Protokoll der Sitzung vom 22.05.2003

Wenn es allerdings um Aussiedler geht, dann wird zum Beispiel im Landesentwicklungsprogramm ausführlich die wirtschaftliche Bedeutung beschrieben, die die Zuwanderung dieser Migrantengruppe zur Folge hat. Können Sie mir erklären, warum die Zuwanderung von Menschen aus Kasachstan ein Segen ist und die Zuwanderung von Menschen aus der Türkei quasi des Teufels? Mir erschließt sich das jedenfalls nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CSU)

Schauen Sie in Ihr Landesentwicklungsprogramm hinein. Dort gibt es ganze Absätze darüber, welche Bereicherung die Zuwanderung von Aussiedlern für Bayern bedeutet. Wenn es aber um die Zuwanderung von anderen Gruppen geht, dann heißt es – wir haben Herrn Kollegen Kreuzer gehört –, das muss begrenzt werden. Also kann man mit Recht sagen, das eine ist für Sie ein Segen und das andere ist für Sie des Teufels. So habe ich es gemeint.

Lassen Sie mich ein paar Sätze zur Integration der Aussiedler sagen. Die Integration von Aussiedlern macht Ihnen und uns die gleichen Probleme wie die Integration von anderen Migrantengruppen. Das fängt bei den Sprachproblemen an. In den Familienverbänden spricht mittlerweile höchstens eine Person Deutsch. Alle anderen in dem Familienverband sprechen kein Wort Deutsch. Das geht weiter bei der Wohnungssuche bzw. den Wohnungsproblemen. Das geht weiter in der Schule und in der Ausbildung bis hin zu den Problemen beim Arbeitsmarktzugang. Bezüglich des Arbeitsmarktzugangs muss gesehen werden, dass die im Heimatland erworbenen Bildungs- und Berufsabschlüsse nicht anerkannt werden. Das führt dazu, dass Ärztinnen oder Ingenieure aus Kasachstan – also aus der Aussiedlergruppe – hier keine Möglichkeit haben, in ihrem erlernten Beruf tätig zu werden.

Deshalb fordere ich ein Integrationskonzept, das alle Migrantengruppen gleichermaßen erfasst. Dieses Konzept sollte auch dabei mithelfen, dass die Projektförderungen von Bund und Land insbesondere bei der Integration von Aussiedlern vernünftig aufeinander abgestimmt werden. Es soll nicht so sein, wie es jetzt oft ist, dass Projekte mit einer Anschubfinanzierung auf den Weg gebracht werden und dann, wenn sie laufen, nicht weiter finanziert werden, weil die Anschlussfinanzierung nicht von Anfang an festgeschrieben wurde.

Meine Damen und Herren, wir vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben mit unserem Bayerischen Integrationsgesetz dargelegt, wie wir uns die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die die Integration ermöglichen sollen, vorstellen. Stichworte: nachholende Integration, Förderung der interkulturellen Kompetenz sowie Gleichstellung und Einbeziehung von Migrantengruppen.

Nun lese ich im Folgebericht der Bayerischen Staatsregierung zur Ausländerintegration, welche Teile des Gesetzentwurfs die Bayerische Staatsregierung als völlig unakzeptabel einstuft. Völlig unakzeptabel sei zum Beispiel die Förderung der Muttersprache und der Zweikulturalität von Migrantinnen und Migranten. Dazu muss ich Ihnen sagen, Sie sind nicht auf der Höhe der Zeit. In der Wirtschaft und an unseren Universitäten wird die Beherrschung mehrerer Sprachen und das Beheimatetsein in anderen Kulturen als innovatives Element, als interkulturelle Kompetenz und damit als Vorteil angesehen. Sie aber lehnen die Förderung dieser Fähigkeiten vollkommen ab.

Der Nordrhein-Westfälische Landtag hat einstimmig die Förderung der Muttersprache und der Zweikulturalität gefordert. Schauen Sie doch einmal über den bayerischen Tellerrand hinaus und legen Sie Ihre ideologischen Scheuklappen ab, wenn Sie über Integration diskutieren.

