Die gegenwärtige Krise in der Lebensmittelsituation hat eine Schockwelle in der Bevölkerung ausgelöst. Die Schockwelle ist für alle schlimm genug: für die Produzenten und die Verbraucher. Sie darf von niemand missbraucht werden. Sie könnte ihr Gutes haben, wenn die Brüsseler Bürokraten endlich die Konsequenzen in Form eines endgültigen Tiermehlverfütterungsverbots zögen. Auch dazu habe ich von Ihnen heute nichts gehört. Wir müssen hier gemeinsam gegen diese Form der Verarschung des Verbrauchers, so will ich es einmal sagen, zu Felde ziehen. Es geht um 500000 Tonnen Tiermehl, das vermutlich verseucht ist.
Ja, Sie sind hier unruhig. Aber ich erwarte endlich Ihren Beitrag dazu, dass wir gegen solche Missstände gemeinsam angehen.
Was die EU am meisten gefährdet, sind Korruption und menschenfeindlicher Lobbyismus. Eine Freiheit ohne Grenzen, die wir immer mehr haben, erfordert überall, auch in Brüssel, ein noch höheres Verantwortungsbewusstsein.
Eine reale Gefahr zieht die Schockwirkung in der Bevölkerung allerdings auch noch nach sich, nämlich die, dass wir grünen Rattenfängern blauäugig hinterherlaufen. Frau Künast, von der es bald frei nach Renate Schmidt – Sie kennen ihren Ausspruch – heißen wird: „als Tiger gestartet, als Bettvorleger gelandet“, versucht, uns vorzugaukeln, dass eine Nostalgielandwirtschaft der Ausweg aus der Krise sein könne. Eine nicht näher definierte, – in Anführungszeichen – artgerechte Tierhaltung, unter der sich jeder etwas anderes vorstellt, muss aber nicht unbedingt etwas mit einer besseren, hygienisch einwandfreien landwirtschaftlichen Produktion zu tun haben. Das sollten wir immer wieder darstellen. Wir
Und lassen wir uns nicht zu einer überschießenden Abneigung gegen alles, was mit Bio- und Gentechnologie zu tun hat, hinreißen! Wir müssen auch über den Tag hinaus und in die Zukunft schauen. Ich habe ja versucht, Ihnen darzulegen, wozu dieses Ministerium da ist. Wir haben in Bayern hervorragende Voraussetzungen, durch unsere Forschung, durch unsere Wirtschaft und auch durch die weitsichtige Neugründung dieses Ministeriums sowohl auf dem Gebiet der Gesundheitsvorsorge als auch auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge – hierzu gehört zuvorderst eine gesunde Ernährung – Vorbildliches zu leisten. Dazu erwarte ich in Zukunft Ihre konstruktive Mithilfe und nicht destruktives Herumnörgeln.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich war bei dem Schaum vor dem Mund, der sich bei dem Kollegen Gröber gebildet hatte, etwas überrascht darüber, dass er so abrupt zum Ende kam. Ich hatte gedacht, es dauert noch eine Weile.
Ich möchte einmal die Rede von Herrn Minister Sinner bewerten. Er hat sich heute in Sachen Verbraucherschutz vom Saulus zum Paulus gewandelt. Ich habe allerdings die große Frage, ob er auch die CSU-Fraktion mit auf seine Reise nehmen wird. Ich darf da seinem Kurzzeitgedächtnis einmal ein bisschen auf die Sprünge helfen. Im Dezember trat die CSU noch vehement dafür ein, dass Tiermehl verfüttert wird, wie es auch Minister Miller und die anderen dafür Zuständigen damals gesagt hatten. Auch bezüglich der Antibiotika als Leistungsförderer ist noch im Januar von staatlichen Beratungsstellen eine Empfehlung ausgesprochen worden. Somit scheint mir inzwischen ein sehr, sehr vehementer Wandel eingetreten zu sein. Wir begrüßen das. Aber ich hoffe, dass Sie auch alle, die hier heute versammelt sind, mit auf Ihrer Seite haben.
Mir scheint, dass Herr Minister Sinner ein gewisses Künast-Trauma zu verarbeiten hat. Das schließe ich aus seiner Äußerung. Ich weiß nicht, ob bei seinen Reisen nach Brüssel der Schafskopf an erster Stelle stand. Soweit ich weiß, spielte bei Renate Künast weder Schafskopf noch – ich verlasse einmal etwas den Weißwurst-Äquator – Doppelkopf oder Skat als notwendige Bedingung eine Rolle. Dies war keine hinreichende Anforderung für ihre Arbeit.
Wir haben in Bayern, sobald ein neuer BSE-Fall auftritt, mittlerweile in den Zeitungen nur noch kleine Mehrzeiler. Die 25. BSE-Kuh ist mittlerweile am heimischen Küchenherd schon Alltag. Die Maul- und Klauenseuche steht unmittelbar vor der Tür. Ein kleiner Windhauch aus den
Niederlanden oder Frankreich genügt, und schon wird diese Tierkrankheit wie im Dominoeffekt die bayerischen Grenzen passieren.
