Protokoll der Sitzung vom 05.04.2001

Sie haben doch keine Ahnung, stelle ich gerade fest. Sie wissen noch nicht einmal, dass es sie in Erding über

haupt nicht mehr gibt. Nein, Sie haben keine Ahnung, das beweisen Sie damit.

(Beifall bei der SPD – Dr. Bernhard (CSU): Das ist eine Frechheit!)

Wirklich, Sie haben keine Ahnung. Das beweisen Sie damit. Wenn Sie behaupten, es gibt sie in Erding weiterhin, dann wissen Sie gar nichts.

(Dr. Bernhard (CSU): Sie haben gerade gesagt, sie wird nicht erhalten. Sie wird aber erhalten. Sie sollten hier keine Unwahrheiten verbreiten! – Zuruf von der SPD: Mölling!)

Meine Damen und Herren, ich stelle fest, dass die Münchner CSU-Abgeordneten wie ein Löwe gesprungen und als Bettvorleger im Zimmer des Ministers gelandet sind. Sie haben nichts erreicht.

(Beifall bei der SPD)

Im Gegenteil, Sie haben versucht, mit Nebelkerzen zu werfen – wie Sie es eben auch wieder machen – und zu verschweigen, dass Sie einen Teil der Balllungsraumbevölkerung – jetzt präzisiere ich, damit auch Sie das verstehen – –

(Dr. Bernhard (CSU): Das ist eine Unverschämtheit! Sie reden das ganze Jahr nicht und glauben nun, sich durch Unverschämtheit hier hervortun zu können, weil hier Leute auf der Tribüne sitzen! – Glocke der Vizepräsidentin – Beifall bei der SPD – Widerrufe von der CSU)

Herr Bernhard, was regen Sie sich denn so auf. Ich verstehe Ihre Panik wirklich.

(Dr. Bernhard (CSU): Weil Sie so unverschämt sind! – Zuruf von der SPD: Getroffene Hunde bellen!)

Ich verstehe Ihre Panik wirklich; so ist das nicht. Ich muss feststellen: Wenn wir über Verwaltung und Menschen reden, dann stellt sich natürlich draußen die Frage nicht zu Unrecht, warum in Assling, Garching und Pliening die Ballungsraumzulage weiter gewährt wird, fünf Kilometer weiter in Freising aber nicht.

(Dr. Bernhard (CSU): Labern Sie nicht immer! Sagen Sie endlich einmal etwas Richtiges! – Gegenruf von der SPD: Sie wissen offenbar gar nicht, über was wir hier reden!)

Freising ist einer der betroffenen Orte, wo selbst ein Landrat, der uns nicht nahe steht, darum gebeten hat, die Zulage weiter zu bezahlen.

Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang höchst interessant, dass der Landrat von Ebersberg geschrieben hat, er brauche sie weiter, und dass auch der Stadtrat von München uns aufgefordert hat, weiter zu bezahlen.

(Zuruf von der SPD: Einstimmig!)

Im Übrigen einstimmig, ja. Und es ist interessant, welches Spielchen Ihre CSU da in München spielt. Das muss man auch einmal hinterfragen. Im Stadtrat sind wir alle dafür und im Landtag sind wir ein bisschen dagegen und so spielen wir dieses Spiel. Aber diesmal geht das nicht mehr durch. Das werden Sie begriffen haben und deshalb sind Sie auch so nervös.

Ich weise Ihnen jetzt noch einmal an einigen Beispielen nach, wie unsozial das Ganze ist. Da werden Menschen gezwungen, nach München zu gehen; ich denke nur an die Polizisten.

(Zuruf von der CSU)

Ja, von 40 Bewerbern vier; sie werden gezwungen in München zu bleiben

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So schlimm ist das auch nicht!)

und bekommen eine Wohnung; das ist in Ordnung. Aber anschließend kriegen sie eine Fehlbelegungsabgabe aufgebrummt, wenn sie ein- oder zweimal befördert sind. Das macht mindestens 1 DM pro Quadratmeter, und da gehen Sie nun her und nehmen ihnen 30% der Ballungsraumzulage weg. Wo ist da das soziale Verhalten? Wo ist Ihr soziales Gewissen in solchen Fragen? Wenn ich mir die Mietpreise der staatlichen Wohnungen ansehe, stellt sich für mich sowieso die Frage, wie sozial das Vermieterverhalten des Freistaates Bayern ist. Ich meine, so kann man das nicht machen.

(Haedke (CSU): Weil der Herr Ude keine Wohnungen baut! Bauen Sie halt einmal Wohnungen, Sie haben ja die Verantwortung in der Stadt!)

Darüber könnten wir jetzt gut reden. Aber, Herr Haedke, Sie wissen ja überhaupt nicht, über was wir jetzt reden. Das ist Ihr Problem.

(Beifall bei der SPD)

Auch weise ich darauf hin, dass selbst der Personalreferent der Landeshauptstadt München Ihnen vorgerechnet hat, Herr Minister, dass der Verwaltungsaufwand, um allein Ihr Gesetz zu vollziehen, mindestens fünf Leute beschäftigen wird. Jetzt könnte man sagen, toll, das ist ein Beschäftigungsprogramm, aber wir reden in diesem Hohen Hause auch über die Verwaltungsvereinfachung.

