Protokoll der Sitzung vom 09.05.2001

Dabei gab es zwei unterschiedliche Strömungen. Einmal war die Staatskanzlei beteiligt, die nicht so sehr am öffentlich-rechtlichen Gebührensystem interessiert war – wenigstens hat sie das in der Vergangenheit nicht gezeigt –, sondern eher daran, dass Leo Kirch diese frischen Hunderte von Millionen DM von den Gebührenzahlern auf seine Konten lenken kann. Daneben gab es

die Besorgnis einiger Politiker, die meinten, dass ohne ARD und ZDF Fußball im Free-TV nicht stattfinden kann.

Ich glaube, diese Art von Unabhängigkeit, die es bei der WM-Berichterstattung gibt, nämlich den Bereich des Must-carry, der übertragen werden muss, sollten wir auch in der Fußballbundesliga haben. Wir sollten nicht nach anderen Ländern schielen – da gibt es die verschiedensten Anträge –, sondern sollten uns überlegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie wir in der Lage sind, mit zu beeinflussen, dass Fußball, der in Bayern eine große Rolle spielt, in der Free-TV-Berichterstattung zu sehen ist. Wir sollten auch darauf achten, dass das nicht erst nach 22.00 Uhr kommt, sondern dass der Fußball genau so geschützt wird wie das gesetzlich geschützte Grundnahrungsmittel Bier. Deshalb habe ich darauf bestanden, dass über diesen Antrag heute im Plenum abgestimmt wird, der dann also heißt – der Präsident hat ihn schon –:

Die Staatsregierung wird aufgefordert zu prüfen, ob bei den Verhandlungen zum 6. Rundfunkänderungsstaatsvertrag darauf hingewirkt werden kann, dass die Liste der Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung um die Fußballbundesliga ergänzt werden kann. Von diesen Spielen soll über das Recht der Kurzberichterstattung hinaus zeitnah, das heißt vor 20 Uhr, berichtet werden.

Darüber hinaus möchten wir gerne, dass auch das Recht auf Live-Berichterstattung der Radioreporter in einem eigenen Artikel festgeschrieben wird. Auch da gibt es Bestrebungen, die Radioreporter aus den Stadien zu verbannen. Ich glaube, dass noch nicht alle die Dramatik dieses Problems erkannt haben. Wenn die Schlagzeilen in den Boulevardblättern zutreffen, dass wir keine LiveRadioberichterstattung mehr kriegen, bin ich davon überzeugt, dass die Mehrheitspartei in diesem Haus sehr schnell darauf reagieren wird. Wie das aussehen könnte, hat Minister Huber in einem Zeitungsinterview schon gesagt. Für ihn ist es völlig unvorstellbar, dass die Fußballberichterstattung erst nach 22.00 Uhr stattfindet. Wenn das unvorstellbar ist, dann stimmen Sie bitte zumindest unserem Prüfantrag zu, dass im Rahmen der Verhandlungen mit den anderen Ländern geprüft wird, ob die zeitnahe Berichterstattung im Free-TV in den Rundfunkänderungsstaatsvertrag aufgenommen werden kann. Dann wären wir in diesem Hause Vordenker. Die ganze deutsche Fußballnation wäre uns dankbar, wenn wir das schaffen würden.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit! Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege von Redwitz. Bitte schön.

(Starzmann (SPD): Der Ball ist rund!)

Herr Präsident, Hohes Haus! Deutschland hat ganz bewusst die Fußballbundesliga nicht gemeldet, als

es seinerzeit um die Liste der zu meldenden Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung ging, und zwar in Abstimmung mit ARD und ZDF, also mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Der Ausdruck „gesellschaftlich relevant“ ist nicht eindeutig definiert, aber es geht eindeutig um Veranstaltungen, die die Länder gegenseitig anerkennen sollen, um Veranstaltungen, die gesellschaftlich relevant sind, und nicht um Veranstaltungen, die für bestimmte Interessengruppen interessant sind. So hat die Bundesliga zwar einen sehr großen, gesellschaftlich relevanten Anhängerkreis, aber sie ist kein Ereignis wie die Fußballweltmeisterschaft oder die Olympiade, ein Ereignis, an dem alle gesellschaftlichen Gruppierungen großes Interesse zeigen. Insofern ist die Fußballbundesliga ganz bewusst nicht genannt worden.

