Protokoll der Sitzung vom 18.05.2000

Nach bisherigem Erkenntnisstand konnte der entstandene Schaden dank entsprechender Vorsorgemaßnahmen bei uns gering gehalten werden, obwohl die eingesetzten Virenscanner den ihnen unbekannten neuen Virus zunächst nicht abwehren konnten. Hier bewährten sich der Informationsverbund der Sicherheitsbeauftragten in den Behörden und die sorgfältige Schulung und Sensibilisierung der Anwender. Innerhalb kurzer Zeit wurden zunächst die Mail-Systeme gegen die Weiterlei

tung der Loveletterpost gesperrt. Gleichzeitig ergingen Warnungen per elektronischer Post an die Mitarbeiter.

(Unruhe)

Die Staatsregierung hat umgehend Maßnahmen getroffen, die Kommunikationssysteme zukünftig noch besser gegen derartige Angriffe schützen zu können.

(Hoderlein (SPD): Es hört sonst kein Schwein zu! Ich stelle das hier fest! – Gegenrufe von der CSU: Doch!)

Lieber Herr Kollege, eine derartige Bemerkung traute ich mich nicht zu machen. Der strenge Präsident wird bei solchen Tiernamen – –

(Zuruf von der SPD: Am Rednerpult sicherlich nicht! – Heiterkeit)

Also, das mag richtig sein. Das Landesamt für Statistik prüft bereits den Einsatz einer zentralen Virenschleuse in Verbindung mit einem Filter für so genannte aktive Inhalte für das Behördennetz, auch wenn damit in Einzelfällen erhebliche Informationsverluste verbunden sind. Das Netz der Polizei, die bereits so verfährt, war vom jüngsten Angriff deswegen nicht betroffen.

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass der I love you-Virus fast alle Kriterien erfüllt, die zu besonderer Vorsicht mahnen: Betreff in Englisch und inhaltlich verdächtig, in der Regel unbekannte Absender, unverlangt zugesandte Anlage mit Kennzeichnung des Inhalts als Programm. Daher muss vor allem auch die Sensibilisierung der Mitarbeiter für derartige Erscheinungen intensiviert werden.

(Beifall des Abgeordneten Sinner (CSU))

Deswegen sind wir immer wieder dabei, spezielle Schulungen für die mit Sicherheitsaufgaben betrauten Mitarbeitern, die für die ans Netz angeschlossenen Behörden tätig sind, durchzuführen. So werden demnächst die Mitglieder der Notfall- und Aktionsteams der am Behördennetz angeschlossenen Behörden mit den neuesten Erkenntnissen zur Virenabwehr vertraut gemacht, um dann in ihrem Umfeld als Multiplikatoren zu wirken.

Darüber hinaus hat der Ministerrat auf seiner Sitzung am 9. Mai beschlossen – Herr Kollege Hufe, das ist wirklich eine ganz wichtige und für alle in besonderem Interesse stehende Nachricht –, den vom Staatsminister der Justiz vorgelegten Entwurf einer Entschließung zum Thema „Bekämpfung der Hightech-Kriminalität“ im Bundesrat einzubringen. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, das nationale Strafrecht auf Schutzlücken zu überprüfen, die eine effektive Verfolgung und Ahndung von Computerstraftaten verhindern. International soll darauf hingewirkt werden, einen hinreichenden strafrechtlichen Schutz zu gewährleisten und die Zusammenarbeit zu verbessern.

Nachdem der Schutz von Netzen gegen Angriffe von außen kein speziell bayerisches Problem ist, werden wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, und die erforderlichen

technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit mit Bund und Ländern abstimmen.

Durch den weltweiten Einsatz – ich komme zum dritten Absatz des Antrags des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – von Microsoftsystemen wird die Verbreitung von schadenstiftenden Programmen in der Tat enorm begünstigt. Die Verwendung gleichwertiger Produkte anderer Hersteller ändert aber an der prinzipiellen Verwundbarkeit der Systeme nichts. Sie erhöht lediglich den Aufwand, den die Angreifer treiben müssen, um einen vergleichbar hohen Schaden zu erzielen. Dennoch werden wir die Ergebnisse einer Initiative des BMI, Standard Softwarekomponenten, deren Code offen gelegt ist, in der Bundesverwaltung einzuführen, aufmerksam verfolgen. Ich bedanke mich für Ihre große Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU – Heiterkeit)

Der Präsident bedankt sich für die Kürze des Beitrags und kann jetzt die Aussprache schließen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge getrennt.

