Deswegen sollten wir nicht sagen: Das eine ist gut, und das andere ist schlecht. Die Politik muss versuchen, den Rahmen vorzugeben, und niemand in diesem Land – das möchte ich für alle Fraktionen sagen – denkt schon aufgrund unserer schlimmen Vergangenheit daran, einer aktiven Sterbehilfe das Wort zu reden.
Wir müssen uns natürlich schon mit der Frage auseinander setzen, was humanes Sterben bedeutet. Da aber gibt es verschiedene, sehr differenzierte Antworten. Wir werden dieses Thema aufgreifen. Wir werden es nicht bei diesem Dringlichkeitsantrag bewenden lassen, sondern wir werden uns noch mit vielen Punkten beschäfti
Es geht zum Beispiel um die Verbesserung der Schmerzversorgung; Frau Kollegin Männle, Sie haben das angesprochen. Das ist ein ganz schwieriger Punkt, und da muss man sich einmal hineinknien. Da kann man nicht einfach sagen: Das machen wir. Sie haben freundlicherweise auch gesagt: Das kann keinen appellativen Charakter haben, sondern wir müssen uns um Problemlösungen bemühen. Es geht um ein flächendeckendes Netz ambulanter und stationärer Hospizeinrichtungen, das wir noch lange nicht haben.
Wir haben ein besonderes Problem – darüber steht in dem Dringlichkeitsantrag kein Wort – auch mit den Menschen, die sich dieser Arbeit widmen. Sie sind in höchstem Maße gefordert und manchmal auch überfordert; das habe ich mit dem Zitat belegt. Deshalb müssen wir uns überlegen, wie wir diesen Menschen über die Fortbildung hinaus Hilfestellungen geben können.
Deshalb möchte ich Sie bitten, ein solches Thema nicht in der Form eines Dringlichkeitsantrages abzuhandeln, sondern sich gemeinsam mit uns noch einmal intensiver mit ihm auseinander zu setzen. Wir werden dazu von unserer Seite einen Anlauf nehmen. Bitte verstehen Sie das nicht sozusagen als Korrektur Ihres Antrages, dem wir im Prinzip zustimmen. Aber wir meinen, dass das Thema mit Ihrem Antrag nicht erschöpfend behandelt ist.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Damit ist die Rednerliste erschöpft. Wir kommen zur Abstimmung. Auf Antrag der SPD soll über den ersten Abschnitt des Dringlichkeitsantrags gesondert abgestimmt werden. Ich frage Sie: Muss ich ihn noch vorlesen? – Das ist klar. Dann bitte ich Sie, wenn Sie dem ersten Abschnitt des Dringlichkeitsantrages auf der Drucksache 14/6790 die Zustimmung geben wollen, um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion der CSU, mehrere Stimmen aus der SPD und Herr Kollege Hartenstein. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Das sind große Teile der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN.
Nun stimmen wir über den Rest des Dringlichkeitsantrags auf der Drucksache 14/6790 ab. Wer diesem zweiten Teil in der vorgelegten Form zustimmen will, den bitte ich ebenfalls um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion der CSU, die Fraktion der SPD, die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Herr Kollege Hartenstein. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltung? – Eine Stimmenthaltung. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Maget, Biedefeld, Gartzke, Peters und anderer und Fraktion (SPD)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Glück, Kaul, Hofmann, Dinglreiter und anderer und Fraktion (CSU)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Kellner, Paulig und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Der Protest der Atomkraftgegner – nicht nur der Gegner von Temelin, sondern der wirklichen Atomkraftgegner – zeigt erste Erfolge. Das befriedigt uns, weil wir zu den wirklichen Atomkraftgegnern zählen.
Sie tun sich etwas schwer, sich zu den wirklichen Atomkraftgegnern zu zählen. Sie sagen: Atomkraft ja, Temelin nein danke. Das ist nicht glaubwürdig, und mit einer derartigen Politik kann man auch keine Überzeugungsarbeit leisten.
Der Energiekonzern E.ON will nach Informationen der „Passauer Neuen Presse“, Donnerstagsausgabe, die Geschäftsbeziehungen zum Betreiber des tschechischen Atomkraftwerks Temelin, CEZ, möglichst bald beenden. Die beiden Unternehmen haben diesen Informationen zufolge entsprechende Verhandlungen bereits aufgenommen.
Die beiden Worte, Kolleginnen und Kollegen, heißen „bald beenden“. Das heißt, die Verhandlungen sind noch nicht beendet, und ich denke, keiner weiß, wie die Verhandlungen am Schluss enden werden, es sei denn, er hat hellseherische Fähigkeiten. Von daher hat sich unser Antrag nicht erledigt, und ich sage schon vorab: Wir werden dazu eine namentliche Abstimmung beantragen.
