eins und eins zusammenrechnen kann: Erstens, Bayern ist mit seinem Finanzausgleich an der Spitze aller Länder in Deutschland und
zweitens, die Finanzsituation der Kommunen in Bayern hat sich verschlechtert – das ist völlig klar-, aber die Kommunen in Bayern stehen Gott sei Dank immer noch besser da als die Kommunen im übrigen Deutschland. Schauen Sie einmal, wie viel Kommunen in NordrheinWestfalen einen Staatskommissar haben, die jeden Euro, den Sie ausgeben, von der Landesregierung genehmigen lassen müssen. So etwas haben wir Gott sei Dank in Bayern nicht.
Wir sind uns wohl einig, Frau Kollegin, dass es sich hierbei um einen Gegenstand der Bundesgesetzgebung handelt. Gewerbesteuer und Einkommensteuer liegen in der Bundeszuständigkeit. In der Koalitionsvereinbarung von Rot-Grün aus dem Jahr 1998 waren eine Gemeindefinanzreform und die Einsetzung einer Kommission angekündigt. Diese wurde bis zum Jahr 2002 nicht eingesetzt.
Das haben wir schon abgehandelt, Frau Kollegin. Sie sind wie immer zu spät dran, als Generalsekretärin der SPD.
Erst unter dem Druck des beginnenden Bundestagswahlkampfs hat dann Herr Eichel diese Kommission eingesetzt.
Die Kommission, in der die Kollegen Prof. Dr. Faltlhauser und Dr. Beckstein mitwirken, hat in diesem Jahr drei Mal getagt. Ich finde, wenn es um eine so wichtige Angelegenheit geht, dann hätte die Kommission häufiger tagen müssen.
Ich erkläre das erst einmal, das macht sonst doch keinen Sinn. Am Freitag wird die nächste Sitzung sein. Die Kommission wird nach dem Stand der Dinge nicht in der Lage sein, einen Vorschlag zu unterbreiten.
(Mehrlich (SPD): Das sind Sie seit 10 Jahren nicht – Ach (CSU): Hör auf, Mehrlich, wie lange bist du im Landtag?)
Zum Zweiten: Ganz gleich, welches Modell Sie nehmen, ob das Zuschlagsmodell, die Revitalisierung der Gewerbesteuer oder das „Peiner“-Modell, das vor kurzem erst in die Diskussion gekommen ist, es liegt zu keinem der Modelle eine Durchrechnung vor. Das Statistische Bundesamt hat sich bisher zu keinem Modell in der Lage gesehen, die Auswirkungen auf die Kommunen zu berechnen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wollen Sie wirklich für zigtausend Kommunen eine gesetzliche Regelung schaffen, von der im Grunde niemand weiß, wie sie sich für die Kommunen auswirkt? Das ist fahrlässig und absolut unmöglich.
Hören Sie doch auf mit Ihrem Schmarrn. Sie kommen schon noch dran. Ihr nervöses Rumspringen zeigt, dass Sie nicht einmal zuhören können.
Zweitens. Zu keinem der Modelle – für ein einzelnes Land kann man das nicht berechnen, das kann man nur bundesweit berechnen – liegt eine Berechnung vor. Das Ganze ist somit nicht entscheidungsreif. Ich sage dazu: Glauben Sie wirklich, wenn im Mai oder Juni noch nicht einmal ein Gesetzentwurf vorliegt, trotz tief greifender Veränderungen, die das gesamte Steuerrecht betreffen, die Gewerbesteuer, die Einkommensteuer, und keine Berechnungen da sind, dass es überhaupt möglich wäre, so etwas innerhalb eines halben Jahres in Kraft zu setzen? Wer dies behauptet, der schleift Illusionen durch das Land.
Mit einer seriösen Gesetzgebung hat das nichts zu tun. Ich sage deshalb: Wir sind dafür, dass es eine Gemeindefinanzreform gibt; wir brauchen eine Gemeindefinanzreform. Wir brauchen eine dauerhafte, stabile Absicherung der kommunalen Einnahmen. Das ist notwendig. Das muss aber seriös durchgerechnet werden. Nur dann sind Entscheidungsgrundlagen vorhanden.
Jetzt muss ich auch einmal sagen, was Sie mit dem so genannten revitalisierten Gewerbesteuermodell gegenüber den Kommunen und den Freiberuflern machen; das grenzt an Irreführung.
Doch. Zur revitalisierten Gewerbesteuer wird gesagt, die Freiberufler müssen Gewerbesteuer bezahlen. Wenn dann die Freiberufler, die Ärzte, die Steuerberater, aufbegehren, dann sagt man denen: Ach, denkt euch nichts, ihr könnt das vollständig von der Einkommensteuer abziehen.
So läuft es doch. Sie erwecken den Eindruck, eine echte Belastung wäre nicht da. Zur kommunalen Seite sagen Sie: Wir tun etwas für Sie, wir werden die Freiberufler zur Gewerbesteuer heranziehen, und damit haben die Gemeinden eine solide Grundlage. Wer so doppelzüngig redet, dem kann man nicht glauben.
