Protocol of the Session on May 7, 2003

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Sie kennen den Spruch: Bei Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Nachdem ich davon ausgehe, dass das Planfeststellungsverfahren aufgrund der zahlreichen Beteiligten sehr kompliziert wird, ist eine Prognose, wann das Baurecht vorliegt, derzeit nicht abzugeben. Ich bitte hierfür um Verständnis. Wir tun unser Möglichstes, um so schnell wie möglich voranzukommen. Vieles liegt aber nicht in unserer Entscheidung.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gibt es noch weitere Zusatzfragen, Frau Peters?

Herr Staatssekretär, Sie haben dargestellt, dass es noch keine Baureife für die A 94 gibt. Sind Sie mit mir der Meinung, wäre die Baureife vorhanden, könnten die Einflussnahmen für den Vordringlichen Bedarf von größerem Erfolg gekrönt sein?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatssekretär, bitte.

Staatssekretär Regensburger (Innenministerium) : Diese Annahme ist unzutreffend. Nach den Kriterien, die der Bund für die Einstufung in den Vordringlichen Bedarf zugrunde legt, spielt die Baureife keine Rolle. Die Einstufung in den Vordringlichen Bedarf bedeutet lediglich, dass im Gültigkeitszeitraum der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans diese Maßnahme vorgesehen ist. Der Gültigkeitszeitraum dieser Fortschreibung reicht aber bis zum Jahr 2015. Wenn die Maßnahme im Vordringlichen Bedarf enthalten ist, muss versucht werden, sie in ein Finanzierungsprogramm aufzunehmen. Sie muss als konkrete Maßnahme im Haushaltsplan des Bundes verankert werden. Die nicht vorhandene Baureife hat deshalb nach meiner Meinung keinerlei Einfluss darauf, ob eine konkrete Maßnahme im Vordringlichen oder Weiteren Bedarf aufgenommen wird.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Zusatzfrage.

Herr Staatssekretär, wie Sie wissen, gibt es für die A 94 einen Paten, der anlässlich einer Diskussion in der Staatskanzlei benannt wurde. Welche Möglichkeiten der Einflussnahmen sehen Sie für diesen?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatssekretär, bitte.

Ich kann mich an einen Paten nicht erinnern, obgleich ich meines Wissens bei dem Gespräch in der Staatskanzlei dabei war. Könnten Sie mir bitte weiterhelfen?

(Willi Müller (CSU): Wer soll das sein? Der Schröder? – Zuruf von der SPD: Erwin Huber!)

Ach so, na ja. Wenn ich Ihrer Anfrage entnehmen darf, dass Sie wünschen, dass dieser Pate Bundesverkehrsminister wird, so würde ich das durchaus begrüßen.

(Frau Peters (SPD): Er könnte vorschlagen, welche Maßnahmen ergriffen werden sollen!)

Hätten Sie bitte einen Vorschlag, welche Straße herausgenommen werden darf? Ich fahre, wie der Innenminister, durch die Lande und mache die Regionalkonferenzen. Der Bund sagt, wir können Verschiebungen machen und etwas aus dem Weiteren Bedarf in den Vordringlichen Bedarf hereinnehmen, wenn wir aus dem Vordringlichen Bedarf eine Maßnahme mit dem gleichen Kostenvolumen herausnehmen. Bisher habe ich bei den Regionalkonferenzen aber noch von keiner einzigen Straße gehört, die zur Disposition gestellt wird. Wenn Sie also ein solches Ansinnen haben, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mir eine Straße benennen würden. Allerdings bitte nicht in einem anderen Regierungsbezirk, Frau Peters.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Peters (SPD))

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Peters, die Zusatzfragen sind erschöpft. Wenn Sie weiteren Diskussionsbedarf haben, klären Sie die Fragen bitte in einem persönlichen Gespräch.

Ich bitte jetzt den Staatsminister für Landesentwicklung und Umweltfragen zur Beantwortung der Fragen. Nächste Fragestellerin ist Frau Kollegin Paulig.

Herr Staatsminister, auf welchem Weg, über welche Zwischenstationen und organisatorische Beteiligungen wurden und werden die von der Kläranlage München II in Dietersheim im Rahmen des Sondermessprogramms zur Ermittlung der Jod-131-Konzentrationen gezogenen wöchentlichen Sammelproben zur Untersuchung ins Umweltradioaktivitätslabor des Landesamtes für Umweltschutz nach Augsburg gebracht?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister Dr. Schnappauf, bitte.

Frau Präsidentin, Frau Paulig, verehrte Kollegen! Die Abwasserproben werden vom Betreiber der Kläranlage als kontinuierliche wöchentliche Sammelproben gezogen und jeweils an der Pforte der Forschungs-Neutronenquelle – FRM II – abgegeben. Von dort werden die Proben auf dem Postweg an das Bayerische Landesamt für Umweltschutz versandt und gammaspektrometrisch gemessen.

