Deswegen muss man dagegen vorgehen. Ich hatte gehofft, dass er zu seinem Gesetzentwurf Stellung nimmt und ihn verteidigt. Herr Finanzminister, ich erinnere mich noch gut an das Lostreten der Diskussion, als aus Ihrem Haus eine Presseerklärung kam, dass die Ballungsraumzulage wegfallen wird. Alle Fraktionen waren aufgeschreckt. Bitte erinnern Sie sich daran, dass wir alle Dringlichkeitsanträge gestellt haben und wir nach der Diskussion gemeinsam beschlossen haben, dass wir die Ballungsraumzulage fortführen wollen.
Eben. Jetzt dann dies. Verstehen Sie mich? Soviel ich weiß, ist der Herr Finanzminister auch Aufsichtsrat bei MUC-II, wenn nicht sogar Vorsitzender. Es könnte ja passieren, dass der Flughafen München II in Schwierigkeiten gerät, wenn die dortigen Bediensteten die Ballungsraumzulage nicht mehr bekommen. Kolleginnen und Kollegen, Sie müssen sich vorstellen: Ein Justizbeamter in A 7 oder ein Arbeitnehmer am Flughafen verdient keine Spitzengehälter. Für einen Verheirateten mit zwei Kindern gehen 230 DM schon an die Existenz; das sind einige Prozent des Gehaltes, um die es hier geht. Das ist ein harter Eingriff in die finanzielle Situation. Sie als Arbeitgeber am Flughafen München II müssen, soviel ich gehört habe – ich weiß es nicht; ich hatte gehofft, Sie würden es erklären –, sozusagen einen Haustarifvertrag abgeschlossen haben, mit dem die Ballungsraumzulage fortgezahlt wird. Eine solche Information ist mir zugegangen. Auf jeden Fall wären Sie bereit, auf der einen Seite das anzuerkennen, was der anderen Seite vorenthalten werden soll. Das verstehe ich nicht.
Zum nächsten, was ich nicht verstehe. Sie sind Tarifvertragspartei. Ich muss deutlich sagen: Ich habe kein Verständnis dafür, dass der Freistaat Bayern als Tarifvertragspartner einen Tarifvertrag auslaufen lässt – das ist eine Missachtung der Tarifvertragsparteien –, Verhandlungen, die vorher aufgenommen wurden, als Farce durchführt – so ist es von Leuten, die daran beteiligt
waren, bezeichnet worden. Es gab keinen Willen zur Einigung; es gab auch kein Angebot von Seiten des Finanzministeriums. Man ließ ihn auslaufen. Nun wollen Sie mit der Entscheidung des Parlaments Fakten schaffen und wollen diese dann – wehe, die anderen würden das nicht akzeptieren – auf die Tarifverhandlungen übertragen. Das ist unfair. Dort, wo Sie die Möglichkeit haben, kraft Verordnung, kraft Gesetz etwas zu diktieren, nützen Sie den Handlungsspielraum und sind nicht bereit, vernünftig, wie Menschen eigentlich miteinander reden könnten, zu verhandeln, mitbestimmen zu lassen und etwas auszuhandeln. Dies läge im Interesse aller Beschäftigten. Dies muss man Ihnen vorwerfen.
Das Schlimmste, was Sie meines Erachtens machen, ist Ihr beabsichtigtes eiskaltes Vorgehen gegenüber Bürgermeistern. Sie wissen genauso gut wie ich, dass die gesetzliche Grundlage für die Ballungsraumzulage in manchen Bereichen fehlt und diese trotzdem gezahlt wird. Ich erinnere Sie daran, dass wir vor ein paar Jahren über 55 Petitionen von betroffenen Bürgermeistern hatten. Heute lassen Sie durch Ihr Haus und durch das Innenministerium erklären, dass Sie knallhart durchgreifen werden, um durchzusetzen, dass die Zahlungen nicht mehr erfolgen werden.
Ich muss zum Schluss kommen: Ich verstehe einfach Ihren Willen nicht, sich mit einem so „kleinen“ Betrag so viel Ärger an den Hals zu ziehen. Ich habe dafür keinerlei Verständnis.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Wörner, einen so miesen politischen Stil, wie Sie ihn hier geboten haben,
haben wir hier schon viele Jahre nicht mehr erlebt. Eine derart primitive Polemik ist wirklich ärgerlich. Ich sage Ihnen auch, warum ich mich so ärgere. Ich habe heute Morgen mit dem Kollegen Unterländer noch einmal mit der Gewerkschaft ver.di wegen des Themas Gebietskulisse und anderer Sachen verhandelt – ich werde das gleich erklären. Wir haben uns bemüht, eine Regelung zu finden, die auch den Beschäftigten gerecht wird. Da stellen Sie sich hierher und halten letztlich in einer solch miesen Art und Weise eine Rede zum Fenster hinaus! Das ist ärgerlich.