Zunächst lasse ich über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 14/3573 abstimmen. Die Fraktion hat hierzu getrennte Abstimmung nach § 131 der Geschäftsordnung beantragt. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. Dann lasse ich zunächst wie gewünscht über die Absätze 1 und 2 und anschließend über den Absatz 3 abstimmen. Wer den Absätzen 1 und 2 des Dringlichkeitsantrags seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, SPD und CSU. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist niemand. Stimmenthaltungen? – Auch niemand. Dann ist das so angenommen.

Wer dem Absatz 3 des Dringlichkeitsantrags zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Die Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? – Das ist die Fraktion der SPD. Damit ist dieser Teil des Antrags abgelehnt.

Der Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ist also in der Fassung der Absätze 1 und 2 angenommen.

Ich lasse über den Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion auf Drucksache 14/3574 abstimmen. Wer diesem Dringlichkeitsantrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie Herr Kollege Hartenstein. Gegenstimmen? – Ich sehe keine. Damit ist auch dieser Antrag angenommen.

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Renate Schmidt, Biedefeld, Gartzke, Wörner und Fraktion (SPD)

Entschließung – Verstärkte Förderung erneuerbarer Energien und Energiesparpotenziale auch in Bayern (Drucksache 14/3575)

Ich eröffne die Aussprache. Gibt es Wortmeldungen? – Frau Kollegin Biedefeld, bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Energiepolitik der SPD-geführten Bundesregierung ist eine reine Erfolgsstory. Das habe ich schon einmal in diesem Hohen Hause festgestellt, und ich tue dies heute mit größtem Vergnügen noch einmal.

(Beifall bei der SPD)

Zahlen, Daten und Fakten – ich werde diese aufzeigen –, die von der CSU nicht wegzudiskutieren sind, werden dies belegen und belegen dies bereits. Bayern profitiert enorm von der positiven Entwicklung, wenn es darum geht, die Verstärkung und den Ausbau von regenerativen Energien zu erreichen und Energieeinsparpotenziale zu nutzen. Bayern profitiert maßgeblich von der Energiepolitik der Bundesregierung.

Schauen Sie sich die Zahlen an. Allein beim 100000Dächer-Solarstrom-Programm stammen 41,9% der Förderanträge, die bislang bearbeitet worden sind, aus Bayern. Das zeigt, wie Bayern von dem Programm profitiert und wie groß das Potenzial in diesem Bereich ist.

(Sinner (CSU): Wie viele Megawatt Stromerzeugung sind das?)

Herr Kollege Sinner, ich führe das noch in Zahlen auf. Die Zahlen kommen ganz sicher noch.

Da Bayern so stark von den Programmen profitiert, sollte die CSU unserem Entschließungsantrag zustimmen, in dem es heißt, dass der Landtag die Förderung erneuerbarer Energien durch den Bund – ich sage dazu: mit 200 Millionen DM pro Jahr –, insbesondere durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das Programm zur Förderung erneuerbarer Energien und das 100000-Dächer-Solarstrom-Programm, begrüßt. Ich hoffe, dass Sie diesem Entschließungsantrag zustimmen. Nachdem ich gesagt habe, für das Förderprogramm gibt es 200 Millionen DM pro Jahr, füge ich hinzu, für das parallel dazu bestehende 100000-Dächer-Solarstrom-Programm werden noch einmal 180 Millionen DM bzw. jetzt durch die Aufstockung 220 Millionen DM im Jahr zur Verfügung gestellt. Das sind Summen, mit denen man wirklich eine andere Energiepolitik machen kann. Man kann die Energiewende, wie wir sie uns vorgestellt haben, sehr gut in die Tat umsetzen.