Patienten mit einer bösartigen Vergrößerung der Schilddrüse werden strahlentherapeutisch mit Jod 131 behandelt. Nach ihrer Entlassung aus der Klinik gelangt Jod-131 über die Ausscheidungen der Patienten in die Kanalisation.

Im Mittel wurde vom Landesamt für Umweltschutz die Jod-131-Konzentration im Abwasser der Kläranlage München II – Dietersheim – mit 0,2 bis 0,5 Becquerel pro Liter gemessen. Daraus errechnet sich eine jährliche Jod-131-Einleitung in die Isar von zirka 20 mal 109 Becquerel pro Jahr. Dieser Wert wurde mit guter Übereinstimmung überprüft durch die Ermittlung der im Einzugsgebiet der Kanalisation Münchens mit Jod 131 behandelten Patienten und deren bei der Entlassung noch im Körper verbliebenen Jod-131-Aktivität.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Zusatzfrage: Frau Paulig.

Herr Staatsminister, können Sie mir erklären, warum diese Proben an der Pforte des Forschungsreaktors München II abgegeben werden? Welche Gründe liegen dafür vor? Warum ist es nicht möglich, diese Proben auf direktem Wege in das Radioaktivitätslabor nach Augsburg zu bringen, um – ich sage es ganz deutlich – jeglichen Verdacht von Manipulationen an den Proben auszuschließen?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister.

Frau Paulig, diese Verfahrensweise wird deshalb praktiziert, weil damit eine Kostenersparnis und eine Verwaltungsvereinfachung verbunden sind. Anhaltspunkte, dass in irgendeiner Weise auf die Proben Einfluss genommen werden könnte, liegen uns nicht vor.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Zusatzfrage: Frau Paulig.

Im Gegensatz zu Ihnen liegen mir Befürchtungen vor, dass Manipulationen vorgenommen werden könnten. Deshalb frage ich Sie: Wäre es nicht sinnvoll, die direkte Verbringung der Proben nach Augsburg zu veranlassen, um diese Befürchtungen wirklich zu entkräften? Würden Sie sich dafür einsetzen?

(Hofmann (CSU): Dann müssen Sie halt die Verdachtsquellen bekannt geben!)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister.

Frau Kollegin, ich möchte den Zwischenruf des Kollegen Hofmann gerne aufgreifen. Wenn Sie konkrete Verdachtsmomente haben, dann bitte ich Sie, diese den zuständigen Stellen mitzuteilen. Diese Stellen und auch ich persönlich werden sich dann gerne darum kümmern.

Herr Staatsminister, ich bitte um Beantwortung meiner beiden Fragen: Warum ist es nicht möglich, die Proben direkt nach

Augsburg zu verbringen, ohne dass die Betreiber des Forschungsreaktors eingeschaltet werden? Würden Sie sich dafür einsetzen, dass diese Proben direkt ins unbescholtene Landesamt für Umweltschutz kommen, um jegliche Verdachtsmomente auszuschließen?

Frau Kollegin, ich habe beide Fragen schon beantwortet, aber ich mache es gerne noch einmal. Die Möglichkeit der direkten Verbringung ist natürlich gegeben. Bisher – ich habe es vorhin schon so beantwortet – ist es aus Gründen der Kostenersparnis und der Verwaltungsvereinfachung aber so praktiziert worden, wie ich es dargestellt habe. Sollte es Verdachtsmomente geben, wird denen selbstverständlich nachgegangen. Gegebenenfalls wird die Praxis auch unverzüglich geändert. Wenn Sie konkrete Verdachtsmomente haben, bitte ich Sie deshalb, diese uns mitzuteilen.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächster Fragesteller: Herr Hofmann.

Herr Staatsminister, angesichts dessen, dass aus Kreisen der Stromwirtschaft zunehmend Sorgen um kompetenten Nachwuchs für Betrieb und Überwachung kerntechnischer Einrichtungen geäußert werden, frage ich die Staatsregierung, ob sie diese Sorge teilt und mit welchen Konzepten versucht wird, Studenten zur Aufnahme eines Studiums zum Beispiel der Kernphysik zu bewegen und damit auch sicherzustellen, dass Personal für die staatliche Aufsicht gewonnen werden kann.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister.

Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Kollege Hofmann, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Bekanntlich hat Sicherheit bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie in Bayern oberste Priorität. Neben technischen Faktoren ist für die Sicherheit von Kernkraftwerken und anderen kerntechnischen Einrichtungen der Einsatz von qualifiziertem und motiviertem Personal bei Betreibern, Aufsichtsbehörden und Sachverständigen ganz entscheidend.