Eine Passage in Ihrem Bericht ärgert mich besonders. Es ist geradezu verleumderisch, zu behaupten, dass wir in unserem Integrationsgesetz die Einstellung von Migranten im öffentlichen Dienst gefordert hätten, ohne dass diese die dafür erforderliche Qualifikation mitbringen. Das ist eine bewusste Verdrehung dessen, was wir gefordert haben. Wenn Sie schon Berichte schreiben,

um über den politischen Gegner Lügen zu verbreiten, dann sage ich Ihnen, Sie brauchen diese Berichte gar nicht vorzulegen; denn das ist ein Missbrauch von Steuergeldern.

Das, was wir fordern, ist die interkulturelle Öffnung der öffentlichen Verwaltung, der sozialen Dienste und der Universitäten. Sie ist nur zu schaffen, wenn Menschen mit Migrationshintergrund auch eingestellt werden. Um nichts anderes ging es uns bei dieser Passage im Gesetzentwurf.

Kolleginnen und Kollegen von der CSU, ich muss Ihnen sagen, Ihre Kritik an unserem Gesetz in Ihrem Ausländerbericht entlarvt Sie als integrationspolitisches Fossil. Sie sind nicht auf der Höhe der Zeit. Es wird Ihnen in diesem Fall so gehen wie schon vor Jahren bei der Frauenpolitik. In der Frauenpolitik haben Sie jahrelang unsere Forderungen abgelehnt, und eines Tages mussten Sie klammheimlich alles übernehmen, was wir schon immer gefordert haben. So wird es Ihnen auch hier gehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Staatssekretär Regensburger.

Staatssekretär Regensburger (Innenministerium) : Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kollegen! Ich bin dankbar, dass wieder einmal eine Debatte zu diesem wichtigen Thema stattfindet. Sie kann gar nicht oft genug stattfinden bis zur Wahl, weil es ein Thema ist, das unsere Bevölkerung interessiert, und zwar mehr denn je angesichts der wirtschaftlichen Situation, und weil man in einem Wahlkampf die unterschiedlichen Positionen deutlich machen muss.

Das heißt nicht Wahlkampf auf dem Rücken der Ausländer, sondern das heißt, der Bevölkerung reinen Wein einschenken. Dazu soll auch diese Debatte dienen. Ich bin deshalb dankbar, dass wir heute die Möglichkeit dazu haben.

Ich darf ergänzend zu dem, was Kollege Kreuzer schon ausgeführt hat, auch die Position der Staatsregierung darlegen. Wenn Sie meinen, unter Hinweis auf den gesellschaftlichen Konsens zum Zuwanderungsgesetz, von dem auch Minister Schily immer spricht, über die Runden zu kommen, müssen Sie dem die Meinungsumfragen gegenüberstellen. In den Meinungsumfragen wird zu weit mehr als Zweidritteln unsere Position vertreten. Sie sollten vielleicht einmal eine Mitgliederbefragung zu diesem Thema in Ihrer eigenen Partei oder im DGB durchführen.

(Loscher-Frühwald (CSU): Das wäre gut!)

Sie wären sehr erstaunt, welche Ergebnisse dabei herauskommen. Ich weiß das von vielen Veranstaltungen, gerade auch in meiner Heimatstadt in dem Viertel, wo die Audi-Mitarbeiter wohnen, die fast alle Gewerkschaftsmitglieder sind. Dort wird diese Diskussion am heftigsten geführt, weil sie natürlich von dieser Thematik

in den Bereichen Wohnung, Schule und Kindergarten am unmittelbarsten betroffen sind.

