In der Tierzucht und bei den damit zusammenhängenden Aufgaben richtet man sich nach vielen Gesichtspunkten, vor allem nach den Aspekten Tiergerechtigkeit, Tierschutz, Gesundheit und Verbraucherschutz. Eine
Neuausrichtung von Forschung und Lehre hat bei uns in Bayern schon vor Jahren eingesetzt. Als Beispiel hierfür nenne ich nur die Etablierung des Forschungsverbunds Agrar-Ökosysteme in München.
Hieran sind mehrere Lehrstühle beteiligt. Ein Ziel des Verbundes besteht darin, zukunftsfähige Modelle einer Landnutzung zu erproben. Außerdem hat die Technische Universität München im Jahre 1999 einen Lehrstuhl für Ökologischen Landbau geschaffen. Herr Kollege Schammann, in dem 8-Punkte-Programm der Bundeslandwirtschaftsministerin lese ich, dass man den Anteil der Flächen hierzulande, die nach den Grundsätzen des Ökolandbaus bewirtschaftet werden, auf 20% ausdehnen wolle. Mit dieser Forderung rennen Sie bei uns offene Türen ein.
Allerdings muss ich hinzufügen: Vor wenigen Tagen haben wir – einige Kollegen aus diesem Hause waren dabei – ein Gespräch mit den Vorsitzenden der Ökolandbauverbände geführt. Diese waren sehr besorgt. Wenn der Ökolandbau ausgeweitet werden soll, muss der Impuls dafür vom Markt kommen. Ansonsten bringen wir die entsprechend wirtschaftenden Betriebe in größte Schwierigkeiten. Wir müssen hier handeln.
Ich habe den Minister gebeten, etwas zugunsten der Beratung zu tun. In Bayern gibt es vier Erzeugerringe. Diese brauchen mehr Personal. Schließlich ist die Nachfrage nach Umstellung auf Ökolandbau bekanntlich sehr groß; sie nimmt noch zu. Hier müssen wir tätig werden. Dies gilt auch hinsichtlich der staatlichen Beratungsstellen. Wir dürfen es nicht den Fachverbänden allein überlassen, dort tätig zu werden. Gleichzeitig müssen wir versuchen, Märkte für Ökoprodukte zu schaffen. Hier haben wir es mit einem besonderen Marktsegment zu tun. Ich unterstütze es voll.
Mein Bruder bewirtschaftet einen Bioland-Betrieb. So weiß ich, wie schwer es ist, mit einem solchen Betrieb ein Einkommen zu erzielen, von dem eine Familie leben kann.
Meine Damen und Herren, es gäbe hier sicherlich noch sehr viel zu sagen. Doch ist meine Redezeit abgelaufen. Ich meine, wir sollten uns über die Neuausrichtung einer bayerischen bzw. einer deutschen Agrarpolitik intensiv unterhalten, auch in dem für dieses Thema zuständigen Landtagsausschuss. Wir haben ein Papier dazu, das diskutiert werden muss. Herr Kollege Starzmann hat mir seines gegeben. Auch das werden wir auf die Tagesordnung des Landwirtschaftsausschusses setzen. Zu der entsprechenden Sitzung werden wir Fachleute einladen. Ich bin davon überzeugt: Wir werden zu einer guten Entscheidung im Sinne der bayerischen Landwirtschaft kommen.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich halte es für angebracht, dass endlich Konsequenzen aus den Skandalen der letzten Wochen und Monate gezogen werden, die das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in die Nahrungsmittelherstellung wirklich nachhaltig erschüttert und unsere Landwirtschaft, auch die in der Oberpfalz, in große Not gebracht haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, da helfen keine unrealisierbaren Versprechen, wie sie Herr Ministerpräsident Dr. Stoiber und Herr Staatsminister Miller gegeben haben, als sie den Bäuerinnen und Bauern zusagten, sie könnten Futtermittelproben auf Kosten des Freistaats testen lassen. Die Umsetzung dieses Versprechens sieht nämlich so aus, dass pro Monat und pro Landkreis zwei bis drei Proben eingeschickt werden können, die dann zu einem Labor nach Bremen gesandt werden und es ziemlich lange dauert, bis die Bäuerinnen und Bauern ein Untersuchungsergebnis erhalten. So haben sich die Bäuerinnen und Bauern die Sache nicht vorgestellt. So nutzen ihnen die ganze Aktion und die zur Verfügung gestellten 2 Millionen DM wirklich nichts.
Herr Minister Sinner, es ist mir unverständlich, wie Sie diese Situation in der Fragestunde heute Morgen noch als zufriedenstellend darstellen und das angesprochene Versprechen als eingelöst bewerten konnten. So, meine ich, werden Sie das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie das Vertrauen der Bäuerinnen und Bauern nicht wiedergewinnen können.