Was war der Ausgangspunkt, meine Damen und Herren? Der Ausgangspunkt war das Auslaufen der Ballungsraumzulage. Das war die Diskussionsgrundlage. Das haben Sie gesagt. Was haben wir von der CSU und von der Münchner CSU gesagt? Wir haben gesagt: Ein Auslaufen kommt nicht in Betracht. Insofern haben wir
ganz klar unser Versprechen eingehalten, und ich verbitte mir, dass Sie uns solche Sachen unterstellen.
Was war damals weiter gemeinsame Geschäftsgrundlage, die Sie gerade angesprochen haben? Auch Sie waren der Meinung, dass ein Anpassungsbedarf gegeben ist. Darum haben wir uns sogar darauf verständigt, gemeinsam eine Entschließung zu verabschieden. Anpassungsbedarf war also die Ausgangslage.
Was heißt das nun konkret? Anpassungsbedarf hieß vor allem, die Gebietskulisse neu zu ordnen, die nicht akzeptabel war. Wir haben nach Kriterien gesucht, wie man das am besten machen kann, ohne ständig neue Abgrenzungsprobleme zu schaffen, die bei einer solchen Regelung natürlich fast immanent sind; denn die Nachbarn des Landkreises, bei dem es aufhört, sagen: Bei uns nicht, das ist ungerecht. Man muss also versuchen, eine Abgrenzung zu finden, die halbwegs vernünftig und nachvollziehbar ist. Wir haben überlegt, ob wir das System so lassen, wie es ist. Ich will jetzt auch einmal den Damen und Herren, die auf der Zuhörertribüne sitzen, sagen, dass das für uns die einfachere Lösung gewesen wäre; denn nach der Regelung des Bundes über das Wohngeld wären eine ganze Menge Gebiete herausgefallen. Das wollten wir nicht. Deshalb haben wir nach einer anderen Regelung gesucht. Das sollten Sie den Leuten einmal sagen. Wenn wir uns daran gehalten hätten, was Berlin macht, dann hätte in Zukunft eine ganze Menge Menschen keine Ballungsraumzulage mehr. Darum ist diese Polemik so ungerecht.
Deshalb haben wir eine vernünftige Gebietskulisse vorgeschlagen und haben gefragt, wo definiert ist, was ein Ballungsraum ist, das heißt dort, wo die Mieten hoch sind, wo die Lebenshaltungskosten teuer sind. Dann ist es natürlich vernünftig, als Annäherung zu sagen: Wenn es im Landesentwicklungsprogramm eine solche Definition gibt, dann versuchen wir, uns daran zu halten. Als man diese Räume bestimmt hat, hat man sich ja etwas dabei gedacht.
Jetzt geht es um die Frage der Feinabgrenzung. Darüber ist es auch heute Morgen beim Thema Freising und Erding gegangen. Im Moment wird die Ballungsraumzone im Landesentwicklungsplan neu definiert. Das ist im Moment im Laufen. Leider ist das jetzt noch nicht so weit gediehen, dass wir das heute hier verwenden könnten. Heute Morgen wurde diskutiert – ich sage das hier ganz offen –, ob wir sagen können: Wir nehmen beispielsweise Freising oder Erding hinein, weil diese Gebiete in Zukunft aufgrund der dafür geltenden Kriterien wahrscheinlich als Ballungsraum in das Landesentwicklungsprogramm aufgenommen werden. Leider sind wir dann zu dem Ergebnis gekommen, dass das nach den bisherigen Arbeiten nicht möglich ist. Herr Kollege Unterländer hat ganz eindeutig erklärt, dass wir uns dafür einsetzen werden, dass eine vernünftige Abgrenzung erfolgen wird und dass dann in diesem Bereich die Ballungsraumzulage wieder bezahlt wird. Das ist die Diskussionsgrundlage. Sie sollten vor allem nicht den Ein
druck erwecken – das ärgert mich am meisten –, als würden wir von der CSU uns um die Menschen, die die Ballungsraumzulage bekommen und benötigen, keine Gedanken machen. Das ist eine Unverschämtheit von Ihnen.