Ich denke, die Staatsregierung, aber auch die CSU hier im Hohen Hause, haben heute die Gelegenheit, Farbe zu bekennen, und zwar Farbe dahin gehend zu bekennen, ob ihnen wirtschaftliche Interessen wichtiger sind oder aber ob ihnen die Sicherheit der bayerischen Bevölkerung am Herzen liegt. So gilt es für Sie, heute Farbe zu bekennen.
Der Betrieb des Atomkraftwerks Temelin ist wegen seines gefährlichen Technologiemixes aus russischer und
aus westlicher Technologie besonders riskant. Wir haben dieses Thema vonseiten der SPD immer wieder mit parlamentarischen Initiativen behandelt, und ich sage auch hier: Steter Tropfen höhlt den Stein; die ersten Erfolge zeigen sich bereits.
Wenn Ihnen die Sicherheit der bayerischen Bevölkerung am Herzen liegt, dann stimmen Sie unserem Antrag heute in diesem Hause zu. Durch die Zustimmung zu unserem Antrag kann die Mehrheit beweisen und können Sie beweisen, dass wir wirklich über alle Parteigrenzen hinweg an einem Strang ziehen, Temelin verhindern wollen und Temelin die wirtschaftliche Grundlage, auf Dauer ans Netz zu gehen, entziehen wollen. Das wäre ein wichtiges Signal, das heute von diesem Hause ausgehen sollte.
Wir fordern die Staatsregierung in unserem Antrag auf, „im Falle eines Festhaltens von E.ON-Energie an der Abnahme von Temelin-Strom“ – so steht es wortwörtlich drin – „die Verträge mit E.ON für staatliche Liegenschaften zu kündigen bzw. zumindest auf eine Verlängerung dieser Verträge zu verzichten.“ Ich fordere Sie auf: Belassen Sie es nicht bei Worten, bei einem Antrag, bei Forderungen gen Berlin, bei Appellen, sondern lassen Sie diesen Worten Taten folgen. Nehmen Sie die Möglichkeiten wahr, die wir in Bayern haben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Kaul (CSU): Weil Sie unfähig sind, Ihre Verantwortung in Berlin wahrzunehmen!)
Wir sind bayerische Abgeordnete, Herr Kaul. Wir haben in Bayern Möglichkeiten, zum Beispiel die, dass wir sagen: Wir wollen keinen Strom aus Temelin für die bayerische Bevölkerung. Das können wir in Bayern tun. Schöpfen wir unsere Möglichkeiten in Bayern aus, dazu möchte ich Sie noch einmal auffordern.
Wir wollen aber nicht nur, dass der Freistaat Bayern mit gutem Beispiel vorangeht und die Verträge aufkündigt bzw. ganz klar sagt: Wir wollen raus aus den Verträgen, wenn wir Temelin-Strom nach Bayern bekommen. Des Weiteren wollen wir, dass eine klare Empfehlung an die Kommunen und deren Stadtwerke und Eigenbetriebe ergeht, ebenfalls die Verträge nicht zu verlängern, falls E.ON am Bezug von Temelin-Strom festhalten sollte.
Auch die CSU hat sich öffentlich immer wieder gegen Temelin gewandt und sich bei allen möglichen Anlässen immer wieder ganz klar dazu geäußert. Gerade deswegen dürfte es doch gar kein Problem sein, heute unserem Antrag zuzustimmen. Das dürfte eigentlich keinem in diesem Haus schwer fallen.
Die Chronologie des tschechischen Atomkraftwerks Temelin ist seit Beginn eine absolute Serie von Pleiten, Pech und Pannen. Die während des Probebetriebs zutage getretenen ungewöhnlich zahlreichen und gravierenden Probleme bestätigen wieder die Zweifel an der Sicherheit dieses Atomkraftwerks.
Ich sage noch einmal: Wir müssen sehen, dass dieses Atomkraftwerk nicht einmal 100 km von Passau entfernt liegt. In einem Radius von 300 km liegt fast die gesamte Fläche Bayerns mit allen seinen Bürgerinnen und Bürgern. Ich fordere Sie deshalb auf: Schützen Sie mit uns gemeinsam Bayern und damit die bayerische Bevölkerung vor Temelin-Strom!
