Im Sozialpolitischen Ausschuss gab es zaghafte Annäherungen. Manche Anträge wurden zu Prüfanträgen. Der Haushaltsausschuss hat aber leider – wie so oft – die Anträge kassiert. Wir waren am Ende der Nahrungs
Die Debatte zur frühkindlichen Erziehung gibt es nicht erst seit Pisa und seit dem Landessozialbericht. Die Ministerin hat in der letzten Plenarsitzung den Bildungsund Erziehungsplan der Öffentlichkeit vorgestellt. Ich hoffe, dass sie auch heute einiges sagen wird – momentan ist die Regierungsbank leer. Ich hoffe, dass sie noch eintreffen wird.
Für die GRÜNEN bedeutet die frühkindliche Bildung nicht, dass die Kinder im Vorschulalter auf die Schulbank gesetzt werden sollen oder dass man ihnen ein Jahr vorgezogen das Einmaleins und die Rechtschreibung üben lassen soll. Wir finden es wichtig, dass bei der frühkindlichen Bildung dem Grundsatz gefolgt wird, die Kinder als Individuum ernst zu nehmen, ihr Selbstbewusstsein zu stärken, die soziale Kompetenz zu vermitteln und ihre Kreativität und Neugierde zu fördern und zu wecken.
Im Alter von 0 bis 6 Jahren ist der Entdeckergeist am größten, und die Kinder lernen in dieser Zeit unglaublich viel. Dieser Entdeckergeist sollte gezielt gefördert und gefordert werden. Nach Pisa mussten wir erkennen, dass für die naturwissenschaftliche Begabung zu wenig gemacht wird und diese gestärkt werden muss.
Die Kinder ausbildungsferner Haushalte und Migrantenfamilien empfinden die Schule leider häufig als den ersten großen Ort des Versagens. Ihre Sprachkenntnisse sind mangelhaft, und sie wissen nicht, wie sie Lesen, Schreiben, Grammatik, Rechtschreibung lernen, den Heimat- und Sachkundeunterricht und die Leistungsnachweise in all diesen Fächern – in Form von Proben ab der 3. und 4. Klasse und vorher verklausuliert – erfolgreich absolvieren sollen, wenn ihnen die Sprachkenntnis abgeht, um die Texte zu begreifen.
Dort wird der Grundstein für das Gefühl gelegt, dass sie nicht anerkannt sind, weil sie nicht zeigen können, was sie können. Mit der sprachlichen Entwicklung muss also wesentlich früher begonnen werden.
Nicht nur die Diskussion um Bildungsinhalte und Ziele der Arbeit in den Kindergärten ist wichtig. Ich meine, die Politiker müssen eine Diskussion unter dem Personal der Kindertagesstätten über die Qualität der Arbeit anstoßen.
Ziel muss es sein – ich hoffe, dass wir uns hierüber im Landtag einig sind –, dass die Kinder bessere Startchancen für ihren Schuleintritt bekommen. Es darf nicht nach
dem Grundsatz verfahren werden, dass die Kinder für ihre Eltern haften und man gleich aufgrund der Familie, aus der sie kommen, prognostizieren kann, welchen Schulabschluss sie einmal machen können. Das darf uns auch nicht mit einem Schulterzucken egal sein.
Die hohe Qualität der Kindertagesstätten kommt letztlich allen Kindern zugute. Wir haben uns nie gegen den Bildungs- und Erziehungsplan gestellt. Wir halten ihn für ein hervorragendes Instrument, um gerade solche Fragen zu prüfen. Trotzdem muss man die Frage stellen: Sind unsere Einrichtungen heute überhaupt fähig, diesen Bildungs- und Erziehungsplan auch umzusetzen?
Wir wissen, dass es Einrichtungen mit Gruppen bis zu 28 Kindern gibt. Oft besteht die Personalausstattung pro Gruppe aus einer Erzieherin und einer Kinderpflegerin. Wenn jemand krank oder auf Fortbildung ist, dann ist oft nur eine in der Gruppe. In diesen Einrichtungen ist es häufig schwierig, allein den laufenden Betrieb zu gewährleisten. Der Bildungsauftrag, der im Kindergartengesetz niedergelegt ist, kommt dann oft zu kurz. Wir müssen deshalb schauen, dass wir diesen ehrgeizigen und ambitionierten Bildungs- und Erziehungsplan umsetzen können. Ich kenne diesen Plan zwar nicht im Detail, denn er ist noch nicht veröffentlicht. Was man aber bisher mitbekommen hat, lässt darauf schließen, dass er sehr ambitioniert und sehr grundlegend ist. Wenn man diesen Plan also umsetzen will, kommen Sie nicht umhin, etwas an den Rahmenbedingungen zu ändern. Andernfalls sieht dieser Plan auf dem Papier sehr schön aus, doch das Papier ist nichts wert, weil er nie Realität wird.