Ich fordere die Staatsregierung auf: Schaffen Sie ein wirklich lückenloses, personell gut ausgestattetes staatliches Kontrollsystem, auf das sich die Bäuerinnen und Bauern wirklich verlassen können. Überprüfen Sie wirklich kritisch die Arbeit des Tiergesundheitsdienstes und die Verwendung der dort abgegebenen Fördermittel. Lassen Sie den Tiergesundheitsdienst jährlich einen Rechenschaftsbericht an das Landwirtschaftsministerium abgeben. Wir sollten intensiv darüber diskutieren, ob es sinnvoll ist, einer bäuerlichen Selbsthilfeorganisation Kontrollaufgaben zu übertragen.
Ich bin sehr für die Stützung bäuerlicher Selbsthilfeorganisationen, glaube aber, dass es in manchen Situationen nicht richtig ist, sie mit bestimmten Aufgaben zu betrauen. Wie sich gezeigt hat, können sie manchmal nicht das leisten, was erforderlich ist. So meine ich, dass ernsthaft darüber diskutiert werden muss, ob die in Rede stehenden Kontrollen nicht über amtliche Veterinäre erfolgen sollten. Ich fordere die Staatsregierung außerdem auf: Nehmen Sie Beanstandungen und Hinweise auf Missbrauchsfälle ernst, anstatt zuerst beispielsweise mit dem Bauernverband darüber zu diskutieren, ob man
Solange kein entsprechendes Förderkonzept vorliegt, ist es meiner Ansicht nach auch nicht hilfreich, in Presseerklärungen vollmundig anzukündigen, dass der Freistaat Bayern in den nächsten fünf Jahren 5 Milliarden DM zur Förderung des Ökolandbaus ausgeben werde. Das Konzept möchte ich sehen. Meine Damen und Herren von der Staatsregierung, teilen Sie uns mit, woher das Geld kommen soll, wo es zu Kürzungen kommen soll – ich gehe davon aus, dass die Mittel ansonsten nicht aufgebracht werden können – und wofür es verwendet werden soll.
Ich meine, es nutzt auch nichts – heute Morgen ist es wieder geschehen-, den Futtermittelherstellern hohe Geldbußen und ein hartes Vorgehen anzudrohen. Schließlich wissen wir alle, dass derartige Aussagen die Hersteller nicht schrecken. Die Namen der Futtermittel und ihrer Hersteller in der Öffentlichkeit zu nennen, das ist das einzige, was hilft. Denn schon die Angst vor einem Markteinbruch bei dem eigenen Produkt wird die betreffenden Firmen dazu bringen, Verunreinigungen zu verhindern.
Bis heute weiß ich nicht, warum die Staatsregierung diese Forderungen nicht aufnehmen will, die auch von den Bäuerinnen und Bauern vor Ort erhoben werden. Ich habe kein Verständnis mehr für den Schutz der Herstellerfirmen. Ich will den Schutz der Bäuerinnen und Bauern und damit auch den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher. Herr Staatsminister Sinner, erstaunt bin ich auch über die Aussagen, die Sie diesbezüglich heute Morgen gemacht haben. Ich hoffe, es ist der Anfangsnervosität zuzuschreiben und Sie glauben nicht, dass es genügt, die Firmen bei Feststellung irgendwelcher Unregelmäßigkeiten pauschal dazu zu verpflichten, ihre Abnehmer zu informieren. Diese Unternehmen werden nämlich erklären: Wir können nicht jeden Bauern verständigen, weil wir nicht wissen, wer wie viel von unserem Produkt gekauft hat.
Nach meiner Einschätzung wird man bei der Produktion von Schweinefleisch, von Rindfleisch usw. auch in Zukunft nicht auf Futtermittelzukäufe verzichten können. Wenn man mehr Sicherheit für die Bäuerinnen und Bauern will, aber auch für die Verbraucherinnen und Verbraucher, ist es vor dem Hindergrund dringend notwendig, die Namen der verunreinigten Futtermittel und ihrer Hersteller zu nennen, der Unternehmen also, die sich nicht an gesetzliche Vorgaben halten.
Es nutzt auch nichts, nun nur über den Ökolandbau zu sprechen, wie es jetzt verstärkt die GRÜNEN tun.
Ich habe Ihnen schon zugehört; ich habe auch Ihre Anträge gelesen. Dazu werde ich noch etwas sagen. Nein, das kann ich gleich tun. Herr Schammann, manchen Ihrer Anträge kann man nicht zustimmen, weil das, worauf sie abzielen, nicht zustimmungsfähig ist.
Damit müssen Sie leben. Sie sollten sich darüber Gedanken machen, ob manche Antragstellung vielleicht verkehrt ist, anstatt uns zu beschuldigen.