Ich darf Ihnen ankündigen, dass ich heute auch die Position des Sozialministeriums, das für den Integrationsteil zuständig ist, übernehme. Ich bitte, die beiden Kabinettsmitglieder aus dem Sozialministerium zu entschuldigen; sie haben das auch formell beim Landtagspräsidenten getan. Die Ministerin ist beim Hörfunkrat in Berlin, und Kollege Schmid ist bei der Jugendministerkonferenz – ich meine, das sind zwei Gründe für eine ausreichende Entschuldigung.

Ich darf kurz auf den 18. Dezember 2002 zurückblicken. An diesem Tag hat, wie Sie wissen, das Bundesverfassungsgericht auf die Normenkontrollklage von Bayern und anderen unionsgeführten Ländern das rot-grüne Zuwanderungsgesetz für nichtig erklärt. Bereits der Bundespräsident hatte bei der Ausfertigung des Gesetzes am 20. Juni 2002 darauf hingewiesen, dass in der maßgeblichen Sitzung des Bundesrates – ich zitiere den Bundespräsidenten – eine verfassungsrechtliche Verfahrensvorschrift in gewagter Weise ausgereizt und damit eine politische Kampfsituation auf die Spitze getrieben worden ist. So die Äußerung des Bundespräsidenten. Die Karten müssen also neu gemischt werden, meine Damen und Herren. Ich darf Ihnen versichern, dass die Union die Chance nutzen wird, die künftige Zuwanderungspolitik verantwortungsbewusst zu gestalten und an den wirklichen deutschen Interessen auszurichten.

Wie wird es in den nächsten Monaten weitergehen? – Darüber wird in diesen Tagen viel spekuliert. Der Bundestag hat, wie bekannt, den Gesetzentwurf mit der Mehrheit von Rot-Grün unverändert beschlossen. Eines ist jedoch sicher, und sicherlich haben Sie darüber keine anderen Vorstellungen: Gegen den Willen der unionsregierten Länder kann die Bundesregierung ihr Zuwanderungsgesetz Gott sei Dank nicht durchsetzen. Es handelt sich um ein Gesetz, dem der Bundesrat zwingend zustimmen muss.

Ganz im Sinne des Dringlichkeitsantrages werden wir das Gesetz im Bundesrat strikt ablehnen. Letzten Endes wird es dann wohl zu einer Anrufung des Vermittlungsausschusses mit schwierigen und wahrscheinlich auch langwierigen Verhandlungen kommen. Vor diesem Hintergrund haben die Innenminister und Senatoren der Union sowie die führenden Innenpolitiker der CDU/CSUBundestagsfraktion bei ihrer Konferenz vor kurzem, nämlich am 12. Mai in Bremen vorgeschlagen, wenigstens die Fragen der Integration aus diesem Zuwanderungsgesetz auszuklammern und vorab in einem Integrationsgesetz zu regeln. Wir sind uns einig, dass der Integrationsteil wichtig ist. Abgesehen von den Finanzen gibt es darüber auch keinen sehr großen Dissens zwischen den Parteien.

Unter Federführung Niedersachsens wird bereits ein entsprechendes Gesetz erarbeitet, damit Maßnahmen zur dringend notwendigen Verbesserung der Integration von Ausländern schnellstmöglich in Angriff genommen werden können. Dieses Integrationsgesetz soll dann sowohl durch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in den

Bundestag als auch durch die Unionsländer in den Bundesrat eingebracht werden.

Der Dringlichkeitsantrag der CSU-Landtagsfraktion, meine Damen und Herren Kollegen, fasst die Hauptkritikpunkte am Zuwanderungsgesetz sehr prägnant zusammen. Ich darf auf einige Schwerpunkte eingehen.