Neben der Regierungserklärung zum Verbraucherschutz darf heute Minister Sinner auch die Zuschnittssuppe seines Ministeriums auslöffeln, die ihm der Herr Ministerpräsident und seine Staatskanzlei eingebrockt haben.
Wahrscheinlich tut er es gern. Denn den Gedanken, dass er Minister wird, hatte er wahrscheinlich schon abgehakt. Auch seine Staatssekretärin freut sich in ihrem Amt. Das ist beiden zu vergönnen. Da springt man schon mal gern in die Bresche, um für den Chef die Kastanien aus dem Feuer zu holen.
Trotzdem möchte ich Ihnen die bewegte Zeit des Januars etwas in Erinnerung rufen. Die seinerzeitige Sozialund Gesundheitsministerin Stamm stand damals in dem Verdacht, der Bauernlobby im Ministerium nicht mehr ganz Herr zu werden. Auch der Agrarminister Miller fuchtelte wild mit den Armen, damit letztendlich ja kein Finger auf ihn zeigt bei der Frage, wer an der mangelhaften Kommunikation in Sachen BSE Schuld ist und wer der erste Sanitäter des Bauernverbandes ist.
Statt nach dem Rücktritt von Frau Stamm gründlich nachzudenken und nach der missglückten Inthronisation des designierten Ministers noch einmal umzusteuern, blieb der Ministerpräsident auf Kurs, getreu dem Motto: Wenn ich die beiden zuständigen Ministerien nicht lobbyfrei bekomme, dann schaffe ich mir eben ein neues.
Denn mit der Schaffung des Verbraucherministeriums hat er ein Gesundheitsministerium zerschlagen. Die Herzstücke der Gesundheitspolitik, zum Beispiel die Krankenhausplanung und die Aufsicht über die Primärkassen und all das, was mit Geld zu tun hat, belässt er im jetzigen Sozialministerium. Die Gesundheitsförderung, die Prävention gegen Sucht, Drogen und Aids sind Bereiche, die in das neue Ministerium übergehen. Damit wird eine völlig unsinnige Trennung geschaffen. Alle – wir haben es in den Ausschussberatungen und in diversen Gesprächen erlebt –, die in der Mehrheitsfraktion in Sachen Gesundheitspolitik kompetent und sachkundig sind, kritisieren diesen neuen Zuschnitt verdeckt oder offen. Zumindest haben sie große Zweifel an dem Sinn der Umstrukturierung der Ministerien.
Meines Erachtens scheint auch niemand außer dem Ministerpräsidenten und den Erfindern im Ministerium die genaue Trennschärfe in Sachen Gesundheitspolitik erklären zu können. Denn mit der Aussage, die die Staatssekretärin im Landesgesundheitsamt gemacht hat, irgendwo müsse man ja einmal einen Schnitt
Ich möchte jetzt noch einen inhaltlichen Punkt ins Feld führen, der mir wichtig ist. Es ist der Umgang mit der Psychiatrie. Psychiatrie Erfahrene und deren Angehörige sind immer mehr oder weniger latenten Stigmatisierungen ausgesetzt. Ziel war es immer – das ist im Grunde auch Ihr Ziel –, eine Gleichbehandlung der Psychiatrie mit der Somatik herzustellen. Aber genau mit dem neuen Zuschnitt im Ministerium machen Sie diese Trennung wieder auf. Insgesamt schwächen Sie nach meinem Dafürhalten die Gesundheitspolitik. Auch wenn der Kollege Gröber hier ein Plädoyer für Prävention und Gesundheitsförderung gehalten hat, glaube ich, dass aufgrund der Agenda, die im Verbraucherministerium auf der Tagesordnung steht, die Gesundheit nur die zweite Geige spielen und eben nicht den Stellenwert erhalten wird, den wir ihr als Gesundheitspolitiker gerne zugestehen wollten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Krise der Landwirtschaft, die Frage nach artgerechter Tierhaltung und die Forderung nach gesunden Lebensmitteln, das sind die Dinge, die zurzeit die Menschen bewegen. Mit BSE ist uns allen gehörig der Appetit vergangen; die kriminellen Machenschaften einiger Tierärzte und Schweinmäster haben uns den Schweinebraten vermiest. Und unter welch erbärmlichen Bedingungen Geflügel – Pute oder Huhn – gehalten wird, haben wir in den letzten Wochen ebenfalls eindringlich vor Augen geführt bekommen. Dass die Eier aus diesen „Eierknästen“ salmonellenverseucht sind, wen wundert das. Alle diese Beispiele schreien nach Veränderungen, nach besseren Standards sowohl in der Landwirtschaft als auch in der Nahrungsmittelproduktion. Es ist jetzt an der Zeit, die Weichen neu zu stellen.
Dies ist nur möglich, wenn man neben den Kontrollaufgaben auch eigene Handlungskompetenzen hat. Ihre Aufgabe, Herr Minister Sinner, ist die des Kontrolleurs, die des Mahners und die des Warners mit erhobenem Zeigefinger. Ihre Innovationskraft, Ihre Ideen müssen Sie dann in gemeinsamen Gesprächen entweder der Frau Stewens oder dem Herrn Miller weitergeben; Sie müssen das auf jeden Fall an die Kollegen abtreten; und wenn es mit Ihrem Altruismus nicht mehr soweit her ist, dann wird wohl um die Urheberschaft konkurriert werden.
