Protokoll der Sitzung vom 05.04.2001

Ich muss Ihnen sagen: Ich halte das für folgerichtig. Es gibt nämlich bestimmte verfahrensmäßige Voraussetzungen, das Landesentwicklungsprogramm zu verändern. Wenn die Argumente, die von den Betroffenen kommen – ich möchte sie nicht alle von der Hand weisen –, zutreffen, dann ist es notwendig, dass wir hier das Thema präzise aufarbeiten und versuchen, das Landesentwicklungsprogramm so zu ändern, dass die betreffenden Bereiche zum Ballungsraum gehören. Ich persönlich habe mich in meiner Eigenschaft als Abgeordneter und Berichterstatter schon an die zuständigen Stellen der Staatsregierung, also zum Beispiel an den Umweltminister, gewandt.

Wenn man insbesondere Boden, Mieten und Arbeitsmarktniveau als wesentliche Kriterien einbezieht, hätte das mittelbar Auswirkungen auf die künftige Gestaltung der Ballungsraumzulage.

Auch Aspekte wie die Verdrängung der Wohnnutzung aus der Kernstadt und damit die Steigerung der Wohnraumknappheit werden nicht ohne Auswirkung auf die Mietpreise bleiben. All dies sind ganz wesentliche Faktoren der Definition und der Entwicklung des Stadt- und Umlandbereichs München nach dem Landesentwicklungsprogramm, die ausdrücklich Eingang in dessen amtliche Begründung gefunden haben und bei der Fortschreibung finden werden.

Der zweite Diskussionspunkt ist die maximale Höhe der Verdienstgrenze. Hier wird ein Systemwechsel vorgeschlagen, der bei den Besoldungsgruppen A10 bei der Ballungsraumzulage bzw. A13 beim Kinderzuschlag zu Höchstbeträgen weiterentwickelt wird.

Bei dieser starren Abgrenzung bliebe, wenn man sie weiterführte, unberücksichtigt, dass zum Beispiel ein jüngerer Beamter der Besoldungsgruppe A11/Stufe 3 nach dem bisherigen Konzept keine Ballungsraumzulage mehr erhalten würde. Im Gegensatz zu Ihren Vermutungen, Kolleginnen und Kollegen insbesondere von

der SPD, denke ich, dass es mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst gibt, die davon betroffen sind.

Diese Verdienstgrenze wird im Gegensatz zu vielen Bundesregelungen jedoch dynamisiert werden. Wir können Staatsminister Professor Dr. Kurt Faltlhauser aus meiner Sicht sehr dankbar sein, dass er sich persönlich in das Verbandsanhörungsverfahren eingeschaltet und gesagt hat, die Anhebung der Verdienstgrenze von sich aus vorzunehmen, und zwar geht es um 5000 DM bzw. – beim Kinderzuschlag – 7000 DM. Da die meisten Zuschläge und Zulagen bei der Berechnung dieses Betrages unberücksichtigt bleiben – ich weiß nicht, ob diejenigen, die damit jetzt in der Landeshauptstadt München große Probleme haben, das durchgerechnet haben –, kann der tatsächliche Verdienst des Beamten bis zu 6000 DM betragen, bevor er auf den Grundbetrag der Ballungsraumzulage verzichten muss. Viele Durchschnittseinkommen in der Privatwirtschaft liegen unter diesem Betrag. Beim Familienzuschlag kann ein Bediensteter tatsächlich gut über 7800 DM verdienen, bevor der Grenzbetrag erreicht wird.

Entgegen vielen Gerüchten wird auch künftig für Beamtenanwärter eine – allerdings halbierte – Zulage gewährt. Da sich die Lebenssituation bei vielen Anwärtern gerade hinsichtlich des Wohnens und der Unterbringung während der Ausbildung in den schulischen Räumen etwas anders darstellt, ist die Halbierung auch in schweren Fällen sozial vertretbar.

Eine Anrechnung von 30% auf die Fehlbelegungsabgabe bei gleichzeitigem Bewohnen einer Staatsbedienstetenwohnung wird von der Staatsregierung damit begründet, dass der Staat über die Zurverfügungstellung eines etwas billigeren Wohnraums die Mietkostensituation bereits teilweise berücksichtigt. Auf diese Weise soll eine Doppelförderung vermieden werden. Betroffen davon sind aus den vorgenannten Gründen aber nicht die Anwärter.

