Protokoll der Sitzung vom 28.06.2000

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Dr. Bernhard, die Redezeit des Kollegen Schindler war bereits zu Ende. Deshalb konnte ich keine Zwischenfrage mehr zulassen. Als nächstem Redner erteile ich Herrn Staatsminister Dr. Beckstein das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es gut, dass der Bayerische Landtag über eines der Themen diskutiert, die in Deutschland im Moment zu den zentralen gehören. Ausgelöst wurde die Diskussion über Zuwanderung durch die Bemerkung von Bundeskanzler Schröder, er wolle eine Green Card einführen. Ich bin davon überzeugt, dass das zugrunde liegende Problem durch die Green Card nicht gelöst werden kann, und gespannt, ob das SPD-regierte Rheinland-Pfalz der Green Card zustimmt. Denn die dort Verantwortlichen sagen, es mache keinen Sinn, nobelpreiswürdige TopSpezialisten hereinzuholen und ihnen gleichzeitig zu sagen: „Nach fünf Jahren ist Schluss, dann müsst ihr wieder raus!“, von der fehlenden Regelung des Familiennachzugs ganz zu schweigen.

Im Übrigen verwendet der Bundeskanzler entweder aus Unkenntnis oder in bewusster Irreführung der Öffentlichkeit – beides wäre gleich schlimm – den Begriff Green Card fälschlicherweise, denn eigentlich will er doch, dass hoch qualifizierte Leute nur für eine Übergangszeit ins Land kommen, das sie dann wieder zu verlassen haben. Im US-amerikanischen Sinn bedeutet Green Card aber sozusagen den Gutschein auf Einwanderung mit Familie ohne Nachweis einer Arbeitsstelle. Deshalb ist die Diskussion eine Zeit lang furchtbar wirr gelaufen. Es wird höchste Zeit, sie wieder in geordnete Bahnen zu lenken und zu einem Gesamtkonzept zu kommen.

Herrn Kollegen Schindler kann ich beruhigen. Die Bayerische Staatsregierung wird schon am nächsten Dienstag Eckpunkte vorstellen. Die Abstimmung mit anderen Ressorts war schwierig. Deshalb hat das Verfahren eine gewisse Zeit in Anspruch genommen. Ob „Begrenzung und Steuerung“ oder „Steuerung und Begrenzung“ ist für mich im Übrigen kein Unterschied.

Ich halte es für schlecht, dass Bundesinnenminister Schily, mit dem ich sonst sehr gut zusammenarbeite, eine Kommission in der Absicht einsetzen will, das Thema über die Legislaturperiode hinauszuschieben. Wie jeder Insider weiß, ist das die eigentliche Absicht von Herrn Schily. Ihn treibt die Sorge, dass ein für RotGrün außerordentlich problematisches Thema noch in dieser Legislaturperiode angesprochen wird. Mit der Einrichtung einer Kommission hat er das Thema für viele Monate vom Tisch. Die Kommission wird erst im nächsten Jahr, irgendwann im Sommer oder im Herbst, ihre Ergebnisse vorstellen, und wie jeder weiß, lassen sich in Wahlkampfzeiten keine Regelungen mehr herbeiführen. Dieses Vorgehen halte ich für falsch. Denn wir könnten das Problem jetzt lösen. Ich bin davon überzeugt, dass die Parteien bei gutem Willen zu einem vernünftigen Gesamtkonzept kämen. Denn jeder Sachkundige weiß, dass wir uns auch im Zusammenhang mit der Europäisierung dieses Rechtsgebiets auf bestimmte Eckpunkte einigen müssen.

Auf europäischer Ebene haben die Innenminister meinen Antrag zur Europäischen Richtlinie über Familienzusammenführung einstimmig angenommen. Herr Schily hat mir mitgeteilt, dass er exakt die Stellungnahme, die ich ihm zugeleitet habe, gegenüber Herrn Vitorino vertreten hat. Folglich wäre es durchaus möglich, zu einer vernünftigen Gesamtlösung zu kommen, nur: Rot-grün fürchtet das Thema und will den Bereich Asyl tabuisieren.