Nein, ich gestatte keine, weil wir mit der Debatte zu Ende kommen müssen. Ich möchte schon noch eine Bemerkung zu München machen. Zum Wohnungsbau in München, Herr Volkmann, werde ich gleich einmal Sie ansprechen. Was haben Sie damals gemacht, als die Bundesregierung die Eisenbahnerwohnungen verkaufen wollte? Sie haben bei mir draußen eine Demonstration angezettelt. Inzwischen wurden diese Wohnungen an den Nomura-Konzern verkauft, der sich besonders liebevoll um die Eisenbahner-Wohnungen kümmern wird. Was machen Sie in Berlin in der Steuergesetzgebung? Sie haben die Verlustanrechnung verändert,
Sie haben die Spekulationsfrist verlängert, was dazu geführt hat, dass der private Mietwohnungsbau in München total zum Erliegen gekommen ist.
Was macht Ihr Oberbürgermeister? Er ist nicht in der Lage, Baugrundstücke, Kasernen und andere Flächen aufzuschließen, damit in München Wohnungen gebaut werden können. Wenn Sie dann einen Bebauungsplan aufstellen, versehen Sie ihn mit so verrückten Auflagen, dass es dafür in München keinen Investor mehr gibt. Das ist Ihre Wohnungsbaupolitik in München. Da sollten Sie hier nicht polemisieren.
Sie können davon ausgehen, dass wir uns um die Menschen kümmern werden, die die Ballungsraumzulage verlieren. Wir werden für diese Menschen vernünftige Regelungen finden.
Unter Ihrer Regierung ist der Wohnungsbau in München massiv zurückgegangen. Sie betreiben nämlich in München eine unvernünftige Baupolitik. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die Wohnungsnot in München nur durch ein entsprechendes Angebot bekämpft werden kann. Wir müssen diesen Gesetzentwurf im Moment in dieser Form beschließen. Ich stelle jedoch in diesem Hohen Hause fest, dass wir uns bei der Neuformulierung des Ballungsraums für eine Abgrenzung einsetzen werden, die den Bedürfnissen der Menschen gerecht wird. Davon können Sie ausgehen.
Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser (Finanzministe- rium) : Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Wörner, zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass dieses Hohe Haus nach einer Absprache der Geschäftsführer der Fraktionen kurzfristig beschlossen hat, die Tagesordnung zu ändern. Zwei Tagesordnungspunkte wurden herausgenommen. Deshalb ist der Tagesordnungspunkt „Ballungsraumzulage“ entgegen den bisherigen Planungen vorgezogen worden.
Ich bin davon kurzfristig informiert worden und war innerhalb von sieben bis acht Minuten im Parlament. Ich glaube, es ist nicht möglich, vom Finanzministerium aus noch schneller hierher zu kommen. Dies zum Gegenstand eines Vorwurfes zu machen halte ich für unkollegial und unsauber.
(Franzke (SPD): Die CSU hat nach Rücksprache mit Ihnen um eine Veränderung der Tagesordnung gebeten! – Weitere Zurufe von der SPD)
Ich wiederhole: Die Tagesordnung wurde geändert. Das war für mich im Finanzministerium nicht vorhersehbar. Herr Kollege Wörner, mir zu unterstellen, dass mich dieses Thema nicht interessiere, ist unglaublich. Angesichts dieser Umstände hätten Sie Ihrerseits genug Anlass, sich zu entschuldigen.
Erstens. Die Ballungsraumzulage ist eine Sonderleistung, die es nirgendwo anders in der Bundesrepublik Deutschland gibt. Diese Sonderleistung wird auch von vielen Gewerkschaftern kritisch gesehen, weil sie Ungerechtigkeiten schafft. Bedienstete in anderen Ballungsräumen bekommen diese Leistung nicht. Deshalb haben wir darüber immer diskutieren müssen.
Zweitens. Im alten Zustand der Ballungsraumzulage gab es auch immer regionale Ungerechtigkeiten. Ein Beam
ter in der Besoldungsstufe A 8 aus Aying hat diese Zulage bekommen. Sein Nachbar in Feldkirchen-Westerham, der seinen Dienst nur wenige Kilometer entfernt leistet, hat sie nicht erhalten. Wenn Sie behaupten, ein Wegfall dieser Zulage wäre existenzgefährdend, so wäre der Zustand für den Beamten in Feldkirchen-Westerham auch in der Vergangenheit bereits existenzgefährdend gewesen. Meine Damen und Herren, ich will damit Folgendes sagen: Durch diese regionalen Eingrenzungen gab es immer schon dramatische Ungerechtigkeiten. Die einen erhielten diese Leistung, die anderen nicht. Deshalb sind solche Sonderregelungen im Prinzip außergewöhnlich problematisch.