Aus meiner Sicht ist es außerordentlich schwierig – extrem schwierig sogar –, eine Gemeindefinanzreform zu machen, die den Zielsetzungen der Stabilisierung Rechnung trägt, mit der wir aber auch ein Steuerrecht erhalten, das uns international nicht weiter zurückwirft.
Wir haben uns bisher nicht festgelegt. Ihr Hinweis, die Staatsregierung hätte sich bisher auf kein Modell festgelegt, stimmt. Wir arbeiten aber gewissenhaft. Wer einfach eine Erhöhung der Gewerbesteuer fordert, der muss wissen, dass man heute auch beim Mittelstand sehr schnell durch Firmensitzverlagerung ins Ausland eine legale Steuerflucht begehen kann. Es genügt nicht, zu sagen, die Osterweiterung der Europäischen Union kommt, die Wettbewerbsituation wird sich verschlechtern, und so zu tun, als könne man national im Steuerrecht völlig souverän handeln, ohne dass das Rückwirkungen hat. Das muss man alles bedenken.
Ich nenne Ihnen einige Grüne, warum wir uns die Entscheidung so schwer machen und nicht leichtfertig hergehen und sagen: Natürlich, Revitalisierung der Gewerbesteuer, dann sagen die Bürgermeister – auch solche der CSU – das ist großartig. Sie müssen auch die Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Deutschland sehen, Sie müssen sehen, dass wir jeden Tag 100 Konkurse haben. Leider verlassen viele Unternehmen den Standort Deutschland. Deshalb müssen wir auch eine Steuerpolitik machen, die den Wirtschaftsstandort Deutschland stärkt und nicht dauernd schwächt.
Ich räume ein, dass es eine integrale Aufgabe ist, die außerordentlich schwierig ist, die verschiedenen Parameter auf eine Reihe zu bringen. Deshalb wundere ich mich, mit welcher Leichtfertigkeit Sie sagen: Mein Gott, das gehen wir jetzt an, in wenigen Wochen ist das beschlossen.
Wenn das Kind erst in den Brunnen gefallen ist, dann will keiner dabei gewesen sein und die Generalsekretärin der Bayern-SPD sagt, da gab es irgendwann einmal Helmut Kohl. Sie sollten aufhören, so dumm und blöd daherzureden.
Nein. – Deshalb haben wir die Schwierigkeiten im Bereich der Gemeindefinanzreform. Wir werden uns ganz intensiv dieser Probleme und der Parameter annehmen. Wir werden all die verschiedenen Modelle und ihre Auswirkungen vergleichen. Wir werden sie auch mit den Kommunalpolitikern besprechen und erörtern und dann eine sinnvolle Entscheidung treffen, anstatt nur plakative Ankündigungen zu machen.
Jetzt kommen wir zu einem ganz wichtigen Punkt: Die kommunale Finanzsituation ist nicht nur deshalb so schwierig, weil Einnahmen wegbrechen. Das hängt – wie Kollege Dr. Bernhard schon dargestellt hat, deshalb brauche ich das nicht zu wiederholen – auch mit dem Konjunktureinbruch und der allgemeinen wirtschaftlichen Lage zusammen. Das hängt speziell auch mit der Ausgabenseite der Kommunen zusammen. Ich habe im Zusammenhang mit der Sozialhilfe gesagt, dass damit die Kommunen einen Teil der Arbeitslosigkeit in Deutschland mit tragen, was eigentlich keine kommunale Aufgabe ist. Wenn der Bund aus der originären Arbeitslosenhilfe aussteigt und damit die Sozialhilfekosten in dem Umfang, wie ich das dargestellt habe, vermehrt, dann zwingt er den Kommunen Lasten auf, gegen die sie sich nicht wehren können.
Ich nenne ein weiteres Beispiel dazu aus dem Jahr 2003, das heute noch gar nicht genannt worden ist: Der Präsident des Landkreistages Bayern hat dieser Tage gesagt, die Defizite der kommunalen Krankenhäuser in Bayern dürften vermutlich zwischen 100 und 150 Millionen Euro in diesem Jahr liegen. Ich habe die Landräte in Niederbayern befragt – in dem Fall kenne ich die Zahlen ziemlich exakt –, die Defizite der Krankenhäuser in Niederbayern werden in diesem Jahr 35 Millionen Euro betragen. Die Kommune kann sich gar nicht wehren, ein solches Defizit zu übernehmen. Wie entsteht ein solches Defizit? Auf der einen Seite, weil der Bund, in dem Fall Bundesgesundheitsministerin Schmidt, eine Nullrunde bei den Einnahmen verfügt hat.
Auf der anderen Seite entstehen aufgrund der Tarifabschlüsse bei den Personalausgaben Mehrkosten in Höhe von 2,4%.
Der einzelne Krankenhausträger hat überhaupt keine Chance, hier auszuweichen. Soll er denn Personal ausstellen?