Ich glaube nicht, dass wir deswegen von der politischen Seite eingreifen sollten, um eine Meldung oder eine Überprüfung vorzunehmen. Es ist nachgeprüft worden. Zuletzt hat Ministerpräsident Beck, der der Vorsitzende der Rundfunkkommission ist und bekanntlich der SPD angehört, im Oktober vergangenen Jahres gesagt: Es ist nicht notwendig, die Fußballbundesliga auf diese Weise aufzuwerten.

Was den zweiten Passus betrifft, nämlich die Frage der Aufnahme der Hörfunksendungen in den Rundfunkänderungsstaatsvertrag, um damit die Hörfunkübertragung zu sichern, meine ich auch, dass es sinnvoll ist, sich mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten abzustimmen. Diese bitten darum, keinen solchen Schritt zu gehen. Bis jetzt sind sie davon ausgegangen, dass die Hörfunkberichterstattung erstens sowieso kostenlos ist und zweitens bis jetzt immer in den üblichen Verhandlungen um die Fernsehrechte enthalten war. Dabei sollte man bleiben, und dazu wird auch geraten, weil es sich um ein etwas schwieriges rechtliches Feld handelt. Schließlich und endlich sagt man, dass die Hörfunkberichterstattung eine originäre Leistung des Reporters ist, der unmittelbar am Feld etwas leistet und deswegen auch keine besondere Genehmigung braucht wie der schreibende Reporter, der eben auch etwas beobachtet und dies selbstständig niederschreibt.

Beim Fernsehen kommt etwas anderes dazu, nämlich die Tatsache, dass dort inszeniert werden muss, dass man dazu ein Kamerateam braucht, das die Szene zusätzlich aufnimmt und sozusagen veredelt. Diese Differenzierung ist bis jetzt immer beachtet worden, war nie strittig, und es ist wohl nicht sinnvoll, das als Rechtsproblem über eine Initiative im Landtag aufzugreifen. Auch dies erneut zu prüfen, halte ich nicht für notwendig, weil es, wie gesagt, mit den öffentlich-rechtlichen Anstalten in letzter Zeit erst überprüft wurde.

Was Ihre Bemerkungen, Herr Hufe, hinsichtlich der übrigen Fußball-WM-Probleme betrifft, meine ich, dass diese in dem Antrag nicht enthalten sind. Ich möchte jetzt ausdrücklich nicht auf die Hybris des Bundeskanzlers zu sprechen kommen. Laut „Süddeutscher Zeitung“ hat er angedroht, er wolle notfalls als Bundeskanzler anordnen, dass diese Spiele im Free-TV gebracht werden. So weit wollen wir nicht gehen. Ich denke, er hat kapiert, was für einen Unsinn er gesagt hat.

(Hofmann (CSU): Er ist eben ein Muskelprotz!)

Aber es stimmt mit dem Stil des Bundeskanzlers überein, den wir ansonsten kennen.

Meine Damen und Herren, auch die Umwandlung in einen Prüfungsantrag ändert nichts an der Sachlage, die wir in den Ausschüssen ausführlich diskutiert haben. Ich bitte deshalb, den Antrag abzulehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Dr. Runge.

(Loscher-Frühwald (CSU): Macht‚s kurz, ich muss zum Zug!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Loscher-Frühwald hat gerade Kürze angemahnt, weil er zum Zug müsse. Ich werde nicht ewig reden, aber ich habe doch mehr Zeit als eben beim Thema Pfand für Einweg, und ich hoffe, wir haben den gleichen Erfolg.

Vorab eine kurze Bemerkung: Interessant ist es schon, dass hier im Haus zum 5. Rundfunkänderungsstaatsvertrag im Dezember keine Diskussion gewünscht war, aber dieser Antrag „Fußballbundesliga ins freie Fernsehen“ ins Plenum gezogen wird. Zum 5. Rundfunkänderungsstaatsvertrag – damals ging es um die Gebührenerhöhung beim Fernsehen – hätte man die dem heutigen Antrag zugrunde liegende Problematik wunderbar thematisieren können, wie wir es im Dezember an dieser Stelle auch getan haben. Sei es drum!