In der Diskussion im Ausschuss wurde das Zusammenfallen von gekürzter Ballungsraumzulage und Zahlung von Fehlbelegungsabgabe angesprochen. Ich darf nochmals auf die Zahlen verweisen, wonach in nur rund 32% aller im Münchener Raum liegenden Staatsbedienstetenwohnungen Fehlbelegungsabgabe gezahlt wird. Eine Durchschnittsfamilie zahlt, soll sie den Grundbetrag der Ballungsraumzulage nach den geltenden Grenzbeträgen erhalten, regelmäßig überhaupt keine Fehlbelegungsabgabe.

Wir haben für diejenigen, die nach der Neuregelung gegenwärtig nicht mehr im Geltungsbereich liegen, eine Abschmelzregelung geschaffen, die sozial vertretbar ist. Wir haben einen Änderungsvorschlag gemacht – er ist auch beschlossen worden –, der vorsieht, dass der Kinderzuschlag, wenn jemand diesen und die Ballungsraumzulage erhält, nicht abgeschmolzen wird. Er wird in jedem Fall für die gesamte Geltungsdauer des Konzepts gewährt, wenn rechtzeitig Ballungsraumzulage gezahlt wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir begrüßen, dass die Ballungsraumzulage zu einem großen Teil weiterhin gewährt wird. Wir wissen aber, dass die Diskussion über diesen Gesetzentwurf damit nicht beendet ist. Wir werden im Hinblick auf das Landesentwicklungsprogramm sehr genau darauf sehen müssen.

Die Ballungsraumzulage wurde 1990 – damals allerdings mit großen Bauchschmerzen von verschiedener gewerkschaftlicher Seite, wie man ausdrücklich sagen muss – als Personalgewinnungsmaßnahme eingeführt. Der Begriff des Ballungsraums und der damit verbundenen Konsequenzen für den Personenkreis, der sie als Beamter oder Beamtin erhält, wird sich in einem dynamischen Prozess wandeln.

Wir halten in diesem Zusammenhang wie schon mehrmals erwähnt die Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms für notwendig. Insgesamt glaube ich jedoch, dass diese Diskussion und dieser Gesetzentwurf nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer differenzierteren Besoldung ist. Eine Berücksichtigung der jeweiligen regionalen Situation bei einem entsprechenden Ortszuschlag muss in den zuständigen Gremien auf Bundesebene, vor allem aber auch in den Berufsverbänden und den Gewerkschaften sowie auf der politischen Ebene intensiv diskutiert und gefördert werden. Ich halte dies für die zukunftsweisende Konzeption, über die wir uns schon jetzt unterhalten sollten. Diese Beratungen stellen dazu einen Auftrag dar.

Wir bitten, dem Gesetzentwurf in der Fassung des Beschlusses des federführenden Ausschusses unter gleichzeitiger Annahme der Änderungsanträge zuzustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Wörner.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vorneweg sage ich: Die SPD-Fraktion fordert zu diesem Antrag namentliche Abstimmung. Wir wollen nämlich wissen, wer sich in dieser Frage wie verhält.

Herr Minister, vielen Dank, dass Sie dem Hohen Haus die Ehre erweisen, doch noch zu erscheinen. Es geht ja immerhin um Ihre Gesetze, die Sie eingebrockt haben und die nach dem, was Kollege Unterländer gesagt hat, mühsamst vertreten werden. Überzeugung sprach aus seinen Worten nicht, geschweige denn, dass man von Herzblut sprechen könnte.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Faltlhauser?

(Zurufe von der SPD)

Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Zurufe von der CSU: Oh, oh! – lebhafte Zurufe)

Der Kollege kann nachher ruhig noch reden. Ich meine schon, dass es schwierig ist, ein Gesetz ohne Minister zu beraten. Aber offensichtlich ist ihm nicht ganz wohl in seiner Haut, wenn er 10 Millionen DM aus den Taschen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer herauszieht, die ihnen die rot-grüne Bundesregierung gerade zu geben versucht hat.

(Beifall bei der SPD – Dr. Bernhard (CSU): Unverschämtheit!)

Noch ein Wort zur Vorgeschichte, meine Damen und Herren. Es war völlig richtig erkannt, dass man aus Personalgewinnungsgründen, aber auch aus Gründen des Sozialverhaltens der Arbeitgeber versucht hat, die Entwicklung der Mietpreise und der Lebenshaltungskosten im Ballungsraum München abzufangen, indem man sagte: Okay, geben wir ihnen für den Ballungsraum mehr Geld. Dass dabei Lengries und Fall, die immer als änderungswerte Beispiele angeführt werden, hineingekommen sind, war nicht Sache der Opposition. Es waren ganz andere Leute, die damals am Ruder waren und die, warum auch immer, Fall und Lengries hinzugenommen haben. Das jetzt zu nutzen, um damit ein Einsparpotenzial zu erschließen, ist äußerst gewagt, um nichts anderes zu sagen.