Der Atomstrommarkt in der Tschechischen Republik ist mehr als gesättigt, auch das wissen wir aus allen Informationen, Daten und Fakten. Strom aus Temelin kann also nur im westlichen Ausland gewinnbringend vermarktet werden. Österreich hat sich ja bereits klar erklärt und seine Grenzen für Strom aus Temelin dicht gemacht. Das österreichische Stromgesetz verbietet Direktstromimporte aus gefährlichen Ost-Atomkraftwerken. Deshalb setzt E.ON Energie als Hauptanbieter in Bayern auf Bayern als Hauptabnehmer und das ist das Problem.
Mittlerweile gibt es Ankündigungen, dass die Verhandlungen laufen. Aber wir wissen nicht, wie diese Verhandlungen ausgehen. Deshalb könnten wir ein wichtiges Signal nach außen setzen. Man muss sich einmal vorstellen, dass wir im Freistaat Bayern mit über 8000 Liegenschaften pro Jahr für rund 120 Millionen DM E.ONStrom abnehmen. Wenn man dazu noch die Abnahmen der Kommunen nimmt, kommt man auf eine enorme Menge. Wenn diese Verträge gekündigt werden, ist Temelin die wirtschaftliche Grundlage entzogen, und das muss unser Ziel sein. Das ist ein ganz klarer Ansatzpunkt: nicht reden, sondern handeln, das möchte ich noch einmal ganz klar herausstellen.
Eine Reihe von Kommunen ist bereits tätig geworden, und zwar über Parteigrenzen hinweg, ob grün, ob rot, ob schwarz, egal welcher politischen Colleur die Bürgermeister und die Kolleginnen und Kollegen in den Gremien sind. Aus über 180 Städten und Gemeinden, darunter Städte wie natürlich Passau oder Freising, aber auch Neumarkt, Bad Reichenhall, Berchtesgaden oder Füssen, ist bereits die Absicht bekannt, die Verträge mit E.ON zu kündigen, sollte die angebotene Energie nicht Temelin-Strom-frei sein. Fast 10% der bayerischen Kommunen haben dies also bereits mit eindeutigen Erklärungen und Beschlüssen gezeigt. Darum wäre es wichtig, diesem guten Beispiel zu folgen.
Die Vergangenheit hat ganz klar gezeigt, dass man große Energieversorger nur zu Kurskorrekturen bewegen kann, wenn man ihnen die Unwirtschaftlichkeit ihres Handelns aufzeigt. E.ON reagiert ja. Sie wollen keinen Imageverlust, das zeigt ihre Bereitschaft zu Verhandlungen, und zeigen ihre Bemühungen, aus den Verträgen herauszukommen.
Lassen Sie mich zwei, drei Sätze zum CSU-Antrag sagen. Unserer Meinung nach ist das ein absolut nichtssagender Antrag, wieder ausschließlich gen Berlin gerichtet. Wenn ich zum Beispiel den zweiten Absatz lese: „Der Landtag begrüßt die umfangreichen Aktivitäten der Staatsregierung“, dann kann ich nur sagen, was
heißt hier „begrüßen“? Der Schutz der bayerischen Bevölkerung ist die absolute Pflicht der bayerischen Staatsregierung.
Wenn ich im ersten Absatz lese: „Der Landtag bedauert, dass die Bundesregierung... dazu beiträgt, dass die Stromerzeugung in ausländischen Kernkraftwerken für den Exportmarkt attraktiv wird“, muss ich sagen: ganz im Gegenteil. Die Bundesregierung macht Energiesparen attraktiv. Die Bundesregierung macht Energie-Effizienz attraktiv. Die Bundesregierung macht den Ausbau regenerativer Energien attraktiv und betreibt damit eine wirklich nachhaltige Energiepolitik. Auf Bundesebene werden nicht nur Worte gemacht, sondern ihnen folgen auch entsprechende Taten.
Im dritten Absatz des CSU-Antrags heißt es: „Der Landtag nimmt die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger bezüglich der Sicherheit des Kernkraftwerkes Temelin weiterhin sehr ernst.“ Worte, Worte! Natürlich kann man das sagen. Schön ist das. Aber lassen Sie den Worten Taten folgen, stimmen Sie unserem Antrag zu!
Die weiteren Absätze des CSU-Antrags beziehen sich wieder auf die Bundesebene, was der Bund alles machen soll. Wenn Sie ehrlich sind, müssen Sie zugeben, dass Sie ganz genau wissen, was alles läuft, wie weit die Bundesregierung tätig ist.
(Kaul (CSU): Na, was denn? – Hofmann (CSU): Zitieren Sie doch einmal, was die Bundesregierung macht!)