Der Antrag behandelt ein spannendes und wichtiges Thema, und das Anliegen ist unserer Meinung nach richtig. Auf der einen Seite wird die Geldgier des Deutschen Fußballbundes und vor allem der Bundsligavereine beleuchtet. Es geht um die Kommerzialisierung des Fußballs zu Lasten der Zuschauer im Stadion, zu Lasten der Zuschauer am Bildschirm und zu Lasten der Zuhörer vor den Radiogeräten durch eine immer weitere Spreizung der Spielpläne und Spielzeiten. Weil das Ganze so teuer ist, muss nicht nur möglichst jeden Tag gespielt und übertragen werden, sondern es gibt Lizenzen und Unterlizenzen, es gibt Erst-, Zweit- und Drittrechte. Unsere Meinung ist: Dem Sport wird damit kein Gefallen getan.

Wohin geht die Reise? Kürzlich befasste sich in der „Süddeutschen Zeitung“ ein Artikel mit den Plänen des Deutschen Fußballbundes und seiner Mitglieder, was die Übertragung der Bundesliga anbelangt. „Grundsätzlich“, erklärte Mayer-Vorfelder, „favorisieren wir in Zukunft Pay-TV und Pay per view.“ Drei Jahre gilt noch der nächste duale Vertrag, und dann „können wir in Ruhe überlegen, wie wir einen Bundesligasender in eigener Regie organisieren.“

Es geht also um die ganz große Abzocke. Dass dem Sport damit ein Gefallen getan wird, darf wohl bezweifelt werden.

Es stellt sich jetzt die Frage: Wer ermöglicht denn die Mond-, wer ermöglicht die Apothekerpreise, die zurzeit meistens das Haus Kirch für die Übertragungsrechte hinblättert? Da sind wir bei der Bayerischen Staatsregierung angelangt. Sie ist es nämlich, die Leo Kirch immer wieder in Nothilfe zur Seite steht, mit Bürgschaften, mit Konsortialführerschaften bei der Landesbank. Selbst die LfA sollte ja einmal einspringen.

Beispiel Bundesliga: Innerhalb eines Jahres gab es eine Verdoppelung des Preises für die Übertragungsrechte auf 750 Millionen DM. Ein anderes Beispiel ist das Gezerre um die Übertragungsrechte bei den Fußballweltmeisterschaften. Das hat Kollege Hufe schon angesprochen. Die Milliarden Mark, die Leo Kirch für die Jahre 2002 und 2006 gezahlt hat, muss er irgendwie wieder hereinholen. ARD und ZDF werden dann von der Politik genötigt zuzuschlagen. Wir erinnern uns an das unsägliche Gezerre. Wir erinnern uns auch an die unrühmliche Rolle des Wahlkämpfers Beck in Rheinland-Pfalz. Aber auch der Bundeskanzler ist angesprochen worden. Er hieß – da muss ich Sie korrigieren, Herr Kollege Hufe – Schröder und nicht Kohl. Jetzt sind ungefähr 10 Millionen DM pro Spiel herausgekommen. Da ist es kein Wunder, dass Sie in diesem Hause nicht zu sehr viel wichtigeren Punkten, nämlich zu den Gebührenerhöhungen beim Fernsehen, diskutieren wollen.

Der Antrag der SPD befasst sich konkret mit der Frage: Wie zeitnah wird die Bundesliga im freien Fernsehen übertragen? Leo Kirch will die Erstverwertung im Pay-TV, um endlich diesem seinem Lieblingskind und auch seinem größten Sorgenkind auf die Füße zu verhelfen, und erklärt sich dann großzügig bereit, ab 22 Uhr die Bundesliga auch im freien Fernsehen übertragen zu lassen, ganz egal, ob das private Sender oder öffentlichrechtliche Rundfunkanstalten sind.