Um noch einmal auf die Anträge zurückzukommen. Für uns ist es wichtig, dass wir die individuelle Entwicklung, das Wohl jedes einzelnen Kindes in den Mittelpunkt stellen. Hier können wir eine Chancengleichheit durch Differenzierung erreichen. Es ist ein Prüfantrag geworden. So haben wir zumindest etwas von unserem Anliegen herübergerettet. Nun soll geprüft werden, inwieweit pädagogische Konzepte für die individuelle Betreuung der Kinder in den Tagesstätten entwickelt werden. Durch die Feststellung, welche Stärken und Schwächen ein Kind hat, kann man zielgenau und wirksam ansetzen.
Allerdings muss man auch hier sagen, dass die Rahmenbedingungen der Dreh- und Angelpunkt sind. Kinder, die pflegeleicht sind, dürfen gleichfalls nicht unter die Räder kommen. Man muss bei jedem Kind prüfen, was es an Stärken und Schwächen hat. Alle Kinder haben es verdient, dass ihre Kompetenzen pädagogisch gefördert werden. Wir haben heute in der Regierungserklärung von Staatsminister Zehetmair zur Eliteförderung gehört, dass man Kinder mit besonderen Talenten erkennen muss. Die Landschaft der Kindertagesstätten wird sich in Zukunft verändern, da wird sich noch so manch einer die Augen reiben. Den klassischen Kindergarten, in dem die Kinder betreut werden, wo sie spielen
und vieles lernen, werden wir in Zukunft nicht mehr haben. Wir werden stattdessen immer mehr Einrichtungen brauchen, die richtige Zentren für Kinder und Familien sind. Beim einen oder anderen wird sich angesichts dessen erst einmal Verwunderung einstellen. Der Antrag ist in dieser Richtung mit einem Prüfauftrag versehen. Das Vorbild in England – dort nennt man diese Einrichtungen Early Excellent Center – muss man sicher nicht 1:1 übertragen. Doch auch wir werden Einrichtungen brauchen, die nicht nur Betreuungsangebote für die Kinder bereithalten, sondern die gleichzeitig Familien- und Begegnungszentren sind. Dort werden auch die Probleme der Familien und der Eltern im Sinne der aufsuchenden Familienarbeit beraten werden.
Ein wichtiger Punkt ist für mich auch, wie wir die Qualitätsdebatte, die wir im Rahmen der Diskussion um die neue Kindergartenfinanzierung immer wieder geführt haben, nicht zu einer rein theoretischen Diskussion verkommen lassen. Wir hatten einen Antrag gestellt mit dem Titel „Qualität verbessern und sichern“. Mir geht es auch darum, dass der Bildungs- und Erziehungsplan, der als verbindliche Grundlage für die Einrichtungen festgeschrieben werden soll, umgesetzt werden kann. Meine große Befürchtung ist, und die wird vor Ort von den Verbänden und den Erzieherinnen geteilt, wie sich die theoretisch geforderte Qualität in den einzelnen Einrichtungen umsetzen und leben lässt. Wie gesagt, wir meinen, dass die Rahmenbedingungen verbessert werden müssen: Die Gruppenstärken müssen abgesenkt werden, um überhaupt eine Chance zu haben, die Kinder in ihrer Individualität zu sehen, zu fördern und zu fordern.
Wir sehen dazu gute Chancen, denn aufgrund der demographischen Entwicklung geht die Zahl der Kinder zurück. Die Kinder in den Einrichtungen werden also weniger werden. Der Finanzminister darf dann nicht lauernd wie ein Löwe darauf warten, dass nicht mehr so viel Geld pro Kind und Nase gebraucht wird, sondern wir müssen das Geld nehmen und damit das Fundament stärken. Es ist eine alte Weisheit, dass wir für die frühkindliche Förderung, sei es für den Kindergarten oder die Grundschule, wesentlich weniger Geld ausgeben als für die anderen schulischen Einrichtungen, je höher sie sind. Für das Gymnasium und die Universitäten wird viel Geld bereitgestellt. Wir müssen dazu kommen, mehr Geld in das Fundament zu investieren. Nur wenn wir die Kinder frühzeitig fördern, werden wir Erfolge haben. Das gilt zumal vor dem Hintergrund, dass immer gesagt wird, unser einziger Rohstoff sei der Geist. Wenn wir ihn nicht frühzeitig fördern, wird er auf lange Sicht auströpfeln, zumindest aber wird es immer schwieriger werden, die Kinder in ihrer Gesamtheit zu fördern.