(Dr. Kaiser (SPD): Die Kehrtwendung haben doch Sie gemacht!)

Ihnen kann doch nicht entgangen sein, Herr Kollege Kaiser, dass Herr Schily in mehreren Interviews gesagt hat, man müsse eine Änderung herbeiführen, um insoweit europafähig zu werden. Wir sollten nicht so tun, als seien alle anderen europäischen Länder bereit, unseren Sonderweg zu gehen, obwohl jeder weiß, dass wir in den vergangenen Jahren Riesenprobleme hatten. Genau die Probleme, die wir Anfang der neunziger Jahre hatten, bekommt jetzt England, wo unter Blair das Asylrecht neu geregelt wurde. Dort sind momentan dramatische Stei

gerungsraten zu verzeichnen, weshalb die Belastung bei uns deutlich zurückgeht.

Jeder weiß, dass wir beim Asylrecht Änderungen vornehmen müssen. Das betrifft nicht die materielle Seite des Asylrechts gemäß Genfer Konvention, Frau Köhler. Wir sollten aber nicht als einziges Land der Welt einen individuellen Rechtsanspruch mit förmlichen Überprüfungsmöglichkeiten über mehrere Instanzen des Verwaltungsgerichtswegs gewähren, zumal es sich dabei keineswegs um die allerbeste Regelung handelt, denn sie ist insbesondere für abgelehnte Bewerber mit einer besonders langen Verfahrensdauer verbunden.

Der Innenminister Ihrer Partei, Frau Kollegin Schmidt und Herr Kollege Hoderlein, behauptet unter Zugrundelegung falscher Zahlen, es würden nur 3% anerkannt. Ich gebe nichts auf diese 3%, sondern sage: Selbst unter Einschluss derer, die heiraten oder aus gesundheitlichen Gründen bleiben dürfen, können nicht mehr als etwa 15% hier bleiben. 85% müssen wieder gehen. Eine Rechtsmittelquote von über 75% ist – ohne Asylpetitionen – nicht möglich. Hätten wir in anderen Bereichen ähnliche Quoten, würden die Verwaltungsgerichte sofort zusammenbrechen. Wenn schon nicht uns, dann sollten Sie zumindest Ihrem eigenen Bundesinnenminister glauben, der sagt, man müsse zu Veränderungen kommen.

Dass in der Kommission ausgerechnet dieses Thema ausgeblendet werden soll, ist enttäuschend. Denn wer eine Gesamtregelung anstrebt, darf eines der Hauptzuwanderungsschlupflöcher nicht unberücksichtigt lassen, auch wenn das materielle Asylrecht selbstverständlich erhalten bleiben muss, wie ich immer gesagt habe. Nur der Missbrauch muss abgestellt werden. Man muss sich überlegen, ob sich das nicht auf andere Weise besser erreichen lässt.

(Beifall bei der CSU)

Tony Blair hat ein im Verfahren sehr viel großzügigeres Asylrecht eingeführt. Sie werden sehen, dass sich alle Schwierigkeiten, die wir zu Beginn der neunziger Jahre hatten, nach England verlagern. Nach unserer Einschätzung bringen in drei von vier Fällen internationale Schleuserbanden Flüchtlinge in das Land Europas, wo es unter ihren Aspekten am interessantesten ist, Asylanträge zu stellen. Zu glauben, dass jemand aus China, Vietnam oder dem Iran als Einzelperson flieht und sozusagen gerade noch in ein Flugzeug kommt, ist eine Illusion. Fachleute können bereits aus dem Asylantrag und seiner Begründung die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen erkennen. Im Übrigen war für die CSU humanitäre Hilfe nie umstritten.