Wenn ich dann sehe, was Sie daraus machen, nur um Ihre 10 Millionen DM einstreichen zu können, dann muss ich sagen: Das haut so nicht hin!

(Haedke (CSU): Märchenstunde!)

Ein Weiteres: Die gesamten Bürgermeister, die uns angeschrieben haben, die zum Teil Petitionen gestellt haben als Bürgermeister, stellen fest, dass sie, wenn die Ballungsraumzulage in Erding, in Freising und in anderen Orten, wie Starnberg, gestrichen wird, kein Personal mehr gewinnen können,

(Zuruf des Abgeordneten Jetz (CSU))

was dazu führen wird, dass es ein Problem werden wird, die Wünsche der Bürgerinnen und Bürger so zu erfüllen, wie es von diesem Staat erwartet wird.

Wenn man weiter darüber nachdenkt, könnte man feststellen: Sie wollen das sogar, um weiter privatisieren zu können, um den Bürgern Staatsleistungen zu entziehen,

(Haedke (CSU): Das ist ja hanebüchen!)

sie nicht mehr sach- und fachgerecht machen zu können, um dann zu sagen: Sie können das nicht, also muss man es privat vergeben. Das scheint dahinter zu stecken, anders kann ich mir Ihre Strategie nicht mehr vorstellen.

(Haedke (CSU): So einen Schmarrn können Sie in Ihrer Ortsversammlung der SPD bringen!)

München und die Feuerwehr. Da wird die Berufsfeuerwehr gezwungen, Brandbriefe zu schreiben, weil Minister und CSU-Abgeordnete offensichtlich nicht verstehen, dass erstens die Gebietskulissen von 1987 sind – das habe schon einmal gesagt –

(Kobler (CSU): Das hat jemand angezettelt! – Leeb (CSU): Die Gewerkschaft war das!)

dass es zweitens ein Unding ist, weil bei einem Grundgehalt von 2900 bis 4246 DM die Ballungsraumzulage dringend benötigt wird, gerade in einem technischen Beruf wie bei der Feuerwehr und nicht nur dort, sondern auch bei der Polizei. Ich meine, allein das müsste Ihnen, Herr Peterke, einen Stoß geben, sich so zu verhalten, dass Sie diesem Gesetz nicht zustimmen können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich meine, Sie haben schon in der Ausschusssitzung signalisiert, dass Ihnen bei diesem Verfahren nicht ganz wohl ist. Dann sollten Sie auch einmal dazu stehen und dies so zu Protokoll geben oder sich zumindest in der Abstimmung entsprechend verhalten.

(Beifall des Abgeordneten Franzke (SPD))

Wir sehen insgesamt, dass dieses Gesetz unsoziale Flickschusterei ist mit dem Zwecke, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 10 Millionen DM aus der Tasche zu nehmen. Wir sehen, dass es keine Verwaltungsvereinfachung, sondern eine Strichmehrung ist, dass es auf massiven Widerstand selbst der Gemeinden und Kommunen trifft, die das zahlen müssen.

Wir stellen uns schon die Frage, warum Sie sich unserem Vorschlag verweigern, nämlich zu sagen: Wir stellen es den Gemeinden und Kommunen frei, ob sie es zahlen. Sie, die sie sonst die kommunale Eigenverantwortung wie einen Monstranz vor sich hertragen, müssten doch sagen: Jawohl, das sollen die Gemeinden selber in eigener Verantwortung entscheiden, ob sie für Personalgewinnung und für die sozialen Belange der Beschäftigten Geld übrig haben oder nicht. Aber was machen Sie? Sie treiben einen Keil hinein.

In Wirklichkeit wollen Sie nämlich etwas ganz anderes: Durch Ihre Verzögerungstaktik wollen Sie jetzt auch noch die Tarifangestellten in diese Geschichte hineinziehen.

(Franzke (SPD): So ist es!)

Ich wünsche mir nur, dass die ver.di-Gewerkschaft stark genug ist, um Ihnen dabei eine solche auf die Finger zu geben, dass Sie in Zukunft solche Dinge unterlassen.

((Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir meinen, für dieses Gesetz gab es keine Notwendigkeit außer der Ihres Sparwillens. Da muss ich aber schon sagen, Herr Minister: Sonst sind Sie etwas großzügiger. Als es zum Beispiel um das seltsame Gebilde hier oben drauf ging, haben Sie gesagt: Diese paar Millionen muss uns unser Parlament wert sein. Wenn es aber um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geht, schaut das plötzlich völlig anders aus. Da wird draufgehauen, da wird nachgelegt.

Ich verstehe nach wie vor nicht, warum Sie nicht gemeinsam mit uns gesagt haben: Der Landkreis Erding, der Landkreis Freising, die betroffenen Ballungsräume einschließlich Starnberg, ausschließlich Lenggries und Fall, wenn Ihnen das so am Herzen liegt, gehören weiterhin, wie es in unserem Vorschlag steht, in den Ballungsraum. Ballungsraum und Betroffenheit sind doch etwas, was man nicht mit einem Stück Papier Landesentwicklungsplan regelt,

(Haedke (CSU): Was dann?)

sondern das ist ganz einfach das, was die Menschen zahlen müssen, nämlich an Miete, und was sie anschließend im Geldbeutel haben, und nicht das, was wir uns irgendwo auf Papier ausdenken. Ich meine, das müsste die Grundlage der Entscheidung sein.