Ihr Ratgeber, Frau Ministerin Stewens, Prof. Fthenakis, der den Bildungs- und Erziehungsplan entwickelt hat, spricht davon, nur 16 Kinder pro Gruppe zu haben. Mein lieber Scholli, davon sind wir aber noch weit entfernt. Wenn das die Rahmenbedingungen sein sollen, unter denen sich der Bildungs- und Erziehungsplan erst umsetzen lässt, dann handelt es sich hier nur um einen
Plan, den man in einem Ordner abheften kann, um ihn bei schönen Tagungen hervorzuholen. Meine große Befürchtung ist – und hiervon sind die Anträge auch durchdrungen –, dass wir in den jetzigen Einrichtungen nicht die Strukturen haben, diesen Plan auch umzusetzen. Wir werden selbstverständlich Fortbildungen für die Erzieherinnen anbieten müssen und die Ausbildung entsprechend gestalten.
Ich weiß nicht, ob Ihnen Kollege Unterländer von dem Gespräch im Diözesanrat berichtet hat. Dort wurden von den Mitarbeitern des Staatsinstituts für Frühpädagogik massive Bedenken vorgetragen. Sie befürchten, dass die Erzieherinnen den Qualitätsanforderungen nicht nachkommen können. Außerdem werde es immer schwieriger, Erzieherinnen zu finden bzw. junge Menschen, die sich für diese Ausbildung entscheiden. Das Niveau geht massiv herunter. Die Bezahlung ist ein weiteres Problem.
Diese Hinweise wurden nicht in einer politischen Auseinandersetzung vorgetragen, sie kamen auch nicht im Sinne einer Lobbyarbeit, sondern es handelt sich um Bedenken, die von fachlicher Seite vorgetragen wurden. Ich habe große Bedenken, wie wir diese ehrgeizigen Pläne umsetzen können.
Es wird auch kein Weg daran vorbei führen zu überlegen, ob wir die Ausbildung der Erzieherinnen an der Universität ansiedeln wollen. Das wird bei manchem noch ein böses Erwachen geben. Wir müssen überdenken, ob wir die Ausbildung der Erzieherinnen nicht mit der der Grundschullehrer verzahnen wollen. Zumindest aber muss die Verzahnung und der Übergang vom Kindergarten zur Schule, der nach wie vor sehr schwierig ist, verbessert werden. Das haben wir in unserem Antrag auch so formuliert. Was bisher eingerichtet wird, ist ein Schnuppertag, aber nicht viel mehr. Für mich wäre eine verbindliche Festlegung wichtig. Dieser Antrag wurde abgelehnt.
Es geht mir nicht darum zu sagen, dass landesweit am gleichen Tag oder zur gleichen Uhrzeit etwas gemacht werden muss oder dass die Klassenzimmer gleich ausgeschmückt werden. Es geht auch nicht darum, wie die Kindergartenkinder den Tag an der Grundschule erleben.
Darum geht es mir nicht. Mir geht es darum, Rahmenbedingungen festzulegen, wie man den Übergang vom Kindergarten zur Schule wesentlich einfacher gestalten kann, um den Kindern einen anderen Start zu ermöglichen. Ich hätte das Anliegen, den Kindergartensprengel mit dem Schulsprengel zu verzahnen, nicht für so dramatisch gehalten. Leider haben wir damit aber keinen Erfolg gehabt.
Auch die Elternrechte sollen gestärkt werden. Da gibt es natürlich bei den Erzieherinnen, beim Personal in den Kindertagesstätten manchmal einen großen Aufschrei, weil die Eltern oft mit sehr vielen Forderungen an die Erzieherinnen herantreten und darauf hinweisen, was noch alles fehlt. Hier ist ein Umdenken erforderlich. Wir müssen die Eltern wesentlich intensiver einbeziehen. Wir müssen die Elternrechte stärken, wir müssen sie in
die Einrichtung mit hineinnehmen. Auch das ist ein altes Credo von Prof. Fthenakis. Dabei ist aber die Realität von der Theorie noch weit entfernt. Stärkung der Elternrechte bedeutet auch, dass ich ihnen mehr Verantwortung in den Gremien der Kindergärten übertrage. Sie sollten nicht nur beim Bastelabend die Schultüte oder das Muttertagsgeschenk mitbasteln, sondern sie sollten auch Verantwortung mit übernehmen.