Es hilft nichts, nur über den Ökolandbau zu reden. Auch in der konventionellen Agrarproduktion muss sich etwas ändern; denn sie ist die Hauptlinie der Produktion und wird es bleiben. Eine Änderung wird es aber so einfach und so schnell nicht geben. Denn mit, wie es sich unbedarfte Fernsehzuschauer und Verbraucher vielleicht vorstellen, einfach nichts mehr spritzen, einfach nichts mehr zufüttern, einfach keinen Mineraldünger mehr auszubringen, einfach naturnah und idyllisch produzieren, ist es nicht getan. Denn der Einsatz dieser „Produktionshilfsmittel“ steht in engem Zusammenhang mit der Produktionsmethode. Die Landwirtschaft muss möglichst viel und kostengünstig produzieren, um zu überleben. Deshalb haben wir politisch für Rahmenbedingungen zu sorgen, in denen Bäuerinnen und Bauern naturnah produzieren und dennoch ein Einkommen erwirtschaften können, das sie und ihre Familien ernährt.
Wir müssen uns auch um gute und aufklärende Information von Verbraucherinnen und Verbrauchern bemühen, die dazu führt, dass die Bevölkerung bereit ist, für Nahrungsmittel mehr Geld als bisher auszugeben. Beides unterstützen kann das Programm „Qualität aus Bayern“. Allerdings darf es nicht zu einem reinen Marketing-Gag verkommen. Es muss für die Verbraucherinnen und Verbraucher ein nachvollziehbares und verlässliches Qualitätszeichen setzen. Die Vergabe eines solchen Siegels muss, wie Kollege Starzmann gestern schon sagte, an bestimmte Voraussetzungen gebunden sein, die überprüfbar und verlässlich sind. Zu diesen Voraussetzungen gehört zum Beispiel der Verzicht auf den Einsatz von Antibiotika im Tierfutter, die artgerechte und naturgemäße Aufzucht der Tiere sowie die Bindung der Tierzahlen an die Fläche, Herr Kollege Loscher-Frühwald.
Der Forderung – auch von Verbraucherseite – des Verbots der Ausbringung von Klärschlamm auf die Felder sollten wir Taten folgen lassen.
Ich habe den Eindruck, das Vertrauen in das Siegel „Qualität und Herkunft aus Bayern“ war schon einmal größer als zurzeit. Wir laufen Gefahr, Vertrauen zu verspielen, wenn wir es nicht bald schaffen, Kriterien zu finden und sie den Verbraucherinnen und Verbrauchern nahe zu bringen.
Die von mir verlangte Verbraucheraufklärung muss den Verbraucherinnen und Verbrauchern das Leben und
Arbeiten in der Landwirtschaft wieder näher bringen. Denn wir alle stellen fest, dass Wissen und Kenntnisse über die Arbeit in der Landwirtschaft in der Bevölkerung immer mehr zurückgehen. Genauso geht das Wissen darüber dramatisch zurück, wie Lebensmittel entstehen, wie sie aussehen, wenn sie naturnah produziert werden – und vor allem was sie dann kosten. Wenn naturnah produziert wird, wird es kein Schnitzel für 49 Pfennig, keinen Joghurt für 29 Pfennig und kein Ei mehr für 20 Pfennig geben; das Schweinefleisch wird fetter sein und das Kalbfleisch nicht mehr rosarot. Das ist die Wahrheit, die man den Verbraucherinnen und Verbrauchern sagen muss.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CSU – Hofmann (CSU): Sehr vernünftig, könnte von mir sein!)
Na, da bin ich ja froh. Auch in Lehre und Beratung muss sich einiges ändern. In der Ausbildung wurde unseren Bäuerinnen und Bauern – in diesem Punkt stimme ich mit Herrn Loscher-Frühwald nicht ganz überein – die bislang geltenden Produktionsmethoden, die an den Skandalen nicht ganz unschuldig sind, in gewisser Weise eingebläut. In einem Artikel der Zeitschrift „Schule und Bildung“ wurde noch im Dezember 2000 für die Tiermehlverfütterung geworben. Damit wird völlig klar, was den Schülerinnen und Schülern bzw. den Studentinnen und Studenten bislang gelehrt wurde – und das ist das eigentlich Schlimme daran.
Frei nach dem Motto „Es ist nie zu spät und selten zu früh“ sollten wir damit beginnen, die Voraussetzungen für eine art- und naturgerechte neue Landwirtschaft und ein neues Verbraucherbewusstsein zu schaffen.
Die SPD wird sich bei der Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Stimme enthalten. Denn hier stimmt zwar die Zielrichtung; die konkreten Vorschläge sind aber nicht realisierbar.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist traurig, dass Praktiker gegen Praktiker reden müssen. Es ist traurig, dass ein Praktiker in diesem Hohen Haus nichts anderes weiß, als die konventionelle Landwirtschaft mit den übelsten Verdächtigungen zu verunglimpfen, die mit nichts belegbar sind.