Die rot-grüne Koalition wird nicht müde zu behaupten, sie wolle die Zuwanderung begrenzen. Kollege Kreuzer hat schon aus der Begründung des Gesetzentwurfes zitiert, und ich möchte dies wiederholen, weil diese Begründung natürlich wichtig ist, um die Intention, die zu diesem Gesetz geführt hat, deutlich zu machen. Ich zitiere aus der amtlichen Begründung der Bundesregierung: Zu den öffentlichen Interessen gehören im Gegensatz zum geltenden Ausländergesetz nicht länger eine übergeordnete ausländerpolitische einseitige Grundentscheidung der Zuwanderungsbegrenzung oder der Anwerbestopp. Das ist eine ganz, ganz wichtige Aussage. Ich habe jetzt leider nicht im Wortlaut vorliegen, was die Sprecherin der GRÜNEN bei der Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag gesagt hat. Sinngemäß war es aber so, dass sie triumphiert hat, dass in Deutschland jetzt endlich der Durchbruch zu einem multikulturellen Einwanderungsland geschafft ist.

Das ist die Position von Rot-Grün, meine Damen und Herren; das müssen Sie sich immer vorhalten lassen. Diese Grundintention können Sie nicht durch Auslegung einzelner Bestimmungen dieses Gesetzes verschleiern. Tatsache ist damit, meine Damen und Herren, dass der Gesetzentwurf die Zuwanderung in allen Bereichen massiv ausweiten und erleichtern würde. Dies gilt für die Zuwanderung unter Vorgabe humanitärer Gründe ebenso wie für die Arbeitsmigration. Auch auf diese Punkte ist Kollege Kreuzer schon im Detail eingegangen. Deutschland soll damit unter Preisgabe seiner Identität tatsächlich in ein multikulturelles Einwanderungsland umgewandelt werden. Das ist die Position von RotGrün.

Meine Damen und Herren, wir sollten uns nochmals die Ausgangsposition vergegenwärtigen. Deutschland ist, wie bekannt, seit vielen Jahren einem sehr hohen Zuwanderungsdruck aus den weniger entwickelten Regionen dieser Welt ausgesetzt. Die Zahl der in Deutschland lebenden Ausländer hat sich zwischen 1979 und 1999 von 3,5 Millionen auf nunmehr 7,3 Millionen Menschen mehr als verdoppelt. Dreiviertel dieser Menschen stammen aus Nicht-EU-Staaten. Das Problem besteht darin, dass die Mehrzahl dieser Zugewanderten nicht in die Arbeit, sondern in die Sozialsysteme zuwandert. Auch dies lässt sich anhand der Statistiken unschwer belegen; denn trotz des hohen Anstiegs der Zahl der Ausländer bleibt die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten unter den Ausländern nahezu konstant, nämlich bei 2 Millionen. Ursprünglich waren 1999 bei 3,5 Millionen Ausländern 2 Millionen sozialversicherungspflichtig, jetzt bei 7,3 Millionen Ausländern ist die Zahl fast die gleiche.

In der Zeit von 1992 bis 1999 stieg das Erwerbspersonenpotenzial unter den Ausländern zwar um 400000, die Zahl der tatsächlich Beschäftigten jedoch nur um 7000.

Besondere Sorge muss uns allen und auch Ihnen dabei bereiten, dass Ausländer weit überproportional an der Arbeitslosigkeit beteiligt sind. Nach einem Bericht in der „Süddeutschen“ vom 8. Mai 2003 sind in München ein Drittel aller Arbeitslosen zwischenzeitlich Ausländer.

Mit einem Ausländeranteil von rund 9% im gesamten Bundesgebiet und in Bayern nehmen wir, was den Ausländeranteil anbelangt, den Spitzenplatz unter den westlichen Industrienationen ein. Zum Vergleich: Der EUDurchschnitt liegt bei ganzen 5,5%, der Ausländeranteil in Frankreich und in Italien bei etwa 6%, in Großbritannien bei 4% und in Spanien bei 3,5%. Wer uns also der Ausländerfeindlichkeit bezichtigt, Frau Köhler, wie Sie das immer wieder versuchen, muss diese Zahlen zur Kenntnis nehmen und muss auch zur Kenntnis nehmen, dass wir in Notsituationen, zum Beispiel während des Bürgerkriegs in Jugoslawien, mehr als die Hälfte aller, die nach Europa gekommen sind, in Deutschland aufgenommen haben.