Ziel unserer Anträge – damit komme ich auch zum Schluss – ist es, dass die Qualität des Kindergartens gesichert und verbessert wird und dass der Bildungsauftrag des Kindergartens gestärkt wird. Die Rahmenbedingungen sollen klarer definiert und auf den Bildungs- und Erziehungsplan ausgelegt werden. Sie sollten insgesamt mehr auf die pädagogische Arbeit mit den Kindern ausgerichtet werden. Mir geht es nicht darum, dass im naturwissenschaftlichen Bereich meinetwegen mit einer Becherlupe ein Käfer oder irgendwelche Kaulquappen untersucht werden. Mir geht es darum, dass Kinder in ihrem Individuum gestärkt und gefördert werden. Ich bin fest davon überzeugt, dass man das nicht mit 25 bis 28 Kindern in einer Gruppe erreichen kann. Daran wird sich die Qualität eines Kindergartens messen lassen müssen. Deshalb muss auch die Aus- und Fortbildung der Erzieherinnen in neue Bahnen gelenkt werden. Nur so können wir unseren Kindern Chancen und Perspektiven geben.
Die Investitionen im frühkindlichen Bereich sind Investitionen in unsere Zukunft. Unsere Kinder könnten es gut gebrauchen, dass wir dieses Fundament stärken. Wir dürfen nicht erst am Kopf anfangen, denn wenn man die Füße erst einmal wie bei einer Geisha einmauert, hat der Kopf oftmals auch schon Schwierigkeiten, das Ganze zu erfassen.
(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Wir haben vereinbart, dass wir als nächstes reden, weil wir zum Teil Antragsteller sind!)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute schon viele Themen beleuchtet. Leider spielt bei allen Themen das Geld eine sehr große Rolle. Genauso ist es auch bei dem Bereich, über den wir jetzt diskutieren, bei den Kindergärten und Kindertagesstätten. Die Kosten und die Finanzierung spielen auch hier eine sehr große Rolle.
Wir sollten uns in erster Linie über Qualität und darüber unterhalten, was Kinder brauchen und was Kinder wollen. Wenn man das Finanzierungsmodell betrachtet, drängt sich die Frage auf, ob der Kindergarten ein Dienstleistungsunternehmen oder eine Bildungseinrichtung ist.
Ich möchte für die SPD-Landtagsfraktion feststellen, dass Kindergärten und Kindertagesstätten Bildungseinrichtungen sind.
Nicht umsonst heißt dieser Bereich auch Elementarbereich. Im Kindergarten soll also die Grundlage dafür geschaffen werden, was im Bildungssystem weitergeführt wird. Bildung heißt ja, sich ein Bild von sich und der Welt machen. Das kann man gerade in der Kindergartenzeit am allerbesten, aber nur dann, wenn man den Kindern und den dabei Beteiligten die Gelegenheit dazu gibt, sich ein Bild zu machen. Hier sehe ich die große Gefahr, dass dies nicht möglich ist.
Zur Bildung in der frühen Kindheit hat die Kollegin Schopper schon einiges gesagt. Trotzdem möchte ich noch einmal betonen, wie wichtig die Kindergartenzeit ist. Die Entwicklungspsychologie bestätigt uns, dass es gewisse Zeitfenster gibt, in denen den Kindern das Lernen mit allen Sinnen – mit Kopf, Herz und Hand – besonders leicht fällt. Dass Bildung ein aktiver Prozess ist, kann man gerade in der Kindergartenzeit wunderbar beobachten.
Dazu brauchen wir auch ein entsprechendes Angebot und entsprechende Bedingungen. Kinder wollen in dieser Zeit lernen, was man später gar nicht mehr so beobachten kann. Dazu brauchen wir ganz besonders qualifiziertes Personal. Unsere Forderung geht dahin, dem qualifizierten Personal, das es sicherlich schon gibt, die Gelegenheit dazu zu geben, das zu tun, was sie gelernt haben. Wir müssen also wirklich dafür sorgen, dass Kindergärten und Kindertagesstätten Bildungseinrichtungen sind. Ich erkenne die Leistungen an, die die Kolleginnen in den Einrichtungen erbringen.