Ich kann nur an die Union bzw. die CSU appellieren: Geben Sie endlich Ihre Blockadepolitik auf. Mit der Blockadepolitik, die Sie nicht nur in Bayern, sondern auch auf Bundesebene in der Energiepolitik immer wieder an den Tag legen, schaden Sie Bayern und der Bundesre

publik. Sie blockieren für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt notwendige und wichtige Innovationen, Investitionen und damit Wertschöpfung und Arbeitsplätze von morgen. Sie haben scheinbar immer noch nicht erkannt, welche Chancen in einer zukunftsfähigen, nachhaltigen und modernen Energiepolitik liegen. Sie haben nach wie vor die Chancen für den Arbeitsmarkt, das Handwerk, den Mittelstand und unsere Umwelt nicht erkannt. Ich kann nur hoffen, dass sich diese Erkenntnis auch bei Ihnen bald durchsetzt.

Eine weitere Passage unseres Entschließungsantrags zielt konkret auf das äußerst erfolgreiche 100000Dächer-Solarstrom-Programm ab, das entgegen allen Unkenrufen aus den verschiedensten Richtungen nicht auf Eis gelegt wird. Es wird modifiziert fortgeführt. Da es eine Reihe von Verunsicherungen gab, möchte ich sagen, dass das modifizierte Programm nichts mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz zu tun hat. Es bleibt völlig unabhängig von den neuen Kriterien im Stromeinspeisegesetz. Bei der Solartechnik bleibt es bei 99 Pfennig pro Kilowattstunde. Das möchte ich klar herausstellen.

Die Eckwerte der neuen Richtlinie tragen der Marktentwicklung Rechnung und fördern den Wettbewerb. Das haben allein die Erfahrungen in den letzten Wochen und Monaten gezeigt, und zwar speziell die Erfahrungen seit dem 01.04.2000, als unser Stromeinspeisegesetz bzw. das Erneuerbare-Energien-Gesetz in Kraft getreten ist. Die Erfahrungen haben uns deutlich gezeigt, wir tragen zur Marktentwicklung bei und fördern den Wettbewerb.

Ich betone noch einmal, das 100000-Dächer-Solarstrom-Programm der Bundesregierung ist ein Erfolg. Nach dem Start des Programms im Jahr 1999 – jetzt kommen die Zahlen, Herr Kollege Sinner, – ist der Antragseingang vor allem in diesem Jahr sprunghaft angestiegen. Nachdem im letzten Jahr rund 4000 Anträge mit insgesamt 10 Megawatt Leistung gestellt und genehmigt wurden – die Planzahl lag bei 6000 Anträgen und 18 MW, was nicht erreicht wurde –, sind heute bei geplanten 27 MW für das gesamte Jahr 2000 bereits 5000 Anträge mit 32 MW genehmigt. Darüber hinaus liegen weitere 9000 Anträge vor. Das bedeutet 38 MW allein im Jahr 2000.

Ziel dieses Programms bleibt auch nach der Veränderung der Eckdaten die Erzeugung von insgesamt 300 MW. Diese Zahl soll am Schluss dieses Förderprogramms stehen. Wir denken, aufgrund der Entwicklung allein in den letzten Wochen und Monaten, aufgrund einer entsprechenden Energiepolitik und aufgrund der richtigen politischen Rahmenbedingungen werden wir das Ziel erreichen, auch wenn die Staatsregierung immer wieder hat anklingen lassen, dass diese Ziele nie erreicht würden. Die Zahlen, die für das Jahr 2000 vorliegen, beweisen genau das Gegenteil.

Diese Förderung kann zu einem der erfolgreichen Beispiele für eine moderne Industriepolitik mit erheblichen Effekten werden. Es stört mich am meisten, dass Sie dies nicht erkennen wollen. Die Effekte hinsichtlich Wertschöpfung, Beschäftigung, Handwerk und Mittelstand sind erheblich, ganz zu schweigen von den enormen

Chancen, die wir als führende Solarwirtschaft auf dem Weltmarkt haben.

(Beifall bei der SPD)

Wollen wir diese Entwicklung wirklich verschlafen, wollen wir den Zug verpassen? Ein zu spätes Aufspringen würde nichts mehr nützen. Wir vergeben uns hier sehr viel, was wir nicht mehr aufholen können, wenn wir nicht sofort einsteigen und die politischen Rahmenbedingungen sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene schaffen. Hier ist auch der Freistaat Bayern gefordert.