(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb lasse ich nicht zu, dass uns irgendjemand, insbesondere Leute mit wenig Ahnung, die sich nicht einmal um eine anständige Diskussion bemühen, in den Schmutz zieht. TWir haben in der Not des Bürgerkriegs in Bosnien 65500 Flüchtlinge in Bayern aufgenommen, mehr als jedes andere Bundesland. Allein Bayern hat mehr Flüchtlinge aufgenommen als England, Italien,

Frankreich, Belgien, die Niederlande und die anderen EU-Staaten zusammen. Trotzdem erklären Leute hier, uns fehle die Bereitschaft zu helfen. Entweder kennen sie die dargestellten Fakten nicht, oder sie verschweigen sie. Beides ist gleich schlimm für Parlamentarier.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben keine Nachhilfe nötig, was humanitäre Verpflichtungen gegenüber Kosovo-Flüchtlingen anbelangt.

(Frau Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Oh doch!)

Am Samstag vor Ostern vergangenen Jahres, als die Bilder von Zehntausenden von Menschen über die Bildschirme gingen, die im Todesstreifen zwischen dem Kosovo und Mazedonien gefangen waren, habe ich Herrn Schily angerufen und ihm erklärt, wir könnten diese Menschen nicht verrecken lassen. Wir haben eine Telefonkonferenz durchgeführt und danach viele aufgenommen. Ich wende mich jetzt an jeden, der zu einer vernünftigen Diskussion bereit ist. Ich meine jetzt nicht Frau Köhler bzw. die GRÜNEN insgesamt. Das sind Ideologen. Es lohnt sich nicht, mit ihnen zu diskutieren.

(Frau Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Unverschämt!)

Vielmehr appelliere ich an die SPD, noch einmal über das Problem nachzudenken. In dem Zusammenhang kann ich nur auf Folgendes verweisen: Wohin sind denn die ersten Flüchtlinge gekommen? Sie landeten auf dem Nürnberger Flughafen. Ich bin derjenige, der das angeregt hat.

Wo wirkliche Not ist, wird geholfen. Hier führe ich noch ein aktuelleres Beispiel an. Es ging um Libanesen, die in ihrer Not nach Israel geflohen waren – aus der mit Israel zusammenarbeitenden libanesischen Armee. Herr Schapper, Staatssekretär im Bundesinnenministerium, hat mich angerufen und mir erklärt: Es sind Menschen dabei, die in großer Not sind. Wir sollten einige aufnehmen. – Ich habe mich zunächst nach Einzelheiten erkundigt und dann zugestimmt, in Deutschland eine kleine Gruppe aufzunehmen. Es handelte sich um 40 Familien, libanesische Christen, die sich in Israel nicht wohl fühlen und noch weitere Probleme haben könnten. Ich habe der Aufnahme dieser 40 Familien zugestimmt, aber hinzugefügt: Es gehört sich aber, dass sich der Bund an den Aufnahmekosten beteiligt. Das ist uns auch zugesagt worden.

Wir müssen aber auch auf Folgendes hinweisen: Wir können nur dann in der Not helfen, wenn wir gleichzeitig Missbrauch konsequent abstellen.

(Beifall bei der CSU)

Im Gegensatz zu anderen sind wir dazu bereit, konsequent vorzugehen. In dem Zusammenhang darf ich das Beispiel der Kosovo-Flüchtlinge anführen, weil es in den Auseinandersetzungen der nächsten Wochen darum gehen wird. Mehr als ein Jahr nach Beendigung der heißen Phase des Kosovo-Konflikts geht es nun darum,

dass die zu uns gekommenen Flüchtlinge wieder in das Kosovo zurückkehren. Nun stellen wir fest, dass Hunderttausende von Flüchtlingen, die von anderen europäischen Staaten aufgenommen worden waren, in ihre Heimat zurückgekehrt sind. Angesichts dessen meine ich, dass es in Ordnung ist, dass zum Beispiel auch die 45000 in Bayern lebenden Kosovo-Albaner in ihr Heimatland zurückkehren und sich an dessen Wiederaufbau beteiligen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Zurufe von der SPD)