(Beifall bei der CSU)

Das ist eine gewaltige Leistung, die die grundsätzliche Ausländerfreundlichkeit der Deutschen unter Beweis stellt.

Wir müssen auch in Zukunft nach allen Prognosen mit einem hohen Zuwanderungsdruck rechnen. Gerade die Folgen der EU-Ost-Erweiterung werden dabei viel zu wenig berücksichtigt. Experten gehen davon aus, dass allein auf Deutschland ein Potenzial von jährlich 300000 bis 400000 Personen zukommen wird.

Die Bayerische Staatsregierung und die Union setzen im Gegensatz zu Ihnen auf eine verantwortungsbewusste Zuwanderungspolitik, die die Identität unseres Staates mit seiner christlich-abendländischen Prägung bewahrt und auch die Interessen unserer einheimischen Staatsbürger gebührend berücksichtigt. Aktuelle Umfragen verdeutlichen, dass die Bevölkerung in ganz großer Mehrheit eine erweiterte Zuwanderung strikt ablehnt.

(Beifall bei der CSU)

Unsere Leitlinien für die Zuwanderungspolitik heißen deshalb: Der Zustrom aus Nicht-EU-Staaten muss auf ein sozialverträgliches Maß begrenzt werden.

Die Zuwanderung in unsere Sozialsysteme, die ohnehin vor dem Zusammenbruch stehen, fällt vielfach unter Missbrauch des Asylrechts und muss nachhaltig reduziert werden. Die so gewonnenen Spielräume für die Zuwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte sind zu nutzen und die rechtmäßig und dauerhaft bei uns lebenden Ausländer müssen besser als bisher integriert werden. Für uns ist die Integrationsfähigkeit von Staat und Gesellschaft der entscheidende Maßstab für die Zuwanderung, damit Menschen unterschiedlicher Herkunft auch in Zukunft in Deutschland friedlich miteinander leben können.

Sie sollten vielleicht auf Ihren ehemaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt hören, der schon in seiner Regierungszeit gesagt hat: Wenn der Ausländeranteil über 5%

liegt, wird es gefährlich, weil dann die Integrationsfähigkeit und Integrationsbereitschaft der deutschen Bevölkerung überfordert wird. Heute haben wir fast das Doppelte dieser Prozentzahl.

Bevor ich zum Schluss auf den Integrationsteil eingehe, möchte ich etwas zu den Ausführungen der Oppositionsredner sagen. Herr Kollege Vogel, Sie haben von „zynischer Härte bayerischer Ausländerpolitik“ gesprochen. Meine Damen und Herren, unsere Beamten in den Kreisverwaltungsbehörden tun nichts anderes, als das, was die Verfassungsänderung des Jahres 1992 vorschreibt. Diese wurde mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen und die Beamten haben die Aufgabe, die Ausführungsgesetze in die Praxis umzusetzen. Sie sollten diesen Leuten, die eine harte Arbeit leisten müssen, nicht permanent in den Rücken fallen.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege Vogel, Sie haben vom gemeinsamen Wort der Kirchen gesprochen. Sie bemühen sehr gerne die Kirchen, wenn es Ihnen in den Kram passt. Bei vielen anderen Themen beziehen Sie sich nicht auf die Kirchen. Ich darf Ihnen dafür ein Beispiel geben: Ich war vor einiger Zeit auf einer internationalen Tagung in Mailand, die zu dieser Problematik durchgeführt wurde. Bei dieser Tagung war auch ein hochrangiger Vertreter des Vatikan dabei. Dieser hat drei Tage lang geschwiegen. Bei der Schlussbesprechung habe ich erklärt, dass es mich sehr interessieren würde, was der Vertreter des Vatikan zu dieser Problematik sagen möchte. Er hat dann mit einem treuherzigen Augenaufschlag erklärt, nach der Meinung des Vatikan und der Kirche sollte jeder Mensch dort leben können, wo er will. Meine Damen und Herren, das ist eine edle Auffassung, kann aber keine praktische Handlungsanweisung für verantwortungsvolle Politik sein.