Meine Damen und Herren, es ist doch so, dass bei der Regelung der Ballungsraumzulage – das hat mit dem Landesentwicklungsprogramm überhaupt nichts zu tun – Gesetzgeber und Parlament frei sind in ihrer Entscheidung, auf welcher Rechtsgrundlage sie die Frage regeln wollen, warum die Ballungsraumzulage gezahlt werden muss.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Das derzeitige LEP – darauf weist auch ein Brief des Personalrates des Landkreises Starnberg hin – sagt kein Wort darüber aus, was notwendig wäre, um diese Lebenshaltungskosten und die Mieten auszugleichen. Darüber steht derzeit nichts drin. Es stammt im Übrigen aus dem Jahr 1987 und heute nehmen Sie es als Entscheidungsgrundlage her. Das ist äußerst fragwürdig.

(Beifall bei der SPD)

Das Nebelkerzenwerfen geht noch weiter. Man sagt, das LEP müsse neu gestaltet werden, damit man vielleicht etwas tun könne, und man müsse noch einmal darüber reden. Ich meine, wenn dieses Parlament mehrheitlich eigenständig entschiede, könnte es heute sagen: Die Ballungsraumzulage bleibt für Erding, Freising, Starnberg usw. Das könnten wir selbst entscheiden.

(Beifall bei der SPD)

Es ist schon sehr schwierig, dass sich das Parlament in solchen Fragen so beschneiden lässt, aber noch viel schwieriger ist das Verhalten einzelner Abgeordneter. Da stellt sich ein Herr Haedke, seines Zeichens Abgeordneter in München, hin und erklärt bei einer ÖTV-Ver

anstaltung, dass mit dem Minister alles schon geklärt sei. Es komme alles gar nicht so schlimm und es passiere im Grunde nichts. Das habe er mit dem Minister schon längst besprochen.

(Lachen und Zurufe von der CSU)

Das Gegenteil ist der Fall. Dafür gibt es genügend Zeugen, die bei dieser Veranstaltung anwesend waren.

Das Nächste ist, dass Kollege Unterländer bereits – –

(Zurufe von der CSU: Das ist ein guter Mann – Wei- tere Zurufe und Unruhe)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege, gestatten Sie eine Frage des Herrn Kollegen Haedke?

(Unruhe und Zurufe)

(Lebhafte Zurufe)

Ich verstehe, dass Sie aufgeregt sind, meine Damen und Herren; es ist Ihnen peinlich, was Sie hier betreiben.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der SPD: Mölling! Mölling! – Gegenrufe von der CSU)

Ich weiß nicht, Herr Kollege, ob ein Parlament zum Niedermachen da ist oder für die sachliche Auseinandersetzung. Aber Niedermachen ist Ihr Stil. Der Herr Kollege Unterländer hat bereits, bevor der Herr Minister das Gesetz eingebracht hat, an alle Pressestellen Münchens im Namen der Münchner Abgeordneten ein Fax versandt – das war damals etwas pikant –, in dem stand, die Münchner Abgeordneten werden für die Ballungsraumzulage kämpfen.

(Dr. Bernhard (CSU): Stimmt doch!)

Wer jetzt dafür kämpft, das sieht man. Und wer sie erhalten will, das sieht man auch.

(Zurufe von der CSU)

Meine Damen und Herren, es ist wirklich nicht so, dass die Ballungsraumzulage erhalten wird. Sie wird abgeschmolzen. Im Jahre 2004 muss man neu darüber nachdenken, ob es sie überhaupt noch geben soll. Für weite Teile gibt es sie jetzt schon nicht mehr. Ich kann doch nicht als bayerischer Abgeordneter lediglich meinen Blick auf München fokusieren, sondern ich muss die Ballungsräume insgesamt betrachten. Und wenn sogar die JU in Erding fordert, die Ballungsraumzulage zu erhalten, – –

(Dr. Bernhard (CSU): Die wird doch erhalten! Reden Sie keinen solchen Quatsch!)

Sie haben doch keine Ahnung, stelle ich gerade fest. Sie wissen noch nicht einmal, dass es sie in Erding über