Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben heute mit meinem Kollegen Repnik Kontakt aufgenommen. Weil dem so ist,
wird Baden-Württemberg unseren Antrag, der gestern im Ministerrat verabschiedet worden ist und in dem es grundsätzlich um die Stützung des Ehrenamtes geht, unterstützen.
Daran sehen Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass Baden-Württemberg genauso Handlungsbedarf sieht. Sie werden sich wundern. Ich bin überzeugt, dass wir im Bundesrat eine Mehrheit für diesen Antrag bekommen werden. Wir werden eine Mehrheit dafür bekommen!
Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie hängen das jetzt zwar zu Recht an den Kommandanten der Feuerwehrleute auf. Aber damit haben Sie insgesamt die Problematik im Ehrenamt noch nicht aufgearbeitet.
Sie haben sie aus einem nahe liegenden Grunde nicht aufgearbeitet. Nach Meinung aller Sozialversicherungsträger auf Bundesebene müssen wir nämlich, wenn die Tätigkeit der Feuerwehrkommandanten als abhängiges Beschäftigungsverhältnis gilt – und das ist der Punkt –, das Sozialgesetzbuch, also Bundesrecht, ändern.
Im Übrigen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, der Kommentar, aus dem der Herr Kollege Straßer vorgelesen hat, ist zwei Jahre alt, um das hier auch einmal zu sagen. Er ist also vor der Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse geschrieben worden.
Wissen Sie, es ist wirklich kaum zu glauben, was Sie hier machen. Sie bringen eine Gesetzgebung auf Bundesebene – –
(Anhaltende Unruhe bei der SPD – Herbert Müller (SPD): Was hat das mit der 630-Mark-Regelung zu tun?)
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Meine Damen, meine Herren. Liebe Kollegen aus den Oppositionsfraktionen, ich bitte doch der Ministerin zuzuhören. Das ist einfach gute demokratische Gepflogenheit.
Frau Staatsministerin Stamm (Sozialministerium) : Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die SPD-Fraktion spricht nicht von den ehrenamtlich Tätigen, die nicht in einer Führungsposition sind. Sie spricht bedauerlicherweise nicht von den Feuerwehrmännern und -frauen, die nicht in einer Führungsposition sind, und auch nicht von Feuerwehrleuten in Führungspositionen, die nur geringe Aufwandsentschädigungen erhalten, jetzt aber trotzdem Sozialversicherungsabgaben bezahlen müssen. Das ist die überwiegende Mehrheit unserer freiwilligen Feuerwehr.
sondern das uns vom Bayerischen Gemeindetag mitgeteilt worden ist. Der Bayerische Gemeindetag teilt uns in einem Schreiben vom 16. März 2000 mit, welche Entschädigung der Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Phillipsreuth erhält. Diese Entschädigung, liebe Kolleginnen und Kollegen, beträgt 57,80 DM. Von diesen 57,80 DM ist ein Freibetrag von 50 DM abzuziehen. Es ergibt sich somit ein sozialversicherungspflichtiges Entgelt von 7,80 DM. Da der Kommandant das Ehrenamt neben einer sozialversicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung ausübt, sind diese 7,80 DM in vollem Umfang beitragspflichtig. Dies bedeutet, dass ein Gesamtbetrag von 2,70 DM – Kommandant und Gemeinde je zur Hälfte 1,35 DM – und 1,50 DM Pauschalsteuer jeden Monat anfallen.
Als Verwaltungsaufwand fallen daneben an: die Anmeldung des Kommandanten bei der Krankenkasse, monat
liche Meldungen, damit keine Unterbrechungszeiten entstehen, Jahresentgeltmeldungen und Summenabgleich mit der Krankenkasse. Da die Gemeinde der Anstalt für kommunale Datenverarbeitung in Bayern angeschlossen ist, ist für einen Personenfall eine monatliche Pauschale von 13 DM zu entrichten. Hinzu kommen noch Portoaufwand und Buchungskosten. Wir haben es einmal errechnet: Für diesen Beitrag muss der Feuerwehrkommandant 12 Jahre einbezahlen, damit er eine Rentenerhöhung von 1 DM bekommt.
Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, genau das ist das Problem, dass Sie alle Feuerwehrkräfte,
auch die, die nicht mehr als 630 DM bekommen, in die Sozialversicherungspflicht hineingebracht haben. Wenn Sie das nicht geändert hätten, dann wären trotz dieser neuen Rechtsauslegung 99% unserer Feuerwehrkräfte nicht in der Sozialversicherungspflicht, weil sie weniger als 630 DM erhalten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es wäre fair, von Ihrer Seite aus zu sagen: Wir haben nicht erkannt, welche Ausmaße das 630-DM-Gesetz im ehrenamtlichen Bereich hat. – Ich hätte großen Respekt vor Ihnen, wenn Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Opposition, sagen würden: Wir haben im ehrenamtlichen Bereich nicht übersehen, was das bedeutet.
Sie treten hier so auf, weil heute dankenswerterweise viele Feuerwehrleute, die in der Führung stehen und ein großes Engagement zeigen, anwesend sind. Es gibt aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch andere Ehrenamtliche, die davon auch betroffen sind. Es gibt die Frauen im sozialen Bereich, es gibt die Rettungssanitäter.
Wir müssen insgesamt an die Problematik gehen, ehrenamtliches Engagement in unserer Gesellschaft so zu bewerten, dass es tatsächlich auch ehrenamtlich wahrgenommen werden kann und dass wir nicht in die Situation kommen, dass Beiträge in die Sozialversicherung bezahlt werden müssen. Und es darf nicht sein, dass wir in die Situation kommen, dass Sozialversicherungsträger auf Bundesebene einstimmig festlegen können, dass es sich beim Ehrenamt um eine abhängige Beschäftigung handelt.
Das Problem können wir nicht in Bayern lösen, sondern nur dadurch, dass wir gemeinsam dazu bereit sind, das Sozialgesetzbuch zu ändern. Seit wann ist ein Sozialversicherungsrecht Länderrecht? Das wollten Sie doch nicht. Im Rahmen der Regionalisierungsdebatte zum sozialen Sicherungssystem haben Sie gesagt, dieses Thema dürfe nicht regional, sondern müsse auf Bundesebene geregelt werden. Heute würden Sie von mir etwas Rechtswidriges verlangen, was ich im Grunde genom
men nach der jetzigen Auffassung der AOK gerne täte. Mir wäre nichts lieber, als dieses Thema von der Tagesordnung zu haben. Wir bekommen das Thema aber nur von der Tagesordnung, wenn wir uns gemeinsam darauf verständigen, wie wir dem Ehrenamt in unserer Gesellschaft Rechnung tragen können, anstatt hier herumzuklotzen. Die Menschen haben dies weiß Gott verdient.
Frau Präsidentin, Kollegen und Kolleginnen! Zunächst darf ich feststellen, dass nach einhelliger Auffassung der Fraktionen in diesem Hausdie Aufwandsentschädigung für ehrenamtlich Tätige nicht der Sozialversicherungspflicht unterworfen werden darf.
Aufgrund dieser übereinstimmenden Einschätzung und der Bedeutung der ehrenamtlich Tätigen für unser Gemeinwesen taugt dieses Thema auch nicht für parteipolitische Scharmützel. Wenn Sie von der CSU trotzdem Ihre parteipolitischen Spielchen damit treiben, zeugt das nur davon, wie wenig Achtung Sie dem Ehrenamt entgegenbringen.
Mit dem Versuch, die Feuerwehren gegen die Bundesregierung aufzuhetzen, sind Sie bei uns an die Falschen geraten.
Die Sozialversicherungspflichtigkeit der Aufwandsentschädigung für Führungskräfte bei der Feuerwehr ist zumindest augenblicklich ein rein bayerisches Problem, auch wenn die Staatsregierung so tut, als wäre dem nicht so.
Frau Staatsministerin Stamm, Sie haben aus dem Positionspapier der Spitzenverbände der Sozialversicherungen wunderbar zitiert, aber leider einen Satz weggelassen und vorgetragen: „Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Feuerwehrführungskräfte richtet sich nach den von der Rechtsprechung zum Begriff des Beschäftigungsverhältnisses entwickelten Kriterien. Eine Prüfung anhand dieser Kriterien hat bei den bayerischen Feuerwehrvereinen ergeben, dass die Führungskräfte in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen.“
Frau Staatsministerin Stamm, dies steht so in der Stellungnahme. Es gibt hier einen kleinen Unterschied: Es geht hier um Bayern, und nicht um eine bundeseinheitliche Lösung.