Herr Minister, Sie fordern mehr Sicherheit und Transparenz bei den Lebensmitteln. Dieser Forderung können wir vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN uns uneinge
schränkt anschließen. Doch schon bei den Folgerungen, wie wir das erreichen wollen, trennen sich unsere Wege. Sie feiern, dass wir heute schon wieder bei einem Rindfleischverzehr von 70% dessen sind, was vor BSE in Deutschland gegessen wurde. In den Restaurants sind es sogar schon wieder 90%. Sie haben die Hoffnung, mit Sitzfleisch aus der Krise zu kommen. Alles bleibt wie bisher und die Transparenz wird durch das kleine bayerische Siegel verkörpert; es soll höheren Anforderungen unterliegen und es sollen mehr Kontrollen vorgesehen sein. Aber es liegt nichts Genaues auf dem Tisch, zu dem man sagen könnte, das soll tatsächlich so aussehen. Diese Transparenz fordern wir ein.
Sie wissen sehr genau, Herr Minister, dass BSE und MKS mit ein Ergebnis einer verfehlten Landwirtschaftspolitik sind. Die Agrarpolitik der Vergangenheit hat zu immer größeren Produktionsmengen bei fallenden Preisen geführt und zu immer schneller mit immer mehr Arzneimitteln gemästeten Tieren, und es gab immer weitere Tiertransportwege, um die Produktion zu verbilligen und den Verdienst größer zu machen. Das Verlangen der Verbraucherinnen und Verbraucher nach immer mehr Fleisch zu niedrigen Preisen hat diese Strukturen ebenfalls forciert und gefördert.
Wenn BSE und Maul- und Klauenseuche ein Positives haben, dann ist es die Einsicht vieler Menschen, dass Qualität und gute Lebensmittel eben ihren Preis haben. Die Agrarwende ist das Gebot der Stunde. Der Maßstab muss heute und hier Klasse statt Masse sein.
Im Verbraucherministerium war jedoch die erste Großtat, mit dem Ingolstädter Modell eine Ramschaktion anzuleiern. Statt eine Imagecampagne für gute Lebensmittel zu starten, präsentierte sich der neue Minister als billiger Eberhard.
Von staatlicher Seite Metzger aufzufordern, durch Billigangebote mehr Rindfleisch zu verkaufen, um den darniederliegenden Verbrauch anzukurbeln, ist ein fatales Signal, das selbst den Bauernverbandspräsidenten Sonnleitner zu der Aussage herausgefordert hat, dass dies keine schlüssige Politik sei.
Am Wichtigsten ist es doch momentan, den Verbraucherinnen und Verbrauchern das Vertrauen zurückzugeben, damit sie ohne Panik die angebotenen Fleisch- und Wurstprodukte kaufen und essen können.
Der Weg des Produktes muss von der Erzeugung über die Verarbeitung bis hin zum Handel zuverlässig überwacht werden. Und bei Verstößen muss es zu spürbaren Sanktionen kommen. Bisher ist eine klare Linie in Ihrem Hause, wie Sie diese Sicherheit herstellen wollen, noch nicht zu erkennen. Ich spüre Duftmarken, aber in vielem sehe ich nur eine Ankündigungspolitik.
Herr Minister, wir fordern von Ihnen die Förderung von Markenprogrammen und von Regionalprogrammen. Gerade die Maul- und Klauenseuche legt uns doch beim Thema artgerechte Tierhaltung und beim Thema Tiertransport Lösungen nahe. Es gilt, die geschlossenen Kreisläufe zu fördern; denn wer halbwegs geschlossene Betriebskreisläufe hat, wer also alles vom Ferkel bis zur Mastsau im Stall hat, sollte belohnt werden, nicht aber der, der die Ferkel durch halb Europa transportiert.
Die Imagekampagne für gute Lebensmittel aus artgerechter Haltung, die aufgrund richtiger Aufzucht und Mastbedingungen nicht schon von Haus aus so gehandicapt ist, dass bei einem erkrankten Tier gleich der ganze Bestand behandelt werden muss, ist das, was Sie angehen müssen. Unsere Kritik bleibt bestehen, dass der Bauernverband mit dem Tiergesundheitsdienst als dessen Selbsthilfevereinigung erneut mit einem Bein in Ihrem Ministerium steht. Diese „Lobbyfestigkeit“, die Sie sich als Philosophie auf die Fahne geschrieben haben, ist im Grunde fragwürdig; denn wie stellen Sie sicher, dass die Verstöße, die der Tiergesundheitsverdienst in der Vergangenheit ja auch festgestellt hat, an den Bayerischen Bauernverband als Träger des Programms „offene Stalltür“ weitergeleitet werden, und wie stellen Sie sicher, dass nicht nur die große Schublade aufgemacht wird, in der die ganzen Verstöße schön protokolliert vor sich hinschlummern und zu keinerlei Konsequenzen führen.