Es gibt Millionen Menschen in Deutschland, die die Bundesliga zeitnah erleben wollen. Das sind vor allem die jüngeren Zuschauer und jene, die nicht bereit oder nicht in der Lage sind, mehrere Hundert Mark für die Pay-TVPläne von Leo Kirch auf den Tisch zu blättern. In den Ausschussdiskussionen ist wieder mit Übersättigung durch Fußball vor allem im öffentlich-rechtlichen Fernsehen argumentiert worden. Das betrifft aber eben nicht die Bundesliga, sondern beispielsweise irgendwelche Freundschaftsländerspiele und – nichts gegen diese Vereine! – Spiele wie Schachtjor Donezk gegen den 1. FC Kaiserslautern unter der Woche, wodurch möglicherweise noch politische Magazine verdrängt werden. Die zeitnahe Übertragung von Bundesligaspielen im Radio und im Fernsehen ist im Grunde genommen ein Kulturgut. Sie gehört auf den Samstag Nachmittag oder den frühen Abend des Samstags. Wir erkennen durchaus das Dilemma der Staatsregierung und das Dilemma der CSU. Sie sind mit Kirch verbandelt. Durch das Milliardenengagement sind Sie auf Gedeih und Verderb auf das Gelingen seiner Pay-TV-Pläne angewiesen. Das ist Ihre Krux in dieser Angelegenheit. Im Grunde genommen, meine Damen und Herren, ist das nichts anderes als eine Spielart des bayerischen Filzes. Das erklärt auch die Gegnerschaft von CSU und Staatsregierung zum vorliegenden Antrag.

Wir unterstützen den Antrag von Herzen, auch wenn er jetzt nur ein Prüfantrag ist. Ich bitte an dieser Stelle nochmals um Zustimmung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Die nächste Wortmeldung: Kollege Hufe.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht mir darum, zwei Sachen richtig zu stellen.

Erstens. Ich darf mit Genehmigung des Präsidenten die „SZ“ vom 19. Januar 2001 zitieren:

Erwin Huber hat die Kirch-Pläne zuvor mit den Worten kritisiert, Fußball sei ein Grundnahrungsmittel. Auch Kinder und Jugendliche sollten die Zusammenfassungen zu einer akzeptablen Zeit sehen können.

Wenn das so ist, dann unterstützen Sie bitte unsere parlamentarische Initiative. Andernfalls muss Herr Huber sich nachsagen lassen, dass er in der Zeitung etwas anderes sagt als hier im Hause. Ich kann nicht einfach sagen, Fußball sei ein Grundnahrungsmittel, und eine entsprechende Forderung aufstellen, aber wenn es darum geht, die Forderung umzusetzen, zieht man den Schwanz ein. Das geht nicht.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Helmut Müller (CSU))

Sie meinen, er wird verhungern. Ja, aber vom Bier allein kann man auch nicht leben. Wir wissen, dass der Mensch nicht vom Brot allein lebt. Die Spiele gehören dazu.

Zweitens. Es war doch in jeder Zeitung die Drohung zu lesen, die Hörfunkberichterstatter bei der Weltmeisterschaft aus den Stadien auszuschließen. Wo ist denn der Unterschied zwischen Bundesliga und Weltmeisterschaft? Es gibt keinen. Also wird diese Drohung immer wieder auf der Tagesordnung sein, um mit Forderungen hinsichtlich der Gebührenzahlungen die Sender gefügig zu machen.

Jetzt wäre es an der Zeit, unspektakulär die Initiative zu ergreifen. Einen Prüfantrag abzulehnen ist sowieso relativ kleinkariert. Aber wenn es denn so sein soll, werden wir dieses Problem in ähnlicher Form immer wieder auf die Tagesordnung setzen. Sonst hätten Sie Ruhe gehabt; jetzt werden Sie damit rechnen müssen, immer wieder vorgeführt zu werden. Das ist auch eine schöne Perspektive für dieses Thema.

(Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Ich gehe davon aus, dass wir jetzt nur in der vorgelegten geänderten Form „Prüfantrag“ abstimmen. Der federführende Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur hat die Ablehnung des Antrags empfohlen. Wer dem Antrag in der geänderten Fassung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Kollege Hartenstein. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. – Das ist die Fraktion der CSU. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 13

Antrag der Abgeordneten Starzmann, Schläger, Wolfrum und anderer (SPD)

Verstärkung des Programms zur Schutzwaldsanierung (Drs. 14/4030)

Antrag der Abgeordneten Loscher-Frühwald, Sinner und anderer (CSU)

Schutzwaldsanierung (Drs. 14/5035)