Das ist – ich weiß, dass ich Frau Köhler jetzt etwas reize – auch ethisch in Ordnung. Denn der Wiederaufbau des Landes ist zunächst einmal Verpflichtung der Menschen, die aus der Region kommen. Der Wiederaufbau ist eine schwierige Aufgabe. Wir helfen, damit sie bewältigt werden kann, beispielsweise dadurch, dass wir bayerische Polizisten in das Kosovo entsenden. Vor diesen habe ich großen Respekt.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Ich darf an dieser Stelle kurz anmerken: Diese Polizisten haben eine schwierigere Aufgabe als die KFOR-Kräfte. Denn sie leben mitten unter den Einheimischen, nicht in abgeschirmten Kasernen. Ich habe mich mit Polizeibeamten in Pristina getroffen und sie gefragt, wer von ihnen schon bedroht worden sei. Daraufhin haben alle sehr gelacht. Sie meinten, eine solche Frage könne nur jemand stellen, der selbst nicht im Kosovo lebe. Sie fügten hinzu, ich solle fragen, wer noch nicht bedroht worden sei. Diese Frage habe ich dann gestellt. Daraufhin hat sich ein Polizeibeamter gemeldet und gesagt, er sei im Stab des Kommandos der Polizeitruppe und deshalb noch nicht bedroht worden. – Ich habe großen Respekt vor diesen Leuten.

Wir helfen. Aber der Wiederaufbau durch die Menschen aus der Region ist erforderlich. Wenn man in der Not helfen will, muss man auch darauf hinweisen, dass die Menschen später wieder freiwillig in ihre Heimat zurückkehren sollten. Eine Aufgabe dieses Parlaments könnte darin bestehen, die Bemühungen zu unterstützen, die Flüchtlinge zur Rückkehr in ihre Heimat zu bewegen. Deren Rückführung würde sich im übrigen auch unter humanitären Gesichtspunkten besser gestalten, wenn sich die Menschen nicht mit allen möglichen Ausreden hier geradezu festkrallten, sondern sagten: Wir gehen zurück und bedanken uns für die Zeit, die wir hier bleiben konnten. – So war es bei Hunderttausenden anderer, die schon in das Kosovo zurückgekehrt sind, Sonderfälle einmal ausgenommen.

Was humanitäre Fragen angeht, brauchen wir von niemandem Nachhilfe. Ich sage dies auch in Richtung meiner Kirche. Auch von ihr brauchen wir keine Nachhilfe. Die meisten sollten sich erst einmal erkundigen, was bei uns an humanitärer Hilfe geleistet wird.

(Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Doch kommen wir nicht umhin einmal deutlich zu machen – Herr Schindler hat dies vorhin ansatzweise dargestellt –, dass Zuwanderung zwei Gesichter hat. Einerseits nutzt sie uns, andererseits belastet sie.

Meine Damen und Herren von der Opposition, Ihre furchtbaren Äußerungen in puncto große Ausländerfeindlichkeit passen überhaupt nicht zu den Tatsachen. Wenn die Situation so schlimm wäre, wie Sie sie immer darstellen, würden nicht ausgerechnet bei uns in Bayern mehr Ausländer leben, als es dem Bundesdurchschnitt und auch dem Durchschnitt unter den alten Bundesländern entspricht.

Jedenfalls müssen wir feststellen, dass die Zuwanderung einerseits Nutzen, andererseits massive Belastungen mit sich bringt. Ich nenne jetzt Zahlen, die jeder Parlamentarier kennen müsste: 1972, dem letzten Jahr vor dem Anwerbestop, lebten in Deutschland 3,5 Millionen Ausländer; von diesen arbeiteten 2,3 Millionen sozialversicherungspflichtig. Im Jahr 1998 lebten in Deutschland 7,3 Millionen Ausländer, also 3,8 Millionen Ausländer mehr. Gleichzeitig ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten unter ihnen seit 1972 um mehrere Hunderttausend zurückgegangen.

(Schindler (SPD): Wie viele Kinder sind denn dabei? Wahnschaffe (SPD): Wie viele gehören zur zweiten Generation?)

Ich komme noch darauf. – Im Zusammenhang damit muss man sehen, dass die Quote derer, die Arbeitslosengeld beziehen, bei Ausländern höher ist als bei der deutschen Bevölkerung. Auch die Quote der Sozialhilfebezieher liegt bei den Ausländern drei bis viermal höher als bei der deutschen Bevölkerung.