Dem Ziel einer modernen Industriepolitik und damit einer nachhaltigen Umweltpolitik trägt das modifizierte 100000-Dächer-Solarstrom-Programm Rechnung. Die Eckwerte der neuen Richtlinie möchte ich kurz darstellen. Auch künftig können von der Kreditanstalt für Wiederaufbau verbilligte Darlehen für die Errichtung von Photovoltaikanlagen ausgereicht werden. Die Zinsverbilligung wird bis zu 4,5% betragen. Bei künftigen Bewilligungen werden Zinsen erhoben. Damit können private Investoren weiterhin eine attraktive Finanzierung für Photovoltaikanlagen erhalten.

Der zweite wichtige Eckpunkt beinhaltet Folgendes: Auch künftig können bis zu 100% der förderfähigen Kosten aus dem Programm finanziert werden. Auch hierzu gab es andere Aussagen. Ich möchte klar herausstellen, 100% der förderfähigen Kosten können auch künftig aus dem Programm finanziert werden. Um Preissteigerungen bei Solarmodulen entgegenzuwirken, wird der Darlehenshöchstbetrag bei kleineren Anlagen – bis zu 5 KW – auf 13500 DM, bei größeren Anlagen – gewerblichen Anlagen – auf 6750 DM pro Kilowatt begrenzt.

Der bisher vorgesehene Restschuldenerlass entfällt.

Auch mit dem um ein Jahr auf fünf Jahre verkürzten Programm dürften wir das Ziel von 300 Megawatt erreichen. Die entsprechenden Mittel sind eingestellt. 180 Millionen DM, die ursprünglich für das sechste Jahr geplant waren, werden auf fünf Jahre umgeschichtet, das heißt, pro Jahr werden die Mittel von 180 Millionen DM auf 220 Millionen DM aufgestockt. Blockieren Sie nicht länger und verschlafen Sie nicht die auch für Bayern wichtige Entwicklung.

Nicht zuletzt wegen des sehr großen Interesses der bayerischen Bevölkerung an den Förderprogrammen des Bundes haben wir unseren Entschließungsantrag gestellt, dem auch die CSU zustimmen sollte. Denn dadurch ließe sich das Ziel, im Jahr 2000 13% des Primärenergiebedarfs aus regenerativen Energien zu decken, leichter erreichen. Deshalb gilt es, die Förderprogramme des Bundes sinnvoll und effektiv zu ergänzen. Rudern Sie nicht zurück, sondern halten Sie an Ihrem Ziel fest, und zwar nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten. Nützen Sie den Rückenwind aus Berlin und legen Sie in Bayern sinnvolle, ergänzende und effiziente Förderprogramme auf.

Nicht nachvollziehen kann ich, dass Bayern zu den wenigen Ländern zählt, die die neuen Marktanreizprogramme des Bundes zum Anlass nehmen, bei der Brei

tenförderung erneuerbarer Energien zu sparen, Geld zu horten und teilweise aus der Förderung auszusteigen. Bayern hat die entsprechenden Etats drastisch gekürzt und sogar ganze Förderbereiche gestrichen. So hat zum Beispiel das Landwirtschaftsministerium, früher ein Vorreiter in der Holzenergieförderung, das entsprechende Zuschussprogramm Ende 1999 auslaufen lassen. Zwar gibt es für Solarkollektoren weiterhin Fördergelder. Der unveränderte Fördersatz für Standardanlagen liegt in der Regel aber niedriger als beim Bund, so dass die Antragszahlen deutlich sinken dürften. Hier scheint frei nach dem Motto „Wenn es der Bund macht, sparen wir Mittel ein“ Geld gehortet zu werden, was nicht Sinn und Zweck der Förderung erneuerbarer Energien sein kann.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Aufgrund der geänderten bundesdeutschen Rahmenbedingungen und der geänderten bayerischen Förderrichtlinien und -programme müssen bei erneuerbaren Energien und rationeller Energienutzung die bayerischen Förderprogramme auf ihre Attraktivität und Sinnhaftigkeit hin geprüft werden. Die notwendige Neuordnung und Mittelumschichtung muss bei Forschung und Entwicklung in den Bereichen Energieeffizienz und erneuerbare Energiequellen ansetzen, wobei die Wasserstoffforschung einen Schwerpunkt bilden sollte.