(Beifall bei der CSU)

Sie haben uns vorgeworfen, dass die Union konstruktive Gespräche abgelehnt hätte. Das Gegenteil ist der Fall. In der Presse war zu lesen, dass sich Minister Dr. Beckstein als Verhandlungsführer der Union mit Herrn Innenminister Schily auf bayerischem Boden getroffen hat. Beide waren sich sogar weitgehend einig. Der dort erarbeitete Entwurf wäre meiner Ansicht nach im Bundestag konsensfähig gewesen. Er war jedoch nicht in der rotgrünen Koalition konsensfähig. Herr Schily ist dann in die Koalition gegangen und hat dort wesentliche Dinge auf dem rot-grünen Koalitionsaltar opfern müssen. Von Herrn Schily stammt die Äußerung: „Das Boot ist voll.“ Von Herrn Schily stammt die Äußerung, dass es keinen Handlungsbedarf bei der geschlechtsspezifischen Verfolgung gebe. Das sind nicht unsere Aussagen. Ich zitiere nur Ihren Bundesinnenminister Schily.

Sie wissen, dass wir auf Bundesebene nicht blockieren. Wer jedoch einen Gesetzentwurf, bei dem keine Chance auf Umsetzung besteht, völlig unverändert beschließt, blockiert und will keine Lösung. Mit dieser Methode werden Sie keinen Konsens erreichen. Frau Kollegin Köhler, Sie haben erklärt, Sie hätten Herrn Kollegen Kreuzer so verstanden, dass wir jede Zuwanderung ablehnten. Im

Gegenteil: Beim FC Bayern, in der Informations– und Kommunikationstechnik und überall, wo wir hoch qualifizierte Kräfte brauchen, sind wir für die Zuwanderung, aber nicht um den Preis, dass diese Zuwanderung oben draufgesetzt wird. Das ist der Unterschied zwischen den Vorstellungen der rot-grünen Koalition und der CSU. Wir müssen durch eine Reduzierung derjenigen, die uns belasten, einen Spielraum erreichen, damit wir diejenigen, die wir brauchen, bei uns aufnehmen können. Frau Angela Merkel hat einmal gesagt: „Wir wollen mehr Zuwanderung von Leuten, die wir brauchen und weniger von Leuten, die uns brauchen.“ Herr Staatsminister Dr. Beckstein hat das etwas anders formuliert, inhaltlich aber das Gleiche gemeint.

Jeder Staat der Welt gestaltet seine Ausländerpolitik auch nach nationalen Interessen. Sehen Sie sich einmal die traditionellen Einwanderungsländer an. In Australien können Sie zuwandern, wenn Sie nicht älter als 45 Jahre sind, einen qualifizierten Beruf haben, der dort Mangelberuf ist, wenn Sie unbescholten sind und gut Englisch sprechen können. Das sind die Voraussetzungen für eine Zuwanderung nach Australien. Wir müssen unsere Zuwanderung nach Kriterien gestalten, die in unserem nationalen Interesse liegen.

Frau Kollegin Köhler, Sie haben Aussiedler mit Ausländern gleichgesetzt. Das ist völlig abwegig. In Artikel 116 Grundgesetz sind die Kriterien für die Zuwanderung von deutschen Volkszugehörigen geregelt. Wenn in einer Familie eine Person die deutsche Volkszugehörigkeit hat und die deutsche Sprache spricht, sind die Integrationschancen – vor allem bei der Erlernung der Sprache – größer als bei einer Familie, in der keine Person Deutsch spricht. In türkischen Familien verbietet der Mann häufig der Frau, einen Deutschkurs zu besuchen. Das ist der Grund, warum die Integration bei Menschen aus anderen Kulturkreisen häufig nicht vorankommt.