Die Bayerische Staatsregierung teilt die Sorge um den künftigen Kompetenzerhalt in der Kerntechnik. Bundesregierung und Energieversorgungsunternehmen haben mit ihrer „Vereinbarung“ vom 14. Juni 2000 zweifelsohne eine problematische Situation geschaffen. Zwar haben sich die Energieversorgungsunternehmen den mittelfristigen Weiterbetrieb ihrer Kernkraftwerke in Bayern gesichert. Verschlossen ist aber die Option für die künftige Nutzung der Kernenergie und damit die Zukunftsperspektive für einen ganzen Hochtechnologiesektor in Deutschland. Erschwerend kommt hinzu, dass der Bund bei den von ihm überwiegend finanzierten kerntechnischen Programmen von Forschungseinrichtungen – insbesondere bei den Forschungszentren Jülich und Karls

ruhe – zielgerichtet darauf hinarbeitet, alle Arbeiten für die Entwicklung neuer Reaktorkonzepte zu beenden.

Ob diese Forschungszentren beim Kompetenzerhalt künftig noch für eine Kooperation mit Universitäten, für eine Teilnahme an EU-Projekten oder die internationale Zusammenarbeit für fortgeschrittene Reaktorsicherheitskonzepte zur Verfügung stehen können, ist zumindest fraglich. Die an der „Vereinbarung“ beteiligten Energieversorgungsunternehmen haben dieser Entwicklung und auch den aktuellen Problemen für die Fortsetzung der Endlagerforschung bisher nicht überzeugend entgegengewirkt.

Vor diesem Hintergrund nimmt die Staatsregierung die erst vor wenigen Tagen von der Internationalen Länderkommission Kerntechnik – Sie wissen, dass gerade Bayern maßgebend die Einrichtung dieser ILK initiiert hat – ausgesprochene Empfehlung an die Länder, auf den Erhalt aller noch vorhandenen Lehrstühle für Kerntechnik an den Universitäten hinzuwirken, sehr ernst. Bereits im August 2000 hat der Ministerrat die Gründung eines Kompetenzzentrums für kerntechnische und radiologische Anwendungen am Institut für Radiochemie der Technischen Universität München befürwortet.

Das Umweltministerium unterstützt alle einschlägigen Aktivitäten zum Erhalt und zur Fortentwicklung kerntechnischer Kompetenzen, insbesondere auch jene, die schon bei der Ausbildung international ausgerichtet sind.

Die Technische Universität München berät aktuell mit Vertretern des Umweltministeriums und des Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst folgende Schritte:

Erstens, ein Angebot von Spezialkursen zur Zusatzausbildung von in der Kerntechnik tätigen Personen, die über die betriebsinternen Schulungen hinausgehen;

Zweitens, ein Angebot von Stipendien für Diplom- und Doktorarbeiten verbunden mit Industriepraktika und Exkursionen;

Drittens, die Einrichtung eines internationalen Studiengangs „Master of Nuclear Technology“ zum Wintersemester 2004/05 in Zusammenarbeit mit dem französischen „Institut National des Sciences et Techniques Nucleaires“. Diese französische Hochschule besitzt ein kerntechnisches Studienangebot und darf ein entsprechendes Diplom vergeben. Das Lehrangebot der Technischen Universität München kann gemeinsam mit den Fakultäten Elektrotechnik, Maschinenbau, Physik und Chemie erbracht sowie durch Lehraufträge ergänzt werden. Die Abstimmung der Studieninhalte auch mit Vertretern der Sachverständigenorganisationen und der Energieversorger ist bereits aufgenommen.

Mit Blick auf den künftigen Bedarf an qualifiziertem Personal für die atomrechtliche Aufsichts- und Genehmigungsbehörde geht das Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen selbst gezielt auf potenzielle Nachwuchskräfte zu. So wird ein Vertreter der zuständigen Abteilung bei der Jahrestagung Kerntechnik 2003, die vom 20. bis zum 22. Mai vom Deutschen

Atomforum e.V. und der Kerntechnischen Gesellschaft e.V. veranstaltet wird, zum Thema „Aufgaben und Berufsbilder in der Kerntechnik beim Staat“ referieren und mit den Beteiligten diskutieren.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Erste Zusatzfrage: Herr Hofmann. Nächste Zusatzfrage: Herr Dr. Scholz.

Ich bedanke mich zunächst. Herr Staatsminister, gibt es auf Bundesebene und in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung Konzepte und Schemen, die darauf schließen lassen, dass die Bundesregierung trotz des bekannten Ausstiegsbeschlusses das Anliegen der Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen ähnlich teilt, wie Sie es jetzt als Vertreter der Bayerischen Staatsregierung geäußert haben?