(Zuruf des Abgeordneten Wahnschaffe (SPD))

Das heißt: Man kann nicht ernsthaft bestreiten, dass Zuwanderung auch mit Belastungen verbunden ist, die über das Finanzielle hinausgehen. Wer das bestreitet, der muss blind sein. Frau Schmid, denken wir doch einmal an den Nürnberger Stadtteil Gostenhof. In Nürnberg heißt er nur „Gostenbul“. Es ist ein Problem, dass in der dortigen Preißlerschule nur noch eine Minderheit der Schülerinnen und Schüler – sie macht nicht einmal ein Viertel der Schülerschaft aus – Deutsch als Muttersprache hat. Wenn man dies auch durch eine Veränderung des Schulsprengels nicht ändern kann – dies ist etwa bei den Münchner Hauptschulen der Fall, weil die meisten ihrer Schüler nicht Deutsch als Muttersprache haben –, entstehen große Probleme. Das muss man sehen. Die Notwendigkeit von Integration sieht Bayern stärker als jedes andere Bundesland.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

So hat sich die Staatsregierung im vergangenen Herbst in einem großen Bericht mit der Integration auseinandergesetzt. Schließlich haben wir schon immer den Zusammenhang zwischen Aufnahme und Integration gesehen. Dieser ist übrigens die Begründung für unsere Unterschriftenaktion, die unter dem Motto stand: Integration ja, Doppelpass nein. Dieser Zusammenhang stellt einen

geistigen Bogen da, der nach wie vor der richtige ist und übrigens auch von der Mehrheit der SPD-Wähler gesehen wird. Darin liegt die Stärke unserer Politik auf diesem Gebiet.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Wer diesen Zusammenhang zum Asyl nicht sieht, kennt die Fakten nicht – unabhängig davon, wer er ist und welches Amt er bekleidet. In den Neunzigerjahren war in Deutschland eine erhebliche Zuwanderung über das Asylverfahren zu verzeichnen. Ich füge ganz bewusst hinzu: unter dem Vorwand, Asyl zu suchen, also über Asylmissbrauch. Die Leute haben von Asyl gesprochen, wollten aber auf den Arbeitsmarkt oder auf den „Sozialmarkt“. Diese beiden Formen von Missbrauch verursachen erhebliche Probleme. Deswegen muss das Gesamtproblem angegangen werden. So ist es ein Jammer, dass die jetzt auf Bundesebene eingesetzte Kommission ein sehr wichtiges Teilproblem nicht ansprechen darf. Ich sage es noch einmal: Es geht dort gar nicht darum, das Problem ernsthaft anzugehen, sondern darum, das Problem vor sich herzuschieben.

Wir brauchen also mehr, die uns nützen und weniger, die uns ausnützen. Herr Schily hat diese Formulierung, die ich gerade gebraucht habe, in der Zwischenzeit laut einem Zeitungsartikel übernommen. Wer sich darüber aufregt, sollte diesen Vorwurf auch an die eigenen Reihen richten. Frau Kollegin Merkel hat das, wie es sich für die CDU gehört, etwas vornehmer formuliert: „Wir müssen unterscheiden zwischen denen, die uns brauchen und denen, die wir brauchen“. Der Inhalt dieser beiden Sätze ist jeweils derselbe. Wir können diese beiden Sätze nebeneinander stehen lassen, damit man die ganze Bandbreite sieht.

Natürlich müssen wir uns in bestimmten Bereichen dem Ausland öffnen. Frau Kollegin Köhler, wenn Sie sich ernsthaft mit diesem Thema beschäftigt und die Scheuklappen abgelegt hätten, hätte Ihnen auffallen müssen, dass wir seit über zwei Jahren eine Wissenschaftlerregelung haben, die mit weitem Abstand die liberalste Regelung in ganz Deutschland ist. Diese Regelung habe ich vor zwei Jahren mit Herrn Kollegen Zehetmair ausgehandelt, weil wir an den Hochschulen eine Internationalisierung sowohl bei den Studierenden als auch bei den Hochschullehrern brauchen.

(Frau Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die Leute an den Hochschulen klagen darüber, dass das nicht klappt!)